VwGH 99/03/0004

VwGH99/03/000421.4.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des Rechtsanwaltes Dr. AB in Salzburg, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Raits, Dr. Ebner, Dr. Aichinger, Dr. Bleiziffer, Dr. Bräunlich, Mag. Leitner und Dr. Illichmann in 5020 Salzburg, Ignaz-Rieder-Kai 11c, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 29. Juni 1998, Zl. 239177/1-II/C/13-1998, betreffend Einstellung des öffentlichen Verkehrs auf einem Sessellift, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung des Abspruches über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid hinsichtlich dessen Spruchteil 1 wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und hinsichtlich dessen Spruchteile 2 und 3 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 27. Jänner 1998 bewilligte der Landeshauptmann von Salzburg gemäß § 29 Abs. 1 Eisenbahngesetz 1957 die gänzliche dauernde Einstellung des öffentlichen Verkehrs auf dem Einsessellift Brennerköpfl in Mühlbach am Hochkönig. Gleichzeitig wurde gemäß § 29 Abs. 2 leg. cit. die mit näher bezeichneten Bescheiden des Landeshauptmannes von Salzburg erteilte eisenbahnrechtliche Konzession zum Bau und Betrieb des Einsesselliftes Brennerköpfl für erloschen erklärt (Spruchteil 1). Ferner wurde gemäß § 29 Abs. 3 leg. cit. entschieden, dass alle nicht mehr benötigten Anlagenteile des Einsesselliftes Brennerköpfl - ausgenommen das Berg- und das Talstationsobjekt - nach Maßgabe näher umschriebener Auflagen zu beseitigen bzw. näher umschriebene bauliche Maßnahmen zur Herstellung des Zustandes zu treffen seien, der im Wesentlichen dem vor dem Bau der Seilbahn bestandenen entspreche (Spruchteil 2). Schließlich wurde gemäß TP 243 der Bundes-Verwaltungsabgabenverordnung, BGBl. Nr. 24/1983, für die Bewilligung der Einstellung des öffentlichen Verkehrs eine Bundes-Verwaltungsabgabe in der Höhe von S 1.500,-- zur Entrichtung vorgeschrieben (Spruchteil 3). Dieser Bescheid erging nach seiner Zustellverfügung unter anderen an den Beschwerdeführer "unter Anschluss eines Zahlscheines" sowie an GH als Liquidatorin der Mühlbacher Sessellift GmbH.

Gegen diesen Bescheid erhoben der Beschwerdeführer und GH Berufung. Der Bescheid werde - so heißt es in der Berufung des Beschwerdeführers - "insoweit angefochten, als mir darin Leistungspflichten, insbesondere solche nach Spruchteil 2 und 3 auferlegt werden". Der Beschwerdeführer brachte unter anderem vor, dass er im Verwaltungsverfahren nur als Vertreter für GH, jedoch niemals in eigener Person eingeschritten sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass den Berufungen teilweise Berechtigung zukomme. Die Spruchteile 2 und 3 des erstinstanzlichen Bescheides würden gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Ermittlung und Erlassung eines neuen Bescheides an den Landeshauptmann von Salzburg verwiesen. Der Spruchteil 1 werde bestätigt. In der Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

"Mit Schreiben der Mühlbacher Sesselliftgesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in Mühlbach wurde bei der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau die "Löschung ihrer Gewerbeberechtigung" lautend auf "Betrieb eines der öffentlichen Personenbeförderung dienenden Kleinseilbahn" am Standort 5505 Mühlbach, Talstation Gp 306/4 KG Mühlbach Bergstation Gp 221 KG Schlöglberg" bekannt gegeben und um Durchführung der Löschung mit sofortiger Wirkung ersucht.

Mit Schreiben vom 22.9.1997, Zl. 5/05-111/18/36-1997, teilte der Landeshauptmann von Salzburg der Mühlbacher Sesselliftgesellschaft m.b.H. zu Recht mit, dass ihr vorgenanntes Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau zuständigkeitshalber dem Landeshauptmann von Salzburg als Seilbahnbehörde weitergeleitet worden war und dieses Schreiben als Antrag auf Genehmigung der dauernden Einstellung des Betriebes gewertet würde, und wies auf die Notwendigkeit eines Ermittlungsverfahrens auf Grund dieses Antrages und der Vorschreibung von Abtragungsmaßnahmen hin.

Dieses Schreiben blieb seitens der Mühlbacher Sesselliftgesellschaft unwidersprochen. Ihre in der Berufung vorgebrachte Behauptung, sie hätte nie einen Antrag auf gänzliche und dauernde Einstellung des öffentlichen Verkehrs auf dem Einsessellift Brennerköpfl gestellt, ist daher unrichtig.

