VwGH 97/18/0001

VwGH97/18/000121.2.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde der A in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. November 1996, Zl. SD 1220/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs4;
FrG 1993 §19;
AVG §68 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs4;
FrG 1993 §19;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. November 1996 wurde die Beschwerdeführerin, eine philippinische Staatsangehörige, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin sei von November 1991 bis 1. August 1994 aufgrund von Sichtvermerken bzw. einer Aufenthaltsbewilligung zum Aufenthalt berechtigt gewesen. Ein Verlängerungsantrag sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 6. August 1994 und im Instanzenzug vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 30. Mai 1995 rechtskräftig abgewiesen worden. Am 28. August 1995 habe die Beschwerdeführerin einen österreichischen Staatsbürger geheiratet. Ein von ihr am 12. September 1995 gestellter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei im Instanzenzug vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 14. Dezember 1995 rechtskräftig abgewiesen worden. Der dagegen erhobenen Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde sei mit Beschluß vom 30. Jänner 1996 die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung versagt worden. Daraus, daß die Frage ihrer weiteren Aufenthaltsberechtigung beim Verwaltungsgerichtshof pendent sei, sei für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, weil selbst rechtzeitig gestellte Verlängerungsanträge - vorliegend handle es sich um einen Erstantrag - nur bewirkten, daß eine Ausweisung bis zur Rechtskraft des Berufungsbescheides nicht zulässig sei. Aus ihrer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof könne die Beschwerdeführerin kein Recht zum Aufenthalt ableiten. Aus welchen Gründen der Gerichtshof bisher nicht entschieden habe, sei ohne Bedeutung. Für die belangte Behörde bleibe maßgebend, daß die Beschwerdeführerin nicht aufenthaltsberechtigt sei. Eine Prüfung der Gründe für die rechtskräftige Ablehnung der Aufenthaltsbewilligung durch die "Ausweisungsbehörde" komme nicht in Betracht.

Im Grunde des § 19 FrG sei zu prüfen, ob ein Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin vorliege und bejahendenfalls, ob dieser dringend geboten sei. Vorliegend sei im Hinblick auf die Ehe der Beschwerdeführerin ein solcher relevanter Eingriff anzunehmen. Dieser sei nicht an sich unzulässig, sondern nur, wenn er nicht dringend geboten sei. Die Beschwerdeführerin irre, wenn sie meine, dies sei undenkbar, weil ihr Aufenthalt nicht dazu beitrage, die Sicherheit oder das wirtschaftliche Wohl der Republik zu erschüttern. Vielmehr gehe es darum, ob die Ausweisung zur Verteidigung der Ordnung, und zwar eines geordneten Fremdenwesens, dringend geboten sei. Dies sei der Fall. Der gesetzlichen Ordnung des Fremdenwesens komme ein hoher Stellenwert zu. Die Beschwerdeführerin halte sich nach einem zweieinhalbjährigen rechtmäßigen Aufenthalt (aufgrund von Verpflichtungserklärungen) bereits seit über zwei Jahren nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf und habe dieses trotz mehrfach ablehnender Bescheide nicht verlassen. Während des illegalen Aufenthaltes habe sie einen österreichischen Staatsbürger geheiratet. Sie habe damit rechnen müssen, daß sie sich ohne Aufenthaltsberechtigung nicht weiter im Bundesgebiet aufhalten dürfe. Die Tolerierung eines weiteren unrechtmäßigen Aufenthaltes sei aufgrund der während des illegalen Aufenthaltes geschlossenen Ehe nicht länger vertretbar.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeansicht, "Voraussetzung einer Ausweisung wäre die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes", (was bisher nicht geschehen sei), findet im Gesetz keine Deckung (s. die §§ 17 ff FrG).

