VwGH 96/07/0206

VwGH96/07/02068.4.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerden

  1. 1.) des JH, 2.) der IH, 3.) des FG, 4.) der EG, 5.) des W,
  2. 6.) der L, alle in W, und 7.) des A in B, alle vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in X, gegen die Bescheide des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft 1. (zu Zl. 96/07/0206) vom 16. September 1996, Zl. 513.379/03-I5/96, und 2. (zu Zl. 96/07/0214) vom 12. September 1996, Zl. 513.728/04-I5/96, jeweils betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Reinhalteverband A-Tal, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in G), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwRallg;
WRG 1959 §107 Abs1;
WRG 1959 §107 Abs2;
WRG 1959 §117 Abs1;
WRG 1959 §117 Abs4;
WRG 1959 §60;
AVG §42 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwRallg;
WRG 1959 §107 Abs1;
WRG 1959 §107 Abs2;
WRG 1959 §117 Abs1;
WRG 1959 §117 Abs4;
WRG 1959 §60;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 9.130,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 25.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Die mitbeteiligte Partei (mP) beantragte beim Landeshauptmann von Oberösterreich (LH) die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Einleitung der im Verbandsgebiet anfallenden Wässer in die A und für die Errichtung und den Betrieb einer vollbiologischen Kläranlage (samt Zufahrt).

1.2. Bei der vom LH am 29. und 30. Mai 1995 durchgeführten mündlichen Verhandlung erklärten die Beschwerdeführer, sie besäßen eine wasserrechtliche Bewilligung für den Betrieb von Wasserkraftanlagen an der A. Die Beschwerdeführer würden grundsätzlich keine Einwendungen gegen die beantragte wasserrechtliche Bewilligung für den Bau einer vollbiologischen Kläranlage erheben. Sie befürchteten allerdings, daß die Wasserführung der A durch den Betrieb der Kläranlage beeinträchtigt werde. Die Beeinträchtigung bestehe für die Beschwerdeführer darin, daß große Wassermengen über Kanäle neben der A vorbeigeführt würden und somit nicht mehr zur Ausnutzung der Wasserkraft zur Verfügung stünden, weil sie bis jetzt oberhalb der Kraftanlage der Beschwerdeführer im gesamten Einzugsgebiet der A mit allen ihren Zubringern eingeleitet würden. Die Beschwerdeführer befürchteten daher, daß die für ihre Wasserkraftanlage konsentierte Wassermenge für die Zukunft nicht mehr in ausreichender Menge zur Verfügung stehe. Sollte diese Wassermenge durch den Betrieb der Kläranlage tatsächlich weniger werden, verlangten sie eine Entschädigung für den durch die Kläranlage verursachten Verlust.

1.3. Mit Bescheid vom 14. Juli 1995 erteilte der LH der mP die wasserrechtliche Bewilligung für die Ableitung der im Verbandsgebiet anfallenden Wässer in die A mit vorhergehender vollbiologischer Reinigung in einer Kläranlage sowie für die Errichtung und den Betrieb aller hiezu dienenden Anlagen.

Unter Spruchabschnitt I/H/76 wurden die Forderungen der Beschwerdeführer bezüglich Schadenersatz bei Rückgang der Wasserführung der A abgewiesen.

In der Begründung heißt es dazu, die Abweisung stütze sich darauf, daß die Beschwerdeführer keinen Rechtsanspruch darauf hätten, daß das Wasserdargebot der A, das den Kraftwerksbetreibern zur Verfügung stehe, durch die Einstellung von Schmutzwasserableitungen nicht reduziert werden dürfte. Schmutzwasserableitungen dürften nur auf der Basis entsprechender wasserrechtlicher Bewilligungen vorgenommen werden. Jeder Einleitungsberechtigte habe ein Recht, bestimmte Abwassermengen einzuleiten. Eine korrespondierende Verpflichtung dazu lasse sich jedoch daraus nicht ableiten. Außerdem könne jeder Berechtigte jederzeit auf sein Ableitungsrecht verzichten. Abwassereinleitungsbewilligungen enthielten nur eine Begrenzung der Abwassermenge nach oben, keineswegs aber eine Verpflichtung zur Einleitung bestimmter Abwassermindestmengen. Es stehe den Unterliegern kein wasserrechtlicher Anspruch auf eine ständige Dotierung der A mit Schmutzwasser zu. Subjektive Rechte der Beschwerdeführer als Kraftwerksbesitzer würden daher durch diese Kläranlagenbewilligung nicht verletzt.

1.4. Die Beschwerdeführer beriefen und beantragten, daß ihnen für den Verlust der Wassermenge, der durch die Verwirklichung des Projektes der mP entstehe, die gesetzlich zustehende Entschädigung zugesprochen werde.

