Normen
AufG 1992 §6 Abs2 idF 1995/351;
MRK Art8;
AufG 1992 §6 Abs2 idF 1995/351;
MRK Art8;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte erstmalig am 21. Juli 1994 die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 8. September 1994 gemäß § 9 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die von der Beschwerdeführerin gegen diese Entscheidung eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. März 1996 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes und § 10 Abs. 1 Z. 4 und Z. 6 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.
Am 22. Oktober 1996 beantragte die Beschwerdeführerin neuerlich die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. Dezember 1996 gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. Da sich die Beschwerdeführerin, ohne im Besitz einer gültigen Aufenthaltsbewilligung zu sein, im Bundesgebiet aufhalte, sei die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG anzuwenden.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 8. April 1997 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 AufG sowie § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung damit, daß die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz persönlich im Inland bei der erstinstanzlichen Behörde eingebracht habe. Weiters stehe fest, daß sie sich seit Abschluß ihres Asylverfahrens unerlaubt im Bundesgebiet aufhalte. Diese Tatsache stelle eine Gefährdung für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit dar, da ihr Verhalten auf andere Fremde durchaus Beispielswirkung haben könne. Bei der Beurteilung des Sachverhaltes sei von Bedeutung, daß die Beschwerdeführerin nach Ablehnung ihres am 21. Juli 1994 gestellten Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ganz bewußt weiterhin illegal im Bundesgebiet geblieben sei und im Oktober 1996 neuerlich einen Antrag gestellt habe. Die Beschwerdeführerin sei mit einem Österreicher verheiratet, lebe jedoch nicht mit ihm im gemeinsamen Haushalt. Bei Abwägung der privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin mit den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gelange die Berufungsbehörde zur Ansicht, daß die öffentlichen Interessen überwiegen, zumal sich die Beschwerdeführerin nicht lange Zeit im Bundesgebiet legal aufgehalten habe und daher kein hohes Ausmaß der Integration vorliege.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 6 Abs. 2 AufG lautet:
"§ 6. ...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1; ... Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszweckes kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."
§ 4 Z. 2 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, lautet:
"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:
....
2. Angehörigen von österreichichischen Staatsbürgern (§ 3 Abs. 1 Z. 1 Aufenthaltsgesetz), die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde,
...."
Nach den sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in der Beschwerde unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde verblieb die Beschwerdeführerin nach der rechtskräftigen Beendigung ihres Asylverfahrens am 4. März 1993 weiterhin im Bundesgebiet und hielt sich im Zeitpunkt der Antragstellung, während des Verfahrens und im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Bundesgebiet auf.
Da die Beschwerdeführerin weder nach der Aktenlage noch nach ihrem eigenen Vorbringen jemals über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte, wertete die belangte Behörde ihren Antrag zu Recht als Erstantrag, für dessen Beurteilung die Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG heranzuziehen ist. Gemäß § 6 Abs. 2 erster Satz AufG ist der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen.
Eine Berechtigung der mit einem österreichischen Staatsangehörigen verheirateten Beschwerdeführerin zur Inlandsantragstellung ergibt sich auch nicht aus § 4 Z. 2 der im vorliegenden Fall zur Anwendung gelangenden Verordnung BGBl. Nr. 707/1996: nach dieser Bestimmung sind lediglich solche Angehörige österreichischer Staatsbürger zur Antragstellung im Inland berechtigt, die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde. Daß diese Voraussetzungen sachverhaltsbezogen vorliegen, wird in der Beschwerde nicht behauptet und ergeben sich hiefür auch nach dem Inhalt der Verwaltungsakten keine Anhaltspunkte.
Nach dem unter anderem aus den Gesetzesmaterialien erschließbaren Normzweck des § 6 Abs. 2 AufG wird für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht nur vorausgesetzt, daß der Antrag vor der Einreise in das Bundesgebiet gestellt wird, sondern auch, daß die Entscheidung über den Antrag grundsätzlich vom Ausland aus abgewartet wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/1703).
Die Beschwerdeführerin hätte daher den gegenständlichen Antrag vom Ausland aus zu stellen und die Entscheidung darüber im Ausland abzuwarten gehabt. Da das im § 6 Abs. 2 AufG normierte Erfordernis, einen Bewilligungsantrag vom Ausland aus zu stellen, nicht als bloße Formvorschrift zu werten ist, sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 95/19/0895), hatte die belangte Behörde den unter Mißachtung des § 6 Abs. 2 AufG gestellten Antrag auf Aufenthaltsbewilligung abzuweisen.
