VwGH 97/16/0361

VwGH97/16/036112.11.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der D (AG) in M, Griechenland, vertreten durch Dr. Zoe Van der Let-Vangelatou, Rechtsanwältin in Wien IV, Schleifmühlgasse 5, gegen den Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom 7. Jänner 1997, Zl. Jv 29-33/97, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §7;
GGG 1984 §1 Abs1;
GGG 1984 TP1 Anm1;
GGG 1984 TP1 Anm3;
VwRallg;
ABGB §7;
GGG 1984 §1 Abs1;
GGG 1984 TP1 Anm1;
GGG 1984 TP1 Anm3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, der Beschwerdeergänzung und dem der Beschwerde angeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin brachte am 3. Oktober 1995 beim Handelsgericht Wien gegen die C GmbH in Wien eine Klage mit einem Streitwert von S 180.000,-- ein. Die auf diesen Streitwert entfallenden Pauschalgebühren in der Höhe von S 6.890,-- wurden von der Beschwerdeführerin entrichtet.

Am 5. Dezember 1995 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der beklagten Partei eröffnet.

Der Auftrag des Gerichtes zur Erstattung einer Klagebeantwortung wurde ab 5. Dezember 1995 abgesendet. Am 21. Dezember 1995 wurde die Beschwerdeführerin davon verständigt, daß die Zustellung der Aufforderung zur Klagebeantwortung an die beklagte Partei nicht habe bewirkt werden können.

Die Beschwerdeführerin meldete ihre Forderung im Insolvenzverfahren an. Mit Beschluß des Konkursgerichtes vom 5. November 1996 wurde ein Zwangsausgleich bestätigt, wonach die Konkursgläubiger eine 20%ige Quote zu erhalten hatten.

Mit Eingabe vom 18. Dezember 1996 beantragte die Beschwerdeführerin die Rückzahlung von 3/4 der Pauschalgebühr.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Rückzahlungsantrag keine Folge gegeben. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf den Umstand, daß die Pauschalgebühr ohne Rücksicht darauf zu entrichten sei, daß das Verfahren bis zum Ende durchgeführt wird.

In der dem Verwaltungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof (Beschluß vom 9. Juni 1997, B 472/97-3) antragsgemäß abgetretenen Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, daß ihr "nicht höhere Gerichts- bzw. Pauschalgebühren angelastet werden, als es im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen absolut erforderlich und auch in Relation zu der vom angerufenen Gericht erbrachten Leistung angemessen" sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der - im Gesetzesrang stehenden

(vgl. Tschugguel/Pötscher, Die Gerichtsgebühren5, § 1 GGG, E 6) - Anmerkung 1 zu TP 1 GGG unterliegen der Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 unter anderem alle mittels Klage einzuleitenden gerichtlichen Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen. Die Pauschalgebühr ist ohne Rücksicht darauf zu entrichten, ob das Verfahren bis zum Ende durchgeführt wird.

Wird die Klage vor Zustellung an den Verfahrensgegner zurückgezogen, so ermäßigen sich die Pauschalgebühren nach Anmerkung 3 zur TP 1 auf ein Viertel.

Voraussetzung für diese in der Anmerkung 3 vorgesehene Ermäßigung ist dabei zunächst, daß die Klage bereits vor der (vollzogenen) Zustellung an den Verfahrensgegner zurückgezogen wurde. Im Beschwerdefall hat es die Beschwerdeführerin aber trotz der Mitteilung des Gerichtes, daß eine Zustellung der Klage an die beklagte Partei nicht erfolgen konnte, verabsäumt, die Klage zurückzuziehen. Da es an der Zurückziehung der Klage als Tatbestandsmerkmal der Begünstigungsvorschrift der Anmerkung 3 zur TP 1 fehlt, ist damit das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden.

Daß für einen Sachverhalt, wie er dem Beschwerdefall zugrundeliegt, im Gesetz keine Begünstigung vorgesehen ist, stellt - auch unter Bedachtnahme auf den letzten Satz der Anmerkung 1 zu TP 1 - keine Gesetzeslücke (das ist eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung, vgl. das Erkenntnis vom 25. Februar 1993, Zl. 90/16/0204) dar. Eine analoge Anwendung der Anmerkung 3 auf den Beschwerdefall kam daher nicht in Betracht.

Den verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin ist - abgesehen davon, daß sich der Verfassungsgerichtshof im oben angeführten Ablehnungsbeschluß bereits mit der Beschwerde befaßt hat - entgegenzuhalten, daß für die Gerichtsgebühren kein Erfordernis einer Äquivalenz für die Inanspruchnahme der Gerichte besteht. Ein tatsächliches Tätigwerden des Gerichtes ist nicht Voraussetzung für die Entstehung der Gebührenschuld (vgl. das Erkenntnis vom 4. November 1994, Zl. 94/16/0231 und die beiden Beschlüsse vom 25. September 1997, Zl. 97/16/0208 und Zl. 97/16/0209).

Da sich somit bereits aus dem Inhalt der Beschwerde ergab, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Die Entscheidung konnte mit Rücksicht auf die durch die hg. Judikatur klargestellte Rechtslage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 gebildeten Senat getroffen werden.

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