Normen
VStG §51g Abs3;
VStG §51i;
VStG §51g Abs3;
VStG §51i;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 31. März 1998 wurde der Beschwerdeführer dahingehend schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Reinigungsgesellschaft "Favorit" Fritz Krauss GmbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft einen namentlich (im übernommenen Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) genannten Ausländer am 20. Dezember 1994 mit Reinigungsarbeiten ohne arbeitsmarktbehördliche Genehmigung beschäftigt habe.
Gegen diesen im Anschluß an die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8. September 1997 mündlich verkündeten Bescheid und seine danach (am 16. April 1998) zugestellte schriftliche Ausfertigung richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte für den Fall der Abweisung der Beschwerde Aufwandersatz, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, es sei weder dem angefochtenen Bescheid noch dem diesem zugrundeliegenden Straferkenntnis zu entnehmen, welcher Fassung des § 28a (richtig: § 28) Abs. 1 Z 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz der zu beurteilende Sachverhalt unterstellt werde. Es werde im Spruch nur "AuslBG, BGBl. Nr. 2181975 bzw. 218/1975 idgF." zitiert, auch aus der Begründung (Seite 5 des angefochtenen Bescheides "...in der zur Tatzeit geltenden Fassung,...") lasse sich nicht erschließen, welche Fassung Erst- und Berufungsbehörde angewendet hätten. Dem Beschwerdeführer ist entgegenzuhalten, daß sich aus der Nennung des Tattages 20. Dezember 1994 im Spruch des Straferkenntnisses in ausreichender Deutlichkeit nachvollziehen läßt, daß die belangte Behörde das Ausländerbeschäftigungsgesetz in der Fassung vor der Nov. BGBl. Nr. 257/1995 angewendet hat.
Der Beschwerdeführer rügt des weiteren, die belangte Behörde hätte den "falschen Adressaten" bestraft. Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer als handelsrechtlichen Geschäftsführer der GmbH bestraft. Daß der Beschwerdeführer in dieser Funktion nicht zur Vertretung nach außen befugt wäre, hat er nicht behauptet. In Ausübung der Vertretung der Gesellschaft nach außen obliegt ihm etwa der Abschluß von Arbeitsverträgen für die GmbH gleichwie die Verantwortung für die nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt als Beschäftigung nach dem AuslBG zu wertende Inanspruchnahme der Arbeitskraft eines Ausländer ohne zugrundeliegenden Arbeitsvertrag. Die Ausführungen des Beschwerdeführers im Hinblick auf den (zivilrechtlichen) Entgeltanspruch eines beschäftigten Ausländers, der nur gegen den Arbeitgeber gegeben sein könne, gehen an der (strafrechtlichen) Verantwortlichkeit des handelsrechtlichen Geschäftsführers für die Unterlassung von dem AuslBG entsprechenden Anordnungen oder Vereinbarungen vorbei.
Dennoch ist die Beschwerde berechtigt. Die belangte Behörde stützte sich zur Sachverhaltsfeststellung in der Begründung des angefochtenen Bescheides ua. auf die der Anzeige eines Organs des Arbeitsmarktservice Wien vom 28. Dezember 1994 angeschlossene Niederschrift mit dem "Objektleiter" der Fa. Favorit Fritz Krauss GmbH, Tibor F. Dieser wurde jedoch zur öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht geladen, obwohl in der Niederschrift seine Wiener Adresse genannt ist und kein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen ist, daß sein Aufenthalt mittlerweile unbekannt geworden wäre. Zwar hat der anwesende Vertreter des Beschwerdeführers auf "die Verlesung des Akteninhaltes" verzichtet. Diesem Verzicht kann aber keine Zustimmung zur Verlesung von Niederschriften über die Vernehmung des Beschuldigten oder von Zeugen unterstellt werden.
Im Sinne des § 51i VStG war der Unabhängigen Verwaltungssenat berechtigt, bei der Fällung des Erkenntnisses auf nicht verlesene Aktenstücke Rücksicht zu nehmen. Dies Berechtigung besteht jedoch nur soweit, als eine Verlesung überhaupt erfolgen durfte. Gemäß § 51g Abs. 3 VStG dürfen Niederschriften über die Vernehmung von Zeugen nur verlesen werden, wenn
1. die Vernommenen in der Zwischenzeit gestorben sind, ihr Aufenthalt unbekannt ist oder ihr persönliches Erscheinen wegen ihres Alters, wegen Krankheit oder Gebrechlichkeit oder wegen entfernten Aufenthaltes oder aus anderen erheblichen Gründen nicht verlangt werden kann oder
2. die in der mündlichen Verhandlung Vernommenen in wesentlichen Punkten von ihren früheren Aussagen abweichen oder
3. Zeugen, ohne dazu berechtigt zu sein, oder Beschuldigte die Aussage verweigern oder
4. alle anwesenden Parteien zustimmen.
Keiner dieser Umstände lag bei Tibor F. vor. Die belangte Behörde durfte somit dessen niederschriftliche Aussage nicht verlesen, weshalb sie seine darin gemachten Angaben auch nicht für die Fällung des Erkenntnisses verwerten durfte. Der Beschwerdeführer zeigt auch die Relevanz dieses Verfahrensmangels mit dem Vorbringen auf, daß die belangte Behörde ua. durch die Einvernahme des Tibor F. "schon aufgrund des unmittelbaren Eindrucks zu einem anderen Ergebnis gekommen" wäre.
Anders ist die Situation bei der Verwertung von Angaben des Beschwerdeführers. Denn die belangte Behörde hat sich hiebei nicht auf niederschriftliche Angaben gestützt, sondern auf dessen Angaben in der Berufung sowie auf - dem Beschwerdeführer zuzurechnende - Angaben seines Vertreters in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, weshalb der belangte Behörde in dieser Hinsicht kein Verfahrensmangel vorzuwerfen ist.
Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die Unterlassung der Einvernahme des arbeitend angetroffenen Ausländers einen (weiteren) Verfahrensmangel bildete.
Da somit die oben genannten Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. September 1998
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