VwGH 97/19/0441

VwGH97/19/04415.6.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1970 geborenen CO, Nigeria, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. Februar 1996, Zl. 113.339/3-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §2 Abs3 Z3 idF 1995/351;
AufG 1992 §2 Abs3 Z4 idF 1995/351;
AufG 1992 §3 Abs1 idF 1995/351;
AufG 1992 §3 Abs1;
AufG 1992 §3 Abs3 idF 1995/351;
AufG 1992 §3 Abs4 idF 1995/351;
AufG 1992 §3 Abs5 idF 1995/351;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §9 Abs3 idF 1995/351;
AufG 1992 §9 Abs3;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §1 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
FrG 1993 §29;
VwRallg;
AufG 1992 §2 Abs3 Z3 idF 1995/351;
AufG 1992 §2 Abs3 Z4 idF 1995/351;
AufG 1992 §3 Abs1 idF 1995/351;
AufG 1992 §3 Abs1;
AufG 1992 §3 Abs3 idF 1995/351;
AufG 1992 §3 Abs4 idF 1995/351;
AufG 1992 §3 Abs5 idF 1995/351;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §9 Abs3 idF 1995/351;
AufG 1992 §9 Abs3;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §1 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
FrG 1993 §29;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 30. November 1994, beim Landeshauptmann von Wien eingelangt am 23. Dezember 1994, beantragte der am 25. September 1970 geborene Beschwerdeführer die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zwecke der Familiengemeinschaft mit seinem österreichischen Vater. Dem Antrag sind Meldezettel angeschlossen, aus denen hervorgeht, daß der Beschwerdeführer an der Adresse seines Vaters gemeldet ist. An dieser Adresse steht eine Unterkunft im Ausmaß von 77 m2 zur Verfügung. Dem Antrag ist eine Bestätigung eines inländischen Unternehmens angeschlossen, aus der hervorgeht, daß der Vater des Beschwerdeführers über ein durchschnittliches monatliches Nettogehalt von S 19.300,-- verfügt. Eine Verpflichtungserklärung des Vaters des Beschwerdeführers wurde vorgelegt.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 12. Jänner 1995 wurde dieser Antrag gemäß § 4 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, die für das Jahr 1995 für das Bundesland Wien festgelegte Quote sei derart zu verwalten, daß darin solche Fälle einer "Aufenthaltsnahme" ihre Deckung finden, die im Sinne des Gesetzes als vorrangig zu betrachten seien. Demnach seien primär jene Fälle von Familienzusammenführung, in denen bereits im Zeitpunkt der Antragstellung eine mindestens einjährige Ehe (und bei einem Fremden als Bezugsperson dessen mehr als zweijähriger Inlandsaufenthalt) vorliege und sohin gemäß § 3 AufG ein Rechtsanspruch auf die Bewilligungserteilung gegeben sei, ebenso zu genehmigen, wie jene, wo eine Sicherungsbescheinigung, Beschäftigungsbewilligung bzw. Arbeitserlaubnis bestehe (oder zumindestens die Arbeitsaufnahme in einem gesuchten Mangelberuf angestrebt werde) bzw. die Erstantragstellung lediglich wegen Versäumung der bei Verlängerungen einzuhaltenden gesetzlichen Fristen erforderlich geworden sei. Was die Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse im Lande Wien betreffe, sei festzustellen, daß Wien eines der Bundesländer mit dem höchsten Ausländeranteil sei, was insbesondere auf dem Arbeits- und auf dem Wohnungsmarkt zu wachsenden Problemen führe. Dazu sei zu bemerken, daß Anfang 1995 in Wien über 9.000 Kriegsflüchtlinge aus Bosnien lebten, ca. 64.000 Personen (darunter ca. 11.000 Ausländer) arbeitslos und ca. 35.000 Personen bei der Stadt Wien als Wohnungssuchende vorgemerkt gewesen seien. Unter diesen Gesichtspunkten habe sich die erstinstanzliche Behörde nicht entschließen können, den vorliegenden Antrag, auf den keines der obangeführten Kriterien für eine Bevorzugung zugetroffen habe und der auch keine sonstigen unabweislichen Gründe für eine positive Erledigung enthalte, zu genehmigen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er brachte vor, er beabsichtige in Wien die Schule zu besuchen, die österreichische Schulbehörde betreibe bereits die Nostrifikation nigerianischer Schulzeugnisse. Der Beschwerdeführer beabsichtige auch, sich zum Studium der deutschen Sprache und zum anschließenden Schulbesuch einer Höheren Technischen Lehranstalt im Bundesgebiet aufzuhalten. Der Beschwerdeführer sei von seinem österreichischen Vater wirtschaftlich abhängig. Dieser sei ein erfolgreicher österreichischer Schauspieler mit fixem Engagement und vielfachen Theater- und Filmaufträgen. Er sei auch - wie der Verpflichtungserklärung zu entnehmen sei - in der Lage, für den Beschwerdeführer Unterhalt zu leisten. Der Beschwerdeführer hingegen sei - als nigerianischer Staatsbürger - derzeit nicht in der Lage, sich in Nigeria einer Schulausbildung zu unterziehen, weil das dortige Hochschulsystem seit mehreren Jahren fast zur Gänze zum Erliegen gekommen sei. In Österreich hätte der Beschwerdeführer mit Unterstützung seines Vaters die Möglichkeit, eine Ausbildung zu beginnen und auch zu beenden.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. Februar 1996 wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 3 und § 4 Abs. 1 AufG ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im wesentlichen damit begründet, zu seinem Vater nach Österreich ziehen und im Bundesgebiet die Höhere Technische Lehranstalt besuchen zu wollen. Die erstinstanzliche Behörde habe diesen Antrag mit der Begründung abgewiesen, daß sie im Rahmen der festgelegten Quote andere Anträge bevorzugt zu berücksichtigen habe. Die Behörde habe den erstinstanzlichen Bescheid im Rahmen des vom Gesetz eingeräumten Ermessensspielraumes getroffen. Bei der Ermessensübung habe sie sich von der ebenfalls im Gesetz begründeten Überlegung leiten lassen, daß angesichts einer im Vergleich zu den festgelegten Quotenplätzen wesentlich größeren Zahl von Anträgen Prioritäten gesetzt werden müßten. Im erstinstanzlichen Bescheid sei dargelegt worden, daß und aus welchen Gründen die erstinstanzliche Behörde Aufenthaltsbewilligungen vorrangig in Fällen der Familienzusammenführung, einer länger andauernden Ehe, einer rechtlich gesicherten und selbständigen Erwerbstätigkeit oder eines bereits länger bestehenden gesetzmäßigen Aufenthalts in Österreich zu erteilen habe. Der Landeshauptmann von Wien habe weiter auf die Zuwanderungssituation in Wien verwiesen und aus ihr abgeleitet, daß ihm vom Gesetz eine besondere Sorgfalt bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung dort aufgetragen sei, wo die genannten besonderen Voraussetzungen nicht vorlägen.

