VwGH 97/10/0041

VwGH97/10/004116.11.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde 1.) der MM in V, 2.) der AM in V, 3.) der BF in O, 4.) der AMW in V und 5.) der HM in K, alle vertreten durch Dr. Helmut Trattnig, Rechtsanwalt in Ferlach, Hauptplatz 16/I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 22. Jänner 1997, Zl. 18.322/17-IA8/96, betreffend Rodungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

ForstG 1975 §12;
ForstG 1975 §14 Abs3;
ForstG 1975 §14 Abs4;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs4;
ForstG 1975 §12;
ForstG 1975 §14 Abs3;
ForstG 1975 §14 Abs4;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aufgrund des Antrages der Beschwerdeführer vom 1. Juni 1994 auf Bewilligung der Rodung von Teilflächen der in ihrem Miteigentum stehenden Grundstücke Nr. 320/11 und 320/25, KG Perau, zwecks Aufschüttung für eine spätere Nutzung als Bauland-Leichtindustriegebiet, beraumte der Bürgermeister der Stadt Villach eine mündliche Verhandlung an. In dieser wurde vom Vertreter der Ortsplanung auf das (überregionale) Entwicklungsprogramm für den Raum Villach hingewiesen, wonach das Gebiet des Zusammenflusses der Drau und der Gail, nördlich der Gail und beiderseits der Drau als Industriegebiet vorgesehen sei. Diesem Planungsziel folgend habe die Stadt Villach bei der Flächenwidmungsplanerstellung in diesem Gebiet und zwar nordöstlich der Maria-Gailer-Straße, nördlich der Gail, eine ca. 35 ha große Fläche als Bauland-Leichtindustriegebiet, Sonderwidmung "Aufschließungsgebiet", ausgewiesen. Für einen Teilbereich von 17 ha dieses Leichtindustrie-Aufschließungsgebietes sei aufgrund des unmittelbar gegebenen Bedarfes nach Betriebs- und Industrieflächen mit Beschluß des Gemeinderates der Stadt Villach vom 1. Dezember 1989 die Bezeichnung als "Aufschließungsgebiet" aufgehoben worden. Dadurch sollte sichergestellt werden, daß notwendige Maßnahmen für die widmungsgemäße Nutzung, wie Anschüttungen, Errichtung der erforderlichen Infrastruktur, sowie Ausbau des Verkehrswegenetzes in die Wege geleitet werden könnten. Aufgrund dieser Zielvorstellungen sei die Aufschüttung der gegenständlichen Parzelle für eine spätere Nutzung als Gewerbefläche aus der Sicht der Stadtplanung zu begrüßen. Der forsttechnische Amtssachverständige führte im wesentlichen aus, die zur Rodung beantragten Waldgrundstücke hätten ein Gesamtausmaß von 15.596 m2. Sie würden im Norden vom Waldgrundstück Nr. 320/26, im Westen von einer ehemaligen landwirtschaftlichen Nutzfläche, die zur Zeit angeschüttet sei, im Süden von einer Aufschließungsstraße und im Osten von einer ehemaligen Waldparzelle, für welche eine Rodungsbewilligung vorliege, begrenzt. Die Rodefläche befinde sich in ebener Lage und sei mit einem Erlenbruchwald bzw. mit einigen Fichten und Kiefern sowie Eschen und Weiden bestockt. Die Fläche sei durch die Gail grundwasserbeeinflußt. Dementsprechend sei die Bodenbildung und die Humusbildung gering. Aufgrund der Bodenvegetation und der Beeinflussung durch das Grundwasser könne die zur Rodung beantragte Fläche als Feuchtgebiet bezeichnet werden. Merkmale eines Schutz- oder Bannwaldes im Sinne des Forstgesetzes 1975 lägen nicht vor. Es sei beabsichtigt, die Rodefläche auf zumindest das Niveau der im Osten und Westen angrenzenden und bereits teilweise gerodeten Fläche anzugleichen und zukünftig als Bauland-Leichtindustriegebiet zu verwenden. Durch diese Rodung würde der im Norden angrenzende Waldbestand unterbrochen und in seinem Bestand gefährdet. Das Waldgebiet nordwestlich des Gailflusses, von dessen Mündung in die Drau (Gailspitz) bis St. Agathen im Westen und dem Betriebsgelände der Siemens OHG im Süden umfasse eine Fläche von ca. 100 ha und stelle gemeinsam mit der "Prossowitscher Au" den letzten Rest der Gailauen im Bereich der Stadt Villach dar. Dieses Augebiet habe die höchsten Sozialfunktionen zu erfüllen. Darüber hinaus charakterisiere und präge es wesentlich