VwGH 96/04/0200

VwGH96/04/020018.3.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der T, des A und des W S, alle in B, alle vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 12. August 1996, Zl. 316.969/1-III/A/2a/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Verfahren gemäß § 81 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: X-Gesellschaft m.b.H. in B), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
GewO 1994 §359 Abs4;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
GewO 1994 §359 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.820,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 28. März 1995 wurde der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung ihrer näher bezeichneten genehmigten Betriebsanlage unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 12. August 1996 wurde diese Berufung gemäß § 356 Abs. 3 in Verbindung mit § 359 Abs. 4 GewO 1994 zurückgewiesen. Nach Darstellung des Verfahrensganges und des Inhaltes der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen führte der Bundesminister zur Begründung aus, das Recht der Berufung stehe gemäß § 359 Abs. 4 GewO 1994 außer dem Genehmigungswerber den Nachbarn zu, die Parteien sind. Auf Grund dieses eingeschränkten Berufungsrechtes von Nachbarn im gewerbebehördlichen Bewilligungsverfahren sei zuerst zu prüfen gewesen, ob seitens der Beschwerdeführer zu den in der Berufung angeführten Themenbereichen Parteistellung erworben worden sei. Die Berufung werde einerseits damit begründet, daß die Ausführung der Werkshalle als dreigeschoßiges Gebäude mit einer Höhe von 9 m zu negativen Einflüssen auf das psychische Wohlbefinden bei den Nachbarn führe und andererseits kein ausreichender Löschwasservorrat vorhanden sei. In der gewerbebehördlichen Genehmigungsverhandlung seien Einwendungen wegen der Lichtverhältnisse und bezüglich Lärmentwicklung erhoben und somit Parteistellung in bezug von Lärmimmissionen erworben worden. Die Vorbringen in einer späteren Besprechung zur Erörterung des medizinischen Gutachtens könnten deshalb keine Parteistellung begründen, da die Verhandlung am 3. Juni 1993 um 11,30 Uhr beendet worden sei und diese Einwendungen daher verspätet im Sinne des § 356 Abs. 3 GewO 1994 vorgebracht worden seien. Der Aktenlage sei auch zu entnehmen, daß die Beschwerdeführer zu dieser Verhandlung rechtzeitig und unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen geladen worden seien. Jedenfalls sei dem Verfahrensakt eindeutig zu entnehmen, daß die Besprechung am 28. Juli 1993 keine Fortsetzung der Verhandlung vom 3. Juni 1993 dargestellt habe. Da sich die Berufungsvorbringen nicht im Rahmen der erworbenen Parteistellung bewegten, sei die Berufung zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf meritorische Erledigung ihrer Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 28. März 1995 verletzt. In Ausführung dieses so formulierten Beschwerdepunktes machen sie geltend, (aus näher dargestellten Gründen) seien die nach der ersten mündlichen Augenscheinsverhandlung in erster Instanz abgehaltenen Besprechungen und Verhandlungen als Fortsetzung der ersten mündlichen Augenscheinsverhandlung zu verstehen, sodaß auch die nach dem Ende der ersten mündlichen Augenscheinsverhandlung erstatteten Einwendungen der Beschwerdeführer noch als rechtzeitig und damit eine entsprechende Parteistellung begründend anzusehen seien.

Die Beschwerde erweist sich schon auf Grund folgender Erwägungen als berechtigt:

Wie die belangte Behörde zutreffend hervorhob, steht das Recht der Berufung in Verfahren über die Genehmigung gewerblicher Betriebsanlagen bzw. deren Änderung außer dem Genehmigungswerber den Nachbarn zu, die Parteien sind. Aus welchen Gründen ein solcherart zur Berufung Berechtigter den mit diesem Rechtsmittel angefochtenen Bescheid für rechtswidrig hält, ist für die Zulässigkeit dieser Berufung allerdings ohne Belang. Denn aus dem Erfordernis des § 63 Abs. 3 AVG, wonach die Berufung einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten hat, folgt nicht, daß die Begründung auch stichhältig sein müsse, noch läßt sich dem § 359 Abs. 4 GewO 1994 entnehmen, daß eine Berufung, die nicht im Rahmen des - Parteistellung vermittelnden - erstinstanzlichen Vorbringens begründet wird, als unzulässig anzusehen wäre. Vielmehr vermag selbst eine - aus objektiver Sicht - unzutreffend begründete Berufung die Unzulässigkeit dieses Rechtsmittels nicht zu bewirken (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zl. 93/04/0039).

Die belangte Behörde belastete daher dadurch, daß sie die in Rede stehende Berufung allein deshalb zurückwies, weil das Berufungsvorbringen nur Themen betraf, zu denen die Beschwerdeführer keine Parteistellung erworben hätten, den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das die Rechtzeitigkeit weiterer Einwendungen betreffende Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Stempelgebührenaufwand betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da die Vorlage von Ablichtungen aus den Akten des Verwaltungsverfahrens nicht als zur Rechtsverwirklichung notwendig anerkannt werden kann.

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