Dagegen habe der Beschwerdeführer auf die österreichische Staatsbürgerschaft seines Vaters verwiesen und erklärt, einen Schulabschluß an der Höheren Technischen Lehranstalt anzustreben. Diese Einwendungen hätten jedoch nicht belegen können, aus welchen Gründen die Ermessensausübung der erstinstanzlichen Behörde gesetzwidrig gewesen wäre.

Fest stehe, daß der Beschwerdeführer sich erst mit 24 Jahren zur schulischen Ausbildung in Österreich entschlossen habe, nachdem sein Vater in Österreich seinen festen Wohnsitz begründet und die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten habe. Es sei anzunehmen, daß der Beschwerdeführer nach Abschluß seiner Ausbildung an der Höheren Technischen Lehranstalt im Bundesgebiet verbleiben wolle, um seinen Beruf hier auszuüben. Daher sei auch die Arbeitsmarktlage in Österreich bei der Beurteilung seines Antrages miteinzubeziehen. Demnach bestünden jedoch keine Chancen, daß der Beschwerdeführer im Bundesgebiet einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Die derzeitige Arbeitsmarktlage sei von einer extrem hohen Arbeitslosigkeit gekennzeichnet. Die Entscheidung sei im Rahmen des vom Gesetz eingeräumten Ermessensspielraumes getroffen. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung bestehe nicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (26. Februar 1996) ist für seine Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 sowie die am 22. Dezember 1995 ausgegebene Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, maßgebend.