das Landschaftsbild östlich von Villach. Das beschriebene Waldgebiet sei zwischenzeitig entgegen forstfachlicher Bedenken und negativer forstlicher Gutachten durch bewilligte Rodungsmaßnahmen zum Zwecke der Schaffung von Leichtindustrie- bzw. Gewerbeansiedlungen unterbrochen worden. Die bei diesen Rodungsverfahren geäußerten Bedenken wie Wind- und Schneebruch sowie Rindenbrand und Aushagerung des Waldbodens seien bereits eingetreten. Aus diesem Grund sei auch im Frühjahr 1994 zur Vermeidung forstschädlicher Massenvermehrungen durch Schadinsekten von Seiten der Forstbehörde ein Räumungsbescheid erlassen werden. Dem Waldentwicklungsplan für den Forstbezirk Villach zufolge gehöre die Rodefläche der Funktionsfläche mit der Kennziffer 133 an. Diese Bewertung bedeute, daß der Fläche normale Schutzfunktion (1), höchste Wohlfahrtsfunktion (3) und zwar begründet durch die Verbesserung des Klimas, die Erneuerung von Luft und Wasser und den Schutz vor Lärm- und Staubimmissionen, und schließlich höchste Erholungsfunktion (3) zukomme, begründet mit der Lage des Waldes im Naherholungsgebiet der Stadt Villach, welche Beurteilung auch durch eine näher dargestellte Studie der Universität Klagenfurt untermauert werde. Die Waldausstattung der KG Perau liege mit 33,5 % weit unter dem Durchschnitt des Bezirkes der Stadt Villach mit 58,6 %. Auch sei die Waldflächenbilanz im Bereich des Magistrates Villach in den letzten Jahren mit 61 ha Waldflächenabgang negativ. Der Erhaltung des Waldes komme aus diesem Grunde größte Wichtigkeit zu. Die Wirksamkeit der genannten Sozialfunktionen werde durch weitere Rodungen in Frage gestellt, weil der Waldkomplex im Gailspitz dadurch im Bestand gefährdet sei. Durch eine Rodung seien in jedem Fall auf dem angrenzenden verbleibenden Altbestand der Parzelle Nr. 320/26, KG Perau, negative Auswirkungen durch atmosphärische Einflüsse wie Wind- oder Schneebruch sowie Aushagerung des Bodens zu erwarten. Aufgrund der hohen Wertigkeit der Sozialfunktionen, der negativen Auswirkungen auf die angrenzenden Waldbestände, der Gefahr von Beispielsfolgen, der geringen Waldausstattung der KG Perau und der negativen Waldflächenbilanz spreche sich der forsttechnische Amtssachverständige gegen die beantragte Rodungsbewilligung aus. Sollten öffentliche Interessen an der Rodung jedoch das öffentliche Interesse an der Walderhaltung überwiegen, müßte u.a. zur Vermeidung von Wind- und Schneebruchschäden auf der im Norden befindlichen Waldparzelle ein 20 m breiter Waldstreifen erhalten bleiben. In diesem Sinne brachten auch die Eigentümer dieses Waldgrundstückes vor, es bestehe die Gefahr von Schäden durch Wind- und Schneebruch, weshalb entweder ein Schutzstreifen erhalten bleiben oder eine Entschädigung geleistet werden müßte.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Villach vom 14. September 1994 wurde den Beschwerdeführern gemäß §§ 17 bis 19 und 170 Abs. 1 Forstgesetz die Bewilligung zur dauernden Rodung einer Teilfläche von 533 m2 des Grundstückes Nr. 320/11, KG Perau, sowie einer Teilfläche von 11.703 m2 des Grundstückes Nr. 320/25, KG Perau, (Rodefläche insgesamt 12.236 m2) entsprechend der Darstellung in einem beigeschlossenen Lageplan unter Vorschreibung von Auflagen erteilt (Spruchteil I), die beantragte Bewilligung für eine 3.360 m2 große Teilfläche des Grundstückes Nr. 320/25, KG Perau, entsprechend der Darstellung im beigeschlossenen Lageplan jedoch versagt. Hiezu wurde - nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Gesetzesbestimmungen - im wesentlichen ausgeführt, das öffentliche Interesse an einer Baureifmachung des Grundstückes zur Nutzung als Bauland-Leichtindustriegebiet überwiege für den bewilligten Teil der Fläche jenes an der Walderhaltung. Die vom Rodungsbegehren umfaßte Fläche sei im Flächenwidmungsplan der Stadt Villach als Bauland-Leichtindustriegebiet ausgewiesen. Die beantragte Rodung diene der Baureifmachung der Grundflächen zur nachfolgenden