VwGH 97/14/0131

VwGH97/14/013121.7.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des EB in L, vertreten durch Dr. Bernhard Aschauer, Rechtsanwalt in Linz, Mozartstraße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 18. August 1997, Zl. 419/10-10/Zi-1997, betreffend Festsetzung von Aussetzungszinsen und Säumniszuschlägen, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §212a Abs1;
BAO §212a Abs5;
BAO §212a Abs8;
BAO §212a Abs9;
BAO §217;
BAO §218;
BAO §311;
VwGG §27;
VwGG §30 Abs2;
BAO §212a Abs1;
BAO §212a Abs5;
BAO §212a Abs8;
BAO §212a Abs9;
BAO §217;
BAO §218;
BAO §311;
VwGG §27;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Abschluß einer abgabenbehördlichen Prüfung nahm das Finanzamt die Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 1976 bis 1985 wieder auf und erließ für diese Jahre entsprechende Einkommensteuerbescheide. Weiters erließ es einen endgültigen Bescheid betreffend Einkommensteuer 1986 sowie Umsatzsteuer- und Gewerbesteuerbescheide für 1976 bis 1986, weiters Bescheide betreffend die Festsetzung eines Verspätungszuschlages zur Gewerbesteuer für 1976 bis 1986.

Mit Schriftsatz vom 17. Jänner 1990 erhob der Beschwerdeführer Berufung gegen diese Bescheide und beantragte mit Schriftsatz vom selben Tag die Aussetzung der Einhebung der Abgaben gemäß § 212a BAO. Diesem Antrag wurde mit Bescheid vom 28. März 1990 stattgegeben.

Mit Berufungsbescheid der belangten Behörde (Berufungssenat I) vom 3. Mai 1996 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1986 sowie Verspätungszuschlag zur Gewerbesteuer 1986 teilweise Folge gegeben. Hinsichtlich der übrigen oben genannten Abgaben und Streitjahre wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid vom 3. Juni 1996 wurde der Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuer und Gewerbesteuer für 1976 bis 1985 verfügt und der Beschwerdeführer aufgefordert, den dadurch entstandenen Rückstand bis 11. Juli 1996 zu entrichten. Mit einem weiteren Bescheid vom 3. Juni 1996 wurden Aussetzungszinsen in der Höhe von S 4,190.769,-- vorgeschrieben.

Mit Bescheid vom 4. Juni 1996 wurde der Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Verspätungszuschläge für 1976 bis 1985, der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer 1986 verfügt und der Beschwerdeführer aufgefordert, den dadurch entstandenen Rückstand bis 12. Juli 1996 zu entrichten. Mit einem weiteren Bescheid vom 4. Juni 1996 wurden Aussetzungszinsen in der Höhe von S 231.746,-- vorgeschrieben, bei deren Berechnung der teilweise stattgebenden Berufungsentscheidung (durch Verminderung der Berechnungsgrundlage von S 406.146,-- auf S 377.895,--) Rechnung getragen wurde.

Mit Bescheid vom 11. Juni 1996 wurde der Ablauf der Aussetzung des Verspätungszuschlages für 1986 verfügt und der Beschwerdeführer aufgefordert, den dadurch entstandenen Rückstand bis 18. Juli 1996 zu entrichten. Mit einem weiteren Bescheid vom 11. Juni 1997 wurden Aussetzungszinsen in der Höhe von S 582,-- vorgeschrieben, wobei auch in diesem Fall der teilweise stattgebenden Berufungsentscheidung durch entsprechende Verringerung der Berechnungssumme Rechnung getragen wurde.

Gegen die drei Bescheide betreffend Festsetzung von Aussetzungszinsen wurden mit Schriftsätzen vom 4. Juli 1996 Berufungen erhoben, in denen jeweils gerügt wurde, daß über die Berufung (vom 17. Jänner 1990) nicht zeitgerecht entschieden worden sei. Nur dadurch sei es zu der Höhe der Aussetzungszinsen gekommen. In diesen Berufungen begehrte der Beschwerdeführer jeweils die Aussetzung der Einhebung der festgesetzten Aussetzungszinsen bis zur Erledigung der Berufung.

Gegen den Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 3. Mai 1996 erhob der Beschwerdeführer die zu Zl. 96/14/0099 protokolliert gewesene Beschwerde, die mit Erkenntnis vom 16. Dezember 1997 als unbegründet abgewiesen wurde. Dem mit der Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde gemäß § 30 Abs. 2 VwGG mit hg. Beschluß vom 26. September 1996, AW 96/14/0022, stattgegeben.