§ 2 Abs. 1, 2 und 3, § 3 Abs. 1, 3, 4 und 5 sowie § 4 Abs. 1 und 3 AufG lauteten (auszugsweise):

"§ 2. (1) Die Bundesregierung hat, im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates, für jeweils ein Jahr mit Verordnung die Anzahl der Bewilligungen festzulegen, die höchstens erteilt werden dürfen. Sie hat dabei die Entwicklung eines geordneten Arbeitsmarktes sicherzustellen und auf den Wohnungsmarkt, die Möglichkeiten, insbesondere im Bereich des Schul- und Gesundheitswesens, auf die allgemeine innerstaatliche demographische Entwicklung sowie auf die Zahl der Fremden, die sich in Österreich bereits niedergelassen haben, auf die Zahl der Asylwerber und auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit Bedacht zu nehmen. Die Zahl der Personen, denen jeweils im vorangegangenen Jahr Asyl gewährt wurde, und der Personen, denen sonst ein dauerndes Aufenthaltsrecht eingeräumt wurde, ist bei der Festlegung der Zahl anzurechnen.

(2) Die Bundesregierung hat in dieser Verordnung im Interesse einer den Möglichkeiten und Erfordernissen (Abs. 1) der einzelnen Länder entsprechenden Verteilung von Fremden im Bundesgebiet die Bewilligungen auf die Länder aufzuteilen. Der Landeshauptmann eines Landes, in dem die Zahl der in diesem Land bereits niedergelassenen Fremden den Bundesdurchschnitt erheblich übersteigt, kann die Ausschöpfung der für dieses Bundesland vorgesehenen Zahl von Bewilligungen unter Bedachtnahme auf § 3 und die in Abs. 1 angeführten Möglichkeiten und Erfordernisse mit Verordnung regeln.

(3) Die Bundesregierung kann in dieser Verordnung insbesondere

...

3. unter Bedachtnahme auf Abs. 1 eine besondere Zahl von Bewilligungen für den Familiennachzug gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 festlegen,

4. in Österreich geborene Kinder von Fremden (§ 3 Abs. 1 Z 2), Angehörige österreichischer Staatsbürger (§ 3 Abs. 1 Z 1), Personen, die gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 aufenthaltsberechtigt sind oder waren, sowie Inhaber einer Beschäftigungsbewilligung, einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines und deren Familienangehörige im Sinne des § 3, die eine Aufenthaltsbewilligungen hatten, insoweit von der Anrechnung auf die Zahl der Bewilligungen ausnehmen, als dadurch das Ziel der Zuwanderungsregelung nicht beeinträchtigt wird, und ...

§ 3. (1) Ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern und Ehegatten

  1. 1. von österreichischen Staatsbürgern oder
  2. 2. von Fremden, die auf Grund einer Bewilligung, eines vor dem 1. Juli 1993 ausgestellten Sichtvermerks oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 bis 5 rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben,

    ist nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z 3 und 4 eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt.

    ...

(3) Die Fristen des Abs. 1 Z 2 und des Abs. 2 können verkürzt werden, wenn der Ehegatte bzw. die Kinder im gemeinsamen Haushalt gelebt haben und ihr Lebensunterhalt und ihre Unterkunft ausreichend gesichert sind.

(4) In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen und unter denselben Voraussetzungen kann, wenn dies zur Vermeidung einer besonderen Härte geboten ist, eine Bewilligung auch volljährigen Kindern und Eltern der in Abs. 1 genannten Personen erteilt werden, wenn sie von diesen wirtschaftlich abhängig sind.

(5) Übersteigt die Zahl der Anträge nach Abs. 1 Z 2 voraussichtlich die festgelegte Zahl von Bewilligungen (§ 2 Abs. 3 Z 3), so sind Bewilligungswerber bevorzugt zu berücksichtigen, denen auf Grund persönlicher Umstände eine sofortige Integration möglich ist oder bei denen eine Familienzusammenführung besonders dringlich ist.

§ 4. (1) Eine Bewilligung kann Fremden unter Berücksichtigung der gemäß § 2 erlassenen Verordnungen sowie unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in dem Land des beabsichtigten Aufenthaltes erteilt werden, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt. Auf die Verlängerung von Bewilligungen finden die gemäß § 2 erlassenen Verordnungen keine Anwendung.

...

