VwGH 98/05/0032

VwGH98/05/003227.4.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Gerlinde Bochdansky in Tulln, vertreten durch Dr. Peter Reitschmied, Rechtsanwalt in Neulengbach, Stocketer Straße 2, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30. Dezember 1997, Zl. RU1-V-97174/00, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde Tulln, vertreten durch Dr. Arnold, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, 2. NÖ Hypo Bauplanungs- und Bauträgergesellschaft mbH in St. Pölten, vertreten durch Mag. Dr. Karlheinz Klema, Rechtsanwalt in Wien I, Rosenbursenstraße 8/2), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §119 Abs9;
BauO NÖ 1976 §62 Abs2;
BauO NÖ 1976 §98;
BauRallg;
ROG NÖ 1976 §14 Abs1;
BauO NÖ 1976 §118 Abs8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §119 Abs9;
BauO NÖ 1976 §62 Abs2;
BauO NÖ 1976 §98;
BauRallg;
ROG NÖ 1976 §14 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Grundstücke Nr. 2218/4 und Nr. 2218/5, je KG Tulln, sind im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Bauland-Sondergebiet (BS) "Krankenhaus" gewidmet. Auf dem erstgenannten Grundstück ist ein Spitalsgebäude mit den dazugehörigen Anlagen errichtet. Das im Osten an das Grundstück Nr. 2218/5 angrenzende Grundstück Nr. 2218/4 erstreckt sich in Nordsüd-Richtung über rund 200 m und ist rund 35 m breit. Östlich daran schließt das im Bauland-Wohngebiet liegende Grundstück Nr. 2218/3 der Beschwerdeführerin an, auf welchem das Wohngebäude auf dem Grundstück Nr. 2221/1 in einer Entfernung von rund 10 m von der Grundstücksgrenze entfernt errichtet ist.

Mit Eingabe vom 18. Dezember 1995 beantragte die zweitmitbeteiligte Partei die "Baubewilligung für die Errichtung des Neubaues einer Krankenpflegeschule und eines Zubaues einer Computertomographie sowie Ärztezimmer und Notarztwagenbereich" auf den Grundstücken Nr. 2218/5 und Nr. 2218/4. Soweit für das Beschwerdeverfahren entscheidungserheblich, ergibt sich aus den vorgelegten Einreichplänen und der Baubeschreibung, dass im östlichen Teil des im Juni 1989 errichteten Landeskrankenhauses auf Erdgeschoßebene ein Zubau für die Computertomographie errichtet wird, welcher aus drei Hauptgeschoßen bestehen soll. Die äußere Erschließung dieses Gebäudes erfolgt plangemäß über die Hauptzufahrt vom alten Ziegelweg (Norden) bzw. über die neue Zufahrt von der geplanten Krankenpflegeschule im Süden des Grundstückes. Im Bereich des Zubaues sind insgesamt 25 Pkw-Abstellplätze geplant (siehe Lageplan Plan Nr. 226/01). An Funktionsräumen sind im Erdgeschoß u.a. "noch zwei Garagen für Notarztwagen und Rettung angeordnet sowie zwei Bereitschafts- und ein Notarztzimmer und ein Aufenthaltsraum mit den dazu gehörigen Sanitärzellen". Das erste Obergeschoß besteht aus 14 Ärztezimmern (je für zwei Ärzte), wobei jeweils zwei Zimmer über einen gemeinsamen Vorraum bzw. Dusche und WC erschlossen werden.

Das geplante Gebäude der Computertomographie ist rund 40 m lang und über 20 m breit. Es reicht über die geplante Länge in einer Breite von über 7 m auf das Grundstück Nr. 2218/4. An der nordwestlichen Seite des Gebäudes sind vier neue Kfz-Parkplätze und unmittelbar an der Ostseite des Gebäudes im Norden drei neue Kfz-Parkplätze geplant. Aus dem vorerwähnten Plan Nr. 226/01 ist hiezu zu entnehmen, dass 18 neue Kfz-Parkplätze über eine Länge von rund 45 m in einer Entfernung von rund 11 m zum Grundstück Nr. 2218/3 der Beschwerdeführerin vorgesehen sind, wobei die drei südlichsten Parkplätze unmittelbar dem auf dem Grundstück Nr. 2221/1 stehenden Gebäude der Beschwerdeführerin gegenüber angeordnet sind. Zwischen den Parkplätzen und dem geplanten Computertomographiegebäude verläuft ein rund 5 m breiter Weg, welcher auch die Zufahrt zur im Süden geplanten Krankenpflegeschule und den im Südwesten vorgesehenen Parkplätzen ermöglicht.

