VwGH 98/06/0145

VwGH98/06/014527.5.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des F in T, vertreten durch D, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 26. Juni 1998, Zl. 03-12.10 M 102 - 98/14, betreffend Kanalanschlussverpflichtung (mitbeteiligte Partei:

Gemeinde St. Margarethen an der Raab, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §1 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;
WRG 1959 §32;
AVG §68 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §1 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;
WRG 1959 §32;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gemeinde wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. Dezember 1997 wurde der Beschwerdeführer als Eigentümer eines näher bezeichneten bebauten Grundstückes zum Anschluss an das öffentliche Kanalnetz der mitbeteiligten Gemeinde verpflichtet.

Dagegen erhob er Berufung, in welcher er vorbrachte, er habe bereits am 18. Juni 1997 bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft "einen Antrag auf Errichtung einer biologischen Kläranlage nach dem Stand der neuesten Technik" gestellt. Das Verfahren sei noch anhängig. Zudem betreibe er bereits seit über 20 Jahren eine Kläranlage mit einem Dreikammernsystem und benötige die gereinigten Abwässer in seinem landwirtschaftlichen Betrieb zum Verdünnen der Gülle. Damit sei bereits jetzt eine schadlose Entsorgung der Abwässer gewährleistet. Überdies sei sein Ansuchen vom 9. Februar 1995 um Befreiung von der Anschlusspflicht nie behandelt worden.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. Februar 1998 wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die gemeinsame Entsorgung von Hausabwässern mit Stallabwässern im Rahmen der üblichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung abzulehnen sei, weil die Inhaltsstoffe häuslicher Abwässer Tenside und Haushaltschemikalien enthielten und daher davon auszugehen sei, dass diese Düngemittel eher eine Gefährdung von Boden und Grundwasser bewirkten. Der Beschwerdeführer behaupte auch nicht, dass die von ihm genannte Kläranlage wasserrechtlich genehmigt worden sei, sodass er auch aus diesem Gesichtspunkt keine schadlose Entsorgung der Abwässer dargetan habe (Hinweis auf hg. Judikatur). Aus diesen Gründen sei auch aus der gutachterlichen Stellungnahme des Ing. A. D., die der Gemeinde am 15. Jänner 1998 zugegangen sei, für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, weil die in dieser Stellungnahme angeführten Überlegungen lediglich allgemeine Überlegungen der Abwasserreinigung im ländlichen Raum und deren Einfluss auf das Trinkwasser behandelten, jedoch keine Aussage über die vom Gesetzgeber geforderten Voraussetzungen für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung im konkreten Fall träfen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, in welcher er insbesondere vorbrachte, er habe der Behörde auch die fachliche Stellungnahme von Ing. A. D. zu der von ihm durchgeführten Art der Schmutzwasserentsorgung übermittelt. Daraus wäre für die Behörden deutlich zu entnehmen gewesen, dass die von der Gemeinde betriebene öffentliche Kanalisationsanlage nicht dem neuesten Stand der Technik entspreche. Die Schmutzwasserentsorgung durch den Beschwerdeführer in Verbindung mit der Gülle- und Jaucheausbringung auf landwirtschaftlichem Boden sei im Gegensatz dazu wesentlich umweltschonender und hygienischer und gewährleiste eine schadlose Entsorgung. Sie bringe zudem auch betriebswirtschaftliche Vorteile für seinen Betrieb mit sich (Es folgt ein weiteres Vorbringen zur Unzweckmäßigkeit der Entsorgung der Abwässer durch eine öffentliche Kanalisation).

Die Behörden hätten auch übersehen, dass die kürzeste Entfernung des anzuschließenden Bauwerkes von dem für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang mehr als 100 m betrage.

Mit Erledigung vom 14. April 1998 übermittelte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen Lageplan, in welchem, wie es in der Erledigung heißt, die Situierung der öffentlichen Kanalanlage ersichtlich sei. Danach betrage die Entfernung des anschlusspflichtigen Bauwerkes von dem für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang (Schacht V 5.2) ca. 42 m.

Der Beschwerdeführer erwiderte hierauf, dieser im Plan genannte Schacht V 5.2 sei nicht errichtet worden. Daher müsste der Anschluss weiter südlich bei Pkt. 122 vorgenommen werden, dieser mögliche Anschlusspunkt sei aber mehr als 100 m vom Bauwerk entfernt. Die Stelle, an welcher der Anschluss auf seinem Grundstück erfolgen solle, sei noch weiter entfernt. Der Lageplan sei überholt.

Mit Erledigung vom 26. Mai 1998 übermittelte die belangte Behörde dem Vorstellungswerber ein Schreiben eines staatlich befugten und beeideten Zivilingenieur für Bauwesen, Dipl. Ing. D. D., an die mitbeteiligte Gemeinde vom 22. Mai 1998, in welchem unter Anschluss eines Lageplanausschnittes im Maßstab von 1:1000 die Errichtung "des Schachtes V 5.2 der Ortskanalisation" auf einem näher bezeichneten Grundstück gemäß einem näher bezeichneten Projekt bestätigt wird. Das verfahrensgegenständliche Objekt des Beschwerdeführers weise eine Entfernung von ca. 45,0 m zu diesem Schacht auf. In diesem Schacht sei die Möglichkeit eines Anschlusses für das Objekt des Beschwerdeführers vorgesehen.