Nutzung als Bauland-Leichtindustriegebiet. Damit solle eine der Widmung entsprechende Nutzung ermöglicht werden. Durch den Flächenwidmungsplan werde ein öffentliches Interesse an einer Nutzung als Bauland nachgewiesen. Der gegenständliche Bereich sei durch eine gute Verkehrslage einerseits und die Nähe zum Stadtzentrum Villach andererseits zur Nutzung sowohl als Industriegebiet als auch als Naherholungsgebiet grundsätzlich geeignet. Bei der Erstellung der Raumordnungskonzepte sei der Nutzung als Industriegebiet der Vorzug gegeben worden. Die bisherige Nutzung der unmittelbaren Umgebung der Rodefläche gehe ebenfalls in diese Richtung. So sei eine Aufschließungsstraße errichtet worden, die die Rodefläche im Süden aufschließe. Als großräumiges Planungsziel sei vorgesehen, im Bereich des Zusammenflusses von Drau und Gail entlang der Drau und der Gail einen 100 m breiten Grünkorridor auszugestalten. Hinter diesem Grünkorridor - und somit im gegenständlichen Bereich - solle das Gelände jedoch konzentriert und vollflächig als Industrie- und Gewerbezone "Villach Ost" genützt werden. Dabei solle sich diese Zone ausgehend von der Maria-Gailer-Straße nach Norden organisch erweitern. Im gegenständlichen Fall sei diese organische Erweiterung gegeben, weil die Rodefläche im Süden von der Aufschließungsstraße tangiert werde. Für eine gedeihliche Stadtentwicklung sei das Vorhandensein von ausreichenden Industrie- und Baulandreserven notwendig, wobei ein wesentlicher Parameter für die Ansiedlungsbereitschaft von Unternehmen die zusammenhängende Großfläche und leichte verkehrsmäßige Erreichbarkeit sei. In Villach seien außer den im Nahebereich der Rodefläche vorgesehenen Gewerbeflächen derzeit keine weiteren substantiellen Gewerbeflächen vorhanden. Solche Flächen in den Randbereichen der Stadt Villach seien im wesentlichen bebaut. Die letzten größeren Gewerbeflächen im Bereich des Gewerbegebietes Auen seien in den letzten sechs bis acht Jahren verbaut worden. Wenn die Stadt Villach nicht in der Lage sei, entsprechend großflächige und verkehrsmäßig geschlossene Areale für Betriebsansiedlungen anzubieten, so könne sie dem Konkurrenzdruck anderer Regionen nicht standhalten und ihre Möglichkeiten der Stadtentwicklung nicht voll ausnützen. Die Nutzfunktion der betroffenen Waldflächen sei von untergeordneter Bedeutung, die Wohlfahrts- sowie die Erholungsfunktion jedoch als hoch einzustufen. Stünden in der Stadt ausreichend Industrieflächen zur Verfügung, könnte dieser Umstand geeignet sein, ein überwiegendes Interesse an der Walderhaltung zu begründen, auch wenn man davon ausgehen müsse, daß die Erholungsfunktion aufgrund der Baulandnutzung in unmittelbarer Umgebung bereits stark herabgesetzt sei. Da jedoch die Reserveflächen für gewerbliche Zwecke im wesentlichen erschöpft seien, stelle die Aufschließung der Rodefläche in der zukünftigen Industrie- und Gewerbezone "Villach Ost" die einzige Möglichkeit für die Stadt dar, in wirtschaftlicher Hinsicht eine gedeihliche Stadtentwicklung sicherzustellen. Lediglich für einen 20 m breiten Streifen im nördlichen Bereich des Grundstückes entlang der Grenze zum Grundstück Nr. 320/26 habe die Behörde dieses Überwiegen des öffentlichen Interesses nicht feststellen könne. In diesem Bereich ergäben sich nämlich negative Auswirkungen auf die angrenzenden Waldbestände, sodaß die Erhaltung eines 20 m breiten Streifens als Deckungsschutz dringend geboten sei.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen Punkt II des Bescheides Berufung, in der sie sich gegen die Erforderlichkeit der Erhaltung eines 20 m breiten Streifens als Deckungsschutz wendeten. Die angrenzenden Waldbestände verfügten selbst über einen hohen Baumbestand, Rodungsbewilligungen seien in der Vergangenheit ohne Belassung eines Waldstreifens erteilt worden. Die Interessenlage sei auch in Ansehung dieses Waldstreifens die gleiche wie für die übrige zur Rodung beantragte Fläche.