Da die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer für 1976 bis 1986 nicht innerhalb der oben genannten Fristen entrichtet wurden, setzte das Finanzamt mit Bescheiden vom 9. August 1996 Säumniszuschläge in der Höhe von insgesamt S 143.927,-- fest.

Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsätzen vom 14. August 1996 jeweils Berufung, in der er auf die von ihm eingebrachte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und den damit verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hinwies und behauptete, daß die Steuerschuld bereits teilweise durch vom Finanzamt beschlagnahmte Sparbücher habe abgedeckt werden können. In den Berufungen beantragte der Beschwerdeführer jeweils die Aussetzung der Einhebung der festgesetzten Säumniszuschläge bis zur Erledigung der Berufung.

Mit Bescheid vom 11. September 1996 bewilligte das Finanzamt die Aussetzung der Einhebung der oben bezeichneten, bescheidmäßig festgesetzten Aussetzungszinsen und Säumniszuschläge.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen gegen die Bescheide des Finanzamtes vom 3., 4. und 11. Juni 1996 betreffend Festsetzung von Aussetzungszinsen und die Berufungen gegen die Bescheide des Finanzamtes vom 9. August 1996 betreffend Festsetzung von Säumniszuschlägen als unbegründet ab.

In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensverlaufes aus, Aussetzungszinsen seien bis zur Beendigung des durch die Aussetzung bewirkten Zahlungsaufschubes zu entrichten. Auf die Dauer des Berufungsverfahrens komme es nach § 212a Abs. 9 BAO nicht an, sodaß für eine (teilweise) Einschränkung der Zinsenvorschreibung wegen der langen Dauer des Berufungsverfahrens die rechtliche Grundlage fehle. Im übrigen könne die aus einer Aussetzung der Einhebung zu erwartende Zinsenbelastung dadurch reduziert werden, daß von der Aussetzung betroffene Abgabenschuldigkeiten entrichtet oder durch Verwendung von Guthaben oder sonstigen Gutschriften getilgt werden. Aus dem Hinweis auf die Dauer des Berufungsverfahrens sei für den Beschwerdeführer daher nichts zu gewinnen. Die Einbringung einer Säumnisbeschwerde wäre ihm freigestanden. Ein allfälliger Erfolg der Beschwerde gegen den Bescheid vom 3. Mai 1996 und eine deshalb vorzunehmende Herabsetzung der Abgaben hätte gemäß § 212a Abs. 9 zweiter Satz BAO die neuerliche Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zur Folge.

Für die Entrichtung der Abgaben, die ausgesetzt gewesen seien, sei dem Beschwerdeführer gemäß § 212a Abs. 7 BAO eine Frist bis zum Ablauf eines Monates ab Bekanntgabe des Bescheides über den Ablauf der Aussetzung zugestanden. Da innerhalb dieser Frist die Abgaben nicht entrichtet worden seien, sei gemäß § 218 Abs. 4 BAO die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages eingetreten. Durch die Einbringung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei die Fälligkeit der Abgaben nicht hinausgeschoben worden. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hemme den Vollzug, ändere aber nichts an den bis dahin eingetretenen Rechtsfolgen, nämlich den Säumnisfolgen des mit Beschwerde bekämpften Bescheides.

Eine Verringerung der Steuerschuld durch die vom Finanzamt im Rahmen der Hausdurchsuchung am 24. November 1986 beschlagnahmten vier Sparbücher sei nicht eingetreten. Deren Verwertung sei nicht zulässig gewesen und sei bisher nicht durchgeführt worden. Mit Schriftsatz vom 23. Mai 1997 habe der Beschwerdeführer die Aufhebung der Beschlagnahme der Sparbücher beantragt. Die Berufung sei demnach auch hinsichtlich der Festsetzung von Säumniszuschlägen unbegründet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hält die Festsetzung von Aussetzungszinsen wegen der langen Dauer des Berufungsverfahrens betreffend seine Berufung vom 17. Jänner 1990 für rechtswidrig.

Soweit er sich in diesem Zusammenhang auf § 73 AVG beruft, ist er zunächst darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde nicht dieses Gesetz sondern die BAO anzuwenden hatte (§ 1 lit. a BAO).