Die Beschwerdeführerin wendete gegen das Bauvorhaben u.a. ein, im Hinblick auf die räumliche Nähe der geplanten 18 Parkplätze und der gemeinsamen Zu- und Abfahrt zu diesen sowie der Notarztwageneinfahrt sei mit erheblichen Lärm- und Abgasimmissionen zu jeder Tages- und Nachtzeit zu rechnen. Dies gelte umso mehr, als im Bereich der Parkplätze Wendemanöver der zu- und abfahrenden Fahrzeuge zu erwarten seien und überdies aufgrund der überwiegenden Windwetterlage diese Belastungen der Beschwerdeführerin noch verstärkt würden. Maßnahmen zur Verhinderung dieser Belastungen seien den Plänen nicht zu entnehmen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 15. April 1997 wurde die beantragte baubehördliche Bewilligung unter Nebenbestimmungen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden teilweise als unzulässig zurück-, teilweise abgewiesen bzw. wurde die Beschwerdeführerin mit einem Teil der Einwendungen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 4. Juli 1997 als unbegründet abgewiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 30. Dezember 1997 wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Aus dem Gutachten des lärmtechnischen Amtssachverständigen vom 9. August 1996 ergebe sich hinsichtlich der Betriebslärmemissionen der Lüftungsanlage des Computertomographiegebäudes, dass bei Einhaltung der vom Sachverständigen vorgeschriebenen Auflagenpunkte für das Grundstück der Beschwerdeführerin keine örtlich unzumutbaren Lärmbelästigungen zu erwarten seien. Hinsichtlich der Betriebsweise des neu geschaffenen Parkplatzes für 21 Kraftfahrzeuge sei vom Sachverständigen direkt bei der Betriebsleitung des Krankenhauses Tulln erhoben worden, dass die Krankenschwestern zwischen 6,30 Uhr und 6,45 Uhr den Dienst antreten und um 19 Uhr bis 19,30 Uhr den Dienst beenden. Die Ärzte würden den Dienst um ca. 8 Uhr beginnen und um ca. 14 Uhr des nächsten Tages beenden. Aufgrund dieser Dienstzeiten sei daher üblicherweise während der Nachtzeit (22 Uhr bis 6 Uhr) mit keinen Fahrbewegungen auf dem Parkplatz zu rechnen. Vom Sachverständigen sei weiters angenommen worden, dass in den Spitzenstunden mit bis maximal einem vollständigen Parkplatzwechsel (Zu- und Abfahrt), während in den durchschnittlichen Stunden mit einem 0,3-fachen Wechsel pro Stunde zu rechnen sei. Die belangte Behörde könne angesichts dieser Befundaufnahme nicht nachvollziehen, inwieweit diese mangelhaft oder unglaubwürdig sein sollte, zumal diese Daten durchaus den üblichen Erfahrungswerten in vergleichbaren Fällen entsprächen. Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, bei Absenkung des Basispegels von 36 dB auf 26 dB während der Nachtzeit sei eine Überschreitung sämtlicher Grenzwerte durch die errechneten Beurteilungspegel gegeben, gehe ins Leere, weil eben zur Nachtzeit im Hinblick auf die beabsichtigte Betriebsweise des Parkplatzes keine Fahrbewegungen stattfänden. Aus einer ergänzenden Stellungnahme des lärmtechnischen Amtssachverständigen vom 26. Februar 1997 - welche allerdings der Beschwerdeführerin nach der Aktenlage nicht zur Kenntnis gelangt sei - ergebe sich, dass bei der Berechnung