Die Berufungsbehörde, der Landeshauptmann von Kärnten, holte das Gutachten eines forsttechnischen Amtssachverständigen ein. Dieser führte aus, daß im Falle einer Beseitigung des Deckungsschutzstreifens der Südrand des auf Parzelle Nr. 320/26 stockenden Erlenauwaldes einer erhöhten Wind- bzw. Schneebruchgefährdung ausgesetzt würde. Die am Südrand der zur Rodung freigegebenen Parzellen Nr. 320/25 und 320/11, KG Perau, in den letzten drei Jahren aufgetretenen Wind- und Schneebrüche, die zum Teil über forstbehördlichen Räumungsauftrag hätten beseitigt werden müssen, würden das Bestehen dieser Gefährdung beweisen. Im übrigen werde durch die Rodung des Schutzstreifens der verbleibende Auwald weiter vermindert und damit eine weitere Reduktion der Wohlfahrts- und Erholungswirkung verursacht.

Die Beschwerdeführer nahmen zu diesem Gutachten unter Anschluß einer Stellungnahme der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Kärnten, Forstreferat, Stellung und brachten vor, beim Nachbarbestand handle es sich um einen Weiß-(Grau-)Erlenwald. Die Weißerle sei eine der durch Windwurf am wenigsten gefährdeten Holzarten und es bestehe daher nach Auffassung des Forstreferates der genannten Kammer in diesem speziellen Fall kein Bedarf für einen Windschutzmantel. Die Erlen seien aber sehr wohl schneebruchgefährdet. Sie würden zufolge ihrer Anfälligkeit für Wurzelfäule von Haus aus früh absterben und es entstehe durch die frühe Wurzelfäule der Eindruck, daß die am Boden liegenden Bäume durch Windeinflüsse geworfen worden seien.

Der forsttechnische Amtssachverständige, mit dieser Stellungnahme konfrontiert, erklärte, er habe auf eine Wind- bzw. Schneebruchgefährdung für den angrenzenden Bestand hingewiesen, er habe jedoch keine Windwurfgefährdung behauptet. Die de facto gegebene Wind- bzw. Schneebruchgefährdung sei - wie dargelegt - durch die in den letzten drei Jahren zahlreich aufgetretenen Wind- bzw. Schneebrüche (nicht -würfe) deutlich zu erkennen gewesen. Eine Schneebruchgefährdung der Erlen werde im übrigen von der Kammer für Land- und Forstwirtschaft selbst bestätigt.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 31. März 1995 wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, der Südrand des auf Parzelle Nr. 320/26 stockenden Erlenauwaldes würde bei Beseitigung des Deckungsschutzstreifens einer erhöhten Wind- bzw. Schneebruchgefährdung ausgesetzt; eine Rodung dieses Streifens würde überdies eine weitere Reduktion der hier wichtigen Wohlfahrts- und Erholungswirkung verursachen.