2. Aus dem Umstand, daß die Beschwerdeführerin gegen den ihren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abweisenden Bescheid des Bundesministers für Inneres (vom 14. Dezember 1995) Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben hat, über die bislang noch nicht entschieden worden ist, ist im gegebenen Zusammenhang für den Standpunkt der Beschwerde nichts zu gewinnen, vermag doch die Erhebung der besagten Beschwerde an der Rechtskraft der solcherart bekämpften Entscheidung der Aufenthaltsbehörde und damit am Fehlen eines Aufenthaltsrechtes der Beschwerdeführerin nichts zu ändern. Daß aber dem Antrag, der genannten Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen - wie im angefochtenen Bescheid festgestellt -, nicht stattgegeben wurde, wird von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt.

3.1. Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde eine unrichtige Auslegung des § 19 FrG vor. Ein (mit der Ausweisung verbundener) Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin wäre nur dann rechtskonform, wenn dieser unabdingbar wäre, um die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes und die Verteidigung der Ordnung zu gewährleisten oder um strafbare Handlungen zu verhindern. "Daß derartige gravierende Umstände nicht einmal im Ansatz diskussionswürdig sind, wenn mein einziger Verstoß in einem allenfalls rechtswidrigen Aufenthalt innerhalb des Staatsgebietes besteht, bedarf keiner näheren Ausführung".

3.2. Demgegenüber ist mit der belangten Behörde festzuhalten, daß der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten (der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens) aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 24. Oktober 1996, Zl. 96/18/0435, mwN). Gegen dieses gewichtige Interesse der Allgemeinheit verstieß die Beschwerdeführerin durch ihren bereits mehr als zwei Jahre dauernden unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet - gegen die zuletzt genannte Beurteilung der belangten Behörde hegt der Gerichtshof angesichts der ihr zugrunde liegenden unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid keine Bedenken - in gravierender Weise. Die erhebliche Beeinträchtigung dieses maßgeblichen öffentlichen Interesses wird noch - von der belangte Behörde zutreffend erkannt - dadurch verstärkt, daß die Beschwerdeführerin ihren unerlaubten Aufenthalt trotz zweier für sie negativer Entscheidungen nach dem Aufenthaltsgesetz fortsetzte. Der Auffassung der belangten Behörde, daß das Interesse der Beschwerdeführerin an einem Verbleiben in Österreich hinter diesem öffentlichen Interesse zurückzustehen habe, kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Zwar war die Tatsache der mit einem österreichischen Staatsbürger im August 1995 geschlossenen Ehe zugunsten der Beschwerdeführerin zu werten; dies allerdings nicht mit dem Gewicht, das die Beschwerde diesem Umstand beimißt. Vielmehr hatte die belangte Behörde zu berücksichtigen - was auch geschehen ist -, daß die Ehe zu einem Zeitpunkt eingegangen wurde, zu dem sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt und sie, mangels einer Aufenthaltsbewilligung, nicht mit einem weiteren Aufenthalt rechnen durfte. Dies mußte auch ihrem Ehegatten bewußt sein. Von daher ist das Gewicht des in Rede stehenden familiären Interesses der Beschwerdeführerin nicht unwesentlich gemindert. Wenn dazu in der Beschwerde ausgeführt wird, daß der Gatte der Beschwerdeführerin krank und pflegebedürftig sei, sodaß ihr Aufenthalt in Österreich dazu beitrage, "eine Entlastung des österreichischen Staates herbeizuführen", so wird damit zum einen nicht dargetan, daß die Anwesenheit der Beschwerdeführerin für die Pflege ihres Gatten unabdingbar sei, zum anderen aber ein (allenfalls bestehendes) öffentliches Interesse angesprochen, dessen Geltendmachung der Beschwerdeführerin im Rahmen des § 19 FrG nicht zusteht (vgl. dazu die diese Frage bei der Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG behandelnden hg. Erkenntnisse vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/18/0165 und Zl. 95/18/1139, die insoweit auch für die Abwägung gemäß § 19 leg. cit. maßgeblich sind). Nichts anderes gilt für die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie könne kraft ihrer Ausbildung (Matura, Absolvierung des Pharmaziestudiums) "wesentlich dazu beitragen, das Wohl des Landes zu fördern".

4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was schon der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

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