(3) Eine Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 4 ist jeweils mit der gleichen Befristung zu erteilen wie die der Bewilligung des Ehegatten bzw. Elternteiles oder Kindes, bei der ersten Bewilligung aber höchstens für die Dauer von fünf Jahren."

§ 1 Abs. 1 und 2 sowie § 3 Z. 1 und 2 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, lauteten (auszugsweise):

"§ 1. (1) Im Jahr 1996 dürfen - außerhalb der in § 2 festgelegten Zahl von Bewilligungen - höchstens

18480 Bewilligungen erteilt werden.

(2) Die Anzahl dieser Bewilligungen wird in folgendem

Verhältnis auf die Länder aufgeteilt:

...

Wien:

insgesamt höchstens 5400 Bewilligungen, aufgeteilt auf

...

höchstens 2600 Bewilligungen für den Familiennachzug (§ 1 Abs. 1 Z 3 der Verordnung BGBl. Nr. 395/1995),

...

§ 3. Folgende Personengruppen werden von der Anrechnung auf die in § 1 festgelegte Zahl von Bewilligungen ausgenommen:

1. in Österreich geborene und seit Geburt aufhältige minderjährige Kinder von Fremden, die auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung oder eines vor dem 1. Juli 1993 ausgestellten Sichtvermerks oder gemäß § 1 Abs. 3 Z. 4 und 5 des Aufenthaltsgesetzes zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind,

2. eheliche und außereheliche minderjährige Kinder und Ehegatten von österreichischen Staatsbürgern,

..."

§§ 28 und 29 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) lauteten:

"§ 28. (1) EWR-Bürger sind Fremde, die Staatsangehörige einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) sind.

§ 29. (1) Angehörige von EWR-Bürgern, die zwar Fremde aber nicht EWR-Bürger sind (Drittstaatsangehörige), unterliegen der Sichtvermerkspflicht gemäß § 5.

(2) Sofern die EWR-Bürger zum Aufenthalt berechtigt sind, ist begünstigten Drittstaatsangehörigen (Abs. 3) ein Sichtvermerk auszustellen, wenn durch deren Aufenthalt nicht die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet wäre. Der Sichtvermerk ist mit fünf Jahren, in den Fällen der beabsichtigten Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch den EWR-Bürger (§ 28 Abs. 3 Z 3) jedoch mit sechs Monaten ab dem Zeitpunkt seiner Einreise zu befristen.

(3) Begünstigte Drittstaatsangehörige sind:

1. Kinder bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres und Ehegatten;

2. Verwandte der EWR-Bürger in auf- und absteigender Linie oder ihre Ehegatten, sofern ihnen Unterhalt gewährt wird."

Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in ständiger Rechtsprechung zu der mit den nunmehrigen Absätzen 3 und 4 des § 3 AufG gleichlautenden Bestimmung des § 3 Abs. 3 AufG aF folgende Rechtsauffassung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Februar 1996, Zlen. 95/21/0216 und 95/21/0416):

Volljährigen Kindern von österreichischen Staatsbürgern und von Fremden, die aufgrund einer Bewilligung oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 bis 5 AufG aF rechtmäßig ohne Bewilligung seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, steht ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 3 AufG aF zu, wenn die in Abs. 3 (nunmehr Abs. 4) der genannten Gesetzesstelle angeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Bei volljährigen Kindern von österreichischen Staatsbürgern, denen von diesen Unterhalt gewährt wird, darf das Erfordernis dieser Voraussetzungen jedoch nicht überspannt werden. Es darf nämlich nicht außer acht gelassen werden, daß gemäß § 29 FrG auch volljährigen Kindern von EWR-Bürgern, die zum Aufenthalt berechtigt sind, ein Sichtvermerk zu erteilen ist, wenn nur durch ihren Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht gefährdet wäre. § 3 AufG aF muß die Bedeutung unterstellt werden, daß die dort geregelten Voraussetzungen für die aufenthaltsrechtliche Verwirklichung des Familiennachzuges für volljährige Kinder von österreichischen Staatsbürgern nicht im vorliegenden Zusammenhang strenger gestaltet sind als für volljährige Kinder von in Österreich zum Aufenthalt berechtigten EWR-Bürgern. Andernfalls läge eine Benachteiligung von österreichischen Staatsbürgern gegenüber EWR-Bürgern - hinsichtlich der Ermöglichung des familiären Zusammenlebens mit Kindern, denen Unterhalt gewährt wird - vor, die dem Grundsatz zuwiderlaufen würde, daß eine gesetzliche Schlechterstellung österreichischer Staatsbürger gegenüber Ausländern zu vermeiden ist. Gemäß § 3 Abs. 1 und 3 AufG aF besteht daher bei Nichtvorliegen eines Ausschließungsgrundes gemäß § 5 Abs. 1 AufG für volljährige Kinder von österreichischen Staatsbürgern ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung im Regelfall dann, wenn ihnen vom betroffenen österreichischen Staatsbürger Unterhalt gewährt wird.

