Normen
ArbIG 1993 §23;
AVG §38;
AVG §45 Abs2;
AVG §68 Abs1;
AZG §1 Abs2 Z8;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9;
ArbIG 1993 §23;
AVG §38;
AVG §45 Abs2;
AVG §68 Abs1;
AZG §1 Abs2 Z8;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VStG §9;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Grund einer Anzeige des Arbeitsinspektorates für den
2. Aufsichtsbezirk (und des darin enthaltenen Hinweises, dass eine Meldung nach § 23 Abs. 1 ArbIG nicht vorliege) erließ die Erstbehörde (Magistrat der Stadt Wien) gegen den Beschwerdeführer die Strafverfügung vom 18. September 1995. Darin wurde ihm als Inhaber der L KG zur Last gelegt, er habe in einer näher bezeichneten Betriebsanlage im 5. Wiener Gemeindebezirk die Arbeitnehmerin Frau E.
- 1. am 28. Juli 1995 insgesamt 11 Stunden und
- 2. in der Zeit vom 24. Juli 1995 bis 29. Juli 1995 mit einer Wochenarbeitszeit von insgesamt 59,25 Stunden beschäftigt und
dadurch gegen die Vorschriften des § 9 Abs. 1 AZG über die höchst zulässige Tages- und Wochenarbeitszeit verstoßen.
Auf Grund des Einspruches des Beschwerdeführers, in welchem er einwendete, bereits vor der Tat eine verantwortliche Beauftragte in der Person von Frau W. bestellt zu haben, erging eine inhaltsgleiche Strafverfügung (vom 30. Dezember 1995) gegen Frau W. als verantwortliche Beauftragte im Sinne des § 9 VStG. In der Folge wurde mit Bescheid der Erstbehörde vom 15. Februar 1996 - ohne vorherige Verständigung des die Anzeige erstattenden Arbeitsinspektorates - das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt. Dagegen erhob das Arbeitsinspektorat für den 2. Aufsichtsbezirk Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung Folge gegeben und gegen den Beschwerdeführer ein Strafbescheid erlassen, dessen Schuldspruch jenem der gegen ihn ergangenen Strafverfügung vom 18. September 1995 entspricht. Die verhängten Strafen wurden von S 600,-- auf S 300,-- und von S 1.400,-- auf
S 500,--herabgesetzt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend macht und dessen kostenpflichtige Aufhebung beantragt. Die belangte Behörde hat auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet und die Verwaltungsakten vorgelegt; sie begehrt die Abweisung der Beschwerde und den Ersatz des Vorlageaufwandes.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde ging trotz des Einwandes des Beschwerdeführers, er habe in der Person von Frau W. eine verantwortliche Beauftragte im Sinne des § 9 VStG bestellt, von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit für die gegenständlichen Verstöße gegen das AZG aus. Die Bestellungsurkunde vom 7. Februar 1994 habe den angestrebten Übergang der Verantwortlichkeit nicht bewirkt. Sie sei inhaltlich unbestimmt, da offen bleibe, ob sie sich lediglich auf den darin aufscheinenden Betriebssitz im 23. Wiener Gemeindebezirk oder auf sämtliche Filialen des Unternehmens, somit auch auf die gegenständliche Filiale im 5. Wiener Gemeindebezirk beziehe. Weiters sei sie nicht dem für diese Filiale zuständigen Arbeitsinspektorat für den
- 2. Aufsichtsbezirk, sondern nur dem Arbeitsinspektorat für den
- 5. Aufsichtsbezirk, das für den Betriebssitz im 23. Wiener Gemeindebezirk zuständig sei, vorgelegt worden.
Der Beschwerdeführer hält unter Hinweis auf die rechtskräftige Bestrafung von Frau W. als verantwortliche Beauftragte die Berufung des Arbeitsinspektorates gegen den erstinstanzlichen Einstellungsbescheid sowie seine Bestrafung als Betriebsinhaber für unzulässig.
Er ist damit nicht im Recht. Die rechtskräftige Bestrafung von Frau W. als verantwortliche Beauftragte wegen derselben Verstöße gegen das AZG schloss die Bestrafung des Beschwerdeführers mangels Bindungswirkung in Ansehung seiner Person nicht aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Zl. 96/11/0133). Hiebei ist ohne Belang, dass das die Anzeige erstattende Arbeitsinspektorat für den 2. Aufsichtsbezirk gegen die Bestrafung von Frau W. kein Rechtsmittel erhoben hat. Auch kann insoweit von einer rechtskräftig entschiedenen Vorfrage nicht die Rede sein. Ob die kraft ihrer Stellung im Unternehmen strafrechtlich verantwortliche Person rechtswirksam einen verantwortlichen Beauftragten bestellt hat und damit selbst grundsätzlich nicht mehr strafrechtlich verantwortlich ist, ist in einem gegen diese Person geführten Strafverfahren selbstständig und ohne Bindung an die Entscheidung im Verfahren gegen den verantwortlichen Beauftragten zu prüfen. Zum Einwand einer unzulässigen "Doppelbestrafung" wird an die in § 52a VStG normierte Verpflichtung der Strafbehörden zur Aufhebung rechtswidriger Bestrafungen erinnert.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers normieren die §§ 9 VStG und 23 ArbIG keine Verpflichtung der Arbeitsinspektorate, einem Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen, dass eine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten unwirksam sei. Dessen ungeachtet können die Arbeitsinspektorate (und sie sollen dies nach den vom Beschwerdeführer erwähnten internen Weisungen auch tun) ihre Beratungstätigkeit auf die Vorgänge um die Bestellung verantwortlicher Beauftragter erstrecken, um rechtsunwirksame Bestellungen vermeiden zu helfen. Ob aber eine konkrete Mitteilung die beabsichtigte Wirkung der Verschiebung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit auf eine bestimmte Person ausgelöst hat, ist immer von der Verwaltungsstrafbehörde zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1994, Zl. 94/02/0079). Der Umstand, dass das Arbeitsinspektorat für den 5. Aufsichtsbezirk keine Bedenken gegen die bei ihm eingelangte Bestellung von Frau W. als verantwortliche Beauftragte geäußert hat, schloss daher entgegen der Meinung des Beschwerdeführers die Berechtigung des (für die gegenständliche Filiale zuständigen, die Anzeige erstattenden) Arbeitsinspektorates für den 2. Aufsichtsbezirk zur Erhebung einer Berufung gegen die Einstellung des Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer nicht aus.
