VwGH 94/14/0018

VwGH94/14/001827.7.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der S Hotelges.m.b.H. in E, vertreten durch Dr. Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, Franz Reisch-Straße 11a, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 18. November 1993, Zl. 30.850-3/93, betreffend Körperschaftsteuer 1982, zu Recht erkannt:

Normen

KStG 1966 §8 Abs1;
KStG 1966 §8 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH betreibt ein Hotel. Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde unter anderem festgestellt, dass die Beschwerdeführerin von ihrem zu 80,4 % an ihr beteiligten Gesellschafter- Geschäftsführer mit Kaufvertrag vom 21. September 1982 Liegenschaften im Ausmaß von 7218 m2 um S 1.500,-- je Quadratmeter erworben hatte. Anhand der "finanzamtsaufliegenden" Kaufpreissammlung wurde festgestellt, dass bei Grundstücksverkäufen im umliegenden Ortsbereich ein durchschnittlicher Quadratmeterpreis von ca. S 800,-- erzielt worden sei. Unter Berücksichtigung der nach Vorhalt dieses Sachverhaltes von Seiten der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwendungen (wie Abrundung des Grundbesitzes und günstige Lage) erschien dem Prüfer ein Quadratmeterpreis von mehr als S 1.000,-- überhöht. Der Differenzbetrag zwischen 10,827.000,-- (7218 m2 x S 1.500,--) und S 7,218.000,-- (7218 m2 x S 1.000,--) stelle eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 KStG dar.

Das Finanzamt folgte diesen Feststellungen und erließ unter anderem einen Körperschaftsteuerbescheid für 1982, in welchem diese verdeckte Gewinnausschüttung Niederschlag fand.

In einer dagegen erhobenen Berufung wurde unter anderem vorgebracht, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung neben der Erfüllung des objektiven Tatbestandes das Wissen und Wollen einer Vorteilszuwendung voraussetze. Die Kapitalgesellschaft müsse wissen, dass eine Leistung einem Gesellschafter zugute komme, ohne dass eine angemessene Gegenleistung vorliege, und sie müsse wollen, dass dem Gesellschafter ein Vorteil zuwachse, den ein Fremder nicht erhalten würde. Fehle es am Wissen und Wollen einer Vorteilszuwendung aufgrund eines Irrtums, so könne keine verdeckte Gewinnausschüttung angenommen werden. Um sicher zu sein, dass bei dem Liegenschaftskauf Leistung und Gegenleistung einander entsprächen und es zu keiner verdeckten Gewinnausschüttung komme, habe der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin für die zu erwerbenden Liegenschaften von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen ein Schätzungsgutachten erstellen lassen. Mit der Erstellung des Gutachtens sei der Geschäftsführer seiner ihm auferlegten Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsleiters nachgekommen. In der Folge wird überdies ausgeführt, dass die vom Prüfer herangezogenen Verkäufe nicht zum Vergleich herangezogen werden könnten, da es sich teilweise um Notverkäufe, Verkäufe von nicht erschlossenen Grundstücken oder Grundstücken in besonders schlechter Lage handle. Abgesehen davon, würden in Kaufverträgen oft niedrigere Preise angegeben, als effektiv gezahlt würden, um Grunderwerbsteuer "zu sparen". Es sei nichts Neues, dass die dem Finanzamt vorliegenden Grundstückspreise nicht dem wirklichen Wert entsprächen. Der Kauf der Grundstücke diene überdies nicht nur der Abrundung des Hotelareals, sondern stehe für die Freizeitgestaltung der Hotelgäste und Erweiterungsmöglichkeiten wie zum Beispiel den seit langem geplanten Bau eines Tennisplatzes bzw. einer Tennishalle, deren Realisierung unmittelbar bevorstehe, zur Verfügung. Der Wert eines Grundstückes hänge in erster Linie von seinen Eigenschaften im Hinblick auf Lage, Größe, Nutzung, Zuschnitt, Beschaffenheit, Qualität und wirtschaftliche Verwertbarkeit ab. Um das Finanzamt davon zu überzeugen, dass der Quadratmeterkaufpreis beim Kauf des Grundstückes tatsächlich nicht überhöht gewesen sei, sei erneut ein gerichtlich beeideter Sachverständiger für Realitäten beauftragt worden, ein weiteres Gutachten zu erstellen. Dieser Sachverständige sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Wert des Quadratmeterpreises rückbezogen auf das Kaufdatum S 1.500,-- betragen habe.

