VwGH 98/20/0322

VwGH98/20/032222.4.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur, Dr. Nowakowski, Dr. Hinterwirth und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates jeweils vom 27. Mai 1998,

Zlen. 201.706/0-II/05/98 und 201.705/0-II/05/98, betreffend Asylgewährung (mitbeteiligte Parteien: mj. F G, geboren 1987, und mj. M G, geboren 1993, beide vertreten durch die Mutter A M in X), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §12 Abs1;
AsylG 1991 §12 Abs3;
AsylG 1991 §3;
AsylG 1997 §44 Abs1;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs4;
VwRallg;
AsylG 1991 §12 Abs1;
AsylG 1991 §12 Abs3;
AsylG 1991 §3;
AsylG 1997 §44 Abs1;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die mitbeteiligten Parteien, Staatsangehörige von Afghanistan, reisten am 16. November 1997 in Begleitung ihrer Mutter in das Bundesgebiet ein, die anläßlich ihrer Einvernahme vor der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf am 17. November 1997 u.a. vorbrachte:

"...

Mein Gatte war Lehrer und verließ Kabul nach Einmarsch der Taliban vor ca. 1 Jahr. Da auch unser Leben durch die Taliban in Gefahr war, entschlossen wir uns das Land zu verlassen. Als alleinstehende Frau in einem fundamentalistischem Land ist das Leben in meiner Heimat mit großen Gefahren verbunden. Ich bin deshalb geflohen.

Die Talibaner haben unser Leben zerstört und wir suchen daher Schutz im Ausland. Ich will daher um Asyl ansuchen. Ich möchte daher in Österreich um Asyl ansuchen."

Im Kopf dieser Niederschrift wurden sowohl die Mutter als auch die beiden am Verfahren mitbeteiligten mj. Kinder angeführt.

Am 17. November 1997 erging vom Bundesasylamt an die Mutter "und deren mj. Kinder" (es folgen die Namen und Daten der Mitbeteiligten) ein Ladungsbescheid zur Einvernahme vor dem Bundesasylamt unter dem Betreff "Asylverfahren" und dem Hinweis, daß bei Nichterscheinen "Ihr Asylverfahren ohne weitere Anhörung durchgeführt wird".

Nach Befragung der Mutter zu den Fluchtgründen anläßlich der erfolgten Einvernahme am 20. November 1997 erließ das Bundesasylamt am 24. November 1997 folgenden Bescheid:

"Frau

D A (1957 geb.)

und deren minderjährige Töchter

G F (1987 geb.)

G M (1993 geb.)

Gasthof Y

X

...

Ihr Antrag auf Gewährung von Asyl vom 17.11.1997 wird gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, abgewiesen."

In der Begründung dieses Bescheides finden sich folgende Ausführungen:

"Sie behaupten afghanische Staatsangehörige und am 16.11.1997 illegal in das Bundesgebiet eingereist zu sein. Am 17.11.1997 haben Sie beim Bundesasylamt einen Antrag auf Asylgewährung gestellt und sind daraufhin am 20.11.1997 niederschriftlich befragt worden.

Hiebei haben Sie hinsichtlich der Befragung zu Ihren Asylgründen im wesentlichen folgenden Sachverhalt behauptet:

'Ich habe Afghanistan verlassen, weil mein Gatte seit cirka einem Jahr, seitdem die Taliban die Macht in Kabul übernommen haben, vermißt wird. Es herrscht Krieg in Afghanistan, alle Verwandten sind geflüchtet und ich habe als alleinstehende Frau in Afghanistan keine Zukunft. Ich kann zu keinen Verwandten ziehen und habe mich daher entschlossen, Afghanistan zu verlassen und mein Leben und das Leben meiner Kinder zu retten.

Befragt, was vor etwa einem Jahr geschah, da seit damals mein Mann vermißt wird, gebe ich an, daß vor einem Jahr ein Taliban-Angehöriger zu uns nach Hause kam und meinen Mann aufforderte mit ihm mitzugehen. Mein Mann kam dann nicht mehr zurück und weiß ich nicht, wo er sich derzeit aufhält. Was der Taliban-Angehörige von meinem Mann wollte, weiß ich ebenfalls nicht. Als Frau durfte ich nämlich nicht im gleichen Zimmer sein, als der Taliban-Angehörige mit meinem Mann sprach. Befragt, was mein Mann von Beruf war, gebe ich an, daß mein Mann bis zur Machtübernahme der Taliban in Kabul Lehrer war.

