VwGH 98/21/0073

VwGH98/21/007323.6.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des MS (geboren am 5. September 1953) in Wien, vertreten durch DDr. Wolfgang Schulter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fleischmarkt 28, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 25. November 1997, Zl. IV-273.637/FrB/97, betreffend Abschiebungsaufschub, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 1991;
AVG §46;
AVG §58 Abs2;
FrG 1993 §36 Abs2;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
AsylG 1997 1991;
AVG §46;
AVG §58 Abs2;
FrG 1993 §36 Abs2;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 5. Juli 1996 war dem Beschwerdeführer, einem bosnischen Staatsbürger, gemäß § 36 Abs. 2 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein bis zum 30. Juni 1997 befristeter Abschiebungsaufschub gewährt worden.

Mit am 30. Juni 1997 bei der Bundespolizeidirektion Wien eingelangtem Antrag begehrte der Beschwerdeführer die Verlängerung des ihm gewährten Abschiebungsaufschubes für die Dauer von zwölf Monaten und begründete dies damit, daß sich seine persönliche Situation seit der Erteilung des bisherigen Abschiebungsaufschubes nicht geändert habe. Er habe keine Rückkehrmöglichkeit nach Bosnien, da (dort) seine gesamte Existenz vernichtet und ein Aufbau derselben nicht möglich sei.

Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdeführer schriftlich vor, daß der bisher gewährte Abschiebungsaufschub wegen des Fehlens einer Reiseverbindung nach Bosnien erteilt worden sei, welches tatsächliche Abschiebungshindernis nunmehr wegen Bestehens einer intakten Flugverbindung (durch die Fluglinien BOSNA AIR und AUA) nicht mehr gegeben sei.

Diesem Vorhalt entgegnete der Beschwerdeführer (Stellungnahme vom 4. August 1997), daß seine gesamte Existenz in Bosnien vernichtet sei und auch keine tatsächliche Reisemöglichkeit bestehe. Es sei auch seitens seiner Botschaft in Wien bestätigt worden, daß eine Benützung der Objekte, in denen er seinerzeit gewohnt habe, nicht möglich sei. Auch verfüge der Beschwerdeführer über keinen Reisepaß. Er ersuche daher, ihm einen neuerlichen Abschiebungsaufschub für die Dauer eines Jahres einzuräumen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 25. November 1997 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 36 Abs. 2 FrG keine Folge gegeben. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß die Erteilung eines Abschiebungsaufschubes nur erfolgen könne, wenn ein rechtliches oder ein tatsächliches Abschiebungshindernis bestehe. Ein rechtliches Abschiebungshindernis sei nicht geltend gemacht worden, vielmehr sei das Nichtbestehen eines solchen Abschiebungshindernisses bereits in einem Feststellungsverfahren gemäß § 54 FrG "mit Bescheiddatum" vom 23. April 1996 rechtskräftig festgestellt worden. Das Problem der fehlenden Reiseverbindung bestehe seit geraumer Zeit nicht mehr, weil eine intakte Flugverbindung von Wien nach Sarajevo (BOSNA AIR, AUA) gegeben sei. Eine Erteilung eines Abschiebungsaufschubes aus humanitären Gründen sei nicht möglich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 36 Abs. 2 FrG ist die Abschiebung eines Fremden auf Antrag oder von Amts wegen auf bestimmte, jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit aufzuschieben (Abschiebungsaufschub), wenn sie unzulässig ist (§ 37) oder aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheint.

Im Verfahren über einen Antrag auf Gewährung eines Abschiebungsaufschubes kann vom Antragsteller nicht verlangt werden, gegen ihn gerichtete Mißhandlungen oder Verfolgungen "nachzuweisen"; es trifft ihn aber die Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes durch Erstattung eines mit Beweisanboten untermauerten konkreten Vorbringens zumindest bezüglich jener Umstände beizutragen, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0214, und vom 17. Dezember 1997, Zl. 97/21/0576).

Der zur Entscheidung über einen Abschiebungsaufschub zuständigen Behörde ist es aufgrund des in § 46 AVG verankerten Grundsatzes der Unbeschränktheit der Beweismittel nicht verwehrt, die Ergebnisse eines denselben Fremden betreffenden Asylverfahrens zu berücksichtigen (vgl. auch dazu das genannte hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1997 m.w.N.). Dies gilt auch hinsichtlich eines denselben Fremden betreffenden Verfahrens über einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat. Eine derartige Verwertung der Ergebnisse eines anderen Verfahrens entbindet die Behörde aber nicht von ihrer Verpflichtung, im Fall der Abweisung eines Antrages gemäß § 36 Abs. 2 FrG zu begründen, aus welchen Erwägungen in bezug auf den Antragsteller die in § 37 Abs. 1 oder 2 FrG genannten Gefahren nicht vorliegen.

Im vorliegenden Fall kann der Beschwerdeführer der belangten Behörde nicht zu Recht vorwerfen, sie sei dieser Verpflichtung nicht nachgekommen. Die belangte Behörde beschränkte sich zwar darauf, auf den rechtskräftigen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 23. April 1996 zu verweisen, womit diese gemäß § 54 FrG festgestellt hat, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer in Bosnien gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei. Dies reicht aber im vorliegenden Fall zur Begründung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der in § 37 Abs. 1 oder 2 FrG genannten Gefahren aus, weil eine Änderung des für die genannte Entscheidung vom 23. April 1996 maßgeblichen Sachverhaltes vom Beschwerdeführer in dem der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorangehenden Verwaltungsverfahren nicht behauptet wurde und im übrigen auch in der Beschwerde nicht behauptet wird.

Der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren allein behauptete Umstand, daß eine Benützung jener Objekte, in denen er seinerzeit gewohnt habe, nicht möglich sei, kann - jedenfalls für sich genommen - nicht als stichhaltiger Grund für die Annahme im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG angesehen werden, daß er in Bosnien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden oder aber der Gefahr einer Verfolgung im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG ausgesetzt zu sein.

Soweit der Beschwerdeführer ausführt, seine Abschiebung nach Bosnien sei deswegen tatsächlich unmöglich, weil sich zumindest die AUA regelmäßig weigere, Schubhäftlinge zu transportieren, zeigt er damit schon deswegen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil diese, erstmals in der Beschwerde aufgestellte Behauptung eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unzulässige Neuerung darstellt (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Den - insoweit unbestrittenen - Feststellungen der belangten Behörde zufolge besteht im übrigen eine intakte Flugverbindung von Wien nach Sarajevo nicht nur durch die AUA, sondern auch die BOSNA AIR; eine Abschiebung mittels dieser Fluglinie ist somit unbestritten möglich.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

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