der Schallpegelabnahme in den einschlägigen Berechnungsmodellen von günstigsten Schallausbreitungsbedingungen (d.h. in Windrichtung) ausgegangen werde. Die Berücksichtigung von speziellen Windlagen könne daher entfallen. Dabei handle es sich jedoch nicht um eine Besonderheit im Verfahren betreffend das Krankenhaus Tulln, sondern entspräche diese Praxis dem langjährigen Stand der Technik. Demgemäß gehe somit auch die Forderung der Beschwerdeführerin nach Einholung eines zusätzlichen metereologischen Gutachtens zwecks Feststellung der Hauptwindrichtung ins Leere. Hinsichtlich des Vorwurfs der unvollständigen Befundaufnahme bezüglich des Verkehrsaufkommens auf dem Parkplatz sei der ergänzenden Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 26. Februar 1997 zu entnehmen, dass von einem Berechnungsmodell ausgegangen worden sei, bei dem der Parkplatz in einzelne Teilbereiche aufgegliedert worden sei, wobei die einzelnen Fahrtstrecken mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h durchfahren würden. Die Zeitdauer jeder einzelnen Fahrbewegung ergebe sich automatisch aufgrund der Streckenlänge. Bei Ankunft bzw. Abfahrt sei dem Parkplatz ein Standlauf von ca. 10 Sekunden zugeordnet worden. Die Gleichzeitigkeit der Bewegungen spiele keine Rolle, da sich die Beurteilungspegel auf ein bis acht Stunden bezögen und in diesem Wert unter Berücksichtigung der angegebenen Parkplatzfrequenzen sämtliche Fahrbewegungen enthalten seien. Die Häufigkeit von Notarztfahrten sei statistisch kaum seriös vorauszuberechnen, zumal diese von der Entwicklung der Unfallhäufigkeit, dem zur Verfügungstehen anderer technischer Hilfsmittel (Hubschraubereinsatz), welche ihrerseits nicht voraussehbar seien, abhingen. Die Baubehörden und auch der von ihnen beigezogene lärmtechnische Sachverständige könnten sich nur an gesicherten Erfahrungswerten orientieren, nicht jedoch an unvorhergesehenen punktuellen Ereignissen, wie etwa der Notwendigkeit eines Folgetonhorneinsatzes auch auf dem Spitalsgelände zur Vermeidung einer unmittelbar drohenden Kollision. Der Berufungsbehörde sei kein Verfahrensfehler unterlaufen, weil auszuschließen sei, dass auch nach Einräumung eines entsprechenden Parteiengehörs - etwa durch Vorlage eines Gegengutachtens - ein für die Beschwerdeführerin günstigeres Ergebnis erzielt hätte werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich ihrem gesamten Vorbringen zufolge in dem Recht auf Nichtbewilligung des beantragten Bauvorhabens verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligten Parteien - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Einleitung des beschwerdegegenständlichen Baubewilligungsverfahrens ist im Beschwerdefall gemäß § 77 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1996 die NÖ Bauordnung 1976 (BO) anzuwenden. Gemäß § 118 Abs. 9 BO werden subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer durch jene Vorschriften begründet, welche nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören gemäß Z. 2 dieser Gesetzesstelle insbesondere die Bestimmungen über den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können.

