Normen
GewO 1994 §356 Abs3;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §75 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
GewO 1994 §356 Abs3;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §75 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 28. März 1995 wurde der mitbeteiligten Partei im Instanzenzug gemäß § 81 in Verbindung mit den §§ 74, 77 und 353 ff GewO 1994 die gewerberechtliche Genehmigung zur Änderung ihrer an einem näher bezeichneten Standort bestehenden Betriebsanlage durch Errichtung einer weiteren Halle unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies der Bundesminister mit dem (als Ersatzbescheid für seinen Bescheid vom 12. August 1996, welcher mit hg. Erkenntnis vom 18. März 1997, Zl. 96/04/0200, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben wurde, ergangenen) Bescheid vom 1. Oktober 1997 gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1994 in Verbindung mit § 42 Abs. 1 AVG und § 63 VwGG ab. Zur Begründung führte der Bundesminister aus, über Ansuchen der mitbeteiligten Partei um gewerbebehördliche Genehmigung der Errichtung einer weiteren Werkshalle habe die Erstbehörde als Gewerbebehörde erster Instanz am 3. Juni 1993 eine Augenscheinsverhandlung durchgeführt. Im Zuge dieser Verhandlung hätten die nunmehrigen Beschwerdeführer folgende Erklärung abgegeben:
"Die Familie S betreibt direkt nebenan eine Frühstückspension. Durch die Errichtung dieser zusätzlichen Halle verschlechtern sich die Lichtverhältnisse zu unseren Ungunsten. Wir verweisen darauf, daß an der Westseite, also der dem Betrieb zugewandten Seite, Gästezimmer sowie ein Frühstücksraum und ein Wohnzimmer sich befinden. Weiters wird uns die Aussicht auf die umliegenden Berge genommen. Dies ist ein Nachteil im Hinblick auf unsere Gäste, die unsere Frühstückspension besuchen. Wir befürchten weiters auftretende Schäden an unserer Obstbaumanlage, bestehend aus einem Zwetschkenbaum, einem Apfelbaum sowie von Himbeerstauden.
Falls die zusätzliche Lagerhalle trotzdem genehmigt wird, verlangen wir die Errichtung eines Grünstreifens auf dem verbleibenden Grund zwischen der neuen Halle und unserer Grundgrenze. Dies deshalb, weil bei irgendwelchen Tätigkeiten auf diesem Grundstreifen mit Lärmentwicklung zu rechnen sein wird. Diese Lärmentwicklung wird voraussichtlich durch die 8 m hohe Außenwand verursacht, wobei mit Reflexionen zu rechnen ist.
Wir befürchten weiters einen Verdienstentgang, vor allem während der Bauzeit, falls diese Bauzeit in die Touristensaison fällt."
In weiterer Folge habe die Erstbehörde eine Besprechung zur Erörterung des medizinischen Gutachtens für den 28. Juli 1993 anberaumt, bei der die nunmehrigen Beschwerdeführer zusätzliche Bedenken hinsichtlich Brandschutz und Verkehrsabwicklung vorgebracht hätten. Gegen den in der Folge ergangenen Genehmigungsbescheid der Erstbehörde hätten u.a. auch die Beschwerdeführer Berufung erhoben, welcher mit Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg teilweise Folge gegeben worden sei. Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer werde einerseits damit begründet, "daß die Ausführung der Werkshalle als dreigeschoßiges Gebäude mit einer Höhe von 9 m zu negativen Einflüssen auf das psychische Wohlbefinden bei den Nachbarn führt" und andererseits kein ausreichender Löschwasservorrat vorhanden sei. Diese Berufung sei mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 12. August 1996 gemäß § 356 Abs. 3 in Verbindung mit § 359 Abs. 4 GewO 1994 zurückgewiesen worden. Dieser Bescheid sei mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1997, Zl. 96/04/0200, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden. Gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1994 seien im Verfahren gemäß Abs. 1 unbeschadet des folgenden Satzes nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an. Gemäß § 42 Abs. 1 AVG habe eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Kundmachung einer mündlichen Verhandlung zur Folge, daß Einwendungen, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht würden, keine Berücksichtigung fänden und angenommen werde, daß die Beteiligten dem Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilde, zustimmten. In der gewerbebehördlichen Genehmigungsverhandlung vom 3. Juni 1993 seien von den Beschwerdeführern Einwendungen wegen der Lichtverhältnisse und wegen Lärmentwicklung erhoben und somit Parteistellung erworben worden. Diese Verhandlung habe am 3. Juni 1993 um 11.30 Uhr geendet. Dem Verfahrensakt sei eindeutig zu entnehmen, daß die Besprechung am 28. Juli 1993 keine Fortsetzung der Verhandlung vom 3. Juni 1993 darstelle, sondern lediglich der Erörterung des medizinischen Gutachtens diene. Damit seien die Beschwerdeführer mit ihrem nunmehrigen Vorbringen als präkludiert zu betrachten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer nach ihrer ausdrücklichen Erklärung in dem Recht auf das gesetzliche Berufungsverfahren bezüglich ihres gesamten Berufungsvorbringens unter Abstandnahme der von der belangten Behörde angenommenen Präkludierungen ihres Berufungsvorbringens verletzt. Aus dem weiteren Beschwerdevorbringen ergibt sich, daß sich die Beschwerdeführer in dem Recht auf ausreichenden Brandschutz in der in Rede stehenden Betriebsanlage und auf Schutz ihres psychischen Wohlbefindens verletzt erachten. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes machen sie geltend, bei der Besprechung am 28. Juli 1993 habe es sich (aus näher dargestellten Gründen) entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde sehr wohl um eine Fortsetzung der Verhandlung vom 3. Juni 1993 gehandelt. Darüber hinaus sei es auch am 1. Dezember 1993 zu einer weiteren mündlichen Ortsaugenscheinsverhandlung gekommen, die (aus ebenfalls näher dargestellten Gründen) ebenfalls als Fortsetzung der Verhandlung vom 3. Juni 1993 anzusehen sei. Sowohl in der Verhandlung vom 28. Juli 1993 als auch in jener vom 1. Dezember 1993 hätten die Beschwerdeführer Einwendungen "hinsichtlich des Brandschutzes (Löschwasservorrat) und des psychischen Wohlbefindens der Beschwerdeführer" vorgebracht. Sie hätten somit zu den in der Berufung angeführten Themenbereichen Parteistellung erworben.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde. Das gilt auch dann, wenn dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren zu Unrecht Parteistellung zuerkannt worden sein sollte (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1981, Slg. N. F. Nr. 10.511/A).