In einer die Berufung abweisenden Berufungsvorentscheidung wurde im Wesentlichen die Ansicht vertreten, dass auch in der Berufung keine neuen Sachverhaltselemente bzw. Umstände vorgebracht worden seien, die ein "Abgehen von dem durch die BP festgesetzten Quadratmeterpreis" von S 1.000,-- rechtfertigten. Bei ca. 20 verschiedenen Verkäufern könne durchaus davon ausgegangen werden, dass die in der Berufung angeführten Gründe gegen die Vergleichspreise wie Notverkäufe und mangelnde Erschließung aufgrund der relativ hohen Anzahl der herangezogenen Verkäufe "nicht zum Tragen" komme.

Die Beschwerdeführerin stellte einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und überreichte nach einer mündlichen Besprechung einen Schriftsatz, in welchem neben den Gründen für den Erwerb der Grundstücke abermals darauf hingewiesen wurde, dass der Geschäftsführer seiner insbesondere bei Geschäften einer Gesellschaft mit deren Anteilseigner bestehenden besonderen Sorgfaltsverpflichtung dadurch nachgekommen sei, dass er die Kaufgrundstücke durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen, mit welchem keinerlei geschäftliche Beziehungen unterhalten würden, habe schätzen lassen, und der Kauf entsprechend dem Schätzungsgutachten dann getätigt worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen. In der Begründung setzte sich die belangte Behörde sehr eingehend mit der Frage des Quadratmeterpreises der betreffenden Grundstücke auseinander und gelangte dabei zur Auffassung, dass es schlechthin unglaubwürdig sei, dass bei der gegebenen eingeschränkten Nutzungs- und Bebauungsmöglichkeit - die Liegenschaft liege zum Teil im Gefährdungsbereich eines Wildbaches und könne in diesem Bereich nicht bebaut werden, auch sei die Bebauungsmöglichkeit durch eine über die Liegenschaft führende Hochspannungsleitung eingeschränkt - ein Kaufpreis von S 1.500,-- gerechtfertigt gewesen sein soll, wenn für zumindest gleichwertige Baugrundstücke in der näheren Umgebung durchschnittlich nur S 730,-- pro Qudratmeter gezahlt worden seien. Es sei daher ein angemessener Kaufpreis von S 1.000,-- je Quadratmeter anzunehmen. In der Differenz zum tatsächlich gezahlten Kaufpreis sei eine Vorteilsgewährung an den Gesellschafter-Geschäftsführer zu sehen, weil der weit über dem tatsächlichen Marktpreis liegende Kaufpreis nur aus der beherrschenden, gesellschaftsrechtlichen Stellung des Verkäufers erklärt werden könne, woraus eindeutig auf die Vorteilsgewährungsabsicht des Gesellschafter-Geschäftsführers zu schließen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides rügt die Beschwerdeführerin, dass sich die belangte Behörde mit den auch in der Berufung angeführten Grundsätzen der verdeckten Gewinnausschüttung, insbesondere deren subjektiven Element, nicht auseinander gesetzt habe. Schon allein aus diesem Grund sei die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht gerechtfertigt.

Diese Rüge ist im Ergebnis gerechtfertigt: Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin erkennt die belangte Behörde zwar, dass eine der Voraussetzungen für die Beurteilung eines Sachverhaltes als verdeckte Gewinnausschüttung eine subjektive, auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung der Körperschaft ist. Die belangte Behörde schließt auf diese Vorteilsgewährungsabsicht aber lediglich aus dem ihrer Ansicht nach weit über dem tatsächlichen Marktwert liegenden Kaufpreis.