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung. Sie verwiesen auf die vorgelegte Stellungnahme der Kammer für Land- und Forstwirtschaft, wonach kein Bedarf für einen Windschutzmantel bestehe, und bestritten, daß der Nachbarwald schutzwürdig sei.

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft holte eine ergänzende Stellungnahme der Raumplanung (Abteilung 20 des Amtes der Kärntner Landesregierung) ein. Dieser zufolge liegt der Schutzstreifen inmitten der für die industriell- gewerbliche Entwicklung als Bauland-Leichtindustriegebiet-Aufschließungsgebiet vorgesehenen Flächen. Die weitere Aufrechterhaltung dieses Streifens erscheine rein technisch nicht vorteilhaft. Sie sei unlogisch, weil dadurch zwei als Bauland-Leichtindustriegebiet festgelegte Großgrundstücke eine unnatürliche Trennung erführen, und zwar sowohl in Lage und Form als auch in der Höhe. In diesem Zusammenhang stehe auch eine mögliche verkehrliche Anbindung unter negativen Aspekten, weil dadurch eine spätere Betriebsansiedlung verkehrsmäßige Umwege benötigen würde. Untermauert werde diese Feststellung dadurch, daß laufend Anfragen zur Grundstücksbeschaffung für Handel, Gewerbe und Industrie in der Stadtbaudirektion des Magistrates Villach einliefen, und eine Auffüllung der "ersten Reihe" eine verkehrliche Straßenführung in die "zweite Reihe" notwendig mache. Nach der Grünraumdeklaration der Stadt Villach aus dem Jahr 1990 komme der gegenständliche Bereich in der Industriezone mit der umschließenden Waldfläche zu liegen. Da es sich in Anbetracht der erklärten Planungsziele und raumordnerischen Rechtsverbindlichkeiten hier um die Umsetzung von (jahrelang) festgelegten Planungszielen handle, werde die angestrebte Rodung aus der Sicht der Gemeindeplanung befürwortet. Die Stadt habe "im Gegenzug" ca. 10 ha Bauland-Leichtindustrieflächen widmungsmäßig dem Bauland entzogen und eine Nutzung als Grünland festgelegt. Diese 10 ha lägen ca. 60 m nördlich der angestrebten Rodungsfläche und schafften somit eine kompakte Abgrenzung zum Bauland. Eine Beibehaltung des schmalen Auwaldstreifens erscheine aus diesen Gründen, vor allem aber aus wirtschaftlichen Überlegungen nicht gerechtfertigt.

Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 24. Oktober 1995 wurde der Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an den Landeshauptmann von Kärnten verwiesen. Dies im wesentlichen mit der Begründung, daß angesichts der ergänzenden Stellungnahme der Raumplanung offensichtlich ein erhöhtes öffentliches Interesse an der Durchführung des Rodungsvorhabens bestehe, wobei nicht von vornherein auszuschließen sei, daß im Rahmen der Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der Walderhaltung gegenüber dem öffentlichen Interesse am Rodungsvorhaben zurücktreten könne. Aus diesem Grunde scheine es zweckmäßig, unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände aus der Sicht der Raumplanung eine ergänzende mündliche Verhandlung unter Beiziehung des forsttechnischen Amtssachverständigen bzw. der sonst Beteiligten durchzuführen.