Auch aus § 311 BAO, nach dessen Abs. 1 die Abgabenbehörden verpflichtet sind, über die in Abgabenvorschriften vorgesehenen Anbringen der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden, ist für den Beschwerdeführer selbst dann nichts zu gewinnen, wenn die ungewöhnlich lange Dauer des Berufungsverfahrens - ungeachtet der Kompliziertheit des Sachverhaltes und des Umfanges der erforderlichen Ermittlungen - auch auf ein schuldhaftes Verhalten der belangten Behörde zurückzuführen sein sollte. Gemäß § 212a Abs. 9 BAO sind nämlich Aussetzungszinsen für die Dauer des durch die Aussetzung bewirkten Zahlungsaufschubes, der zufolge § 212a Abs. 5 leg. cit. mit dem Ablauf der Aussetzung (oder ihrem Widerruf) endet, zu entrichten. Die für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde erforderliche Frist gemäß § 27 VwGG ist daher für das Ausmaß der zu entrichtenden Aussetzungszinsen nicht maßgebend. Ebensowenig kommt nach der dargestellten Rechtslage eine Bedachtnahme auf die für die Durchführung des Berufungsverfahrens unbedingt notwendige oder angemessene Zeit in Betracht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. September 1997, 93/13/0100). Die Aussetzungszinsen stellen das Äquivalent für den tatsächlich in Anspruch genommenen Zahlungsaufschub dar. Will der Abgabepflichtige Aussetzungszinsen vermeiden oder gering halten, kann er entweder von einer Antragstellung gemäß § 212a Abs. 1 BAO Abstand nehmen oder - wenn ihm über seinen Antrag die Aussetzung bereits bewilligt wurde - den dadurch bewirkten Zahlungsaufschub jederzeit durch die im § 212a Abs. 8 BAO vorgesehene Tilgung beenden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. September 1997, 96/15/0173).

Der Beschwerdeführer rügt, daß die belangte Behörde über die in den Berufungen gegen die Bescheide betreffend Festsetzung der Aussetzungszinsen und der Säumniszuschläge enthaltenen Anträge auf Aussetzung der Einhebung der in diesen Bescheiden genannten Beträge nicht entschieden habe. Dieses Vorbringen läßt nicht erkennen, weshalb der angefochtene Bescheid rechtswidrig sein soll. Im übrigen hat über diese Anträge nach der Aktenlage die dafür zuständige Erstbehörde ohnedies mit Bescheid vom 11. September 1996 in stattgebendem Sinn entschieden. Eine Aussetzung der Einhebung der vom Berufungsbescheid vom 3. Mai 1996 betroffenen Abgaben für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurde nicht beantragt und wäre auch mangels gesetzlicher Grundlage nicht zulässig gewesen (siehe dazu das Erkenntnis vom heutigen Tag, 98/14/0101, mwN).

Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hemmt nur den Vollzug des mit Beschwerde angefochtenen Bescheides, ändert aber nicht rückwirkend die bis dahin eingetretenen Säumnisfolgen (siehe Stoll, BAO-Kommentar, 2327 und das dort zitierte hg. Erkenntnis vom 14. November 1988, 87/15/0138). Da die Abgaben nicht fristgerecht entrichtet wurden, ist gemäß § 218 Abs. 4 die Verpflichtung zur Entrichtung der Säumniszuschläge eingetreten, die auch durch die folgende Bewilligung der aufschiebenden Wirkung nicht beseitigt wurde. Die Festsetzung der Säumniszuschläge begegnet daher unter diesem Gesichtspunkt keinen Bedenken.

Die Ausführungen der belangten Behörde, daß eine Verringerung der Abgabenschulden durch vier im Rahmen der Hausdurchsuchung beschlagnahmte Sparbücher nicht eingetreten sei und daß der Beschwerdeführer die Ausfolgung der Sparbücher beantragt habe, stehen mit dem Akteninhalt im Einklang. Sollte in den in diesem Punkt unklaren Beschwerdeausführungen die Behauptung enthalten sein, der Beschwerdeführer habe die Verwertung der Sparbücher zur Tilgung der Abgabenverbindlichkeiten angeboten, handelt es sich dabei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung. Der Beschwerde ist auch nicht zu entnehmen, wann und in welcher Form eine solche Bereitschaft des Beschwerdeführers erklärt worden sein soll. Im Ausfolgungsantrag vom 23. Mai 1997 ist davon jedenfalls keine Rede.

Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde insgesamt als unbegründet erwiesen hat, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, 21. Juli 1998

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