Im Spruchteil 1 des angefochtenen Bescheides wurde die gänzliche und dauernde Einstellung des öffentlichen Verkehrs auf dem Einsessellift Brennerköpfl erteilt. Gleichzeitig wurde die eisenbahnrechtliche Konzession zum Bau und Betrieb des Einsesselliftes Brennerköpfl für erloschen erklärt.

Dieser über Antrag ergangene Spruchteil enthält keine Leistungsverpflichtungen, sodass sich die Berufungswerber (GH und RA Dr. AB) diesbezüglich nicht beschwert erachten können. Der Spruchteil 1 war daher zu bestätigen.

Im Spruchteil 2 wurde entschieden, dass alle nicht mehr benötigten Anlagenteile des Einsesselliftes Brennerköpfl - ausgenommen das Berg- und Talstationsobjekt - nach Maßgabe der nachfolgend angeführten Auflagen zu beseitigen bzw. bauliche Maßnahmen zur Herstellung des Zustandes zu treffen sind, der im Wesentlichen dem vor dem Bau der Seilbahn bestandenen entspricht.

Der Landeshauptmann von Salzburg stellt in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Recht fest, dass § 29 Abs. 3 EisbG 1957 dem zur Entscheidung berufenen Landeshauptmann kein Ermessen gewährt, von einer solchen Entscheidung aus wirtschaftlichen Gründen Abstand zu nehmen.

Der Gesetzgeber führt in der vorzitierten Bestimmung jene Rechtsperson, die zu den Abtragungsmaßnahmen zu verpflichten ist, zwar nicht expressis verbis an, aus dem Rechtsinstrument der Konzession und aus dem rechtlichen Zusammenhang des § 29 leg. cit. heraus kann jedoch nur geschlossen werden, dass es sich bei der gem. § 29 Abs. 3 leg. cit. zu verpflichtenden Rechtsperson nur um jene handeln kann, deren Konzession u.e. für erloschen erklärt worden ist.

Im angefochtenen Bescheid ist der Landeshauptmann von Salzburg davon ausgegangen, dass die Mühlbacher Sesselliftgesellschaft m.b.H. sich zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch in Liquidation befunden und somit als Rechtsperson noch bestanden hätte. Ob die Parteifähigkeit dieser Gesellschaft tatsächlich zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch gegeben war, kann aus den vorgelegten Verwaltungsakten der erstinstanzlichen Behörde und aus dem angefochtenen Bescheid nicht festgestellt werden. Insbesondere ist nicht zu erkennen, ob die Liquidation der früheren Konzessionärin zu dem genannten Zeitpunkt bereits abgeschlossen war und all ihre Rechtsverhältnisse schon abgewickelt worden waren.

Auch ist nicht nachvollziehbar, ob die beiden Stationen des Einsesselliftes Brennerköpfl, die bestehen bleiben sollen, bei der Liquidation mitberücksichtigt wurden bzw. werden. In einem Schreiben des GH vertretenden Rechtsanwalts RA Dr. AB vom 17.12.1997 an die erstinstanzliche Behörde wurde u.a. mitgeteilt, dass GH als Eigentümerin des Talstationsgrundstückes die Schadhaftigkeit der Stützmauer in Nähe des Talstationsgrundstückes sehr ernst nähme. Die Frage des Eigentums an dieser Station sowie an der Bergstation hat die erstinstanzliche Behörde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht geklärt. Sie ist daher nur auf Grund einer Vermutung und damit rechtswidrig davon ausgegangen, dass die beiden Stationen des ehemaligen ESL Brennerköpfl Posten eines Aktivvermögens des früheren Seilbahnunternehmens zu sein scheinen.

Der zur Durchführung der Maßnahmen (laut Berufungswerberin) im Spruchteil 2 Verpflichtete wurde von der erstinstanzlichen Behörde im Spruch des Bescheides nicht genannt. Ebenso wurde im Spruchteil 3 des in der Berufung gezogenen Bescheides unterlassen, die zur Entrichtung einer Bundesverwaltungsabgabe in Höhe von S 1.500,-- verpflichtete Rechtsperson anzuführen.

