VwGH 98/16/0325

VwGH98/16/03254.3.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerden 1) der S L, 2) der K H und 3) des R H, alle in W, alle vertreten durch Dr. Bernhard Weissborn, Rechtsanwalt in Wien II, Praterstraße 68, gegen die Bescheide des Präsidenten des LG für ZRS Wien, je vom 4. September 1998, Zlen. 1) Jv 3988-33a/98, 2) Jv 3984-33a/98 und 3) Jv 3983-33a/98, je betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

WGG 1979 §30 Abs3 idF 1992/827;
WGG 1979 §30 Abs3;
WGG 1979 §30 Abs3 idF 1992/827;
WGG 1979 §30 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen von je S 4.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit einem am 17. Dezember 1997 beim BG Döbling eingelangten Antrag begehrten u.a. die drei Beschwerdeführer (bereits damals vertreten durch den nunmehrigen Beschwerdevertreter) die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes samt Wohnungseigentum an (im Antrag näher bezeichneten) Anteilen der Liegenschaft EZ 260 GB 01510 Pötzleinsdorf, auf Grund eines mit der Sozialbau gemeinnützige Wohungsaktiengesellschaft geschlossenen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages. Für den Grundbuchsvorgang wurde Gebührenfreiheit gemäß § 30 Abs. 3 WGG in Anspruch genommen wurde, ohne dazu ein Vorbringen betreffend das Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen zu erstatten. Im Grundbuchsgesuch war bei der Auflistung der Antragsteller lediglich vermerkt "alle wohnhaft in 1180 Wien, Buchleitengasse 67" und angekündigt: "Meldezettel im Original und Kopie werden zum Zwecke der Wahrung der beantragten Gebührenbefreiung von den Antragstellern durch ihren Vertreter gesammelt nachgebracht."

Die begehrten Eintragungen wurden vom BG Döbling an die Antragsteller mit Beschluß vom 19. Dezember 1997 bewilligt und am 24. Dezember 1997 vollzogen.

In der Folge richtete der Kostenbeamte des BG Döbling an die Antragsteller (unter anderem am 6. April 1998 an die Beschwerdeführer) zu Handen ihres Rechtsvertreters Zahlungsaufforderungen betreffend die Eintragungsgebühr.

Schon betreffend eine am 13. März 1998 an eine andere Wohnungseigentümerin (nämlich Eva Twaroch = Beschwerdeführerin im hg. Akt 98/16/0335) gerichtete Zahlungsaufforderung hatte der Beschwerdevertreter Einwendungen folgenden Inhaltes erhoben:

"Die Originalmeldezettel wurden per 24.3.1998 dem Grundbuchsgericht übermittelt und damit die beanspruchte Gebührenbefreiung gewahrt. Es wollen daher die ZA aufgehoben werden. ..."

Dazu ist unstrittig, daß sich die Beschwerdeführer betreffend die erworbenen Wohnungseigentumsobjekte erst am 19. Jänner 1998 (Erstbeschwerdeführerin) bzw. am 20. Februar 1998 (Zweit- und Drittbeschwerdeführer) angemeldet haben.

Am 22. April 1998 erließ der Kostenbeamte gegen die Beschwerdeführer Zahlungsaufträge betreffend die jeweilige Eintragungsgebühr zuzüglich einer Einhebungsgebühr, wogegen die Beschwerdeführer jeweils gleichlautende Berichtigungsanträge stellten, und zwar mit - auszugsweise - folgendem Wortlaut:

"Der Zahlungsauftrag ist unrichtig:

Mit BGBl. 130/1997 Art. 17 wurde das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz BGBl. 1939/1979, zu diesem Zeitpunkt zuletzt geändert durch BGBl. 22/1997, dergestalt geändert, daß § 30 Abs. 3 aufgehoben wurde.

Die Aufhebung des § 30 Abs. 3 trat mit Ablauf 31.12.1997 in Kraft. Das Gesetz selbst sagt, daß diese Bestimmung jedoch auch nach dem 31.12.1997 anzuwenden ist wenn der Antrag, mit dem die Eintragung begehrt wird, noch vor dem 01.01.1998 bei Gericht eingelangt ist.

Wie aus dem Grundbuchsbewilligungsbeschluß über die Einverleibung des Eigentumsrechtes und die Einräumung des Wohnungseigentumes ersichtlich ist, ist der betreffende Antrag auf Einverleibung des Eigentumsrechtes, der an sich eine Eintragungsgebühr auslösen würde, vor dem 31.12.1997 beim BG Döbling eingelangt und auch noch bewilligt worden.