Diese Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes zu § 3 Abs. 3 AufG aF sind auf die hier in Rede stehenden Bestimmungen des § 3 Abs. 3 und 4 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 jedenfalls insoweit zu übertragen, als das Erfordernis der Erfüllung der Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 und 4 AufG nicht überspannt werden darf und Angehörigen österreichischer Staatsbürger bei deren Erfüllung ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 3 AufG zusteht. Eine unterschiedliche Behandlung gegenüber Angehörigen von in Österreich ansässigen EWR-Bürgern könnte ihre sachliche Rechtfertigung ausschließlich darin finden, daß der von volljährigen Angehörigen österreichischer Staatsbürger ausgehende Zuwanderungsdruck um ein Vielfaches höher ist als jener, der von volljährigen Drittstaatsangehörigen in Österreich ansässiger EWR-Bürger ausgeht. Diesem Unterschied ist aber bereits durch die - wie unten darzulegen sein wird - Quotenabhängigkeit des Familiennachzuges volljähriger Kinder zu Österreichern Rechnung getragen.

Im vorliegenden Fall wird dem Beschwerdeführer nach seinen Behauptungen nicht nur von seinem Vater Unterhalt geleistet, er ist vielmehr von diesem wirtschaftlich abhängig, war mit ihm an einer gemeinsamen Adresse gemeldet und macht unter Berücksichtigung des Gebotes verfassungskonformer Interpretation besonders berücksichtigungswürdige Gründe (beabsichtigter Schulbesuch, welcher ihm aufgrund der besonderen Verhältnisse in seinem Heimatland nicht möglich wäre) geltend. Nach den Behauptungen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren wäre auch sein Unterhalt und eine ortsübliche Unterkunft im Inland gesichert.

Es ist daher nicht auszuschließen, daß die belangte Behörde bei einer Auseinandersetzung mit dem wiedergegebenen Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Gesamtheit (Feststellungen wurden zu diesem Vorbringen nur teilweise getroffen) zum Ergebnis gelangt wäre, daß diesem unter Anwendung des § 3 Abs. 3 und 4 AufG nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z. 3 und 4 AufG eine Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 AufG zu erteilen wäre. Eine solche Erteilung wäre allerdings aus nachstehenden Erwägungen vom Vorhandensein eines freien Quotenplatzes abhängig.

§ 2 Abs. 3 Z. 4 AufG ermächtigt die Bundesregierung lediglich Angehörige österreichischer Staatsbürger im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 1 AufG, also bloß Ehegatten und minderjährige Kinder, von der Anrechnung auf die Zahl der Bewilligungen auszunehmen. Der Gesetzgeber hat sich durch das Zitat des § 3 Abs. 1 Z. 1 AufG in § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG bewußt dazu entschlossen, der Bundesregierung nicht zu gestatten, volljährige Kinder österreichischer Staatsbürger von der Anrechnung auf die Quote auszunehmen. Demnach sieht § 3 Z. 2 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996 auch nur in Ansehung ehelicher und außerehelicher minderjähriger Kinder von österreichischen Staatsbürgern eine solche Ausnahme vor.

