VwGH 98/14/0181

VwGH98/14/018129.6.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der MS in S, vertreten durch Dr. Markus Brandt, Rechtsanwalt in Schärding, Silberzeile 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 30. April 1998, Zlen. RV-184.97/1-10/1997 und RV-195.97/1-10/1997, betreffend Abgabenhinterziehung, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §293 Abs1;
FinStrG §170 Abs1;
BAO §293 Abs1;
FinStrG §170 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt seit 1986 einen Friseursalon. Bei ihr wurde eine abgabenbehördliche Prüfung durchgeführt, weil sie für die Monate Jänner bis März 1995 keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht hatte. Das Prüfungsergebnis wurde gemäß § 151 Abs. 3 BAO in einer Niederschrift vom 16. August 1995 festgehalten.

Wegen der Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für Jänner bis März 1995 wurde gegen die Beschwerdeführerin mit Bescheid des Finanzamtes vom 11. September 1995 ein Finanzstrafverfahren wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG eingeleitet, das mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. November 1996 rechtskräftig abgeschlossen wurde.

Die Beschwerdeführerin reichte auch für die Monate Mai und Juni 1995 keine Umsatzsteuervoranmeldungen ein. Auch dies war Anlass für eine abgabenbehördliche Prüfung, deren Ergebnis in der Niederschrift vom 2. Februar 1996 festgehalten wurde.

Mit Bescheid des Finanzamtes als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 8. Mai 1996 wurde gegen die Beschwerdeführerin ein Finanzstrafverfahren wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG eingeleitet, weil sie im Verdacht stehe, als Abgabepflichtige in S. vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer für die Monate Mai und Juni 1995 in der Höhe von insgesamt S 22.635,-- bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten habe.

Mit Strafverfügung vom 21. November 1996 verhängte das Finanzamt gegen die Beschwerdeführerin wegen dieses Finanzvergehens eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe).

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 27. Dezember 1996 Einspruch ohne nähere Begründung. Zu der für 22. Jänner 1997 anberaumten mündlichen Verhandlung erschien die Beschwerdeführerin nicht.

Mit Straferkenntnis vom 22. Jänner 1997 wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) als Zusatzstrafe verhängt. In der Umschreibung der Tat im Spruch dieses Erkenntnisses wird der Beschwerdeführerin die Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Mai und Juni 1996 angelastet.

In der Begründung dieses Straferkenntnisses führte die Erstbehörde aus, was die subjektive Tatseite betreffe, müsse - wie bereits im vorangegangenen Verfahren betreffend die Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für Jänner bis März 1995 davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführerin die Verpflichtung, zum jeweiligen Fälligkeitstag Voranmeldungen einzureichen, gekannt habe. Mangels Mitwirkung der Beschwerdeführerin sei an den Entscheidungsgründen wie in der Strafverfügung vom 21. November 1996 festzuhalten gewesen. Zur Zeit der Entscheidung betreffend den Zeitraum Jänner bis März 1995 sei das nunmehrige Finanzvergehen (betreffend die Monate Mai und Juni 1995) bereits begangen gewesen, weshalb gemäß § 21 Abs. 3 FinStrG eine Zusatzstrafe zu verhängen gewesen sei.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 25. März 1997 Berufung, in der sie bestritt, für die Monate Mai und Juni 1996 keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben zu haben.

Mit Bescheid vom 27. März 1997 berichtigte das Finanzamt sein Straferkenntnis vom 22. Jänner 1997 hinsichtlich der Umschreibung der Tat im Spruch dahin, dass der Beschwerdeführerin die Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Mai und Juni 1995 angelastet werde.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 2. Mai 1997 Berufung, in der sie ausführte, der Behörde sei es verwehrt, den Spruch oder die Begründung eines Bescheides in einem wesentlichen Punkt durch eine berichtigende oder erklärende Auslegung zu verändern oder zu erweitern. Nachdem beide Bescheide vom selben Organwalter unterfertigt worden seien, sei es diesem zuzumuten, zumindest den Spruch des Erkenntnisses bezüglich angeblicher Ausfertigungsfehler zu überprüfen. Sie beantrage daher die ersatzlose Aufhebung der Bescheide des Finanzamtes vom 22. Jänner 1997 und vom 27. März 1997.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen der Beschwerdeführerin gegen diese Bescheide als unbegründet ab.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 170 Abs. 1 FinStrG aus, Unrichtigkeiten, die auf einem erkennbaren Fehler der Behörde beruhten, seien berichtigungsfähig; dazu gehörten auch Tippfehler. Weiche der Inhalt des Spruches vom gewollten Inhalt erkennbar ab, sei der Bescheid zu berichtigen. Im vorliegenden Fall bestehe kein Zweifel, dass der Wille der Behörde auf die Bestrafung eines im Jahr 1995 verwirklichten Sachverhaltes gerichtet gewesen sei. Sowohl im Einleitungsbescheid als auch in der Strafverfügung vom 23. November 1996 seien im Spruch die Voranmeldungszeiträume Mai und Juni 1995 angeführt worden. Auch in der Begründung des Straferkenntnisses vom 22. Jänner 1997 seien mehrmals die für die Bestrafung relevanten Monate richtig mit Mai und Juni 1995 bezeichnet worden. Außerdem sei auf die Umsatzsteuervoranmeldungsprüfung im Februar 1996 hingewiesen worden, die zur Festsetzung der Umsatzsteuer für die Monate Mai und Juni 1995 geführt habe. Es handle sich daher um eine gemäß § 170 Abs. 1 FinStrG zulässige Berichtigung des Bescheidspruches und nicht - wie die Beschwerdeführerin meine - um eine gesetzwidrige Veränderung. Dass die Unrichtigkeit auf ein Verschulden der Behörde zurückgeführt werden könne, sei für die Frage der Berichtigungsfähigkeit im Sinne des § 170 Abs. 1 FinStrG ohne Bedeutung.