Der Beschwerdeführer äußerte sich dahin, die Schlussfolgerungen, die die Behörde aus dieser Bestätigung ableiten wolle, seien unrichtig. Damit werde lediglich die Errichtung des Schachtes V 5.2 auf jenem Grundstück bestätigt. Daraus könne die Behörde aber nicht ableiten, dass dieser Schacht auch planmäßig errichtet worden sei, und zwar so, wie der Schacht im Lageplan eingezeichnet sei. Tatsächlich sei der Kanalstrang bzw. der Schacht nicht wie im Plan eingezeichnet errichtet worden. Der Kanalschacht

V 5.2 befinde sich in der Natur weiter südlich, nämlich bei den im Plan als Nr. 122 bezeichneten Punkt. Dieser mögliche Anschlusspunkt sei jedenfalls mehr als 45 m vom Bauwerk des Beschwerdeführers entfernt. Überdies übergehe die Behörde den Umstand, dass dieser Kanalschacht auf einem im Privateigentum stehenden Grundstück errichtet worden sei. Es handle sich daher nicht um einen öffentlichen Kanal im Sinne des § 4 Abs. 1 des Steiermärkischen Kanalgesetzes. Der Beschwerdeführer könne daher auch aus diesem Grund nicht zu einem Anschluss an diesen Schacht verpflichtet werden. Auch bestätige D. D. im Schreiben vom 22. Mai 1998, es sei der Schacht V 5.2 der "Ortskanalisation" errichtet worden. Dieser Bestätigung könne daher nicht entnommen werden, dass es sich bei dieser Ortskanalisation um eine öffentliche Kanalanlage im Sinne des § 4 Abs. 1 leg. cit. handle.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage ausgeführt, nach dem übermittelten Lageplan liege der Schacht V 5.2 in einer Entfernung von rund 45 m vom Objekt des Beschwerdeführers. Er habe zwar behauptet, dass der Kanalschacht nicht, wie im Plan eingezeichnet, errichtet worden sei und sich vielmehr weiter südlich, nämlich bei dem im Plan als Nr. 122 bezeichneten Punkt befinden solle. Selbst wenn dies zuträfe, sei für den Beschwerdeführer daraus nichts zu gewinnen, weil dieser Punkt 122 in einer Entfernung von rund 70 m zum Objekt des Beschwerdeführers liege, und auch diesfalls das Objekt immer noch im Anschlussverpflichtungsbereich läge.

Das Vorbringen, wonach der zum Anschluss vorgesehene Kanalschacht auf einem im Privateigentum stehenden Grundstück errichtet worden sei, weshalb es sich nicht um einen öffentlichen Kanal im Sinne des § 4 Abs. 1 des Kanalgesetzes handeln könne, sei nicht nachvollziehbar. Der Umstand nämlich, dass ein Teil der Kanalanlage der Gemeinde bzw. eines Abwasserverbandes auf nicht im Eigentum der Gemeinde oder des Abwasserverbandes liegenden Grundstücken liege, bewirke nicht, dass diese Teile des Kanales als nicht zum öffentlichen Kanalnetz im Sinne des § 4 Abs. 1 leg. cit. gehörig angesehen werden könnten. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Gemeinde oder ein Abwasserverband ein Verfügungsrecht über die Kanalanlage habe und mit dieser der öffentlichen Aufgabe der Abwasserbeseitigung bzw. Abwasserversorgung nachkomme (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 25. April 1996, Zl. 95/06/0072).

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sei das Ansuchen um Ausnahmegenehmigung vom 1. Februar 1995, das bei der Gemeinde am 9. Februar 1995 eingelangt sei, inhaltlich im zweitinstanzlichen Bescheid behandelt worden, habe sich die Berufungsbehörde doch mit der Frage der Verwertung der häuslichen Abwässer in landwirtschaftlichen Betrieben auseinander gesetzt und das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Anschlusspflicht geprüft und zutreffend verneint (wird unter Hinweis auf hg. Judikatur näher ausgeführt). Im zweitinstanzlichen Verfahren habe der Beschwerdeführer eine gutachtliche Stellungnahme von Ing. A. D. vorgelegt. Darin habe sich dieser Sachverständige auf allgemeine Ausführungen im Zusammenhang mit der Abwasserreinigung im ländlichen Bereich und insbesondere im Gebiet, wo sich das fragliche, anzuschließende Objekt befinde, beschränkt und zur Situation des Beschwerdeführers lediglich ausgeführt, dass dieser und acht weitere Ausnahmewerber Nutztiere hielten, die die in "Wasserschongebieten" (im Original unter Anführungszeichen) erlaubten Tierbestandsobergrenzen nicht überschritten und ihre hofeigenen Fäkal- und Hausabwässer auf den eigenen Feldern ausbringen könnten. Eine Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Situation der Abwasserentsorgung des Beschwerdeführers sei nicht erfolgt. Dabei wäre insbesondere das Boden- und Grundwasserverhältnis zwischen Abwasseranfall und mögliche Aufbringungsfläche auf Grundlage der konkreten Situation des Beschwerdeführers zu prüfen gewesen.