Ich bin erst ein Jahr nach dem Verschwinden meines Mannes aus Afghanistan geflüchtet, weil ich gehofft habe, daß mein Mann eines Tages wieder heimkehrt. Jetzt habe ich die Hoffnung aufgegeben und ist es für eine alleinstehende Frau sehr schwer in Afghanistan zu leben. Die Taliban sind sehr brutal und haben viele Menschen ungebracht. Auch Nadjibullah wurde von ihnen getötet.

Auf die Frage wovon ich im letzten Jahr gelebt habe, gebe ich an, daß ich teilweise von unseren Ersparnissen gelebt habe und hat mein Sohn auch Gelegenheitsarbeiten verrichtet.

Ich war bis zu meiner Ausreise aus Afghanistan keinen konkreten Verfolgungen aus politischen, religiösen, rassischen oder anderen Gründen ausgesetz. Ich war auch nie in Haft bzw. wurde nie festgenommen.

In den Durchreisestaaten bin ich nicht geblieben und habe dort nicht um Asyl angesucht, weil ich nicht wußte durch welche Länder ich gereist bin. Der Schlepper hat gesagt, daß wir in Deutschland sicher sind, weil dort die Menschenrechte beachtet werden.

Ich möchte in Österreich Asyl und in Frieden und Sicherheit leben.'

...

Ihre niederschriftliche Einvernahme hat jedoch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß Sie Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sind."

Gegen diesen Bescheid wurde die fristgerecht am 11. Dezember 1997 zur Post gegebene (von der Mutter der Mitbeteiligten unterfertigte) Berufung erhoben, in deren Briefkopf als Absender angeführt sind:

"D A, geb. 1957, afghan. StA.

und Kinder G F, geb. 1987

M, geb. 1993

alle: GH Y, X"

In den Berufungsausführungen heißt es schließlich:

"...Ich beantrage daher für mich und meine Kinder, uns Asyl zu gewähren, ..."

Mit den angefochtenen Bescheiden wurde die Berufung der Mitbeteiligten gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. November 1997 mit inhaltsgleichen Begründungen gemäß § 63 Abs. 5 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Die belangte Behörde begründete die Zurückweisung - auszugsweise - im wesentlichen wie folgt:

"Aufgrund der dem unabhängigen Bundesasylsenat vorgelegten Akten sind folgende Feststellungen zu treffen:

Das Bundesasylamt hat hinsichtlich aller in der Zustellverfügung des angefochtenen Bescheides genannten Personen je einen gesonderten, mit je einer 'EDV Zahl' versehenen Akt angelegt ('EDV Zahl 97.05.921-BAE' für 'D A, 00.00.1957geb.; afghan. StA;' , 'EDV Zahl 97 05.922-BAE' für 'G F, 00.00.1987 geb.; afghan. StA;' bzw. 'EDV Zahl 97 05.923-BAE' für 'G M, 00.00.1993 geb., afghan. StA;'). Aus diesen Akten ist ersichtlich, daß Frau D A in der - anläßlich einer von der Bezirkshauptmannschaft Z am 17.11.1997 mit ihr durchgeführten fremdenpolizeilichen Befragung - aufgenommenen Niederschrift, Zahl: 11/6-103632/1-1997, unter anderem folgendes vorgebracht hat:

'Die Talibaner haben unser Leben zerstört und wir suchen daher Schutz im Ausland. Ich will daher um Asyl ansuchen. Ich möchte daher in Österreich um Asyl ansuchen.'

