VwGH 96/18/0435

VwGH96/18/043524.10.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 25. Juli 1996, Zl. SD 355/96, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §3;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §19;
AufG 1992 §3;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §19;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 25. Juli 1996 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der im Jahr 1992 ohne Sichtvermerk eingereiste Beschwerdeführer sei mit Strafverfügung vom 13. Oktober 1992 wegen jeweils einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes, des Paßgesetzes und des Grenzkontrollgesetzes rechtskräftig bestraft worden. Mit Strafverfügung vom 12. Jänner 1993 sei der Beschwerdeführer wegen unerlaubten Aufenthaltes bestraft worden. Danach sei trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 18 FrG von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer im Hinblick auf seine familiären Verhältnisse abgesehen und nur die Ausweisung verfügt worden (Bescheid vom 13. September 1993). Mit Strafverfügung vom 16. Jänner 1995 sei der Beschwerdeführer neuerlich wegen unerlaubten Aufenthaltes bis Jänner 1995 rechtskräftig bestraft worden. Schließlich sei er am 5. September 1995 nochmals wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes (bis September 1995) rechtskräftig bestraft worden. Ein Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. September 1995 abgewiesen worden.

Angesichts der rechtskräftigen Bestrafungen wegen Übertretungen des Fremdengesetzes und des andauernden illegalen Aufenthaltes seien der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt und im Hinblick auf die Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt.

Im Hinblick darauf, daß die Gattin und die Kinder des Beschwerdeführers im Bundesgebiet lebten, liege ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener (nach § 19 FrG relevanter) Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers vor. Dessen ungeachtet sei aber das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier: zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens) dringend geboten und daher (nach § 19 FrG) zulässig. Der Beschwerdeführer habe bisher keine Aufenthaltsbewilligung gehabt und könne sich daher nicht auf seinen bisherigen (unerlaubten) Aufenthalt berufen. Demnach seien die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes als weitaus gewichtiger einzustufen als die damit verbundenen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie. Da somit die §§ 19 und 20 FrG dem Aufenthaltsverbot nicht entgegenstünden, sei dieses zu Recht erlassen worden.

Dem Argument des Beschwerdeführers, er sei berechtigt, vom Inland aus einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu stellen, sei zu entgegnen, daß er bisher nicht einmal einen Antrag gestellt habe und daß einem solchen Antrag, auch wenn er im Inland gestellt werden könnte, im Grunde des § 10 Abs. 1 Z. 4 und Z. 6 FrG wohl kein Erfolg beschieden sein könne.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde wird gegen die Ansicht der belangten Behörde, daß vorliegend der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG verwirklicht und auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme (in Ansehung der öffentlichen Ordnung) gerechtfertigt sei, nichts Stichhaltiges vorgebracht. Unter Zugrundelegung der insoweit maßgeblichen - unbestrittenen - Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid hegt der Gerichtshof gegen diese Beurteilung keine Bedenken.

Auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß seinen Verstößen gegen das Fremdengesetz "offensichtlich ein Informationsmangel und das Fehlen einer subjektiven Tatseite" zugrunde liege, und daß er "trotz Antragstellung" (gemeint: nach dem Aufenthaltsgesetz) bestraft worden sei, genügt der Hinweis, daß die wegen der in Rede stehenden Gesetzesverstöße erfolgten Bestrafungen in Rechtskraft erwachsen sind, was allein für die Verwirklichung des Aufenthaltsverbotsgrundes des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG maßgeblich ist.

2.1. Der Beschwerdeführer macht der belangten Behörde zum Vorwurf, daß sie ein Aufenthaltsverbot verhängt habe, "obwohl ich mit einer österreichischen Staatsbürgerin bereits seit dem Jahr 1992 verheiratet bin und zwei Kinder aus dieser Ehe hervorgekommen sind". Als Vater gehöre er zu seiner Familie und habe insbesondere auch für den Unterhalt seiner beiden Kinder zu sorgen. Er arbeite in "ungekündigter Stellung" und habe einen "Rechtsanspruch gemäß § 3 FrG" (gemeint offenbar § 3 Aufenthaltsgesetz).

2.2. Mit diesem erkennbar eine unrichtige Anwendung des § 19 und des § 20 Abs. 1 FrG behauptenden Vorbringen vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides aufzuzeigen.

2.2.1. Die belangte Behörde hat aufgrund der familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers zutreffend einen im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben durch das Aufenthaltsverbot angenommen. Wenn sie ungeachtet dessen diese Maßnahme für nach dieser Bestimmung zulässig gehalten hat, so kann dieser Beurteilung angesichts der durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers bewirkten erheblichen Beeinträchtigung des aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) einen hohen Stellenwert aufweisenden öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die Erkenntnisse vom 28. März 1996, Zl. 96/18/0116, vom 11. Juli 1996, Zl. 96/18/0035, und vom 19. September 1996, Zl. 96/18/0370) auch unter Bedachtnahme auf die besagten privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, zumal die letztgenannten Interessen nicht unwesentlich dadurch relativiert werden, daß der Beschwerdeführer im Hinblick auf wiederholte rechtskräftige Bestrafung wegen unerlaubten Aufenthaltes und den gescheiterten Versuch, eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zu erlangen, rechtens nicht mit einer Aufrechterhaltung der Familiengemeinschaft in Österreich rechnen durfte. An der Unbedenklichkeit der behördlichen Beurteilung, daß die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer im Interesse der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens dringend geboten sei, ändert weder der Hinweis des Beschwerdeführers, daß er für den Unterhalt der Kinder zu sorgen habe, noch der (behauptete) Umstand etwas, daß er im Bundesgebiet einer Beschäftigung nachgehe. Denn zum einen kann der Beschwerdeführer Unterhaltsleistungen auch vom Ausland aus erbringen, zum anderen wäre zu bedenken, daß der Beschäftigung des Beschwerdeführers kein rechtmäßiger Aufenthalt zugrunde liegt, ihr also im gegebenen Zusammenhang kein großes Gewicht zukommt. Hinsichtlich des vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Rechtsanspruches gemäß § 3 Aufenthaltsgesetz ist schließlich festzuhalten, daß ein solcher Anspruch (wenn er bestünde) für sich allein die fehlende Aufenthaltsberechtigung nicht zu ersetzen vermöchte.

2.2.2. Im Lichte der vorstehenden Ausführungen stößt auch die Auffassung der belangten Behörde, daß § 20 Abs. 1 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegenstehe, auf keinen Einwand, wobei - im angefochtenen Bescheid zutreffend gesehen - hinzuzufügen ist, daß der mehrjährige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich im Rahmen der Interessenabwägung nach der genannten Bestimmung nicht zu seinen Gunsten zu veranschlagen war, weil unter "Dauer des Aufenthaltes" (§ 20 Abs. 1 Z. 1 FrG) lediglich die Zeit eines rechtmäßigen Aufenthaltes zu verstehen ist, dies mit der Folge, daß die aus dem unerlaubten Aufenthalt (allenfalls) resultierende Integration des Beschwerdeführers nur von geringem Gewicht ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0342).

3. Der vom Beschwerdeführer zu Recht gerügte Begründungsmangel dahingehend, daß im angefochtenen Bescheid zunächst festgestellt worden sei, er habe einen (in der Folge abgewiesenen) Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz gestellt, und an anderer Stelle ausgeführt werde, daß er einen solchen Antrag bisher nicht gestellt habe, ist nicht wesentlich, weil die Beschwerde selbst ausdrücklich von der erfolglos gebliebenen Antragstellung ausgeht.

4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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