Normen
AVG §66 Abs2;
ProstG NÖ 1984 §6 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §66 Abs2;
ProstG NÖ 1984 §6 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 23. August 1989 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe am 28. Juni 1989 um 20.00 Uhr als Verantwortliche bzw. Verfügungsberechtigte über ein näher bezeichnetes Haus in Kematen/Ybbs zugelassen, daß durch eine namentlich genannte Person die Prostitution ausgeübt worden sei, obwohl dies durch die Verordnung des Bürgermeisters von Kematen/Ybbs vom 3. Oktober 1984 verboten sei. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Übertretung nach § 6 Z. 3 NÖ Prostitutionsgesetz iVm der Verordnung des Bürgermeisters von Kematen an der Ybbs begangen. Es wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.
Mit Bescheid vom 20. September 1990 behob die im Rechtsmittelweg angerufene belangte Behörde dieses Straferkenntnis nach § 66 Abs. 2 AVG und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz. Zur Begrünung wurde ausgeführt, die im Berufungsverfahren durchgeführten ergänzenden Erhebungen hätten keinen sicheren Beweis dafür erbracht, daß das in Rede stehende Haus tatsächlich innerhalb der Verbotszone der Verordnung des Bürgermeisters liege. Eine jeder Anfechtung standhaltende Entscheidung werde daher erfordern, daß im Rahmen einer mündlichen Verhandlung in Gegenwart des Vertreters der Beschwerdeführerin und eines informierten Vertreters der Gemeinde die tatsächliche Entfernung anhand der Mappenkopie festgestellt werde.
Im fortgesetzten Verfahren führte die Behörde erster Instanz ergänzende Erhebungen durch; eine mündliche Verhandlung wurde nicht abgehalten.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 11. Jänner 1991 wurde über die Beschwerdeführerin neuerlich wegen Übertretung des § 6 Z. 3 des NÖ Prostitutionsgesetzes eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt. Der Spruch dieses Straferkenntnisses ist identisch mit jenem vom 23. August 1989.
Die dagegen von der Beschwerdeführerin eingebrachte Berufung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 11. März 1991 abgewiesen. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, in der seine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt vor, die belangte Behörde habe es unterlassen, den Bürgermeister oder einen informierten Vertreter der Gemeinde Kematen/Ybbs darüber zu vernehmen, ob er nicht durch Ausfolgung der "Gesundheitsbücher" der Prostituierten zum Ausdruck habe bringen wollen, daß eine Ausübung der Prostitution im Hause der Beschwerdeführerin geduldet werde. Es seien auch wesentliche Beweisaufnahmen unterlassen worden, ohne die eine Beurteilung der Sachlage überhaupt nicht möglich sei. Es sei weder der schon früher beantragte Ortsaugenschein noch die im Bescheid des Amtes der NÖ Landesregierung vom 20. September 1990 aufgetragene mündliche Verhandlung in Gegenwart des Vertreters der Beschwerdeführerin und eines informierten Vertreters der Gemeinde durchgeführt worden.
Der Beschwerde kommt aus nachstehenden Gründen keine Berechtigung zu:
Eine Einvernahme des Bürgermeisters oder eines sonstigen Vertreters der Gemeinde zur Frage der Ausfolgung der "Gesundheitsbücher" erübrigte sich, da ein solches Verhalten - auch wenn es gesetzt worden sein sollte - nicht als eine (konkludente) Ausnahme von den in der Verordnung des Bürgermeisters vom 1. Oktober 1984 enthaltenen Verboten gedeutet werden könnte, zumal solche Ausnahmen in der Verordnung gar nicht vorgesehen sind.
Das VStG in der auf den vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. 358/1990 sah weder die Durchführung eines Ortsaugenscheines noch einer mündlichen Verhandlung zwingend vor. Auch der Umstand, daß die Strafbehörde erster Instanz im zweiten Rechtsgang keine mündliche Verhandlung durchführte, obwohl die belangte Behörde in ihrem auf § 66 Abs. 2 AVG gestützten Aufhebungsbescheid vom 20. September 1990 eine solche angeordnet hatte, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Zwar war die erstinstanzliche Behörde an die im aufhebenden Bescheid geäußerte Auffassung ebenso gebunden wie die belangte Behörde selbst (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. November 1989, Zl. 88/07/0086, und vom 28. Februar 1989, Zl. 88/07/0062). Die Nichtbeachtung der auf eine bestimmte Art der Verfahrensführung (Durchführung einer mündlichen Verhandlung) gerichteten Anordnung im Aufhebungsbescheid stellt eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar. Eine solche kann aber im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn die belangte Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).
Gegenstand der mündlichen Verhandlung sollte nach der Begründung des Bescheides der belangten Behörde vom 20. September 1990 die Feststellung der tatsächlichen Entfernung zwischen Bordell und Schule sein. Nun hat aber die Strafbehörde erster Instanz auf Grund einer Skizze und eines Berichtes des Gendarmeriepostenkommandos Kematen/Ybbs festgestellt, daß die kürzeste Entfernung zwischen Schule und Bordell 78 m beträgt. Dem Vertreter der Beschwerdeführerin wurde Gelegenheit gegeben, zu diesem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Dieser hat aber nichts vorgebracht, was dieses Ermittlungsergebnis widerlegt oder auch nur in Frage gestellt hätte; er hat sich lediglich darauf beschränkt, zu bemängeln, daß keine mündliche Verhandlung stattgefunden habe. Auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat die Beschwerdeführerin nicht dargetan, warum die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu einem anderen Bescheid hätte führen können.
Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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