Nicht stichhältig ist auch der Einwand, der Bestellungsurkunde vom 7. Februar 1994 sei eine örtliche Beschränkung des Verantwortungsbereiches von Frau W. nicht zu entnehmen, dieser beziehe sich daher auf das gesamte Unternehmen und nicht bloß auf einzelne Betriebsstätten, und es sei mit dem Einlangen der besagten Bestellungsurkunde bei der zentralen Verwaltungsstelle der Wiener Arbeitsinspektorate die Bestellung von Frau W. allen Wiener Arbeitsinspektoraten bekannt geworden. Voraussetzung für den rechtswirksamen Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit auf eine bestimmte Person als verantwortliche Beauftragte ist gemäß § 23 Abs. 1 ArbIG das Einlangen einer schriftlichen Mitteilung über deren Bestellung samt einem Zustimmungsnachweis beim zuständigen Arbeitsinspektorat. Die örtliche Zuständigkeit der Arbeitsinspektorate richtet sich gemäß § 15 Abs. 1 ArbIG - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - danach, in welchem Aufsichtsbezirk sich die Betriebsstätte oder Arbeitsstelle befindet. Danach ist für die gegenständliche Filiale im 5. Wiener Gemeindebezirk das Arbeitsinspektorat für den 2. Aufsichtsbezirk zuständig (siehe § 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Aufsichtsbezirke und den Wirkungsbereich der Arbeitsinspektorate, BGBl. Nr. 237/1993). Bei diesem Arbeitsinspektorat ist die Bestellungsurkunde vom 7. Februar 1994 unbestritten nicht eingelangt; damit ist die gesetzliche Voraussetzung für den Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit auf Frau W. nicht eingetreten. Dies wäre erst mit dem Einlangen der Bestellungsurkunde bei dem für die gegenständliche Filiale zuständigen Arbeitsinspektorat der Fall gewesen.
Der Beschwerdeführer wendet schließlich ein, Frau E, die Leiterin der gegenständlichen Filiale, sei als leitende Angestellte im Sinne des § 1 Abs. 2 Z. 8 AZG vom Geltungsbereich des Arbeitszeitgesetzes ausgenommen. Dazu habe er in der mündlichen Verhandlung vom 31. Oktober 1996 ausgeführt, Frau E. unterliege als Filialleiterin keiner unmittelbaren täglichen Kontrolle, sie sei angewiesen, ihre Arbeitszeiten eigenverantwortlich einzuhalten, und sie habe ihrerseits die Mitarbeiter der Filiale zu kontrollieren. Die belangte Behörde habe diese Frage nicht geprüft.
Auch dieses Vorbringen vermag keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse vom 28. Oktober 1993, Zl. 91/19/0134, und vom 24. Februar 1998, Zlen. 97/11/0188, u.a.) ist ein Arbeitnehmer nur dann als leitender Angestellter im Sinne des § Abs. 2 Z. 8 AZG anzusehen, wenn er wesentliche Teilbereiche eines Betriebes in der Weise eigenverantwortlich leitet, dass hiedurch auf Bestand und Entwicklung des gesamten Unternehmens Einfluss genommen wird, sodass er sich auf Grund seiner einflussreichen Position aus der gesamten Angestelltenschaft heraushebt. Es ist Sache des eines Verstoßes gegen das AZG Beschuldigten, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht konkrete, durch Beweisanbote untermauerte Behauptungen über das Vorliegen der für die Verwirklichung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs. 2 Z. 8 AZG maßgebenden Merkmale aufzustellen (vgl. das Erkenntnis vom 22. Oktober 1992, Slg. Nr. 13729/A). Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsstrafverfahren nicht behauptet, Frau E. sei leitende Angestellte im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 8 AZG und unterliege deshalb nicht den Bestimmungen dieses Gesetzes. Mangels einer solchen Behauptung hatte die belangte Behörde keine Veranlassung, diese Frage zu prüfen. Dazu bestand auch angesichts der besagten Ausführungen in der Berufungsverhandlung keine Veranlassung, erschöpfen sich diese doch in der Darlegung der für die Filiale geltenden Regelungen über Verantwortlichkeit und Kontrolle betreffend die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften. Damit wird - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - über das Vorliegen der oben angeführten Merkmale für die Verwirklichung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs. 2 Z. 8 AZG nichts ausgesagt.
Da sich die Beschwerde als nicht begründet erwiesen hat, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. November 1999
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