Nun hat es der Verwaltungsgerichtshof zwar schon wiederholt als zulässig angesehen, aus den Umständen des betreffenden Falles auf die Absicht der Vorteilsgewährung zu schließen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1991, 90/14/0221, und die dort zitierte Vorjudikatur). Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde aber die Umstände des betreffenden Falles nur teilweise, nämlich hinsichtlich des ihrer Ansicht nach überhöhten Kaufpreises berücksichtigt. Mit dem ebenfalls zu berücksichtigenden Umstand, dass die Beschwerdeführerin vor Ankauf der Grundstücke ein Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen hinsichtlich deren angemessener Kaufpreise eingeholt hat, hat sich die belangte Behörde in keiner Weise auseinander gesetzt, wiewohl auf dieses Gutachten bereits in der Berufung hingewiesen worden war. Die belangte Behörde hat auch nicht dargetan, aus welchen Gründen sie davon ausgegangen ist, dass der Beschwerdeführerin bekannt gewesen sei, dass das Gutachten, auf Grund dessen in der Folge der Kaufpreis vereinbart wurde, zu überhöhten Werten gekommen sei. Nur in diesem Fall könnte aber - die Richtigkeit eines überhöhten Kaufpreises vorausgesetzt - ohne Verstoß gegen die Denkgesetze auf eine Vorteilsgewährungsabsicht der Beschwerdeführerin geschlossen werden. Dem angefochtenen Bescheid haftet somit schon deswegen ein auch wesentlicher, zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führender Begründungsmangel an.

Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde den Umstand, dass es sich bei den entsprechenden Grundstücken um an die Liegenschaft der Beschwerdeführerin, auf welcher das Hotel betrieben wurde, angrenzende Grundstücke handelt, und die im Berufungsverfahren angeführten betrieblichen Gründe, aus welchen die Beschwerdeführerin die Liegenschaften (im Jahr 1982) erwerben wollte, ausreichend dahin gewürdigt hat, dass einem der Gesellschaft fremd gegenüber stehenden Verkäufer der Liegenschaften ein entsprechender Kaufpreis nicht bezahlt worden wäre. Es mag zutreffen, dass - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid meint - die Liegenschaften für einen Dritten nur einen geringeren Wert hätten. Bei Durchführung eines für die Beurteilung der Frage einer allfälligen verdeckten Gewinnausschüttung anzustellenden Fremdvergleiches ist aber nicht darauf abzustellen, ob - aus der Sicht des Verkäufers - ein "fremder" Dritter die Liegenschaften um den gleichen Preis vom Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin gekauft hätte, sondern - aus der Sicht der Gesellschaft - darauf, ob die Beschwerdeführerin die Liegenschaften, wenn sie im Eigentum eines fremden Dritten und nicht des Gesellschafter-Geschäftsführers der Beschwerdeführerin gestanden wären, allein aus betrieblichen Gründen um annähernd den gleichen Preis gekauft hätte. Die belangte Behörde räumt ein, dass die gekauften Liegenschaften "praktisch nur" für die Beschwerdeführerin wirtschaftlich sinnvoll verwertbar waren. Diese - offenbar aus betrieblichen Gründen - wirtschaftlich sinnvolle Verwertbarkeit könnte durchaus einen höheren Preis rechtfertigen, als ihn ein fremder Dritter bezahlt hätte.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei Beantwortung der Frage, ob ein bestimmter Sachverhalt als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen ist, der gebotene Fremdvergleich von der Sache her einen gewissen Spielraum lässt und nicht schon jede auch nur geringfügige Abweichung von einem Richtwert den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung gebietet (vgl. das hg Erkenntnis vom 30. Mai 1989, 88/14/0111).

Aus den oben angeführten Gründen war der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Juli 1999

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