Gemäß § 62 Abs. 2 BO sind für Bauwerke, die nach Größe, Lage und Verwendungszweck erhöhten Anforderungen nach Festigkeit, Brandschutz, Sicherheit und Gesundheit entsprechen müssen oder die Belästigungen der Nachbarn erwarten lassen, welche das örtlich zumutbare Maß übersteigen, die zur Abwehr dieser Gefahren oder Belästigungen nötigen Vorkehrungen zu treffen; diese Auflagen haben sich insbesondere auf Größe und Ausstattung der Stiegen, Gänge, Ausfahrten, Ausgänge, Türen und Fenster, besondere Konstruktionen der Wände und Decken, die Errichtung von Brandwänden sowie das Anbringen von Feuerlösch- und Feuermeldeanlagen zu beziehen. Zur Vermeidung von Umweltbelastungen kann die Behörde auch die Pflanzung und Erhaltung von Grünanlagen vorschreiben.

§ 62 Abs. 2 leg. cit. verpflichtet somit die Baubehörde, wenn die in einer geplanten Baulichkeit nach deren Zweckbestimmung zu erwartenden Vorgänge erfahrungsgemäß das ortsübliche Maß übersteigende Belästigungen der Nachbarschaft erwarten lassen, durch Auflagen dafür Sorge zu tragen, dass durch eine entsprechende bautechnische Ausgestaltung der Baulichkeit (im Beschwerdefall auch des Krankenhausgeländes) ein erhöhter Schutz vor den zu erwartenden Belästigungen dieser Art sichergestellt ist. Diese Vorschrift dient nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur den öffentlichen Interessen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Aus § 62 Abs. 2 BO in Verbindung mit § 118 Abs. 8 und 9 leg. cit. erwächst daher dem Anrainer ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz vor z.B. Lärmbelästigung. Der im § 62 Abs. 2 leg. cit. normierte allgemeine Schutz des Nachbarn vor Belästigungen durch Immissionen gewährt allerdings - anders als der durch einzelne Widmungs- und Nutzungsarten eingeräumte Immissionsschutz - keinen absoluten, zu einer Versagung des Bauvorhabens führenden Immissionsschutz des Nachbarn. Die Baubehörde hat aber jene Anordnungen zu treffen, die Belästigungen der Anrainer, welche das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigen, hintanhalten. Unter der Voraussetzung der Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit der im Flächenwidmungsplan festgesetzten Widmungs- und Nutzungsart haben die Anrainer einen Anspruch darauf, dass sie durch die Vorschreibung nötiger Vorkehrungen vor das örtlich zumutbare Maß übersteigenden Gefahren und Belästigungen geschützt werden. Die Grenze des zulässigen Ausmaßes an Immissionen richtet sich nach dem örtlichen Ausmaß, welches je nach der Umgebung der Örtlichkeit verschieden sein kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. September 1996, Zl. 96/05/0099). Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 94/05/0290), dass die Baubehörde aber vorweg zu prüfen hat, ob das Vorhaben mit der vorgeschriebenen Flächenwidmung vereinbar ist, wobei, um den jeweiligen Begriffsinhalt der einzelnen Widmungskategorien zu bestimmen und gegenüber anderen Kategorien abzugrenzen, auf die hiefür maßgeblichen Normen des Raumordnungsgesetzes zurückgegriffen werden muss. Hiebei ist für die Baubehörde allein die Widmung des zu bebauenden Grundes, nicht aber die Widmung des Grundstückes der Nachbarn entscheidend.

Im Beschwerdefall bedarf es keiner näheren Erörterung der Frage, ob das bewilligte Vorhaben mit der vorgeschriebenen Flächenwidmung Bauland-Sondergebiet Krankenhaus vereinbar ist, weil die Beschwerdeführerin keine diesbezüglichen Einwendungen erhoben hat.

Im Rahmen des gegenständlichen Baubewilligungs- und des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist daher allein zu prüfen, ob durch das bewilligte Bauvorhaben im Zusammenhang mit dem ordnungsgemäßen Betrieb eines Krankenhauses eine die Beschwerdeführerin beeinträchtigende Lärmbelästigung im Sinne des § 62 Abs. 2 BO zu erwarten ist (nur bezüglich unzumutbarer Lärmbelästigung hat die Beschwerdeführerin Einwendungen erhoben und werden solche in der Beschwerde behauptet).