Eine derartige Rechtsverletzungsmöglichkeit ist im vorliegenden Fall weder in dem von den Beschwerdeführern ausdrücklich geltend gemachten noch in dem aus dem Beschwerdevorbringen erkennbaren Beschwerdepunkt möglich.
Zu dem von den Beschwerdeführern ausdrücklich erklärten Beschwerdepunkt ist darauf zu verweisen, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Verfahrensmängel nur dann zu einer Rechtsverletzung der Nachbarn führen können, wenn sie sich auf ein materielles Recht der Nachbarn beziehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 8. November 1976, Slg. N. F. Nr. 9170/A). Die in der vorliegenden Beschwerde enthaltene ausdrückliche Erklärung zum Beschwerdepunkt ist daher schon deshalb nicht geeignet, eine Rechtsverletzungsmöglichkeit darzustellen, weil darin lediglich auf Verfahrensmängel Bezug genommen wird.
Im übrigen können Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 GewO 1994 durch einen nach § 77 oder nach § 81 in Verbindung mit § 77 leg. cit. ergehenden Genehmigungsbescheid in den in der Gewerbeordnung 1994 festgelegten Nachbarrechten nur im Rahmen ihrer nach § 356 Abs. 3 leg. cit. rechtzeitig erhobenen Einwendungen, mit denen sie ihre Parteistellung im Genehmigungsverfahren begründet haben, verletzt werden (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/04/0211).
Nach der Bestimmung des § 74 Abs. 2, die diesbezüglich gegenüber ihrer Fassung vor der Gewerberechts-Novelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, unverändert geblieben ist, dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
- 1) das Leben oder die Gesundheit ... der Nachbarn ... oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,
- 2) die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen. ...
Nach der Bestimmung des § 356 Abs. 3 leg. cit., die ebenfalls gegenüber ihrer Fassung vor der Gewerberechts-Novelle 1992 keine Änderung erfahren hat, sind im Verfahren u.a. zur Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. den bereits zitierten hg. Beschluß vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/04/0211) dargetan hat, liegt eine Einwendung im Sinne des § 356 Abs. 3 GewO 1994 nur dann vor, wenn der Nachbar die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muß jedenfalls entnommen werden können, daß überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet wird, und ferner, welcher Art dieses Recht ist. Das heißt, es muß auf einen oder mehrere der im § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1994, im Falle des § 74 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. auf einen oder mehrere der dort vorgeschriebenen Alternativtatbestände (Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder eine "in anderer Weise" auftretende Einwirkung), abgestellt sein.
Ausgehend von dieser Rechtslage haben die Beschwerdeführer unabhängig von der Frage, ob die Besprechung vom 28. Juli 1993 und die Verhandlung vom 1. Dezember 1993 Fortsetzungen der mündlichen Augenscheinsverhandlung vom 3. Juni 1993 dargestellt haben, in bezug auf den Schutz ihres psychischen Wohlbefindens schon deshalb Parteistellung im zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren nicht erworben, weil sie entgegen ihrem Beschwerdevorbringen in der Verhandlung vom 1. Dezember 1993 keineswegs eine derartige Einwendung erhoben haben. Haben sie aber in diesem Umfang im Verwaltungsverfahren nicht Parteistellung erworben, so können sie nach der oben dargestellten Rechtslage durch den angefochtenen Bescheid auch nicht in einem derartigen Recht verletzt sein.
In dem schließlich mit dem Vorbringen in der Beschwerde erschließbar als Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht auf ausreichenden Brandschutz in der in Rede stehenden Betriebsanlage können die Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid schon deshalb nicht verletzt sein, weil ein derartiges subjektives Recht den Nachbarn, losgelöst von einer damit allenfalls verbundenen Gefährdung ihres Eigentums oder ihrer Gesundheit bzw. von einer damit verbundenen Belästigung, in der Gewerbeordnung nicht eingeräumt ist. Daß aber die Beschwerdeführer aus Gründen des behaupteten mangelnden Brandschutzes in der Betriebsanlage auch eine Gefährdung ihrer Gesundheit oder ihres Eigentums oder eine persönliche Belästigung befürchten und sich daher in dem Recht auf Schutz vor derartigen Eingriffen verletzt erachten, kann dem Beschwerdevorbringen mit der in § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG für die Bezeichnung des Beschwerdepunktes geforderten Bestimmtheit nicht entnommen werden.
Da somit zusammenfassend die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in keinem der von ihnen als Beschwerdepunkt geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt sein können, erweist sich die vorliegende Beschwerde entsprechend der eingangs dargestellten Rechtslage als nicht zulässig, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)