Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Jänner 1996 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. Oktober 1995, mit dem dem Antrag auf Verlängerung der für den Zeitraum 13. Februar 1994 bis 19. Jänner 1995 erteilten Aufenthaltsbewilligung nicht stattgegeben wurde, gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.
Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, daß der Beschwerdeführer als Aufenthaltszweck die Familiengemeinschaft mit seiner Mutter angegeben habe. Diese verfüge jedoch über keine Aufenthaltsberechtigung, sodaß dem Beschwerdeführer keine Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 4 Abs. 3 AufG erteilt werden könne. Gerade im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen habe die erkennende Behörde festgestellt, daß unter Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK die öffentlichen Interessen überwögen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Mit Eingabe vom 18. Oktober 1996, beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt am 22. Oktober 1996, teilte die belangte Behörde mit, daß dem Beschwerdeführer mittlerweile mit Bescheid vom 14. Oktober 1996, Zl. 304.045/12-III/11/96, eine Aufenthaltsbewilligung für den Zeitraum vom 1. Oktober 1996 bis 30. März 1997 erteilt wurde. Die belangte Behörde beantragte im Hinblick darauf die Einstellung des Verfahrens.
Der Beschwerdeführer unteließ es, sich zu einem diesbezüglichen Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 1996 zu äußern.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Durch die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung am 14. Oktober 1996 ist der angefochtene Bescheid nicht aus dem Rechtsbestand ausgeschieden. Eine formelle Klaglosstellung im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG liegt nicht vor. Die vorliegende Beschwerde ist aber auch aus nachstehenden Gründen nicht gegenstandslos geworden:
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde über einen Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung der ihm vom 13. Februar 1994 bis 19. Jänner 1995 erteilten Aufenthaltsbewilligung entschieden. Mit der Zustellung des diesen Antrag in erster Instanz abweisenden Bescheides am 11. Oktober 1995 ist gemäß § 6 Abs. 3 AufG die Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers erloschen. Die weitere Zugehörigkeit des angefochtenen Bescheides zum Rechtsbestand würde bewirken, daß der Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 12. Oktober 1995 bis 30. September 1996 nicht zum Aufenthalt im Inland berechtigt gewesen wäre.
Würde demgegenüber im vorliegenden Verwaltungsverfahren ein den Verlängerungsantrag bewilligender Ersatzbescheid (unter Ausklammerung der von der Aufenthaltsbewilligung vom 14. Oktober 1996 abgedeckten Zeiträume) ergehen, erhielte der Beschwerdeführer eine durchgehende, daher auch den Zeitraum vom 12. Oktober 1995 bis 30. September 1996 abdeckende Bewilligung. Dies könnte etwa in einem Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen eines illegalen Aufenthalts in diesem Zeitraum, aber auch zu einem späteren Zeitpunkt bei der Entscheidung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer unbefristeten Bewilligung im Sinne des § 4 Abs. 2 dritter Satz AufG vorliegen, von Bedeutung sein. Die Rechtsstellung des Beschwerdeführers ist daher eine verschiedene, je nach dem, ob der angefochtene Bescheid weiterhin dem Rechtsbestand angehört oder nicht. Von einer Gegenstandslosigkeit des Verfahrens kann daher keine Rede sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/19/0538).
Der Antragsteller hat seinen Antrag neben dem Aufenthaltszweck der Familiengemeinschaft mit der Mutter sowohl auf den Aufenthaltszweck der selbständigen (wohl: unselbständigen) Erwerbstätigkeit als auch auf jenen des Schulbesuches (Berufsschule) gestützt. Im Berufungsverfahren wies er ausdrücklich auf die ihm erteilte Beschäftigungsbewilligung hin. Aus den im hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/2134, dargelegten Gründen, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ist der Fremde berechtigt, seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung auch auf mehrere Zwecke zu stützen. Die Annahme der belangten Behörde, dem Antrag liege (allein) die beabsichtigte Familiengemeinschaft mit der Mutter zugrunde, steht daher im Widerspruch zum Antrags- und Berufungsvorbringen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebührenersatz war nur hinsichtlich der zur Beschwerdeführung notwendigen Schriftsätze und Beilagen (Beschwerde zweifach, Bescheid einfach) zuzuerkennen.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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