Ob eine Gefahr oder Belästigung eines - als zulässig erkannten - Betriebes zu befürchten ist, hat die Behörde im Ermittlungsverfahren festzustellen. Sie hat sich hiebei im Allgemeinen der Mithilfe von Sachverständigen, und zwar eines technischen und eines medizinischen Sachverständigen zu bedienen, wobei es Sache des technischen Sachverständigen ist, über das Ausmaß der zu erwartenden Immissionen und ihre Art Auskunft zu geben, während es dem medizinischen Sachverständigen obliegt, seine Ansicht hinsichtlich der Wirkungen der Immissionen auf den menschlichen Organismus darzulegen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. September 1996, Zl. 96/05/0099). Da § 62 Abs. 2 BO ganz allgemein dem Immissionsschutz dient und der Behörde die Verpflichtung auferlegt, für Baulichkeiten, deren Verwendungszweck die Belästigung von Nachbarn erwarten lässt, welche das örtlich zumutbare Maß übersteigen, die zur Abwehr dieser Belästigungen nötigen Vorkehrungen zu treffen, ist mangels sonstiger Einschränkung nach der Rechtslage davon auszugehen, dass schon an der Grundstücksgrenze des Nachbarn keine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Belästigung eintreten darf (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. März 1987, Zl. 86/05/0137, BauSlg. Nr. 892, sowie das zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach der O.ö. Bauordnung 1976 ergangene hg. Erkenntnis vom 19. November 1996, Zl. 94/05/0145).

Bezüglich des im § 62 Abs. 2 BO genannten Tatbestandsmerkmales des örtlich zumutbaren Maßes hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass die Anrainer keine Belästigungen hinnehmen müssen, welche über dem Rahmen des im Widmungsmaß sonst üblichen Ausmaßes liegen, und absolute Grenze der Immissionsbelastung das Widmungsmaß selbst ist, wobei die Widmung des zu bebauenden Grundstückes maßgeblich ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. September 1996, Zl. 96/05/0099, mit weiteren Judikaturnachweisen). Maßstab der zulässigen Belästigungen ist demnach nicht das individuelle Bedürfnis der Bewohner (vgl. hiezu Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 5. Auflage, Seite 295) und nicht das Widmungsmaß der Nachbarliegenschaften (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 27. Juni 1996, Zl. 96/06/0071, und vom 9. Juni 1994, Zl. 93/06/0174).

In der Beschwerde wird nun die Feststellung der Berufungsbehörde gerügt, es sei während der Nachtzeit mit keinen Fahrbewegungen auf den unmittelbar neben dem Grundstück der Beschwerdeführerin projektierten Parkplätzen zu rechnen. Die Baubehörden hätten außer Acht gelassen, dass die im Wesentlichen von den Ärzten und Krankenschwestern benützten 21 Parkplätze jedenfalls auch in den Nachtstunden frequentiert würden, weil Krankenschwestern einerseits Nachtdienste leisteten und auch die Rufbereitschaft der Ärzte in Rechnung zu stellen sei.

Der lärmtechnische Amtssachverständige ging in seinem Gutachten vom 9. August 1996 aufgrund einer Angabe der stellvertretenden Direktorin des Krankenhauses Tulln von der Prämisse aus, dass aufgrund der Dienstzeiten der Krankenschwestern und der Ärzte, von welchen die Parkplätze benützt würden, in der Nachtzeit von 22 Uhr bis 6 Uhr mit keinen Fahrbewegungen auf den Parkplätzen zu rechnen sei. In seinem Ergänzungsgutachten vom 26. Februar 1997 führte der Sachverständige zu diesem Thema aus, "hinsichtlich der Betriebszeiten des Parkplatzes und der Häufigkeit des Parkplatzwechsels" werde festgestellt, "dass es sich hiebei nicht um Annahmen oder Prämissen des lärmtechnischen ASV, sondern um Angaben der Krankenhausleitung" handle. Er könne nur von den Angaben der zukünftigen Betreiber ausgehen. Sollte sich die geplante und im Gutachten dargestellte Betriebsweise verändert haben, so wäre eine neuerliche Beurteilung aus lärmtechnischer Sicht notwendig. Als Messpunkt für die Beurteilung der zu erwartenden Lärmbelästigung hat der Sachverständige "ca. 10 m östlich des derzeitigen Einganges in der Ostwand des Spitalgebäudes zwischen dem Spital und der Liegenschaft" der Beschwerdeführerin gewählt (Seite 2 des Gutachtens vom 9. August 1996).

