VwGH 95/20/0713

VwGH95/20/07132.7.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über die Beschwerde des Dr. AB in 1210 Wien, Gerichtsgasse 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 23. Oktober 1995, Zl. 418.392/43-V6/1995, betreffend Behandlung als Strafgefangener nach § 22 StVG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §59 Abs1;
StVG §120 Abs1;
StVG §22 Abs1;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
StVG §120 Abs1;
StVG §22 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Justiz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren an Stempelgebührenaufwand wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verbüßt in der Justizanstalt Wien-Mittersteig eine wegen des Verbrechens des Mordes und eines anderen Deliktes verhängte lebenslange Freiheitsstrafe; er befindet sich seit Dezember 1982 in Haft.

Der Beschwerdeführer brachte mit Schriftsatz vom 31. März 1994 eine Beschwerde gemäß § 120 des Strafvollzugsgesetzes (StVG) beim Leiter der Justizanstalt Mittersteig als Strafvollzugsbehörde erster Instanz ein. Diese Beschwerde wurde dem Beschwerdeführer am 6. April 1994 formlos zurückgestellt; der Beschwerdeführer brachte daraufhin die Beschwerde - nach Korrektur eines ursprünglich falsch geschriebenen Datums - mit Schriftsatz vom 14. April 1994 neuerlich ein.

In dieser Beschwerde wurde ein Zwischenfall zwischen dem Strafvollzugsbediensteten HS und dem Beschwerdeführer am 29. März 1994 dargestellt und die Ansicht vertreten, daß durch das Verhalten des Strafvollzugsbediensteten die diesem nach § 22 Abs. 1 StVG obliegenden Verpflichtungen verletzt worden seien. Den der Beschwerde zugrundeliegenden Vorfall schildert der Beschwerdeführer folgendermaßen:

"...

3. Als der Beschwerdeführer ca. 5. Minuten vor 11.00 Uhr neuerlich auf den Gang hinausging (um sich der Zubereitung seines Essens in der Abteilungs-Küche zuzuwenden), sah er den genannten Strafvollzugsbediensteten, der gerade das Bad zusperrte, wobei ein Gefangener soeben das Badezimmer aufsuchen wollte. Der Beschwerdeführer machte den Strafvollzugsbediensteten aufmerksam, daß das Bad laut Anweisung des Kommandos erst mit Beginn des Nachtdienstes zugesperrt wird. "Das interessiert mich nicht", sagt er, "Ich hab" jetzt etwas anderes zu tun" und sperrt das Badezimmer zu. Der Beschwerdeführer (und der Strafgefangene K.) ging ihm, der zum Ausgang ging, nach und machte ihn darauf aufmerksam, daß er sich wegen der offensichtlichen Mißachtung der Anordnung des Justizwach-Kommandos beschweren werde, daß er sich ins Unrecht setze, worauf er dem Beschwerdeführer zurief: "Hau" di in Koks" und die Abteilungstüre hinter sich versperrte. Der Beschwerdeführer rief sofort im Wachzimmer an, verlangte den Strafvollzugsbediensteten, der an diesem Tage als Kommandant eingeteilt war und sagte ihm, daß das Bad sofort aufgesperrt werden müsse, weil der Nachtdienst erst um 11.30 Uhr beginnt. Das Bad wurde hierauf von einem anderen Strafvollzugsbediensteten sofort aufgesperrt.

  1. 4. ...
  2. 5. Der Ausdruck "Hau di in Koks" entstammt der niedrigsten Gaunersprache und drückt die besondere Verachtung desjenigen, der es verwendet, gegenüber dem Angesprochenen aus. Es ist daher geeignet, das Ehrgefühl und die Menschenwürde des so Beschimpften empfindlich zu verletzen. Darüberhinaus stellt die Verwendung eines solchen Ausdruckes (auch) gegenüber einem Strafgefangenen im allgemeinen (und im besonderen gegenüber der Person des Beschwerdeführers, der bekanntlich in konventionswidriger Haft angehalten wird) einen nach dem StGB strafbaren Tatbestand dar. Weiters verletzt die im Ausdruck zu Tage getretene Verwendung des "Du"-Wortes die Bestimmung des § 22 Abs. 1 zweiter Satz StVG, wonach die Strafgefangenen mit "Sie" anzureden sind.

