VwGH 97/03/0189

VwGH97/03/01895.11.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des E in F, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Ernst Stolz, Rechtsanwalt in Bregenz, Römerstraße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 26. Juni 1997, Zl. 1-0262/97/K1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Normen

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z7;
TransitVwVereinbarung Ökopunktesystem 1992 Art3 Z1;
TransitVwVereinbarung Ökopunktesystem 1992 Art6 Z1;
VStG §6;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z7;
TransitVwVereinbarung Ökopunktesystem 1992 Art3 Z1;
TransitVwVereinbarung Ökopunktesystem 1992 Art6 Z1;
VStG §6;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Das gegen den Beschwerdeführer ergangene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 13. Jänner 1997 enthielt folgenden Spruch:

"Sie haben sich am 28.8.1996 um 16.10 Uhr beim Kontrollposten Hörbranz als Lenker des LKWs mit dem Kennzeichen F, mit welchem der Anhänger mit dem Kennzeichen FD gezogen wurde, zur Ausreise nach Deutschland gestellt, ohne ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitzuführen, obwohl dies notwendig gewesen wäre, da Sie mit diesem LKW eine Transitfahrt durch Österreich vorgenommen haben. Sie sind nämlich am 28.8.1996 um 15.50 Uhr beim Zollamt Hohenems - aus der Schweiz kommend - nach Österreich eingereist.

Dadurch übertretene Verwaltungsvorschrift, verhängte Strafe und entstandene Verfahrenskosten:

Übertretung gemäß § 23/1 Z.7 Güterbeförd.Ges. iVm. Art.1 Abs.1 d. VO (EG) Nr.3298/94

Geldstrafe gemäß

§ 23/1+2 Güterbef.Ges. + § 5/1 d. VO(EG) 3298/94

Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage 20.000,00 S

Verfahrenskosten gemäß § 64(2) des Verwaltungs-

Strafgesetzes (10% der Strafe, mindest. S 20,-) 2.000,00 S

-----------

Gesamtbetrag 22.000,00 S

Ist diese Geldstrafe uneinbringlich, so tritt an ihre Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Berufung

"insoweit Folge gegeben, als die im angefochtenen Straferkenntnis festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen auf 7 Tage herabgesetzt wird. Im übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß

1. im Tatvorwurf des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses nach dem Wort `mitzuführen' zwischen zwei Gedankenstrichen folgende Worte eingeschoben werden: `die auf dem mitgeführten Formular aufgeklebten ÖKO-Punkte waren ungültig';

2. die Übertretungsnorm wie folgt zu lauten hat: `§ 23 Abs. 1 Z. 7 des Güterbeförderungsgesetzes in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 4 der Verordnung(EG) Nr. 3298/94 ."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 7 Güterbeförderungsgesetz 1995 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000 zu ahnden ist, wer Ge- und Verbote aufgrund von Abkommen mit Staatengemeinschaften über den grenzüberschreitenden Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen nicht befolgt. Nach Abs. 2 der genannten Bestimmung hat die Geldstrafe bei derartigen Verwaltungsübertretungen mindestens S 20.000,-- zu betragen.

Ein unter § 23 Abs. 1 Z. 7 Güterbeförderungsgesetz 1995 zu subsumierendes Abkommen ist die Verwaltungsvereinbarung zur Festlegung des Zeitpunktes und der Modalitäten der Einführung des im Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Republik Österreich über den Güterverkehr im Transit auf der Schiene und der Straße vorgesehenen Ökopunktesystems samt Anhängen BGBl. Nr. 879/1992. Art. 3 Z. 1 Abs. 1 dieser Verwaltungsvereinbarung sieht vor, daß der Lenker eines Lastkraftwagens für jede Transitfahrt ein einheitliches und vollständig ausgefülltes Formular oder eine österreichische Bestätigung über die Entrichtung der Ökopunkte für die betreffende Fahrt gemäß Anhang A der gegenständlichen Vereinbarung (genannt Ökokarte) mitzuführen und jederzeit auf Verlangen den Kontrollorganen vorzuweisen hat. Gemäß Art. 4 Z. 2 Absatz 1 der Verwaltungsvereinbarung ist dieses vollständig ausgefüllte und mit der notwendigen Anzahl von Ökopunkten versehene Formular beim Grenzeintritt in das österreichische Hoheitsgebiet den Kontrollorganen abzugeben, die eine Ausfertigung des Formulares mit der Bestätigung der Abgabe zurückzugeben haben. Gemäß Art. 6 Z. 1 sind die gemäß Art. 15 Abs. 5 Z. 1 des Transitabkommens ermittelten Ökopunkte mit einem Aufdruck des Geltungsjahres zu versehen. Sie dürfen vom 1. Jänner des Geltungsjahres bis zum 31. Jänner des unmittelbar folgenden Jahres verwendet werden.