1.5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. September 1996 änderte die belangte Behörde den - auch von anderen Verfahrensparteien mit Berufung bekämpften - erstinstanzlichen Bescheid durch Behebung seines Spruchabschnittes II (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) sowie in weiteren, die Beschwerdeführer nicht betreffenden Punkten ab.

Zur Berufung der Beschwerdeführer führte die belangte Behörde aus, aus § 117 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) ergebe sich die sogenannte sukzessive Gerichtszuständigkeit. Mit dem erstinstanzlichen Bescheid seien die Forderungen der Beschwerdeführer nach einer Entschädigung für die Verringerung der Wasserführung abgewiesen worden. Es sei somit darüber abgesprochen worden, ob eine Entschädigung bezahlt werde oder nicht. Seitens der belangten Behörde sei auf Grund der erhobenen Einwendungen zu überprüfen gewesen, ob die Entschädigung im Zusammenhang mit einer Zwangsrechtseinräumung zu sehen wäre. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens habe sich ergeben, daß eine Zwangsrechtseinräumung zugunsten der mP nicht stattzufinden habe, da keine unmittelbare Beeinträchtigung - also kein direkter Eingriff in die Wasserführung der A - stattfinde. Eine mögliche Beeinträchtigung ergebe sich letztlich aus verschiedenen Faktoren, die in ihrer Gesamtheit auf die Wasserführung der A Einfluß hätten. Die belangte Behörde sei daher nicht mehr berechtigt, über die Frage der Entschädigung abzusprechen und es könne daher ein weiteres Eingehen auf die Argumentation der Beschwerdeführer unterbleiben.

1.6. Die mP beantragte beim LH weiters die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb von Verbandsanlagen (Hauptsammler A-Tal, verschiedene Sammelkanäle und Anschlußkanäle).

1.7. Bei der vom LH am 21. August 1995 durchgeführten mündlichen Verhandlung forderten die Beschwerdeführer eine entsprechende Entschädigung für den Verlust von Wasser für ihre Wasserkraftanlagen.

1.8. Mit Bescheid vom 24. Oktober 1995 erteilte der LH der mP die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb verschiedener Verbandsanlagen (Hauptsammler A-Tal, verschiedene Sammelkanäle und Anschlußkanäle).

Die Forderung der Beschwerdeführer nach Entschädigung für den Verlust von Wasser für ihre Wasserkraftanlagen wurde abgewiesen.

In der Begründung wird dazu ausgeführt, die Abweisung dieser Forderungen stütze sich darauf, daß ein bestehendes Recht nur insoweit verletzt werden könne, als dieses auf bestehende Bewilligungen gestützt werden könne. Es habe jedoch den in Frage stehenden Nutzungsbewilligungen nicht entnommen werden können, daß ein Anspruch auf Nutzung der zum Entscheidungszeitpunkt zur Verfügung stehenden Abwassermenge, die durch wen auch immer der A zugeleitet werde, bestünde.

1.9. Die Beschwerdeführer beriefen und beantragten den Zuspruch einer Entschädigung für den Verlust der Wassermenge, der durch die Verwirklichung des Projektes der mP entstehe.

1.10. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. September 1996 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

In der Begründung heißt es, aus § 117 WRG 1959 ergebe sich, daß gegen wasserrechtsbehördliche Sachentscheidungen betreffend Entschädigungen eine Berufung im administrativen Instanzenzug nicht zulässig sei. Gegenstand dieser sogenannten sukzessiven Zuständigkeit seien wasserrechtsbehördliche Entscheidungen über das Ob von Entschädigungen, Ersätzen, Beiträgen und Kosten sowie über die Höhe, die Art, die Form und die Frist der Leistung. Die Beschwerdeführer hätten Entschädigungen begehrt, über die im erstinstanzlichen Bescheid durch Abweisung abgesprochen worden sei. Seitens der belangten Behörde bestehe daher keine Möglichkeit mehr, inhaltlich über diese Entschädigungsforderungen zu entscheiden.

1.11. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

1.12. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in den Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

1.13. Die mP hat ebenfalls Gegenschriften erstattet und die Abweisung der Beschwerden, im Falle der zu 96/07/0214 protokollierten Beschwerde auch die Zurückweisung derselben mit der Begründung beantragt, die Beschwerde sei verspätet.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zu gemeinsamer Beratung und Beschlußfassung zu verbinden und hat über diese Beschwerden erwogen:

2.1. Der Bescheid der belangten Behörde vom 12. September 1996 wurde den Beschwerdeführern am 20. September 1996 zugestellt. Das Ende der sechswöchigen Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde fiel somit auf Freitag, den 1. November 1996, einen gesetzlichen Feiertag.

Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder den Karfreitag, so ist nach § 33 Abs. 2 AVG der nächste Werktag letzter Tag der Frist.

Dies bedeutet, daß die Frist für die Einbringung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde am 4. November 1996 endete. An diesem Tag wurde die Beschwerde zur Post gegeben. Warum sie verspätet sein soll, ist nicht ersichtlich. Die mP bleibt für ihre gegenteilige Behauptung auch jegliche Begründung schuldig.

Die Beschwerdeführer haben gegen die Erteilung der von der mP beantragten wasserrechtlichen Bewilligungen keinen Einwand erhoben. Sie haben lediglich die Zuerkennung einer Entschädigung für einen von ihnen behaupteten Verlust an Wasser für ihre Wasserkraftanlagen begehrt. Nur diese Entschädigung war auch Gegenstand der erstinstanzlichen Bescheide, soweit er die Beschwerdeführer betraf. Auch in der Berufung wurde lediglich die Abweisung des Entschädigungsbegehrens bekämpft.

Nach § 117 Abs. 1 WRG 1959 entscheidet über die Pflicht zur Leistung von Entschädigungen, Ersätzen, Beiträgen und Kosten, die entweder in diesem Bundesgesetz oder in den für die Pflege und Abwehr bestimmter Gewässer geltenden Sondervorschriften vorgesehen sind, sofern dieses Bundesgesetz (§ 26) oder die betreffende Sondervorschrift nichts anderes bestimmt, die Wasserrechtsbehörde. In der Entscheidung ist auszusprechen, ob, in welcher Form (Sach- oder Geldleistung), auf welche Art, in welcher Höhe und innerhalb welcher Frist die Leistung zu erbringen ist. Gebotenenfalls können auch wiederkehrende Leistungen und die Sicherstellung künftiger Leistungen vorgesehen sowie die Nachprüfung und anderweitige Festlegung nach bestimmten Zeiträumen vorbehalten werden.

Nach § 117 Abs. 4 WRG 1959 ist gegen Entscheidungen der Wasserrechtsbehörde nach Abs. 1 eine Berufung nicht zulässig. Die Entscheidung tritt außer Kraft, soweit vor Ablauf von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides die gerichtliche Entscheidung beantragt wird.

Gegenstand der im § 117 Abs. 4 WRG 1959 normierten sukzessiven Gerichtszuständigkeit sind wasserrechtsbehördliche Entscheidungen nicht nur über die Höhe, die Art, die Form und die Frist der Leistung von Entschädigungen, sondern auch über die Frage, ob eine Entschädigung überhaupt gebührt (vgl. den hg. Beschluß vom 21. November 1996, 96/07/0196).

Berufungen, die sich gegen einen Ausspruch der Wasserrechtsbehörde erster Instanz nach § 117 Abs. 1 WRG 1959 richten, sind von der Berufungsbehörde zurückzuweisen; zu einer inhaltlichen Entscheidung über eine solche Berufung fehlt ihr die Zuständigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 1993, 92/07/0217).

Im angefochtenen Bescheid vom 12. September 1996 hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer abgewiesen. Aus der Begründung ergibt sich aber eindeutig, daß die belangte Behörde inhaltlich über die Frage, ob den Beschwerdeführern eine Entschädigung gebührt oder nicht, keine Entscheidung getroffen hat, weil ihr dazu die Zuständigkeit fehlte. Die "Abweisung" der Berufung der Beschwerdeführer stellt daher ein Vergreifen im Ausdruck dar, welches nicht zu einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führt.

Im angefochtenen Bescheid vom 16. September 1996 ist weder von einer Abweisung noch von einer Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführer die Rede. Aus der Begründung ergibt sich aber ebenfalls, daß die belangte Behörde nicht inhaltlich über die Frage der Entschädigung entschieden hat, sondern sich dafür für unzuständig erklärte.

2.3. Aus den dargestellten Erwägungen erweisen sich die Beschwerden als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren, ohne daß auf das Vorbringen in den Beschwerden einzugehen war, da sich dieses ausschließlich mit der Frage beschäftigt, ob den Beschwerdeführern eine Entschädigung zusteht oder nicht. Dieses Thema ist aber nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist vielmehr ausschließlich die Frage, ob die belangte Behörde zu Recht eine Sachentscheidung verweigert hat, was zu bejahen ist.

Die Frage der Einräumung von Zwangsrechten stellte sich nicht, da die Beschwerdeführer gegen das Vorhaben der mP und die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung keinen Einwand erhoben haben.

2.4. Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Die mP ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts und daher gemäß § 2 Z. 3 GebG nicht zur Entrichtung von Stempelgebühren verpflichtet. Folglich konnte ihr auch kein Ersatz von Stempelgebühren zuerkannt werden.

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