Der Landeshauptmann von Kärnten holte eine Stellungnahme der Landesforstdirektion ein. Dieser zufolge sei die Widmung des Geländes am Gailspitz östlich der Maria-Gailer-Straße - abgesehen von der "ersten Reihe" der Verbauung entlang der Maria-Gailer-Straße - entweder entgegen der fachlichen Äußerung der Bezirksforstinspektion oder ohne deren Befassung erfolgt. Die von der Raumplanung angeführte Rückwidmung von Flächen nördlich der beantragten Rodeflächen sei noch nicht rechtskräftig. Schließlich sei die Darstellung, die Bebauung eines Waldstreifens zwischen zwei Leichtindustriegebieten wäre unrealistisch, insoferne unrichtig, als derzeit die Nordgrenze Parzelle Nr. 320/25 die tatsächliche Grenze des in Anspruch genommenen Industriegebietes darstelle. Für die im Norden angrenzende Auwaldfläche auf der Parzelle 320/26 existiere zwar die Widmung Bauland-Leichtindustriegebiet, eine Inanspruchnahme für diesen Zweck sei aber derzeit nicht beabsichtigt; ein Rodungsantrag sei bisher nicht gestellt worden und auch nicht absehbar. Der Waldeigentümer habe im Gegenteil nicht die Absicht, die Waldfläche demnächst als Leichtindustriegebiet zu verwenden. Der auf dieser Parzelle bestehende Auwaldbereich sollte daher aus forstfachlicher Sicht durch den in Rede stehenden Deckungsstreifen vor Wind- und Schneebruch geschützt werden. Im Falle der Beseitigung des Streifens wären - wie bereits dargelegt - erhebliche Schäden am Waldbestand der Parzelle Nr. 320/26 zu erwarten.

Die Beschwerdeführer verwiesen in ihrer Äußerung auf die - oben erwähnte - Stellungnahme der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Kärnten.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 10. Juni 1996 wurde die Berufung der Beschwerdeführer neuerlich abgewiesen. Dies im wesentlichen mit der Begründung, daß trotz der Ausführungen der Raumplanung das aufgezeigte öffentliche Interesse an der Walderhaltung das öffentliche Interesse an der Schaffung von zusätzlichem Leichtindustriegebiet im verfahrensgegenständlichen Bereich überwiege. Die forstfachlichen Ausführungen ergäben die Notwendigkeit der Schaffung bzw. Beibehaltung eines Deckungsschutzes für das angrenzende Waldgrundstück. Der vorhandene Wald habe höchste Wohlfahrts- und höchste Erholungsfunktion; die Waldausstattung in der KG Perau liege mit 33,5 % weit unter dem Durchschnitt des Bezirkes, wobei die Waldflächenbilanz negativ sei.

Aufgrund der von den Beschwerdeführern gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung erging der Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 22. Jänner 1997, mit dem die Berufung als unbegründet abgewiesen wurde. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, seitens der Eigentümer der angrenzenden Waldparzelle Nr. 320/26 sei Deckungsschutz für ihre Waldflächen geltend gemacht worden und es sei von den forsttechnischen Amtssachverständigen schlüssig und nachvollziehbar dargelegt worden, daß der Erhaltung des 20 m breiten Auwaldstreifens wegen der den angrenzenden Waldflächen sonst drohenden Wind- und Schneebruchgefahr erhöhte Bedeutung zukomme. Demgegenüber sei das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Rodungszweckes hintanzustellen. Das Vorbringen der Beschwerdeführer, die Voraussetzungen des Deckungsschutzes lägen nicht vor und der Auwaldstreifen sei nicht schutzwürdig, gehe deshalb ins Leere, weil sich die Beurteilung der Schutzwürdigkeit nicht bloß auf den Auwaldstreifen selbst beziehen könne, sondern vor allem auch auf die im Norden angrenzende Waldparzelle. Selbst wenn man davon ausgehe, daß es sich dabei um Erlenbestände handle, welche für Windwurf grundsätzlich nicht anfällig seien, so könne daraus nicht der Schluß gezogen werden, daß derartige Waldbestände einer konkret drohenden Windgefährdung jedenfalls ausgesetzt werden dürften. In Ansehung der von den Beschwerdeführern angezweifelten Wohlfahrts- und Erholungsfunktion des in Rede stehenden Waldes werde auf die Bewertung im Waldentwicklungsplan (Kennziffer: 133) verwiesen. Auch liege die Waldausstattung in der KG Perau mit 33,5 % weit unter dem Durchschnitt des Bezirkes (58,6 %), wobei die Waldflächenbilanz negativ sei. Der Walderhaltung des Auwaldstreifens komme im Sinne des öffentlichen Interesses höchste Bedeutung zu und es überwiege dieses öffentliche Interesse jenes an der Rodung. Schließlich seien die forstfachlichen Ausführungen betreffend das Erfordernis des Deckungsschutzes von den Beschwerdeführern nicht entkräftet worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 Forstgesetz ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 kann die gemäß § 19 Abs. 1 zuständige Behörde eine Bewilligung zur Rodung gemäß § 17 Abs. 2 Forstgesetz erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt. Öffentliche Interessen im Sinn des Abs. 2 sind gemäß § 17 Abs. 3 Forstgesetz insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehr, im Post- und öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen.

