VwGH 98/12/0405

VwGH98/12/040524.3.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des Dipl.Ing. Dr. B in G, vertreten durch Dr. Bernhard Krump, Rechtsanwalt in Graz, Heinrichstraße 16, gegen

1. die Erledigung der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. August 1998, Zl. 1 - 021656/Pens. - 98, betreffend Wahrung des Parteiengehörs im Ruhestandsversetzungsverfahren (Zl. 98/12/0405) und 2. die Erledigung der Steiermärkischen Landesregierung vom 1. September 1998, Zl. 1 - 021656/Pens. - 98, betreffend Mitteilung über Dank und Anerkennung für pflichtgetreue Dienstleistung ( Zl. 98/12/0409), den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Begründung

Auf Grund der in einem Schriftsatz eingebrachten Beschwerden und der vorgelegten angefochtenen Erledigungen geht der Verwaltungsgerichtshof von Folgendem aus:

1. Der Beschwerdeführer steht seit 1. Oktober 1998 auf Grund der als Bescheid bezeichneten Verfügung der Steiermärkischen Landesregierung (belangte Behörde) vom 1. September 1998, der ihm nach seinen Angaben am 9. September 1998 zugestellt wurde, als Oberregierungsrat in Ruhe in einem zeitlichen Ruhestandsverhältnis zum Land Steiermark. Über die gegen diesen Bescheid gerichtete unter Zl. 98/12/0410 protokollierte Beschwerde, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, wird (nach Einleitung des Vorverfahrens nach § 36 Abs. 1 VwGG) gesondert entschieden werden.

2. Im Zuge des von Amts wegen durchgeführten Verfahrens der Versetzung des Beschwerdeführers in den zeitlichen Ruhestand bzw. damit im Zusammenhang stehend erhielt er ferner die folgenden beiden Erledigungen der belangten Behörde, die er - ungeachtet der fehlenden Bezeichnung als Bescheid - gleichfalls (vorsichtshalber) als Bescheid wertete und gegen die er in einem Schriftsatz die unter Zl. 98/12/0405 und Zl. 98/12/0409 protokollierten Beschwerden erhob:

2.1. Erledigung der belangten Behörde vom 27. August 1998, Zl. 1 - 021656/Pens. 98 - dem Beschwerdeführer nach seiner Angabe am 2. September 1998 zugestellt.

Diese Erledigung hat folgenden Wortlaut:

"Ggst.: Ruhestandsversetzung -

Parteiengehör

Sehr geehrter Herr Dipl.-Ing. Dr. B!

Nach dem vorliegenden Gutachten vom 11. August 1998 sind Sie aus gesundheitlichen Gründen unfähig, Ihren Dienstposten ordnungsgemäß zu versehen.

Sie werden daher in Kenntnis gesetzt, daß Sie gemäß § 76 Absatz 2

(2) der Dienstpragmatik 1914 mit Ablauf des 30. September 1998 in den zeitlichen Ruhestand versetzt werden.

Im Zusammenhang mit Ihrer bevorstehenden Versetzung in den Ruhestand sind für die künftige Pensionsanweisung die Überprüfung einiger Personenstandsdaten sowie die Eröffnung eines Pensionskontos erforderlich.

Weiters werden Sie eingeladen, den beiliegenden Fragebogen für die Anweisung des Ruhebezuges genauestens auszufüllen, zu unterschreiben und ehestmöglich an das Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Rechtsabteilung 1, 8011 Graz-Burg, Hofgasse 15, zurückzusenden.

1 Beilage

Für die Steiermärkische Landesregierung

Der Abteilungsvorstand

i. V. (Unterschrift eines Organwalters)"

Diese Erledigung ist Gegenstand der unter Zl. 98/12/0405

protokollierten Beschwerde.

2.2. Erledigung der belangten Behörde vom 1.September 1998, Zl. 1 - 021656/Pens.-98 - dem Beschwerdeführer nach seiner Angabe am 29. September 1998 zugestellt.

Diese Erledigung hat folgenden Wortlaut:

"Herrn

Dipl.-Ing. Dr. B

Oberregierungsrat

in GRAZ

Nach den Bestimmungen der Dienstpragmatik 1914 in der als Landesgesetz geltenden Fassung wird Ihre Versetzung in den zeitlichen Ruhestand mit Ablauf des 30. September 1998 rechtswirksam.

Aus diesem Anlaß spricht Ihnen die Steiermärkische Landesregierung für Ihre langjährige und pflichtgetreue Dienstleistung Dank und Anerkennung aus.

Über Ihre pensionsrechtlichen Ansprüche erhalten Sie von der Rechtsabteilung 1 des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung einen gesonderten Bescheid.