Dieses Ergebnis steht auch im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin nach der Aktenlage eine abgewiesene Asylwerberin ist, mit Art. 8 MRK im Einklang. Der Gesetzgeber der Novelle zum AufG, BGBl. Nr. 351/1995, hat im § 6 Abs. 2 AufG bereits auf die während eines Aufenthaltes nach dem Asylgesetz 1991 begründeten privaten und familiären Interessen eines Fremden im Inland Bedacht genommen und sich dafür entschieden, die Antragstellung vom Inland aus nur im Falle des Verlustes des Asyls zu erlauben. Eine weitere Bedachtnahme auf Art. 8 MRK durch die Behörde kommt daher nicht in Betracht. Verfassungsmäßige Bedenken dagegen, daß der Gesetzgeber die Antragstellung vom Inland aus auf Fälle des Verlustes von Asyl beschränkt hat, sind beim Verwaltungsgerichtshof auch aus Anlaß des vorliegenden Falles nicht entstanden. Die aus den Erläuterungen zum Aufenthaltsgesetz (vgl. RV 525 Blg. NR 18. GP) erkennbare Zielvorstellung des Gesetzgebers, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch die Stellung von Asylanträgen zu verhindern, welche zum Schutz der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet es, abgewiesene Asylwerber in Ansehung ihrer privaten und familiären Interessen im Inland besser zu stellen als Fremde, die erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragen (vgl. das hg. Erkenntins vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0371). Eine Einschränkung eines durch Art. 8 Abs. 1 MRK allenfalls geschützten Rechtes auf Neuzuwanderung zur Wahrung der durch einen Voraufenthalt begründeten persönlichen oder familiären Interessen durch § 6 Abs. 2 AufG ist - aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung - durch Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt. Der Fall der Beschwerdeführerin ist auch nicht mit jener Konstellation vergleichbar, die dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, Slg. Nr. 14.148, zugrundelag.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich weiters in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt. Die Begründungen in den gegen die Beschwerdeführerin gefällten Entscheidungen enthielten stereotyp den selben Wortlaut, es handle sich nur um die verba legalia. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin habe nicht ein gesetzlicher Richter über ihre Eingaben entschieden.
Diesen Ausführungen ist - zunächst unabhängig von der Frage der diesbezüglichen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes - entgegenzuhalten, daß nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes das Recht auf den gesetzlichen Richter ein auf den Schutz und die Wahrung der gesetzlich begründeten Behördenzuständigkeit gerichtetes Recht ist. Danach wird dieses Recht durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidrigerweise ihre Zuständigkeit ablehnt und damit eine Sachentscheidung verweigert (VfSlg. 7457). Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses des Rechtes auf den gesetzlichen Richter ist festzuhalten, daß vorliegendenfalls in erster Instanz der hiefür gemäß § 6 Abs. 4 AufG nach dem beabsichtigten Aufenthalt zuständige Landeshauptmann von Wien eine meritorische (abweisende) Entscheidung traf. Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Bundesminister für Inneres als der gemäß Art. 103 Abs. 4 B-VG hiefür zuständigen Berufungsbehörde abgewiesen. Hiedurch wurde ebenfalls eine meritorische Erledigung getroffen. Eine vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmende Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem einfach-gesetzlichen Recht auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung ist nicht erkennbar.
Auch das unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften erstattete Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzubilligen, daß die Behörde, wenn sie gegenüber dem Bescheid der Vorinstanz den Versagungsgrund ändert, verpflichtet ist, dies der Partei vorzuhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1997, Zl. 96/19/1078). Dies trifft im gegenständlichen Fall auf den - zusätzlich - von der Behörde herangezogenen Versagungsgrund des § 6 AufG zu. Allerdings besteht für die Behörde keine Notwendigkeit, die Partei zu Sachverhaltselementen, die diese selbst geliefert hat, noch einmal zu hören (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1997).
Die Beschwerdeführerin hat selbst vorgebracht, nach Abschluß ihres Asylverfahrens im März 1993 weiterhin in Österreich geblieben zu sein und erst im Oktober 1996 vom Inland aus einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt zu haben. Damit hat sie aus eigenem die Behauptungen aufgestellt, aufgrund deren die Behörde von der Annahme einer unzulässigen Inlandsantragstellung ausging. Der belangten Behörde ist somit keine Verletzung von Verfahrensvorschriften anzulasten, wenn sie die Beschwerdeführerin zu diesen, auf ihren eigenen Angaben beruhenden Sachverhaltselementen nicht noch einmal gehört hat.
Der belangten Behörde konnte somit nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie den vorliegenden Antrag gemäß § 6 Abs. 2 erster Satz AufG abwies.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen darauf, ob die belangte Behörde zu Recht auch zusätzlich den Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG als gegeben erachten durfte.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 Abstand genommen, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die im Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, und Art. 6 MRK dem nicht entgegensteht.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.
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