    6. Der Beschwerdeführer behält sich vor, wegen des Vorfalles die notwendigen gerichtlichen Rechtsschritte gegen den Strafvollzugsbediensteten zu ergreifen. Im übrigen wird an die Leitung der Justizanstalt Mittersteig der

A n t r a g

gestellt, in Stattgebung dieser Beschwerde auszusprechen, daß durch das in der Beschwerde gerügte Verhalten des Strafvollzugsbediensteten H.S. die diesem nach § 22 Abs. 1 StVG obliegenden Verpflichtungen verletzt wurden."

Mit Schriftsatz vom 19. April 1995 beantragte der Beschwerdeführer beim Bundesminister für Justiz als Strafvollzugsbehörde zweiter Instanz den Übergang der Entscheidungspflicht über seine Beschwerde vom 31. März 1994, weil der Leiter der Justizanstalt Mittersteig diese Beschwerde keiner Erledigung zugeführt hatte. Im Devolutionsantrag wiederholte der Beschwerdeführer seinen Antrag, in Stattgebung der Beschwerde auszusprechen, daß durch das in der Beschwerde gerügte Verhalten des Strafvollzugsbediensteten H.S. die diesem nach § 22 Abs. 1 StVG obliegenden Verpflichtungen verletzt worden seien.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 23. Oktober 1995 wurde der Beschwerde vom 31. März 1994 wegen "Verletzung der Verpflichtung nach § 22 StVG" gemäß § 22 StVG stattgegeben.

Die belangte Behörde stellte fest, daß der Beschwerdeführer am 20. März 1994 ca. gegen 10.55 Uhr aus seinem Haftraum kommend den Gang der Abteilung I der Justizanstalt Wien-Mittersteig betreten und dabei beobachtet habe, daß Revierinspektor S. die Baderäumlichkeit versperrt habe. Er habe daraufhin den Beamten unter Hinweis darauf, daß Bäder - einer internen Regelung zufolge - erst bei Nachtdienstbeginn versperrt würden, ersucht, den Baderaum noch offenzuhalten. Der Beamte habe dafür jedoch kein Verständnis gezeigt, den Baderaum versperrt und sich zum Abteilungsausgang begeben. Der Beschwerdeführer sei ihm nachgegangen und habe seinerseits über das Vorgehen des Beamten eine Beschwerde angekündigt. Revierinspektor S. habe daraufhin seinerseits vorweg die sich anbahnende Diskussion gegenüber dem Beschwerdeführer und dem in unmittelbarer Nähe befindlichen Strafgefangenen K. mit den Worten "Hau"(ts) di(euch) in Koks" beendet, habe die Abteilungstür verschlossen und diesen Anstaltsbereich verlassen.

Der festgestellte Sachverhalt gründe sich im wesentlichen auf die schlüssige und nachvollziehbare Darstellung des Beschwerdeführers, die vom Zeugen K. im wesentlichen vollinhaltlich bestätigt worden sei. Es habe nicht festgestellt werden können, ob Revierinspektor S. die bemängelte Formulierung in Einzahl oder Mehrzahl gehalten habe. Nach Wiedergabe des Wortlautes des § 22 Abs. 1 StVG führte die belangte Behörde weiters aus, daß entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht die bemängelte Formulierung nicht den von ihm vermeinten, verachtenden Sinngehalt vermittle und daher auch nicht geeignet sei, das Ehrgefühl oder die Menschenwürde zu verletzen. Dies sei auch nie im Sinne des belangten Beamten gestanden. Vielmehr erhelle der objektive Erklärungswert, nicht mehr weiter belangt werden zu wollen, daß hierdurch die vorhandene Situation - wenn auch nicht in einer den allgemeinen Umgangsformen entsprechenden Art und Weise - seitens des Beamten einseitig beendet worden sei. Die verwendete Formulierung habe aber durch die darin zu Tage getretene Verwendung des "Du-Wortes" nicht dem Gesetz in der Bestimmung des § 22 Abs. 1 StVG, wonach Strafgefangene mit "Sie" anzureden seien, entsprochen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im gegenständlichen Verfahren relevanten Bestimmungen der §§ 22 Abs. 1 sowie 120 Abs. 1 StVG haben folgenden

Wortlaut:

"§ 22. (1) Die Strafgefangenen sind mit Ruhe, Ernst und Festigkeit, gerecht sowie unter Achtung ihres Ehrgefühls und der Menschenwürde zu behandeln. Sie sind mit "Sie" und, wenn ein einzelner Strafgefangener mit seinem Familiennamen angesprochen wird, mit "Herr" oder "Frau" und mit diesem Namen anzureden.