Bei Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 2 hat die Behörde gemäß § 17 Abs. 4 Forstgesetz auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat die Abweisung des Rodungsbegehrens in Ansehung der in Rede stehenden Teilfläche des Grundstückes Nr. 320/25 darauf gestützt, daß die Erhaltung dieses Auwaldstreifens zur Abwehr einer der angrenzenden Waldfläche drohenden Wind- und Schneebruchgefahr erforderlich sei und dieses Interesse der Verwirklichung des Rodungszweckes vorgehe. Dem halten die Beschwerdeführer entgegen, der angrenzende Wald befinde sich ebenfalls auf einem als Bauland-Leichtindustrie gewidmeten Grundstück. Angesichts des an der Nutzung der entsprechend gewidmeten Grundstücke als Bauland-Leichtindustriegebiet bestehenden, aus dem gegenständlichen Rodungsverfahren ersichtlichen öffentlichen Interesses könne ein Interesse an der Walderhaltung des Nachbargrundstückes nicht als schutzwürdig angesehen werden; schon aus diesem Grund sei die Vorschreibung eines Deckungsschutzes hiefür nicht gerechtfertigt.

Die Beschwerdeführer sind mit ihrer Auffassung nicht im Recht.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt hat, kann das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Nachbarwaldes im Rahmen eines Rodungsverfahrens im Hinblick auf den Grundsatz des Walderhaltungsinteresses (§ 12 Forstgesetz) nicht anders bewertet werden, als das öffentliche Interesse an der Erhaltung jener Flächen als Wald, für welche die Rodung beantragt wurde. Je nach dem Gewicht, das dem öffentlichen Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche einerseits und dem Ausmaß der für den nachbarlichen Wald bestehenden Gefahr andererseits zukommt, wird bei der Interessenabwägung (§ 17 Abs. 2 bis 4 Forstgesetz) jeweils entweder gar kein Deckungsschutz oder aber ein solcher im Ausmaß von 40 m (§ 14 Abs. 3) oder bis zum Ausmaß von 80 m (§ 14 Abs. 4) in Betracht kommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 1994, Zl. 94/10/0072, und die hier zitierte Vorjudikatur).

In einem Fall, in dem es um die Frage der Erhaltung nachbarlichen Waldes geht, ist dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Nachbarwaldes somit das geltend gemachte Rodungsinteresse gegenüberzustellen, nicht aber etwa das öffentliche Interesse, das an einer potentiellen anderweitigen Nutzung der nachbarlichen Waldfläche besteht. Ob ein öffentliches Interesse an einer Nutzung der Nachbarwaldfläche als Bauland-Leichtindustrie besteht, ist im gegebenen Zusammenhang daher ohne Belang; ein derartiges Interesse wäre erst in einem diese Waldfläche betreffenden Rodungsverfahren bedeutsam. Im vorliegenden Fall ist vielmehr entscheidend, ob das öffentliche Interesse am geltend gemachten Rodungszweck (auch) das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Nachbarwaldes im Sinne des § 12 Forstgesetz überwiegt.

Die belangte Behörde hat dieses öffentliche Interesse an der Walderhaltung konkret dargelegt und die forstfachliche Notwendigkeit der Belassung des Auwaldstreifens als Deckungsschutz für den Nachbarwald betont.