Die Vorschreibung der Eintragungsgebühr erfolgt ohne Rechtsgrundlage und gesetzwidrigerweise, gegen Art. 17 des Bundesgesetzes 130/1997 verstoßend und wird gestellt der BERICHTIGUNGSANTRAG.

Es wolle der Zahlungsauftrag ersatzlos aufgehoben werden."

Die belangte Behörde gab den Berichtigungsanträgen mit den angefochtenen Bescheiden keine Folge und vertrat die Auffassung, es sei für die Gewährung der Gebührenfreiheit u.a. Voraussetzung, daß der Erwerber, um dessen Einverleibung angesucht wird, in dem Zeitpunkt die bereits benützbare Wohnung schon bewohnt. Aus den vorgelegten Meldezetteln sei ersichtlich, daß sich die Beschwerdeführer erst mit 19. Jänner 1998 bzw. 20. Februar 1998 angemeldet hätten. Da es Sache der Antragsteller sei, alles vorzubringen, was zur Glaubhaftmachung der Voraussetzung der Gebührenfreiheit erforderlich ist, sei die Gebührenvorschreibung zu Recht erfolgt.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Verwaltungsgerichtshofbeschwerden, je wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführer erachten sich je in ihrem Recht auf Gebührenfreiheit gemäß § 30 Abs. 3 WGG verletzt.

Die belangte Behörde erstattete Gegenschriften, in denen sie jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden als unbegründet begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

§ 30 Abs. 3 WGG, BGBl. 139/1979 idF BGBl. 827/1992 lautetet:

"(3) Die gerichtlichen Eingaben und die Eintragungen zum Erwerb des Eigentumsrechts an einer Liegenschaft (Liegenschaftsanteil), die natürliche Personen von einer als gemeinnützig anerkannten Bauvereinigung als Ersterwerber zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses oder des dringenden Wohnbedürfnisses ihres Ehegatten, Lebensgefährten sowie ihrer Verwandten in gerader Linie einschließlich der Wahlkinder erworben haben, sind von den Gerichtsgebühren befreit."

Diese Bestimmung wurde zwar mit Art. 17 des 2. Budgetbegleitgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 130, aufgehoben, jedoch wurde in Art. IV des WGG folgender Absatz 1d eingefügt:

"(1d) Die Aufhebung des § 30 Abs. 3 tritt mit Ablauf des 31. Dezember 1997 in Kraft. Diese Bestimmung ist jedoch auch nach dem 31. Dezember 1997 anzuwenden, wenn der Antrag, mit dem die Eintragung begehrt wird, noch vor dem 1. Jänner 1998 bei Gericht eingelangt ist."

Gemäß § 2 Z. 4 erster Halbsatz GGG wird der Anspruch des Bundes auf die Gebühr hinsichtlich der Gebühren für die Eintragungen in die öffentlichen Bücher oder Register mit Vornahme der Eintragung begründet.

Nach ständiger hg. Judikatur ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht davon auszugehen, daß bei abgabenrechtlichen Begünstigungen (Ermäßigungen, Befreiungen udgl.) der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung insofern in den Hintergrund tritt, als der Partei eine besondere Behauptungslast obliegt. Es liegt also an der Partei, selbst einwandfrei und unter Ausschluß jeden Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände darzulegen, die für die Begünstigung sprechen (vgl. z.B. die bei Fellner, Gebühren- und Verkehrsteuern, Band I 2. Teil, Stempel- und Rechtsgebühren im Abschnitt "Gebührenbefreiungen außerhalb des Gebührengesetzes" unter 2/4 J Abs. 5 angeführte hg. Rechtsprechung, u. a. das Erkenntnis vom 12. Juli 1990, Zl. 89/16/0069).

Zur Tatbestandsvoraussetzung des dringenden Wohnbedürfnisses der hier in Frage stehenden Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 3 WGG vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, daß es von rechtlicher Bedeutung ist, daß der Befreiungswerber im Zeitpunkt der Eigentumseinverleibung die zu dieser Zeit bereits benützbare Wohnung bewohnt (vgl. dazu das schon von der belangten Behörde zu Recht zitierte hg. Erkenntnis vom 29. April 1985, Zl. 84/15/0149, AnwBl. 1986 Nr. 2322 = Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren5 A 1 E 8 zu § 30 Abs. 3 WGG).