Andererseits besteht nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 Z. 3 AufG lediglich die Möglichkeit, unter Bedachtnahme auf Abs. 1 eine besondere Zahl von Bewilligungen für den Familiennachzug gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG, also zu Fremden, nicht zu österreichischen Staatsbürgern festzulegen. In Ansehung des in § 3 Abs. 3 und 4 AufG vorgesehenen Familiennachzuges volljähriger Kinder zu österreichischen Staatsbürgern geht der in § 3 Abs. 1 AufG enthaltene Verweis auf § 2 Abs. 3 Z. 3 (und 4) AufG ins Leere. In Ansehung der Frage, in welcher Quote volljährige Angehörige österreichischer Staatsbürger zu behandeln sind, liegt daher eine Gesetzeslücke vor. Diese ist dahingehend zu schließen, daß die Ermächtigung gemäß § 2 Abs. 3 Z. 3 AufG, eine Quote für den Familiennachzug festzulegen, auch für Fälle des Familiennachzuges volljähriger Kinder zu österreichischen Staatsbürgern (wie auch für solche des Familiennachzuges volljähriger Kinder zu in Österreich aufhältigen Fremden) gilt. Dementsprechend sind diese Fälle im Rahmen der gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, für den Familiennachzug festgesetzten Quote zu berücksichtigen.

Auf solche Anträge findet daher auch § 3 Abs. 5 AufG (analog) Anwendung, wonach unter mehreren Bewilligungswerbern im Rahmen dieser Quote jene bevorzugt zu berücksichtigen sind, denen aufgrund persönlicher Umstände eine sofortige Integration möglich ist oder bei denen eine Familienzusammenführung besonders dringlich ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zlen. 95/19/0629 bis 0631, dargelegt hat, führt aber im Rahmen der Bestimmung des § 3 Abs. 5 AufG das Vorhandensein dringlicherer anderer Anträge nicht zur Abweisung des weniger dringlichen Antrages, sondern lediglich zum Hintanreihen seiner Behandlung.

Die Ausführung der belangten Behörde, die Darlegungen des Beschwerdeführers in seiner Berufung hätten nicht belegen können, inwiefern die Ermessensentscheidung der erstinstanzlichen Behörde rechtswidrig gewesen wäre, vermögen nach dem Vorgesagten den Spruch des angefochtenen Bescheides nicht zu tragen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde mit dieser Formulierung zum Ausdruck bringen wollte, sie übernehme die - allerdings auf die Quote für 1995 zugeschnittene - Begründung des erstinstanzlichen Bescheides.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Zu den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Normbedenken ist folgendes auszuführen:

Ein Gesetzesprüfungsverfahren in Ansehung des § 4 Abs. 1 AufG war nicht zu initiieren, weil der Verwaltungsgerichtshof diese Bestimmung nicht anzuwenden hatte. Dem Beschwerdeführer wäre bei Zutreffen seiner Behauptungen bereits ein Rechtsanspruch nach § 3 Abs. 1 AufG zugestanden, weshalb sich die Prüfung, ob ihm (auch) nach dem erstgenannten Bewilligungstatbestand eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden könnte, derzeit erübrigte.

Insofern der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, die in der Verordnung der Bundesregierung über die Höchstzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1995, BGBl. Nr. 408/1995, festgelegten Höchstzahlen der Bewilligungen (für den Familiennachzug) seien zu niedrig und die Verordnung daher insoweit gesetzwidrig, ist ihm zu entgegnen, daß diese Verordnung von der belangten Behörde nicht anzuwenden war.

Insoweit sich sein diesbezüglicher Einwand auch gegen die in § 1 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 festgelegte Höchstzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für Wien bezieht, vermag er allein mit dem Vorbringen, daß 4200 Kinder von Fremden in Österreich geboren werden, eine Gesetzwidrigkeit dieser Höchstzahl von Bewilligungen schon deshalb nicht aufzuzeigen, weil die an in Österreich geborene Kinder der in § 3 Z. 1 dieser Verordnung genannten Fremden erteilten Bewilligungen ohnedies von der Anrechnung auf die in § 1 festgelegte Zahl von Bewilligungen ausgenommen sind.

Insoweit der Beschwerdeführer schließlich Normbedenken gegen die Legaldefinition des Begriffes "EWR-Bürger" in § 28 Abs. 1 FrG geltend macht, ist ihm zu entgegnen, daß auch diese Bestimmung im Verfahren zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht anzuwenden ist. Einen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 29 FrG hat der Beschwerdeführer nicht gestellt (zur Möglichkeit einer verfassungskonformen Interpretation der §§ 28 und 29 FrG im Sinne einer Gleichbehandlung von Drittstaatsangehörigen von Österreichern und solchen von (sonstigen) EWR-Bürgern vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Juni 1997, B 592/96-6).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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