VwGH 97/14/0082

VwGH97/14/008221.7.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des Landes Oberösterreich, vertreten durch den Landeshauptmann in Linz, Klosterstraße 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. Juni 1997, Zl. Gem - 521166/3 - 1997 - AP, betreffend Kommunalsteuer (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister in Linz, Hauptplatz 1-5), zu Recht erkannt:

Normen

KommStG 1993 §2 Abs5;
KommStG 1993 §3 Abs3;
PrivSchG 1962;
VwRallg;
KommStG 1993 §2 Abs5;
KommStG 1993 §3 Abs3;
PrivSchG 1962;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der mitbeteiligten Landeshauptstadt Linz Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung des Landes Oberösterreich gegen den (Berufungs-)Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 20. März 1997, mit welchem dem Land Oberösterreich im Zusammenhang mit der Entrichtung von Bezügen an Dienstnehmer im Linzer Bruckner-Konservatorium für die Zeit vom 1. Jänner 1994 bis 31. Dezember 1995 Kommunalsteuer und Säumniszuschlag vorgeschrieben worden waren, als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, strittig sei allein, ob das Bruckner-Konservatorium, bei dem es sich um eine wirtschaftlich selbständige Einrichtung des Landes Oberösterreich handle, im Sinne des § 2 Körperschaftsteuergesetz 1988 - KStG 1988, auf den § 3 Abs. 3 Kommunalsteuergesetz 1993 - KommStG 1993 hinweise, ausschließlich oder überwiegend einer nachhaltigen privatwirtschaftlichen Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht diene. Die Unterrichtstätigkeit der öffentlichen Schulen sei grundsätzlich dem Hoheitsbereich zuzuordnen. Öffentliche Schulen seien gemäß Art. 14 Abs. 6 B-VG jene Schulen, die vom gesetzlichen Schulerhalter errichtet und erhalten würden. Schulen, die nicht vom gesetzlichen Schulerhalter errichtet und betrieben würden, seien Privatschulen im Sinne des Art. 14 Abs. 7 B-VG, welchen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen das Öffentlichkeitsrecht zu verleihen sei. Zu diesen Schulen zähle das vom Land Oberösterreich betriebene Bruckner-Konservatorium. Nach § 2 Abs. 5 KStG 1988 liege eine privatwirtschaftliche Tätigkeit nicht vor, wenn die Tätigkeit überwiegend der öffentlichen Gewalt diene (Hoheitsbetrieb). Die Ausübung öffentlicher Gewalt setze voraus, daß die Körperschaft öffentlichen Rechts als Hoheitsträger dem Leistungsempfänger entgegentrete, indem sie als Träger der öffentlichen Gewalt ihr eigentümliche und vorbehaltene Aufgaben erfülle und sich zur Erreichung ihrer Ziele des Verwaltungsaktes bediene. Eine Privatschule könne gemäß § 4 Privatschulgesetz idgF bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen jede natürliche und juristische Person errichten und betreiben. Beim Betrieb des Bruckner-Konservatoriums übe das Land Oberösterreich somit keine Tätigkeit aus, die ihr als Träger öffentlicher Gewalt allein eigentümlich und vorbehalten sei, sondern eine solche, die auch ein privater Unternehmer im Sinne des § 3 Abs. 2 KommStG 1993 ausüben könne. Das einer Privatschule übertragene Recht, mit der Beweiskraft öffentlicher Urkunden ausgestattete Zeugnisse über den Schulbesuch auszustellen, bewirke nicht, daß der Erhalter einer solchen Schule Staatsaufgaben erfülle. Aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. September 1987, 86/16/0067, sei für das Land Oberösterreich nichts zu gewinnen, weil der für die dort zu treffende Entscheidung maßgebliche Begriff des öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises auch jenen Teil der Privatwirtschaftsverwaltung umfasse, der in der Ausführung einer gesetzlichen Verpflichtung erfolge. Im übrigen sei das im zitierten Erkenntnis genannte oberösterreichische Musikschulgesetz nicht die gesetzliche Grundlage für den Betrieb des Bruckner-Konservatoriums. Dieses beruhe vielmehr - wie bereits ausgeführt - auf den Bestimmungen des Privatschulgesetzes. Das Vorliegen eines Hoheitsbetriebes sei somit zu verneinen. Das Bruckner-Konservatorium sei ein Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 2 KStG 1988, weshalb diesbezüglich gemäß § 3 Abs. 3 KommStG 1993 Kommunalsteuerpflicht bestehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Vorweg sei festgehalten, daß - entgegen der in der Gegenschrift der mitbeteiligten Landeshauptstadt Linz geäußerten Auffassung - die Rechtsverletzungsmöglichkeit und damit die Berechtigung des Landes Oberösterreich zur Erhebung der Beschwerde nicht schon deshalb verneint werden kann, weil der angefochtene Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung zuzurechnen ist.

Gemäß § 1 KommStG 1993 unterliegen der Kommunalsteuer die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind.

Gemäß § 3 Abs. 1 leg. cit. umfaßt das Unternehmen die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn (Überschuß) zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

Gemäß § 3 Abs. 3 leg. cit. sind die Körperschaften des öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988) und ihrer land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Als Betriebe gewerblicher Art im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten jedoch stets Wasserwerke, Schlachthöfe, Anstalten zur Müllbeseitigung, zur Tierkörpervernichtung und zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen sowie die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften.

