VwGH 94/08/0014

VwGH94/08/001430.6.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde der U F in L, vertreten durch die Sachwalterin H F, diese vertreten durch Dr. Franz Kriftner und Dr. Christian Sparlinek, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Stelzhamerstraße 12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 9. September 1993, Zl. 745.014/4-8/93, betreffend Beschädigtenrente nach dem Impfschadengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
HVG §23 Abs5;
ImpfSchG §2 Abs1 litc Z1;
KOVG 1957 §12 Abs2;
KOVG 1957 §12 Abs3 idF 1991/687;
KOVG 1957 §12 Abs4 idF 1991/687;
AVG §52;
HVG §23 Abs5;
ImpfSchG §2 Abs1 litc Z1;
KOVG 1957 §12 Abs2;
KOVG 1957 §12 Abs3 idF 1991/687;
KOVG 1957 §12 Abs4 idF 1991/687;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren auf Stempelgebührenersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde unter anderem der Erhöhungsbetrag zu der der Beschwerdeführerin gewährten Beschädigtenrente nach § 2 Abs. 1 lit. c Z. 1 des Impfschadengesetzes (ISchG) iVm § 23 Abs. 5 des Heeresversorgungsgesetzes (HVG) ab 1. September 1992 neu bemessen.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der mit Beschluß vom 29. November 1993, B 1830/93-6, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Nach der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin - unter den Gesichtspunkten der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - insofern in ihren Rechten verletzt, als ab 1. September 1992 die ihr bescheidmäßig zuerkannte Beschädigtenrente hinsichtlich des Erhöhungsbetrages gemäß § 23 Abs. 5 AVG ungerechtfertigt gekürzt worden sei.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der gegenständliche Beschwerdefall entspricht in Ansehung des maßgebenden Sachverhaltes und der entscheidenden Rechtsfragen im wesentlichen jenem Fall, der dem Erkenntnis vom 12. Dezember 1995, Zl. 94/08/0015, zugrundelag. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat aus den dort dargelegten Erwägungen, auf die im Sinne des § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird, die Auffassung, daß der Erhöhungsbetrag zur Beschädigtenrente gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 lit. c ISchG iVm § 23 Abs. 5 HVG - nach Maßgabe der im zweiten Satz dieser Gesetzesstelle angeordneten Bedachtnahme auf die §§ 11 und 12 des Kriegsopferversorgungsgesetzes (KOVG) - im Sinne des § 12 Abs. 3 KOVG vom monatlichen Einkommen abhängig ist. Dabei sind die bei Ausübung einer zur seelischen oder geistigen Rehabilitation des Impfgeschädigten erforderlichen Beschäftigung erwachsenden Fahrtkosten des Impfgeschädigten ebenso wie jene für die erforderliche Begleitperson zur Gänze in Abzug zu bringen.

Daraus folgt auch für den vorliegenden Beschwerdefall, daß der angefochtene Bescheid schon insoweit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet ist, als die belangte Behörde bei der Ermittlung des fiktiven Erhöhungsbetrages der Zusatzrente nach § 12 Abs. 3 KOVG vom Einkommen der Beschwerdeführerin im maßgeblichen Zeitraum nicht die ihr und der erforderlichen Begleitperson erwachsenden Fahrtkosten in Abzug gebracht hat.

Dem Argument der belangten Behörde, daß der Betreuungsaufwand einer Begleitperson aus der Pflegezulage abzudecken sei, ist zu erwidern, daß die Pflegezulage zwar die Fahrtkosten einer Begleitperson im Rahmen der üblichen Pflege umfaßt, nicht aber (zusätzliche) Fahrtkosten für die Rehabilitation. Soweit daher durch die Rehabilitation Fahrtkosten nicht nur dem Behinderten, sondern auch der Pflegeperson erwachsen, sind diese vom anzurechnenden Einkommen in Abzug zu bringen.

2. Daß der Beschwerdeführerin aufgrund (bloß) leichter Koordinationsstörung beider unterer Extremitäten die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, wurde im Verwaltungsverfahren im Rahmen des Parteiengehörs nicht bestritten. Auch die Beschwerde tritt diesem Umstand nicht entgegen. In diesem Zusammenhang wird lediglich unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgebracht, der ärztliche Dienst habe diese Feststellung nur unter Zugrundelegung des Akteninhaltes getroffen, ohne sich über den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ein persönliches Bild zu machen.

Darauf ist zu erwidern, daß der Umstand, daß der ärztliche Dienst der belangten Behörde seine "Stellungnahme" nur aufgrund der Aktenlage abgegeben hat, an sich noch keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens begründet, wenn die Grundlagen der Stellungnahme vollständig und schlüssig sind (vgl. das bereits erwähnte Erkenntnis vom 12. Dezember 1995, Zl. 94/08/0015). Diese Voraussetzungen sind im Beschwerdefall bei dem bezogenen Gutachten des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien vom 29. Juni 1985 gegeben (vgl. Blatt 59 der Verwaltungsakten), wobei - wie oben dargelegt - die Feststellungen im Verwaltungsverfahren nicht bestritten worden sind.

Die von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt daher nicht vor.

3. Es trifft allerdings zu, daß die belangte Behörde - wie in der Beschwerde gerügt - auf das Vorbringen der Mutter der Beschwerdeführerin in deren Stellungnahme vom 25. August 1993 nicht eingegangen ist. Die belangte Behörde wird sich damit im fortgesetzten Verfahren auseinanderzusetzen haben.

4. Aufgrund dieser Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Begehren auf Ersatz der Stempelgebühren für die vorgelegte Vollmachtsurkunde war im Hinblick auf die bestehende sachliche Abgabenfreiheit nach § 6 Abs. 2 ISchG und die Möglichkeit, die Vollmachtsurkunde auf diese Angelegenheit einzuschränken, abzuweisen.

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