Weder aus einer Betriebsbeschreibung noch aus den Auflagen des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides vom 15. April 1997 lässt sich entnehmen, dass bei den Parkplätzen und der Zufahrtsstraße in der Nachtzeit Fahrbewegungen auszuschließen und unzulässig seien. Es fehlt daher an nachvollziehbaren Feststellungen in den Bescheiden der Baubehörden darüber, dass und - bejahendenfalls - warum auf den in der Nähe des Grundstückes der Beschwerdeführerin geplanten 21 Parkplätzen sowie der als Zubringer dienenden neu angelegten Fahrbahn in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr durch den Spitalsbetrieb nicht bedingte Fahrten, die das ortsübliche Maß jedenfalls übersteigen, auszuschließen seien. Solche Feststellungen sind schon deshalb erforderlich, weil aufgrund der im Akt erliegenden Baubeschreibung im ersten Obergeschoß der Computertomographie 14 Ärztezimmer für je zwei Ärzte vorgesehen sind und - sollten die hier zu beurteilenden Parkplätze tatsächlich für Ärzte vorgesehen sein - nicht von vornherein davon ausgegangen werden kann, dass aufgrund des Dienstbetriebes Fahrbewegungen in der Nacht ausgeschlossen werden können. Insoweit daher das vorerwähnte Gutachten des lärmtechnischen Amtssachverständigen davon ausgeht, dass in der Nacht keine Fahrbewegungen im Bereich des Grundstückes der Beschwerdeführerin stattfänden, erweist sich dieses Gutachten mangels nachvollziehbarer Entscheidungsgrundlagen als nicht schlüssig. Erst wenn auf Grund des in den Spruch des Baubewilligungsbescheides einfließenden Betriebsablaufes feststeht, dass Lärmbelästigungen der Beschwerdeführerin durch die vorgenannten Lärmquellen in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr ausscheiden, können abschließend Feststellungen über Art und Ausmaß der Lärmimissionen auf Grund der erforderlichen Sachverständigengutachten getroffen werden. Allfälligen festgestellten Immissionen ist mit entsprechenden, von bautechnischen Sachverständigen auf fachkundiger Ebene näher zu begründenden Auflagen zu begegnen.

Da die belangte Behörde - trotz entsprechenden Vorbringens der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren - dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Schon aus diesen Gründen war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Es wird noch darauf hingewiesen, dass Maßstab der Zulässigkeit dort, wo die Summe aus Istmaß (Summe von vorhandener Grundbelastung) und Prognosemaß (aus dem Projekt hervorgehende Zusatzbelastung) das Widmungsmaß nicht überschreitet, das Ausmaß an Gesamtimmissionsbelastung (Summenmaß aus Istmaß und Prognosemaß) ist, welches der medizinische Amtssachverständige als sogenanntes Beurteilungsmaß vorzugeben hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 9. März 1993, Zl. 92/06/0235). Belästigungen übersteigen auch nicht das ortsübliche Ausmaß, wenn die Überschreitung des Istmaßes geringfügig ist, der Charakter des Gebietes durch diese Überschreitung nicht verändert wird und das medizinisch vertretbare Beurteilungsmaß eingehalten wird.

Insoweit die Beschwerdeführerin bemängelt, dass die Krankenhaustransporte aufgrund von Notarzteinsätzen und die (Häufigkeit der) Folgetonhorneinsätze auf dem Krankenhausgelände nicht in die Lärmimmissionsbelastungen miteinberechnet worden seien, ist darauf zu verweisen, dass solche für den Ablauf eines Krankenhausbetriebes typische Lärmemissionen auf den im Flächenwidmungsplan gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 NÖ ROG 1976 durch einen eigenen Zusatz zur Signatur ausdrücklich festgelegten besonderen Zweck der baulichen Nutzung zurückzuführen sind. Auch wenn die Festsetzung der Nutzung als Sondergebiet in einem solchen Fall dem Erfordernis eines besonderen Schutzbedürfnisses der Krankenanstalt entspringt, wie dies § 16 Abs. 1 Z. 6 NÖ ROG 1976 klarstellt, entsprechen solche Lärmbelästigungen bewirkende krankenhausspezifischen Immissionen der Sondergebietswidmung.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. April 1999

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