Die erstinstanzliche Behörde hat den angefochtenen Bescheid beiden Berufungswerbern, dem Rechtsvertreter der Berufungswerberin einerseits als auch der Berufungswerberin GH als Liquidatorin der Mühlbacher Sesselliftgesellschaft m.b.H. andererseits zugestellt. Durch den Anschluss eines Zahlscheines bei der Bescheidzustellung an den Berufungswerber Dr. AB, muss davon ausgegangen werden, dass die erstinstanzliche Behörde diesen als Verpflichteten gemäß Spruchteil 3 des angefochtenen Bescheides ansah. Dies ist insoferne rechtswidrig, als auch die Liquidation der früheren Konzessionärin den Bescheid zugestellt bekommen hat und sie im angefochtenen Bescheid in keiner Weise expressis verbis als Verpflichtete aufscheint.

Diese Rechtswidrigkeit und jene, die darin gelegen ist, dass es die erstinstanzliche Behörde unterlassen hat, zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in nachvollziehbarer Weise zu prüfen, ob der Mühlbacher Sesselliftgesellschaft m.b.H. die erforderliche Parteifähigkeit zukommt, waren für die Aufhebung der Spruchteile 2 und 3 des in Berufung gezogenen Bescheides maßgebend. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Landeshauptmann von Salzburg hat das Ermittlungsverfahren durch die Prüfung fortzuführen, ob der Mühlbacher Sesselliftgesellschaft m.b.H. die für die Vornahme der im Spruchteil 2 des angefochtenen Bescheides angeordneten Maßnahmen erforderliche Rechtsfähigkeit zukommt und ihr zutreffendenfalls die Abtragungsmaßnahmen vorzuschreiben. Im Spruch des neu zu erlassenden Bescheides ist der zu den Maßnahmen Verpflichtete ausdrücklich zu benennen. Gleiches gilt für die Vorschreibung der Entrichtung der Bundesverwaltungsabgabe für die gänzliche und dauernde Einstellung des Verkehrs des Einsesselliftes Brennerköpfl."

Mit Beschluss vom 7. Oktober 1998, B 1502/98, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer den erstinstanzlichen Bescheid nur insoweit angefochten hat, als ihm "darin Leistungspflichten, insbesondere solche nach Spruchteil 2 und 3 auferlegt werden". Da dem Beschwerdeführer im Spruchteil 1 des erstinstanzlichen Bescheides keine "Leistungspflichten" auferlegt wurden, richtete sich die Berufung nicht gegen diesen - vom übrigen Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides trennbaren - Spruchteil. Aufgrund der solcherart eingeschränkten Berufung fehlte es der belangten Behörde aber hinsichtlich der Bestätigung dieses Spruchteiles an der Zuständigkeit zur Entscheidung, weshalb der angefochtene Bescheid in diesem Punkt wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1997, Zl. 97/02/0019).

Bei der hinsichtlich der Spruchteile 2 und 3 des erstinstanzlichen Bescheides vorgenommenen Aufhebung nach § 66 Abs. 2 AVG handelt es sich um einen verfahrensrechtlichen Bescheid, der mit Verwaltungsgerichtshofbeschwerde angefochten werden kann. Eine Verletzung von Rechten des Berufungswerbers durch einen solchen Aufhebungsbescheid kann darin gelegen sein, dass die Berufungsbehörde von dieser Regelung mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen zu Unrecht Gebrauch gemacht und keine Sachentscheidung erlassen hat, aber auch darin, dass die Berufungsbehörde von einer für den Berufungswerber nachteiligen, jedoch für das weitere Verfahren bindenden unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen ist. Ein Vorgehen nach § 66 Abs. 2 AVG ist nur dann rechtmäßig, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Für die Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG ist somit die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung entscheidend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1988, Zl. 88/02/0118). Eine derartige Notwendigkeit hat die belangte Behörde jedoch in der Begründung ihres Bescheides nicht dargetan, sie ist hinsichtlich des Beschwerdeführers auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar.

Wenn die belangte Behörde in der Gegenschrift meint, der Beschwerdeführer könne sich durch den angefochtenen Bescheid "in keiner Weise beschwert erachten", er sei "ausschließlich durch den Spruchteil 3 und die an ihn vorgenommene Erlagscheinzusendung in seinen Rechten verletzt gewesen, was mit dem angefochtenen Berufungsbescheid aufgehoben wurde," ist er auf die obigen Ausführungen zu verweisen.

Der angefochtene Bescheid war somit in Ansehung des Abspruches über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid hinsichtlich dessen Spruchteile 2 und 3 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im Falle der Abtretung einer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegenden Beschwerdeführer kein Ersatz der Stempelgebühren gebührt, die er im vorangegangenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof entrichten musste (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. April 1990, Zl. 90/19/0128).

Wien, am 21. April 1999

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