Nach § 2 Abs. 1 KStG 1988 ist Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts jede Einrichtung, die

Nach § 2 Abs. 5 KStG 1988 liegt eine privatwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 nicht vor, wenn die Tätigkeit überwiegend der öffentlichen Gewalt dient (Hoheitsbetrieb). Eine Ausübung der öffentlichen Gewalt ist insbesondere anzunehmen, wenn es sich um Leistungen handelt, zu deren Annahme der Leistungsempfänger auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist. Als Hoheitsbetriebe gelten insbesondere Wasserwerke, wenn sie überwiegend der Trinkwasserversorgung dienen, Forschungsanstalten, Wetterwarten, Schlachthöfe, Friedhöfe, Anstalten zur Nahrungsmitteluntersuchung, zur Desinfektion, zur Leichenverbrennung, zur Müllbeseitigung, zur Straßenreinigung und zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen.

Strittig ist im Beschwerdefall allein, ob das vom Land Oberösterreich errichtete und betriebene Bruckner-Konservatorium einer privatwirtschaftlichen Tätigkeit dient (so die belangte Behörde und die mitbeteiligte Landeshauptstadt Linz) oder ob es sich dabei um einen Hoheitsbetrieb im Sinne des § 2 Abs. 5 KStG 1988 handelt (so das beschwerdeführende Land Oberösterreich).

In der Beschwerde wird zutreffend darauf hingewiesen, daß eine auf Grund des Gesetzes oder einer behördlichen Anordnung bestehende Verpflichtung des Empfängers zur Annahme der Leistung zwar ein Kennzeichen, nicht aber Voraussetzung für die Annahme eines Hoheitsbetriebes ist. Dies ergibt sich schon aus dem Gesetzestext (arg. "insbesondere") und wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum einhellig vertreten (vgl. Bauer/Quantschnigg, Die Körperschaftsteuer, KStG 1988, § 2 Rz 42/1 und die dort zitierte hg. Rechtsprechung). Entscheidend für die Annahme eines Hoheitsbetriebes ist, daß die Tätigkeit überwiegend der öffentlichen Gewalt dient. Darunter ist die Erfüllung von Aufgaben durch eine Körperschaft öffentlichen Rechts zu verstehen, die ihr in ihrer Eigenschaft als Träger der öffentlichen Gewalt eigentümlich und vorbehalten sind, sei es, daß sie ihr ausdrücklich durch die Rechtsordnung zugewiesen sind oder daß sie sich aus ihrem allgemeinen Aufgabenkreis ergeben (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. November 1980, 1709/77).

Der Betrieb einer Privatschule im Sinne des Privatschulgesetzes 1962 - dieses ist unbestrittenermaßen Grundlage für den Betrieb des Bruckner-Konservatoriums durch das Land Oberösterreich - ist dem Land Oberösterreich durch die Rechtsordnung nicht ausdrücklich zugewiesen und gehört auch nicht zu seinem allgemeinen Aufgabenkreis, sodaß die Voraussetzungen für die Annahme eines Hoheitsbetriebes nicht gegeben sind, auch wenn nicht übersehen werden soll, daß das Bruckner-Konservatorium - und zwar auch dann, wenn es von einem anderen Rechtsträger als dem Land Oberösterreich betrieben würde - für die musikalische Ausbildung der interessierten Bevölkerung der Landeshauptstadt und deren Einzugsbereiches von großer Bedeutung ist und regelmäßig der Ausbildung der Lehrer an den Landesmusikschulen des Landes Oberösterreich dient.

Aus dem vom beschwerdeführenden Land Oberösterreich ins Treffen geführten O.ö. Musikschulgesetz, LGBl. Nr. 28/1977, ist für die Eigenschaft des Bruckner-Konservatoriums als Hoheitsbetrieb nichts zu gewinnen, weil dieses Landesgesetz nicht die rechtliche Grundlage für den Betrieb der genannten Einrichtung darstellt. Das hg. Erkenntnis vom 3. September 1987, 86/16/0067, ist daher schon deshalb nicht geeignet, den Standpunkt der Beschwerde zu stützen, ganz abgesehen davon, daß es in jenem Beschwerdefall um den für die Inanspruchnahme der Befreiungsbestimmung gemäß § 10 Z. 2 GGG maßgebenden Begriff "im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises" - der nach dem Inhalt des zitierten Erkenntnisses auch einen Teil der Privatwirtschaftsverwaltung umfaßt - ging und nicht um die für den vorliegenden Beschwerdefall entscheidende Frage, wann ein "Hoheitsbetrieb" bzw. die "Ausübung der öffentlichen Gewalt" anzunehmen ist.

Darauf, ob dem Bruckner-Konservatorium gleichartige Schulen (von privater Seite) geführt werden, kommt es im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage nicht an. Der in diesem Zusammenhang geltend gemachte Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.

Da nach dem Gesagten die Auffassung der belangten Behörde, bei der genannten Einrichtung des Landes Oberösterreich handle es sich um einen Betrieb gewerblicher Art gemäß § 3 Abs. 3 KommStG 1993 in Verbindung mit § 2 KStG 1988, nicht als rechtswidrig zu erkennen ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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