In der Sache sei der Tatbestand der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG in objektiver Hinsicht nach der Aktenlage erwiesen. In subjektiver Hinsicht sei der Beschwerdeführerin Vorsatz vorzuwerfen. Die Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen für die Monate Mai und Juni 1995 seien ordnungsgemäß aus den Aufzeichnungen ermittelt und die Zahllasten errechnet worden, aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten seien die geschuldeten Beträge aber nicht entrichtet worden. Als langjährige Unternehmerin habe die Beschwerdeführerin ihre abgabenrechtlichen Pflichten in umsatzsteuerlicher Hinsicht gekannt. Die Beschwerdeführerin habe in ihren beiden Berufungen auch keine substantiellen Einwendungen gegen den Tatvorwurf an sich erhoben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 170 Abs. 1 FinStrG kann die Behörde, welche die Entscheidung erlassen hat, bis zum Eintritt der Verjährung der Strafbarkeit in der Entscheidung unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche Unrichtigkeiten berichtigen.

Durch diese - § 293 Abs. 1 BAO angeglichene - Bestimmung wird der Finanzstrafbehörde die Möglichkeit gegeben, Fehler zu berichtigen, die in einem Auseinanderklaffen von tatsächlichem Bescheidwillen und formeller Erklärung des Bescheidwillens bestehen (vgl. dazu Fellner, Finanzstrafgesetz, § 170 Rz 2 und Ritz, BAO-Kommentar, § 293 Rz 1 und die dort jeweils zitierte hg. Rechtsprechung).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil es nach der Aktenlage um die Bestrafung der Beschwerdeführerin wegen der Nichterstattung der Umsatzsteuervoranmeldungen für Mai und Juni 1995 (und nicht für das Jahr 1996) ging. Dies war für jeden mit der Sachlage Vertrauten, somit auch für die Beschwerdeführerin, leicht erkennbar. Im Einleitungsbescheid, in der Strafverfügung und an mehreren Stellen in der Begründung des Straferkenntnisses vom 22. Jänner 1997 wurden die (richtigen) Voranmeldungszeiträume Mai und Juni 1995 genannt. Ein Vorwurf hinsichtlich der Voranmeldungszeiträume Mai und Juni 1996 wurde vor dem Straferkenntnis vom 22. Jänner 1997 gegen die Beschwerdeführerin nicht erhoben, sodass ihr klar sein musste, dass es sich bei der Anführung der Voranmeldungszeiträume Mai und Juni 1996 im Spruch des Straferkenntnisses vom 22. Jänner 1997 um einen Schreibfehler handelt. Gegen die Rechtmäßigkeit der Berichtigung bestehen daher keine Bedenken.

In der Beschwerde wird außerdem geltend gemacht, die belangte Behörde habe es unterlassen, Feststellungen zur subjektiven Tatseite zu treffen. Vorsatz könne ihr nicht vorgeworfen werden. Die Behörde habe ihr den Vorsatz einfach unterstellt, ohne sie zu hören.

Diesen Ausführungen ist zu erwidern, dass - wie oben dargelegt wurde - bereits die Erstbehörde begründet hat, warum sie wissentliche Begehung der Tat im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als erwiesen angenommen hat. Obwohl sich die Beschwerdeführerin im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren mit keinem Wort gegen die Annahme der im § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG vorausgesetzten Schuldform gewendet hat, hat auch die belangte Behörde konkret begründet, warum sie annimmt, dass der Tatbestand auch in subjektiver Hinsicht erfüllt ist. Der Vorwurf, die belangte Behörde habe ihre Auffassung nicht begründet, ist daher verfehlt. Wenn trotz Berechnung der Zahllasten die Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen (und die Leistung von Vorauszahlungen) unterlassen wird, widerspricht es nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, vorsätzliche Tatbestandsverwirklichung anzunehmen. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde ist daher nicht als unschlüssig zu erkennen. Der belangten Behörde kann auch nicht die Verletzung des rechtlichen Gehörs vorgeworfen werden, weil die Beschwerdeführerin im Zuge des verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens mehrmals Gelegenheit hatte, Einwendungen betreffend die subjektive Tatseite vorzubringen.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. Juni 1999

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