...

§ 120. (1) Die Strafgefangenen können sich gegen jede ihre Rechte betreffende Entscheidung oder Anordnung und über jedes ihre Rechte betreffende Verhalten der Strafvollzugsbediensteten beschweren...."

Das Strafvollzugsgesetz sieht in seinem § 120 Abs. 1 ausdrücklich die Möglichkeit für die Strafgefangenen vor, sich (auch) über jedes ihre Rechte betreffende Verhalten der Strafvollzugsbediensteten zu beschweren. Diese Bestimmung bietet die gesetzliche Grundlage für die Erlassung eines derartigen, das Verhalten von Strafvollzugsbediensteten am Maßstab des § 22 Abs. 1 StVG überprüfenden Bescheides (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 8. April 1987, Zl. 86/01/0040, sowie vom 27. Juni 1995, Zl. 94/20/0420).

Unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides bringt der Beschwerdeführer vor, es ergebe sich ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides insofern, als er in seiner Administrativbeschwerde zwei Vorgänge, nämlich die Verwendung der im Sachverhalt näher bezeichneten Wortfolge und den durch die Verwendung dieser Worte mitumfaßten Gebrauch des "Du"-Wortes bekämpft habe. Die belangte Behörde habe dazu im Spruch des bekämpften Bescheides ausgesprochen, der Beschwerde werde "stattgegeben", in der Begründung aber lediglich die Verwendung des "Du"-Wortes als Verletzung der Verpflichtungen nach § 22 StVG erklärt. Darüberhinaus sei der angefochtene Bescheid auch deshalb rechtswidrig, weil bei stattgebender Erledigung einer gegen ein Verhalten eines Strafvollzugsbediensteten gerichteten Beschwerde das Beschwerdeerkenntnis begrifflich nur eine bestimmte Feststellung enthalten könne, nämlich ob dieses Verhalten den Normen des StVG entsprochen habe oder nicht. Ein Bescheid, der lediglich ausspreche, der Beschwerde werde "stattgegeben", ohne auszusprechen, wann, wo, von wem und in welcher Weise in die Rechte des Beschwerdeführers nach dem StVG eingegriffen werde, sei somit rechtswidrig.

Mit diesem Vorbringen in seiner Beschwerde macht der Beschwerdeführer im Ergebnis zutreffend eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend. Der Beschwerdeführer begehrte in seinem Antrag (und er wiederholte dieses Begehren in seinem Devolutionsantrag), "die Behörde möge in Stattgebung dieser Beschwerde aussprechen, daß durch das in der Beschwerde gerügte Verhalten des Strafvollzugsbediensteten H.S. die diesem nach § 22 Abs. 1 StVG obliegenden Verpflichtungen verletzt wurden". Damit beantragte der Beschwerdeführer eine bescheidmäßige Feststellung mit dem Inhalt, daß ein bestimmtes, näher dargestelltes Verhalten eines Strafvollzugsbediensteten gegen dessen Verpflichtungen verstoßen habe.