Soweit sich die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gegen die Richtigkeit der forstfachlichen Beurteilung wenden, ist ihnen zu entgegnen, daß sie dem forstbehördlich eingeholten Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene zwar insoferne entgegengetreten sind, als sie vorbrachten, die Gefahr des Windwurfes für die im Nachbarwald befindlichen Erlenbestände sei nicht gegeben und es entstehe durch die frühe Wurzelfäule der Erlen der Eindruck, daß die am Boden liegenden Bäume durch Windeinfluß geworfen worden seien. Den folgenden, nicht als unschlüssig zu erkennenden sachverständigen Ausführungen, es bestehe bei Entfernung des Auwaldstreifens keine Windwurfgefährdung - eine solche sei auch niemals behauptet worden -, sondern vielmehr eine Wind- bzw. Schneebruchgefährdung, wie sie am Südrand von in diesem Bereich zur Rodung freigegebenen Parzellen deutlich zu erkennen gewesen sei, sind die Beschwerdeführer auf gleicher fachlicher Ebene jedoch nicht entgegengetreten. Wenn sie daher nunmehr vorbringen, der nachbarliche Erlenbestand könne wegen seiner Anfälligkeit für Wurzelfäule dem Wind- und Schneedruck nicht standhalten, woran der in Rede stehende Auwaldstreifen schon deshalb nichts zu ändern vermöge, weil er nicht an der Wetterseite dieses Waldbestandes situiert sei, und es sei auch nicht dargelegt worden, aufgrund welcher Umstände angenommen werde, daß die am Boden liegenden Stämme durch Windeinflüsse geworfen worden seien, so vermag dieses Vorbringen die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen; ist doch die Verfahrensrüge einer Partei abzulehnen, die es trotz der ihr gebotenen Möglichkeit unterlassen hat, Ausführungen eines Sachverständigen, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind, auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5 (1996), 264, referierte hg. Judikatur).

In Ansehung des öffentlichen Interesses am geltend gemachten Rodungszweck ergibt sich aus den vom Standpunkt der Raumplanung erstatteten Stellungnahmen, daß die Aufrechterhaltung eines schmalen Waldstreifens inmitten eines Industriegebietes - aus näher dargelegten Gründen - als nachteilig erachtet wird. Diesen Stellungnahmen ist aber nicht zu entnehmen, daß die Belassung eines Waldstreifens am Rande des Industriegebietes - und nur darum geht es im vorliegenden Fall - eine nicht unbedeutende Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Realisierung des Rodungszweckes darstellte, etwa weil dadurch notwendige Maßnahmen der widmungsgemäßen Flächennutzung behindert würden. Dies wird auch von den Beschwerdeführern, die sich in ihrem Vorbringen gleichfalls darauf beschränken, nachteilige Auswirkungen eines im Zentrum des Industriegebietes gelegenen Waldstreifens darzulegen, nicht behauptet. Die belangte Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, daß die Erhaltung des Auwaldstreifens zum Schutz des Nachbarwaldes im überwiegenden öffentlichen Interesse der Walderhaltung gelegen ist. Im Falle einer Änderung der maßgebenden Umstände steht die Rechtskraft des die Rodungsbewilligung versagenden Bescheides einem neuerlichen Rodungsverfahren freilich nicht entgegen.

Abschließend sei noch bemerkt, daß die belangte Behörde, indem sie den angefochtenen Bescheid erlassen hat, obwohl die von ihr selbst im ersten Rechtsgang angeordnete mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat, Verfahrensvorschriften verletzt hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1992, Zl. 91/10/0123). Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften kann aber gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn die belangte Behörde bei deren Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Umstände, denen zufolge der der belangten Behörde unterlaufene Verfahrensmangel in diesem Sinne wesentlich wäre, sind allerdings weder aus den vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlich, noch wurden sie von den Beschwerdeführern vorgebracht.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil aufgrund der vorliegenden Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sowie der vorgelegten Verwaltungsakten eine weitere Klärung der Rechtssache durch eine mündliche Erörterung nicht zu erwarten war. Die Beschwerdeführer haben in ihrem Antrag auf Durchführung der Verhandlung auch nicht dargelegt, welche Umstände ihrer Auffassung nach einer mündlichen Erörterung bedürften.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. November 1998

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte