Normen
AlVG 1977 §56 idF 1994/314;
AVG §1;
AVG §18 Abs4;
AVG §58 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AlVG 1977 §56 idF 1994/314;
AVG §1;
AVG §18 Abs4;
AVG §58 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Begründung
Der angefochtene Bescheid vom 31. Jänner 1997 enthält folgenden Spruch:
"Ihre Berufung vom 13.1.1997 gegen den Bescheid der Regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Innsbruck vom 30.12.1996, mit welchem Ihnen gemäß § 18 Abs. 1 und 21 Abs. 1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes - AlVG, BGBl. 609/1977, in geltender Fassung, das Arbeitslosengeld in der Dauer von 20 Wochen, d. h. vom 6.12.1995 bis 23.4.1996, zuerkannt wurde, wird gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG, BGBl. Nr. 51/1991, in Verbindung mit o.a. Bestimmungen abgewiesen."
Der Sache nach wird der Bescheid damit begründet, dass der Beschwerdeführer innerhalb der letzten fünf Jahre vor Geltendmachung seines Anspruches nicht mindestens 156 Wochen bzw. in zehn Jahren nicht mindestens 312 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtiger Zeiten nachweisen habe können.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 29. September 1997, B 347/97, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
In seiner vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten, als "Mängelbehebung" bezeichneten Beschwerdeergänzung beantragt der Beschwerdeführer, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Mit Berichterverfügung vom 5. November 1998 hat der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der belangten Behörde mit dem Auftrag zugestellt, sich gemäß § 35 Abs. 2 VwGG zu folgender Frage zu äußern:
"Gem. § 56 AlVG Abs. 3 AlVG trifft die Landesgeschäftsstelle die Entscheidung über eine Berufung im Sinne des § 56 Abs. 1 AlVG (di eine Berufung gegen einen Bescheid der regionalen Geschäftsstelle in Angelegenheiten des Arbeitslosengeldes) in einem Ausschuß des Landesdirektoriums, nämlich - gem. § 56 Abs. 4 AlVG im Ausschuß für Leistungsangelegenheiten.
Den vom Verfassungsgerichtshof mit der Abtretung der Beschwerde vorgelegten Verwaltungsakten kann eine Befassung dieses Ausschusses mit der Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers nicht entnommen werden.
Selbst wenn sich aus allenfalls bisher nicht vorgelegten Aktenteilen eine Befassung dieses Ausschusses ergeben sollte, wäre der angefochtene Bescheid, in welchem weder im Kopf, noch im Spruch und auch nicht in der Fertigungsklausel darauf hingewiesen wird, daß er auf der Beschlußfassung des genannten Kollegialorgans beruht, der monokratischen Behörde zuzurechnen (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16.3.1977, Slg. Nr. 9274/A, das Erkenntnis vom 2.7.1980, Slg. Nr. 10192/A und - aus jüngerer Zeit - das Erkenntnis vom 23.2.1993, Zl. 92/08/0001).
Es scheint sich daher schon aus dem angefochtenen Bescheid zu ergeben, daß dieser von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde und damit mit Rechtswidrigkeit im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG behaftet sein dürfte."
Die belangte Behörde hat daraufhin die Verwaltungsakten und das Protokoll über die Sitzung des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol vom 24. Jänner 1997 übermittelt und dazu ausgeführt, dass der Bescheid vom 31. Jänner 1997 aufgrund eines einstimmigen Beschlusses des Berufungsausschusses vom 24. Jänner 1997 ausgefertigt worden sei, wie sich auch aus näher bezeichneten Vermerken und Handzeichen auf dem Protokoll ergebe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 56 AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 in der Fassung der Novelle
BGBl. Nr. 314/1994, lautet:
"Rechtsmittel
§ 56. (1) Gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstelle in Angelegenheiten des Arbeitslosengeldes ist die Berufung an die Landesgeschäftsstelle zulässig. Gegen die Entscheidung der Landesgeschäftsstelle ist keine weitere Berufung zulässig.
(2) Die Berufung gemäß Abs. 1 hat keine aufschiebende Wirkung.
(3) Die Landesgeschäftsstelle trifft die Entscheidung in einem Ausschuß des Landesdirektoriums.
(4) Das Landesdirektorium bei jeder Landesgeschäftsstelle hat einen Ausschuß zur Behandlung von Berufungen gemäß Abs. 1 einzurichten (Ausschuß für Leistungsangelegenheiten).
(5) Der Ausschuß für Leistungsangelegenheiten besteht aus folgenden drei Mitgliedern:
- 1. dem Vorsitzenden,
- 2. einem Arbeitnehmervertreter und
- 3. einem Arbeitgebervertreter.
(6) Den Vorsitz des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten hat der Landesgeschäftsführer oder ein von ihm damit beauftragter Bediensteter der Landesgeschäftsstelle zu führen.
(7) Der Arbeitnehmervertreter wird durch die Arbeitnehmervertreter des Landesdirektoriums, der Arbeitgebervertreter durch die Arbeitgebervertreter des Landesdirektoriums entsendet. Die Entsendung erfolgt durch einstimmigen Beschluß der jeweiligen Kurie und für die Dauer von sechs Jahren. Die neuerliche Entsendung ist möglich. Für den Arbeitnehmer- und den Arbeitgebervertreter ist die erforderliche Anzahl von Stellvertretern in gleicher Weise zu entsenden. Die Ausschußmitglieder und deren Stellvertreter müssen nicht Mitglieder des Landesdirektoriums sein.
(8) Stimmberechtigt sind die Mitglieder (Stellvertreter) des Ausschusses. Der Ausschuß ist beschlußfähig, wenn alle drei Mitglieder anwesend sind. Der Ausschuß faßt seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen."
Der angefochtene Bescheid ist unter Bedachtnahme auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom 9. Februar 1993, Zl. 91/08/0109, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ungeachtet des Umstandes, dass er nach der Aktenlage auf einem Beschluss des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol beruhte, dem Geschäftsführer der Landesgeschäftsstelle als monokratischer Behörde zuzurechnen: Der Bescheid enthält nämlich weder im Kopf noch im Spruch noch in der Fertigungsklausel einen eindeutigen Hinweis darauf, dass er sich auf den Beschluss des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten als zuständige Kollegialbehörde gründet. Er enthält lediglich eine Fertigungsklausel "Für den Landesgeschäftsführer". Mangels Zuständigkeit des Landesgeschäftsführers zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Innsbruck vom 30. Dezember 1996 ist der angefochtene Bescheid daher mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG behaftet, die vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen wahrzunehmen war (vgl. die Erkenntnisse verstärkter Senate vom 16. März 1977, Slg. Nr. 9274/A, und vom 2. Juli 1980, Slg. Nr. 10.192/A, aus jüngerer Zeit neben dem bereits erwähnten Erkenntnis vom 9. Februar 1993, Zl. 91/08/0109, auch jenes vom 23. Februar 1993, Zl. 92/08/0001).
Da sich dies somit bereits aus dem angefochtenen Bescheid ergibt, dem Verfahren Mitbeteiligte nicht beizuziehen waren und die belangte Behörde innerhalb der ihr gesetzten Frist auch nichts vorgebracht hat, was geeignet gewesen wäre, das Vorliegen der Rechtsverletzung als nicht gegeben erkennen zu lassen, war ohne Einleitung eines Vorverfahrens der angefochtene Bescheid ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 2 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben.
Kosten waren nicht zuzusprechen, da die beschwerdeführende Partei den Ersatz von Aufwendungen im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht begehrt hat.
Wien, am 16. Februar 1999
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