In weiterer Folge wurden Frau D A sowie deren Kinder G F und G M mittels eines Ladungsbescheides vom 17.11.1997, Zl. 97 05.921-BAE, für den 20.11.1997 vor das Bundesasylamt, Außenstelle A, geladen. Im Zuge dieser Amtshandlung wurde sodann für Frau D A sowie für jedes ihrer beiden mj. Kinder, G M und G F, handschriftlich ausgefüllte Formulare, die jeweils von Frau D A als gesetzliche Vertreterin eigenhändig unterfertigt wurden, angefertigt und in jeden Akt aufgenommen. In diesen Formularen findet sich unter anderem folgende Aussage:

'Ich ersuche um Gewährung von Asyl gem. § 3 AsylG 1991

gem. § 4 AsylG 1991'.

In allen drei Formularen wurde die Wortfolge 'gem. § 4 AsylG 1991' mittels eines handschriftlichen Kreises markiert.

Das Bundesasylamt führte in Folge mit der Antragstellerin Frau D A am 20.11.1997 zwei Einvernahmen (mit Beginn um 8:00 Uhr und 8:40 Uhr) durch, Niederschriften über eine Einvernahme mit den beiden mj. Kindern G M und G F finden sich jedoch in deren Verwaltungsakten nicht.

Auch die mit Frau D A aufgenommenen Niederschriften nehmen lediglich auf deren persönliche Situation und nicht auch auf die ihrer mj. Kinder G M und G F Bezug.

...

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Klärung der Frage, wer Bescheidadressat ist, in erster Linie auf den Spruch des bekämpften Bescheides abzustellen (vgl. zB. Verwaltungsgerichtshof 8.3.1991, Zl: 88/17/0209). Nur für den Fall, daß dieser Spruch hinsichtlich der Bezeichnung des Bescheidadressaten unklar ist, ist zulässigerweise die Begründung des Bescheides sowie auch die Zustellverfügung heranzuziehen (vgl. zB. VwSlg 7703A, Verwaltungsgerichtshof 23.4.1993, Zl: 91/17/0066).

Im vorliegenden Fall enthält zwar die Zustellverfügung des angefochtenen Bescheides den Namen der nunmehrigen Berufungswerberin G ..., die sonstigen Merkmale des erstinstanzlichen Bescheides (Spruch und Begründung) weisen jedoch darauf hin, daß mit diesem Bescheid lediglich über den Antrag der D A (somit der Mutter und gesetzlichen Vertreterin der Berufungswerberin) auf Gewährung von Asyl im Sinn des '§ 3 des Asylgesetzes 1991', nicht aber auch über den Antrag der G ... vom 20.11.1997 auf 'Gewährung von Asyl gem. § 4 AsylG 1991' abgesprochen hätte werden sollen.

Der angefochtene erstinstanzliche Bescheid stützt sich nämlich bereits im Spruch auf den 'Antrag auf Gewährung von Asyl vom 17.11.1997' und die gesetzliche Grundlage des '§ 3 des Asylgesetzes 1991', obwohl der Antrag der Berufungswerberin G ... erst am 20.11.1997 unter der Zahl: 97 05.923-BAE (die Zahl des bekämpften Bescheides lautet - wie oben bereits bezeichnet - 97 05.921-BAE) vor dem Bundesasylamt gestellt wurde und das Ersuchen 'um Gewährung von Asyl gem. § 4 AsylG 1991' beinhaltet. Auch wird im Spruch des angefochtenen Bescheides lediglich auf einen 'Antrag' und nicht auf 'Anträge' abgestellt.

...

Auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides wird

lediglich das von D A erstattete und auf ihre höchstpersönliche

Situation bezogene Vorbringen (siehe dazu die oben wörtlich

zitierte Sachverhaltsdarstellung des erstinstanzlichen Bescheides,

so zB. 'ich habe Afghanistan verlassen, weil mein Gatte seit cirka

einem Jahr ... vermißt wird.; ... Ich habe als alleinstehende Frau

in Afghanistan keine Zukunft') wiedergegeben. Auch die weiteren,

konkret auf den Bescheidadressaten bezogenen Darlegungen sind

lediglich im Singular gehalten (so zB. 'Ihre niederschriftliche

Einvernahme hat jedoch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß Sie

Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sind.')