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 13. Oktober 1983, Zl. 82/15/0062 (AnwBl. 1984

Nr. 1926 = Tschugguel/Pötscher a.a.O. E 12) ausdrücklich betont, daß die Befriedigung des dauernden (nunmehr dringenden) Wohnbedürfnisses vom Antragsteller glaubhaft gemacht werden und daß diese Glaubhaftmachung einer Überprüfung durch die Behörde standhalten muß.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage zeigt sich, daß die Beschwerdeführer im vorliegenden Fall im Verwaltungsverfahren die für die in Anspruch genommene Gebührenbefreiung sprechenden Umstände nicht vollständig behauptet und auch nicht bescheinigt haben. Weder im Grundbuchsantrag, noch in den Einwendungen gegen die Zahlungsaufforderung, noch in den Berichtigungsanträgen wurde nämlich behauptet, daß die Beschwerdeführer zur Zeit der Grundbuchseintragung an den betreffenden Wohnungen ein dringendes Wohnbedürfnis hatten, noch wurde dies in irgendeiner Weise zweckdienlich bescheinigt. Meldezettel, aus denen sich logischerweise nur das jeweilige Datum der Anmeldung ergibt (im vorliegenden Fall Daten, die rund einen Monat bzw. zwei Monate nach der Grundbuchseintragung lagen), haben keinerlei Aussagewert betreffend das für die Gebührenbefreiung erforderliche Tatbestandselement des dringenden Wohnbedürfnisses. Allein die gemäß § 84 GBG für Grundbuchsgesuche formal erforderliche Angabe des Wohnortes erfüllt noch nicht das Erfordernis der Darlegung des dringenden Wohnbedürfnisses.

Auszugehen ist daher davon, daß die Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keinerlei Vorbringen darzu erstattet haben, daß sie zum Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenpflicht bereits ein dringendes Wohnbedürfnis an den in Rede stehenden Wohnungen hatten.

Das gesamte über den Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens hinausgehende Sachvorbringen in den Beschwerden fällt daher von vornherein unter das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehende Neuerungsverbot. Davon abgesehen wird der befreiungsrelevante Umstand des dringenden Wohnbedürfnisses an den Wohnungen schon zur Zeit der Entstehung der Gebührenpflicht in den Fällen der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers nicht einmal jetzt in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde behauptet und stellt auch die Behauptung der Erstbeschwerdeführerin, sie habe ihre frühere Wohnung schon mit Kaufvertrag vom 18. Dezember 1997 verkauft, keinerlei Bescheinigung für das Vorliegen des Befreiungstatbestandes im Zeitpunkt der Entstehung des Gebührenanspruches dar, weil das Verkaufsdatum betreffend die frühere Wohnung nichts darüber aussagen kann, ob an der gegenständlichen Wohnung ein dringendes Wohnbedürfnis bestand.

Überdies zeigen die weiteren Beschwerdeausführungen deutlich, daß die Beschwerdeführer entgegen der oben zitierten hg. Rechtsprechung (von der abzugehen die Beschwerdefälle ungeachtet allfälliger Sachverhaltsdivergenzen keinerlei Anlaß bilden) die unzutreffende Auffassung vertreten, es komme allein auf die Absicht des Erwerbers an, in der Wohnung zu wohnen.

Mit Rücksicht auf die oben betonte Behauptungs- und Bescheinigungsobliegenheit der Beschwerdeführer, der sie im Verwaltungsverfahren nicht nachgekommen sind, kam es (anders als es die Beschwerden jetzt darstellen) auch nicht darauf an, die ohnehin rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer auf die Notwendigkeit bestimmter Erklärungen aufmerksam zu machen und ihnen vor Erlassung der angefochtenen Bescheide irgendwelche Vorhalte zu machen.

Sohin ergibt sich insgesamt, daß die behauptete Rechtswidrigkeit den angefochtenen Bescheiden nicht anhaftet, weshalb die Beschwerden als unbegründet abzuweisen waren.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.

Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft den von der belangten Behörde in jedem Fall angesprochenen Vorlageaufwand. Dieser ist der belangten Behörde nur in jenem Verfahren zuzusprechen (nämlich im hg. Verfahren 98/16/0322), in dem die Aktenvorlage tatsächlich erfolgt ist.

Wien, am 4. März 1999

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