Zusammenfassend sei die Berufungsbehörde richtigerweise davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer den vom Gesetz geforderten Nachweis der schadlosen Entsorgung der Abwässer nicht erbracht habe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen "Mangelhaftigkeit des Verfahrens" und inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Kanalgesetz 1988, LGBl. Nr. 79, in der Fassung LGBl. Nr. 59/1995, anzuwenden.

Die belangte Behörde ist auf das erstmals in der Vorstellung erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers, das fragliche Objekt unterliege nicht der Anschlusspflicht, weil es mehr als 100 m vom öffentlichen Kanal entfernt sei, eingegangen, hat das Ermittlungsverfahren diesbezüglich ergänzt, dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme geboten und ist im angefochtenen Bescheid auf sein Vorbringen eingegangen (siehe die Sachverhaltsdarstellung). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bedeutet der Umstand, dass ein Kanal in (unter) privatem Grund verläuft, für sich allein noch nicht, dass dieser Kanalstrang deshalb nicht zur öffentlichen Kanalanlage der Gemeinde im Sinne des § 4 Abs. 1 des Kanalgesetzes gehören könnte, worauf die belangte Behörde zutreffend verwiesen hat (siehe das auch von ihr bezogene hg. Erkenntnis vom 25. April 1996, Zl. 95/06/0072). Erstmals in der Beschwerde wird nun ergänzend behauptet, dass die Gemeinde "diesbezüglich auch kein Verfügungsrecht" habe. Abgesehen davon, dass dieser Einwand nicht näher untermauert ist, handelt es sich dabei um eine im Beschwerdeverfahren unzulässige Neuerung (der Beschwerdeführer hatte im Verwaltungsverfahren ausreichend Gelegenheit, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten). Auf Grundlage der der belangten Behörde vorliegenden Unterlagen (Bestätigung des Ziviltechnikers D. D.) kann jedenfalls die Beurteilung der belangten Behörde, dass die Anschlusspflicht grundsätzlich (§ 4 Abs. 1 leg. cit.) gegeben sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (siehe beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 28. März 1996, Zl. 96/06/0046, oder auch vom 25. Jänner 1996, Zl. 96/06/0010, jeweils unter Hinweis auf Vorjudikatur), entspricht die Aufbringung von häuslichen Abwässern gemeinsam mit den anfallenden Stallabwässern auf landwirtschaftlichen Betriebsflächen, abgesehen von besonders gelagerten Einzelfällen, nicht den in § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes normierten Kriterien, weil sie zumeist Tenside und Haushaltschemikalien enthalten. Die Beschwerdeausführungen geben keinen Grund, von dieser Beurteilung abzugehen. Auch die in der Beschwerde wiederholten allgemeinen Überlegungen, dass diese Art der Entsorgung eine schadlose Entsorgung gewährleiste und umweltschonender und wirtschaftlicher sei als die Entsorgung über die öffentliche Kanalanlage, die der Auffassung des Beschwerdeführers zufolge nicht dem neuesten Stand der Technik entspreche, vermag daran nichts zu ändern und keine Bedenken an der Beurteilung der belangten Behörde zu erwecken, dass die Art und Weise, wie der Beschwerdeführer die Hausabwässer entsorgt, nicht als schadlose Entsorgung im Sinne des § 4 Abs. 5 leg. cit. angesehen werden kann. Auch hat die belangte Behörde zutreffend erkannt, dass Voraussetzung für die angestrebte Ausnahmebewilligung gemäß § 4 Abs. 5 leg. cit. nicht nur eine tatsächlich vorhandene, sondern auch eine wasserrechtlich zulässige schadlose Entsorgung ist. Das Vorbringen, dass der Antrag des Beschwerdeführers um die wasserrechtliche Bewilligung für den Bau einer biologischen Kläranlage vom 18. Juni 1997 bis dato "von den Behörden nicht entsprechend erledigt" worden sei, unterstreicht, dass der Beschwerdeführer selbst eine wasserrechtliche Bewilligung für eine solche Kläranlage für erforderlich erachtet, eine solche Bewilligung aber gar nicht vorlag. Darauf kommt es entscheidend an (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zlen. 97/06/0257 und 0258, unter Hinweis auf Vorjudikatur). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers wurde sein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes mit den nun verfahrensgegenständlichen Bescheiden der Gemeindebehörden miterledigt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Da die mitbeteiligte Gemeinde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war, gebührt ihr der für die Verfassung der Gegenschrift angesprochene Schriftsatzaufwand (S 12.500,--) nicht (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 19. November 1998, Zl. 98/06/0058, mwN.).

Wien, am 27. Mai 1999

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