Hinzuweisen ist weiters, daß im Verfahren selbst eine

Einvernahme von G ... laut Aktenlage nicht stattgefunden hat, auch

finden sich in den niederschriftlichen Befragungen der D A

keinerlei Aussagen darüber, die die Flüchtlingseigenschaft ihrer

Tochter G ... glaubhaft zu machen geeignet gewesen wären.

Aus all diesen Gründen kommt der unabhängige Bundesasylsenat sohin zur Auffassung, daß der angefochtene Bescheid lediglich über den Antrag der D A gem. § 3 AsylG 1991 und nicht auch über den am 20.11.1997 gem. § 4 AsylG 1991 gestellten Antrag der G ... abgesprochen hat. Daran vermag auch die - oben wörtlich zitierte - Äußerung des Bundesasylamtes vom 20.03.1998, das den angefochtenen Bescheid auch als Abspruch über den Antrag der G ... verstanden wissen will, nichts zu ändern, zumal auch eine nähere Begründung für diese Annahme in dieser Stellungnahme fehlt."

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde des Bundesministers für Inneres, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 38 Abs. 5 zweiter Satz Asylgesetz 1997 - AsylG, BGBl. I Nr. 76, kann der Bundesminister für Inneres gegen Entscheidungen des unabhängigen Bundesasylsenates Amtsbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit sowohl zugunsten als auch zum Nachteil der betroffenen Fremden erheben.

In den vorliegenden Beschwerdesachen waren die Berufungsverfahren am 1. Jänner 1998 anhängig. Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG (1997) waren sie nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. Dabei ist davon auszugehen, daß Form und Einbringung eines Asylantrages, der einem solchen anhängigen Verfahren zugrundeliegt, nach der im Zeitpunkt der Einbringung geltenden Rechtslage zu beurteilen ist.

§ 12 Abs. 1 und 3 Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992, lauteten:

"§ 12. (1) Asylanträge sind beim Bundesasylamt zu stellen. Fremde, die gegenüber anderen Behörden den Wunsch oder die Absicht erkennen lassen, einen Asylantrag zu stellen, sind an das Bundesasylamt weiterzuleiten.

...

(3) Der Asylantrag kann formlos in jeder geeignet erscheinenden Weise gestellt werden, sofern daraus der Wunsch erkennbar ist, in Österreich Asyl oder Schutz vor Verfolgung zu erhalten oder als Flüchtling anerkannt zu werden."

Daraus ergibt sich, daß Asylanträge nach dem Asylgesetz 1991 grundsätzlich erst dann als gestellt anzusehen sind, wenn diese entweder schriftlich oder mündlich beim Bundesasylamt eingebracht werden. Wird demnach ein schriftlicher Asylantrag bei einer anderen Behörde eingebracht, so gilt dieser erst dann als gestellt, wenn er nach Weiterleitung durch diese Behörde beim Bundesasylamt einlangt. Allerdings genügt gemäß § 12 Abs. 3 leg. cit., daß aus dem Vorbringen "der Wunsch erkennbar ist, in Österreich Asyl oder Schutz vor Verfolgung zu erhalten", um einen Asylantrag als gestellt anzusehen.

In der Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf wurde die Aussage der Mutter der Mitbeteiligten über ihre gemeinsamen Fluchtgründe sowohl mit dem abschließenden Antrag "die Talibaner haben unser Leben zerstört und wir suchen daher Schutz im Ausland. Ich will daher um Asyl ansuchen" festgehalten. Unzweifelhaft wurde damit im Sinne des § 12 Abs. 3 AsylG 1991 der Wunsch der Mutter zum Ausdruck gebracht, für sich und die mitbeteiligten minderjährigen Kinder in Österreich um Asyl anzusuchen. Demgemäß hat die Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf den von ihr protokollierten Asylantrag u.a. der mitbeteiligten Kinder zutreffend dem dafür zuständigen Bundesasylamt weitergeleitet. Mit Einlangen beim Bundesasylamt war dieser Antrag gemäß § 12 Abs. 1 leg. cit. als gestellt anzusehen.