Für die Steiermärkische Landesregierung

Der Abteilungsvorstand

(Unterschrift eines Organwalters)"

Diese Erledigung ist Gegenstand der unter Zl. 98/12/0409

protokollierten Beschwerde.

3. Vorab ist zu prüfen, ob die vom Beschwerdeführer vorsichtshalber vorgenommene Bewertung dieser Erledigungen als Bescheid zutrifft, weil die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Verwaltung davon abhängt, ob die bekämpften Verwaltungsakte Bescheide im Sinne des Art. 130 Abs. 1 lit. a und Art. 131 B-VG sind.

3.1. Die Voraussetzung für die Qualifikation eines Verwaltungsaktes als Bescheid ist, daß es im Willen des Organes liegt, einen Akt der hoheitlichen Gewalt zu setzen (vgl. VfSlg. Nr. 4856/1964) und daß es diesen Willen entsprechend zum Ausdruck bringt (vgl. VfSlg. Nr. 5464/1967).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muß sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen udgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden (ständige Rechtsprechung beginnend mit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1977, Slg. NF Nr. 9458/A).

Bei Zweifel über den Inhalt kommt auch der sonstigen Form der Erledigung entscheidende Bedeutung zu, und zwar dem Gebrauch der Höflichkeitsfloskel "Sehr geehrter Herr" oder der Verwendung "teilt Ihnen mit". Aus einer solchen Form einer Erledigung ist zu schließen, daß kein Bescheid, sondern eine nicht normative Willenserklärung vorliegt (vgl. insbesondere das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 1996, 96/12/0094 mit weiteren Judikaturhinweisen).

3.2. Die beiden angefochtenen Erledigungen der belangten Behörde sind weder als Bescheid bezeichnet worden noch weisen sie den Aufbau eines Bescheides (Begründung, Rechtsmittelbelehrung) auf.

3.2.1. Was die Erledigung der belangten Behörde vom 27. August 1998 (siehe 2.1.) betrifft, beginnt sie mit einer Höflichkeitsfloskel und weist in ihrem 1. Absatz auf das Ergebnis eines eingeholten Beweises (Gutachten vom 11. August 1998) hin. Berücksichtigt man dies vor dem Hintergrund der Bezeichnung des Gegenstandes dieser Erledigung als "Ruhestandsversetzung - Parteiengehör", ist die gesamte Erledigung als eine diesem Ziel dienende Verfahrensanordnung der belangten Behörde, nicht aber als Abschluß des Verfahrens (Enderledigung) anzusehen. Der

2. Absatz - nur diesem könnte bei isolierter Betrachtung allenfalls Spruchcharakter zukommen - stellt daher unter Berücksichtigung dieses Zusammenhanges (vgl. auch den 3. Absatz) die bloße Ankündigung der beabsichtigten Ruhestandsversetzung dar. Dieser Auslegung steht auch sein Wortlaut nicht entgegen. Aus diesen Gründen kommt dieser Erledigung kein Bescheidcharakter zu.

3.2.2. Was die Erledigung der belangten Behörde vom 1. September 1998 (siehe 2.2.) betrifft, ist dem Beschwerdeführer einzuräumen, daß der 1. Satz dieser Erledigung - isoliert betrachtet - als Verfügung seiner Versetzung in den zeitlichen Ruhestand angesehen werden könnte. Diese Auslegung ist aber schon nach dem Wortlaut nicht zwingend, weil es die Textierung offen läßt, ob damit nicht bloß auf eine Rechtsfolge hingewiesen wird, die mit einem anderen Verwaltungsakt rechtswirksam verfügt wurde. Im Vordergrund dieser Erledigung steht zweifellos das Aussprechen von Dank und Anerkennung für die vom Beschwerdeführer geleisteten Dienste aus Anlaß seiner Ruhestandsversetzung. Berücksichtigt man auch den zeitlichen Ablauf des Ruhestandsversetzungsverfahrens, das mit der dem Beschwerdeführer bereits am 9. September 1998 zugestellten ausdrücklich als Bescheid bezeichneten Verfügung seiner Versetzung in den zeitlichen Ruhestand (siehe 1)abgeschlossen wurde, ist die gleichfalls mit 1. September 1998 datierte hier in Prüfung stehende Erledigung , die dem Beschwerdeführer am 29. September 1998 zugestellt wurde, so zu verstehen, daß sie - im Ergebnis - bloß auf die mit Bescheid verfügte Ruhestandsversetzung bezug nimmt, diese aber nicht selbst anordnet. Aus diesem Grund kommt daher auch dieser Erledigung vom 1. September 1998 kein Bescheidcharakter zu.

3.3. Die Beschwerden gegen die beiden obgenannten Erledigungen der belangten Behörde waren daher ohne weiteres Verfahren und ohne weitere Kosten für den Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 24. März 1999

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