Mit der Verpflichtung des Strafvollzugsbediensteten, sich entsprechend den Vorschriften des § 22 Abs. 1 StVG zu verhalten, korrespondiert das Recht eines Strafgefangenen, entsprechend dieser näher dargestellten Bestimmungen behandelt zu werden; verletzt jemand diese Verpflichtungen so wird in Rechte des Strafgefangenen eingegriffen. Diese Bestimmungen stellen somit Vorschriften dar, die nicht nur die Vollzugsbeamten zu einem bestimmten Verhalten verpflichten, sondern dem Gefangenen ein subjektives Recht auf eine diesen Vorschriften entsprechende Behandlung einräumen. Liegt nun eine Verletzung dieser Rechte durch ein entgegenstehendes Verhalten eines Strafvollzugsbediensteten vor und wird dagegen Beschwerde erhoben, so kann - unter der hier zutreffenden Annahme, daß dieses Verhalten des Strafvollzugsbediensteten bereits beendet ist - die bescheidmäßige Erledigung der nach § 120 StVG erhobenen Beschwerde des Gefangenen nur in dem Ausspruch bestehen, daß dieses Verhalten Rechte des Beschwerdeführers verletzt hat. Insofern ist dem Beschwerdeführer zuzustimmen, wenn er ausführt, daß in derartigen Fällen, in denen gegen ein in der Vergangenheit liegendes und abgeschlossenes Verhalten Beschwerde geführt werden kann, begrifflich eine abändernde oder aufhebende Erledigung der Strafvollzugsbehörde überhaupt nicht denkbar ist, weil das beanstandete Verhalten weder aus der Welt geschafft noch seine Fortsetzung untersagt werden kann.

Gemäß § 22 Abs. 1 StVG sind die Strafgefangenen mit Ruhe, Ernst und Festigkeit, gerecht sowie unter Achtung ihres Ehrgefühls und der Menschenwürde zu behandeln; der zweite Satz des Abs. 1 normiert die Verpflichtung zu einer bestimmten Art der Anrede der Strafgefangenen. Ein gegenüber einem Strafgefangenen gesetztes Verhalten wie eine gegenüber diesem abgegebene Äußerung eines Strafvollzugsbediensteten kann nun in zweifacher Weise die genannten Verpflichtungen verletzen, wenn einerseits durch die Äußerung als solche das Ehrgefühl mißachtet, andererseits die Anrede mit dem "Du"-Wort gewählt wird. Durch ein derartiges Verhalten werden zwei Sachverhalte verwirklicht, die - jeder für sich - eine Rechtsverletzung des Strafgefangenen darstellen können, nämlich im ersten Fall eine Verletzung in dem aus § 22 Abs. 1 erster Satz StVG, im letzteren Fall in dem aus § 22 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. erfließenden subjektiven Recht. Auch der Beschwerdeführer ist davon ausgegangen, daß die beiden Verpflichtungen aus § 22 Abs. 1 StVG verletzt worden seien, und zwar einerseits dadurch, daß ihm der Strafvollzugsbedienstete die Worte "Hau" die in Koks" zugerufen und dadurch sein Ehrgefühl mißachtet, andererseits dadurch, daß dieser den Beschwerdeführer unter Verwendung des "Du"-Wortes angesprochen habe.

Im Spruch des angefochtenen Bescheides, in dem lediglich ausgesprochen wurde, daß "der Beschwerde wegen "Verletzung der Verpflichtung nach § 22 StVG" gemäß dieser Gesetzesbestimmung stattgegeben wird", findet sich keine Umschreibung des als erwiesen angenommenen Verhaltens (Verwendung der Redewendung und/oder des "Du"-Wortes), durch welches Rechte des Beschwerdeführers verletzt worden sind. Durch die "Stattgebung" der das - nach Ansicht des Beschwerdeführers in zweifacher Weise die Verpflichtungen des § 22 Abs. 1 StVG verletzende - Verhalten des Strafvollzugsbediensteten umschreibenden Administrativbeschwerde hätte die belangte Behörde dennoch ihrer Feststellungsverpflichtung entsprochen und es läge keine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers vor, wenn sich der Spruch des Bescheides diesbezüglich in Übereinstimmung mit der zu seiner Deutung heranzuziehenden Begründung befände.

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht allerdings hervor, daß die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen unterschiedlich bewertete. So wurde eine Verletzung der aus § 22 Abs. 1 StVG erfließenden Rechte nur darin erblickt, daß der Beschwerdeführer mit "Du" angesprochen wurde. Die vom Strafvollzugsbediensteten ausgesprochene "Aufforderung" (Hau" di in Koks) sei hingegen nach Ansicht der belangten Behörde nicht geeignet, das Ehrgefühl oder die Menschenwürde zu verletzen, weshalb diesbezüglich keine Verletzung des § 22 Abs. 1 StVG vorliege.