Von diesem Antragsinhalt ist bei der Beurteilung des erstinstanzlichen Bescheidabspruchs und der Frage der Zulässigkeit der Berufung auszugehen:

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung einerseits die Rechtsansicht, daß die "Personsumschreibung" einen notwendigen Bestandteil des Spruches eines Bescheides bilde. Eine UMDEUTUNG des Bescheidadressaten komme nicht in Betracht (vgl. hiezu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 9. März 1990, Zl. 85/17/0116, und vom 3. Februar 1984, Zlen. 83/17/0197, 0198). Auch der Verfassungsgerichtshof lehnt die Umdeutung von Bescheidadressaten ab (siehe hiezu beispielsweise das Erkenntnis dieses Gerichtshofes vom 21. September 1984, Slg. Nr. 10.113).

Andererseits hat der Verwaltungsgerichtshof Fehlzitate und Schreibfehler (allerdings nur Fehler dieser Art) - auch bei Unrichtigkeiten im Vornamen oder Namen von Bescheidadressaten - schon wiederholt als unbeachtlich, d.h. als dem richtigen Bescheidverständnis selbst dann nicht im Wege stehend angesehen, wenn noch kein Berichtigungsbescheid erlassen wurde (vgl. hiezu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 3. Juli 1991, Zl. 90/14/0125, vom 23. Oktober 1990, Zl. 89/14/0179, und vom 21. Juni 1990, Zl. 89/06/0104, sowie die im letztbezogenen Erkenntnis zitierte Vorjudikatur).

Nach der weiteren ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Bescheid einer Verwaltungsbehörde als ein Ganzes zu beurteilen. Spruch und Begründung bilden eine Einheit; bestehen Zweifel über den Inhalt des Spruches, so ist zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen. Hiebei ist der Spruch im Zweifel im Sinne des angewendeten Gesetzes auszulegen ("gesetzeskonforme" Bescheidauslegung; vgl. hiezu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 13. Februar 1992, Zl. 91/13/0004, und vom 24. Oktober 1986, Zl. 84/17/0208, sowie die dort jeweils zitierten Belegstellen).

Mißt man den vorliegenden Bescheid des Bundesasylamtes an dieser Vorjudikatur, so ist festzuhalten, daß darin als Bescheidadressaten ausdrücklich auch die Mitbeteiligten angeführt sind. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür erkennbar, daß sich die Behörde bloß in der Bezeichnung der Bescheidadressaten vergriffen hätte. Gegen eine solche Annahme spricht nämlich schon die oben angeführte Sach- und Rechtslage. Der Spruch des Bescheides des Bundesasylamtes bezog sich ausdrücklich auf den "Antrag auf Gewährung von Asyl vom 17.11.1997", somit konnte dieser nicht einen (allenfalls auch) am 20. November 1997 gestellten Antrag gemäß § 4 AsylG 1991 zum Gegenstand haben. Nach dieser Bestimmung ist bei Vorliegen der Voraussetzungen die Gewährung von Asyl auf Antrag auf die Kinder und den Ehegatten auszudehnen. Die belangte Behörde übersieht - wie vom beschwerdeführenden Bundesminister zutreffend aufgezeigt -, daß am 17. November 1997 ein Antrag auf Gewährung von Asyl gemäß § 3 AsylG 1991, somit wegen eigener Fluchtgründe, nicht nur von der Mutter der Mitbeteiligten für sich selbst, sondern auch für ihre Kinder gestellt wurde.

Aus den Angaben im Kopf des Bescheides des Bundesasylamtes vom 24. November 1997 im Zusammenhalt mit dem Spruch (und dem darin bezogenen Asylantrag vom 17. November 1997) kann daher nicht zweifelhaft sein, daß dieser (auch) an die Mitbeteiligten gerichtet war. Angesichts des klaren Wortlautes des Spruches bedurfte es für dessen Auslegung auch keines Rückgriffes auf die Begründung dieses Bescheides. Selbst wenn die Begründung des Bescheides keine Bezugnahme auf die Fluchtgründe der Mitbeteiligten selbst enthielte und insoweit als mangelhaft anzusehen wäre, könnte ein solcher Begründungsmangel der erstinstanzlichen Erledigung hinsichtlich der Mitbeteiligten nicht die Bescheidqualität nehmen.

Indem die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihre Bescheide mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit.

Dies mußte gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu ihrer Aufhebung führen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 22. April 1999

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