Mit der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat, nämlich dem Nichtmitführen einer Ökokarte mit gültigen Ökopunkten für eine Transitfahrt, wurde gegen Art. 3 Z. 1 Abs. 1 der Verwaltungsvereinbarung verstoßen. Diese Norm wäre daher gemäß § 44a Z. 2 VStG im Spruch des Straferkenntnisses anzuführen gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 1996, Zl. 94/03/0232). Die Anführung von Art. 1 Abs. 1 und Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Z. 7 des Güterbeförderungsgesetzes geht fehl, weil die letztgenannte Norm nur die Nichtbefolgung von Ge- und Verboten von aufgrund von Abkommen mit Staatengemeinschaften über den grenzüberschreitenden Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen inkriminiert, die angeführte Verordnung aber Gemeinschaftsrecht darstellt und nicht dem Begriff eines Abkommens mit Staatengemeinschaften subsumiert werden kann.

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Vollständigkeit halber wird bemerkt, daß die Tatumschreibung im Spruch des mit dem angefochtenen Bescheid modifizierten erstinstanzlichen Straferkenntnisses entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers dem Erfordernis des § 44a Z. 1 VStG entspricht, weil darin alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung enthalten sind. Insbesondere geht daraus auch eine Beschreibung der vom Beschwerdeführer durchgeführten Transitfahrt in zeitlicher und örtlicher Hinsicht hervor. Für die Zuordnung des Tatverhaltens zu der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift ist es unerheblich, ob die Ökokarte mit überhaupt keinen Ökopunkten oder mit im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Verwaltungsvereinbarung ungültigen Ökopunkten versehen war. Bei der von der belangten Behörde durch Einschub der Worte "die auf dem mitgeführten Formular aufgeklebten ÖKO-Punkte waren ungültig" vorgenommene Ergänzung des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses handelte es sich daher entgegen der Meinung des Beschwerdeführers um keine Änderung des Tatvorwurfes.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite kann sich der Beschwerdeführer schon deshalb nicht auf unverschuldete Unkenntnis der einschlägigen Rechtsvorschriften berufen, weil er nach den unbedenklichen Feststellungen der belangten Behörde beim Zollamt Hohenems von einem Zollbeamten auf die Ungültigkeit der geklebten Ökopunkte hingewiesen wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, daß im Beschwerdefall die Voraussetzungen für die außerordentliche Milderung der Strafe nach § 20

erster Fall VStG gegeben wären. Im Hinblick auf die Betretung des Beschwerdeführers durch die Zollorgane kann nicht gesagt werden, daß er durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hätte; ebensowenig kann mit Rücksicht auf den Hinweis eines Zollbeamten auf die Ungültigkeit der Ökopunkte davon ausgegangen werden, daß die Tat unter Umständen begangen worden sei, die dem Schuldausschließungsgrund des § 5 Abs. 2 VStG nahekommen. Der Milderungsgrund des reumütigen Geständnisses kommt dem Beschwerdeführer nicht zugute, weil er die subjektiven Merkmale des strafbaren Verhaltens nicht zugegeben hat. Daß er um

16.30 Uhr in Lindau einen Ladetermin hatte, vermag keine "drückende Notlage" zu begründen. Es kann auch keine Rede davon sein, daß sich der Beschwerdeführer an der strafbaren Handlung nur in untergeordneter Weise beteiligt hätte, handelte es sich doch bei ihm um den einzigen Täter.

Die Neubemessung der Ersatzfreiheitsstrafe begegnet gleichfalls keinen rechtlichen Bedenken. Soweit sich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1986, Zl. 85/03/0133, beruft, wonach der Strafausspruch zur Gänze aufzuheben sei, wenn der Ausspruch bezüglich der Ersatzfreiheitsstrafe rechtswidrig gewesen sei, da er eine Einheit bilde, verkennt er, daß sich dies auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu treffende Entscheidung bezieht, der keine reformatorische Entscheidungsbefugnis hat.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Stempelgebührenaufwand für die - mit Ausnahme einer Ausfertigung des angefochtenen Bescheides - nicht zur Rechtsverfolgung erforderlichen vorgelegten Beilagen.

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