Zum einen ergibt sich aus dem Zusammenhalt dieses Spruches mit seiner Begründung, daß die belangte Behörde über die Administrativbeschwerde zur Gänze absprechen wollte und dies auch objektiv erkennbar zum Ausdruck gebracht hat. Der angefochtene Bescheid kann daher nach der sprachlichen Fassung des Spruches im Zusammenhalt mit der Begründung nicht so gedeutet werden, daß die belangte Behörde nur über die behauptete Rechtsverletzung durch Verwendung des "Du"-Wortes abgesprochen hätte, die Administrativbeschwerde hinsichtlich der behaupteten Verletzung des Ehrgefühl durch die gebrauchte Redewendung hingegen noch unerledigt wäre.

Zum anderen verbietet sich eine Deutung des Spruches dahingehend, daß die belangte Behörde der Administrativbeschwerde, die auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit beider der Beschwerde zugrundeliegender Sachverhalte gerichtet war, in beiden Beschwerdepunkten "stattgegeben" hätte, weil sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich des Faktums der Redewendung das Gegenteil ergibt. Spruch ("Stattgebung") und Begründung des angefochtenen Bescheides stehen daher in einem eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes begründenden Widerspruch zueinander.

Was schließlich die vom Beschwerdeführer als unzutreffend gerügte Beurteilung des beleidigenden Charakters der verwendeten Redewendung betrifft, ist festzuhalten, daß die belangte Behörde selbst davon ausging, daß durch diese Äußerung die Begegnung zwischen dem Strafvollzugsbediensteten und dem Beschwerdeführer in einer "den allgemeinen Umgangsformen nicht entsprechenden Art und Weise" beendet wurde. Dennoch vertrat sie die Ansicht, angesichts des objektiven Erklärungswertes, "in Ruhe gelassen werden zu wollen", und mangels beleidigender Absicht sei eine Mißachtung des Ehrgefühls des Strafgefangenen durch die in Rede stehende Äußerung nicht vorgelegen. Dabei läßt die belangte Behörde aber eine Begründung dafür vermissen, wieso der Strafgefangene durch die in Rede stehende Äußerung, die den allgemeinen Umgangsformen gerade nicht entsprach, in der konkreten Situation (noch) mit Achtung seines Ehrgefühl behandelt worden ist, da es bei dieser Beurteilung weder auf den objektiven Erklärungswert der Äußerung allein noch auf die Absicht der Verletzung des Ehrgefühls ankommt. Selbst wenn der objektive Erklärungswert dieser Äußerung in dem Wunsch, (endlich) in Ruhe gelassen zu werden, gelegen sein sollte, kann durch eine verletzende und herabsetzende Formulierung dieses "Wunsches" das Ehrgefühl eines Strafgefangenen mißachtet werden. Der Beschwerdeführer hatte in seiner Administrativbeschwerde bereits die Ansicht vertreten, diese Äußerung drücke eine besondere Verachtung desjenigen, der sie verwende, gegenüber demjenigen, an den sie gerichtet sei, aus und entstamme der niedrigsten Gaunersprache. Die belangte Behörde hätte sich mit diesem Vorbringen des Beschwerdeführers argumentativ auseinandersetzen müssen, da nicht auszuschließen ist, daß eine - über Wortsinn und objektiven Erklärungswert hinausgehende - Bedeutung dieser Worte (z.B. in der sogenannten Gaunersprache bzw. im Milieu von Strafvollzugsanstalten) vorliegen kann, die eine Mißachtung des Ehrgefühls des Strafgefangenen ausdrückt. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ist eine Auseinandersetzung im gebotenen Ausmaß mit diesem Teil des Vorbringens in der Administrativbeschwerde aber nicht abzuleiten. Auch aus diesem Grunde liegt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grund des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, und Art. 6 MRK dem nicht entgegensteht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die vorgelegten Kopien einer gegenüber dem Vertreter des Beschwerdeführers abgegebenen Stellungnahme eines Sachverständigen für Sprachwissenschaften dienten nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, weil im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung des angefochtenen Bescheides ausschließlich auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes erfolgt und neue Beweismittel nicht aufgenommen werden können.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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