Normen
AVG §37;
AVG §46;
AVG §47;
ZPO §292 Abs2;
ZustG §17;
ZustG §22;
AVG §37;
AVG §46;
AVG §47;
ZPO §292 Abs2;
ZustG §17;
ZustG §22;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 14. Oktober 1996 die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. Dezember 1996 gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Nach dem Inhalt eines im Akt erliegenden Rückscheines erfolgte die Zustellung nach einem Zustellversuch am 2. Jänner 1997 durch postamtliche Hinterlegung der Sendung. Beginn der Abholfrist war der 3. Jänner 1997.
Mit einer am 20. Jänner 1997 zur Post gegebenen Eingabe erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid Berufung. Zur Rechtzeitigkeit derselben brachte er folgendes vor:
"Der gegenständliche Bescheid wurde am 2.1.1997 beim Postamt 1174 hinterlegt. Diese Hinterlegung ist unzulässig. Meine Vermieterin Frau RG, sagte zu dem zustellenden Postbeamten, daß ich in den nächsten drei Wochen (Zeitraum der Hinterlegung) nicht an die Abgabstelle in ..., zurückkehren werde, weshalb der Rsb-Brief an die MA 62 wegen Unzustellbarkeit zurückgesendet werden muß. Dieses Ersuchen von Frau G wurde jedoch nicht befolgt.
Ich habe dann am 7.1.1997 - weil ich wider erwarten um 2 Wochen früher als geplant nach Wien zurückkehrte - den Brief beim Postamt 1174 behoben. Mit Datum 7.1.1997 - tatsächliche Übernahme durch den Empfänger und dadurch Heilung des Zustellmangels - wurde die Zustellung rechtswirksam. Die Berufungsfrist endet somit am 21. Jänner 1997."
Mit Note vom 30. April 1997 hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die ihres Erachtens vorliegende Verspätung der Berufung vor.
In einer am 14. Mai 1997 bei der belangten Behörde eingelangten Stellungnahme wiederholte der Beschwerdeführer sein bereits in der Berufung zu ihrer Rechtzeitigkeit erstattetes Vorbringen und beantragte zu dessen Beweis die zeugenschaftliche Einvernahme der RG sowie jene des Zustellers.
Ohne Durchführung eines weiteren Ermittlungsverfahrens wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 4. September 1997 die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. Dezember 1996 gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, Berufungen seien gemäß § 63 Abs. 5 AVG binnen zwei Wochen nach erfolgter Zustellung einzubringen. In seiner Stellungnahme zum Vorhalt der belangten Behörde vom 30. April 1997 habe der Beschwerdeführer jedoch "keine nennenswerten Argumente hervorgebracht", die die "Tatsache der verspäteten Berufung abändern" würde. "Begründend" stelle die Berufungsbehörde dazu fest, daß der Beschwerdeführer "laut eigenen Angaben am 07.01.1997 wider erwarten um 2 Wochen früher als geplant nach Wien zurückkehrte und den Brief am Postamt 1174 behob". Ein Nachweis über seine Ortsabwesenheit sei nicht erbracht worden und sei dem Beschwerdeführer vom 7. Jänner 1997 bis 17. Jänner 1997 genügend Zeit geblieben, um rechtzeitig zu berufen. Da die Zustellung am 3. Jänner 1997 rechtswirksam erfolgt sei und die Berufung erst am 20. Jänner 1997 eingebracht worden sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 17 Abs. 1 bis 3 ZustellG lautet:
"§ 17. (1) Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Poststück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte."
Bei den vom Zusteller erstellten Zustellnachweisen handelt es sich um öffentliche Urkunden, die den Beweis dafür erbringen, daß die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist. Der Gegenbeweis gemäß § 292 Abs. 2 ZPO ist jedoch zulässig.
Das in diesem Zusammenhang erstattete Berufungsvorbringen, die Vermieterin des Beschwerdeführers RG habe dem zustellenden Postbeamten erklärt, daß der Beschwerdeführer in den nächsten drei Wochen nicht an die Abgabestelle zurückkehren werde, wäre - bei seinem Zutreffen - allenfalls geeignet, diesen Gegenbeweis zu erbringen (vgl. in diesem Zusammenhang etwa auch den hg. Beschluß vom 21. November 1991, Zl. 90/13/0032).
Indem der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich die unterlassene Einvernahme der zu diesem Vorbringen geführten Zeugen rügt, zeigt er einen Verfahrensmangel auf, bei dessen Vermeidung es nicht ausgeschlossen gewesen wäre, daß die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Bei Zutreffen des diesbezüglichen Vorbringens des Beschwerdeführers und - jedenfalls - in Ermangelung eines gegenteiligen Erhebungsergebnisses, wonach die Auskunft der Vermieterin objektiv unrichtig gewesen wäre, der Beschwerdeführer sich also tatsächlich regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten hätte (auch der tatsächliche regelmäßige Aufenthalt an der Abgabestelle wurde vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren bestritten), wäre die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides durch Hinterlegung schon aus dem Grunde des § 17 Abs. 1 ZustellG unwirksam gewesen. In Ermangelung von Anhaltspunkten für eine Heilung dieses Zustellmangels zu einem früheren Zeitpunkt hätte erst die tatsächliche Übernahme des Bescheides durch den Beschwerdeführer am 7. Jänner 1997 gemäß § 7 ZustellG die Zustellung des Bescheides bewirkt.
Gemäß § 63 Abs. 5 AVG beträgt die Berufungsfrist zwei Wochen. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung beginnt die Frist für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, falls - wie hier - eine mündliche Verkündung nicht erfolgte. Der Partei steht zur Erhebung ihrer Berufung die volle Frist des § 63 Abs. 5 AVG zur Verfügung, sodaß auch das Argument der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer wäre eine Berufungseinbringung in der Zeit zwischen 7. Jänner 1997 und 17. Jänner 1997 möglich gewesen, die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu tragen vermag.
Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 28. Oktober 1998
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