VwGH 95/19/1321

VwGH95/19/132125.4.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der Manda P in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. September 1995, Zl. 108.745/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 idF 1995/351 §2 Abs3 Z4;
AufG 1992 idF 1995/351 §6 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
FrG 1993 §14 Abs3;
MRK Art8 Abs1;
VwRallg;
AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 idF 1995/351 §2 Abs3 Z4;
AufG 1992 idF 1995/351 §6 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
FrG 1993 §14 Abs3;
MRK Art8 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. September 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 15. Mai 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufG) abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin stellte ihren Antrag als Erstantrag. Sie gab als Ehegatten Michael Erich P an, ohne jedoch die Rubrik "Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft" in irgendeiner Weise auszufüllen oder nähere Angaben zur Eheschließung bzw. zum Ehegatten zu machen. Als "derzeitigen Wohnsitz" trug sie unter der Rubrik "Derzeit aufrechte polizeiliche Meldung in Österreich" eine Wiener Adresse ein. Als Aufenthaltszweck strebe sie die Tätigkeit einer Kassierin an, welche sie bei der Firma P bereits ausübe. Aus den im Verwaltungsakt enthaltenen Kopien der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Reisepässe von Kroatien und von Bosnien-Herzegowina sind keine Sichtvermerke bzw. Aufenthaltsbewilligungen zu ersehen. Aus der vorgelegten Heiratsurkunde ist ersichtlich, daß die Beschwerdeführerin am 1. April 1993 den österreichischen Staatsbürger Michael Erich P geheiratet und am 2. April 1993 einen Befreiungsschein, gültig bis 1. April 1998, vom Arbeitsamt ausgestellt erhalten hat. Aus den vorgelegten Meldezetteln und dem Mietvertrag ist kein Zusammenleben mit dem Ehegatten ersichtlich.

Die Behörde erster Instanz wies mit dem Bescheid vom 25. August 1994 den Antrag gemäß § 6 Abs. 2 ab, weil der gegenständliche Erstantrag der Beschwerdeführerin nicht vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gestellt worden sei, weil keinerlei Grund zur Annahme bestehe, daß sich die antragstellende Partei zum Zeitpunkt der Antragstellung durch die Schwägerin der Antragstellerin in der österreichischen Botschaft in Preßburg im Ausland befunden habe. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin an ihre genannte Wiener Adresse zugestellt. Die dagegen erhobene Berufung vom 15. September 1994 nennt ebenfalls (ausschließlich) die Wiener Adresse der Beschwerdeführerin. Sie macht darin geltend, daß sie ihre Schwägerin lediglich gebeten habe, ihr eigenhändig ausgefülltes und unterzeichnetes Antragsformular bei der österreichischen Behörde abzugeben, und bringt vor, "Alleine aus der Tatsache, daß nicht ich bei der zuständigen Behörde erschien, sondern meine Schwägerin den Antrag aushändigte, kann nicht geschlossen werden, daß ich mich zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht im Ausland befunden habe." Die Beschwerdeführerin gibt aber nicht an, daß und wo sie sich zum Zeitpunkt der Antragstellung außerhalb Österreichs befunden habe. Des weiteren verweist die Beschwerdeführerin darauf, daß aus der Heiratsurkunde hervorgehe, sie sei seit eineinhalb Jahren mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet. Sie erfülle die im § 3 Abs. 1 AufG normierten Voraussetzungen einer Familienzusammenführung, weshalb sie einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung habe. Eine Abweisung ihres Antrages wäre in jedem Fall als massiver Eingriff in ihr durch Art. 8 MRK verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Schutz der Privat- und Familiensphäre zu werten. Die Berufung trägt als Absender den Namen der Beschwerdeführerin und die Wiener Adresse und wurde in Wien eingeschrieben zur Post gegeben.

Die belangte Behörde erließ daraufhin den angefochtenen Bescheid, den sie folgendermaßen begründete:

"Gemäß § 6 Abs. 2 AufG ist der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland zu stellen. Der Antrag auf Verlängerung kann auch vom Inland aus gestellt werden.

Sie haben nach der Aktenlage das Formular für einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz durch einen Vertreter von Österreich aus bei der ÖB Preßburg eingereicht. Von dort wurde dieser Antrag an die Behörde

1. Instanz weitergeleitet, wo dieser Antrag einlangte.

Sowohl durch die vorgelegten Unterlagen als auch durch Ihre Angaben in der Berufungsschrift ist festzustellen, daß Sie sich zum Zeitpunkt der Antragstellung eindeutig im Bundesgebiet aufgehalten haben und dadurch das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vom Ausland aus nicht erfüllen.

Auf Grund dieser Tatsache war Ihr Antrag daher vom Amt der Wiener Landesregierung abzulehnen.

Zu Ihren persönlichen Verhältnissen ist zu sagen, daß auf Grund der Aktenlage keine Beziehungen zur Republik Österreich bestehen, weshalb eine Abwägung iSd Art 8 MRK entbehrlich ist."

In der dagegen erhobenen Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin vor, sie sei bosnische Staatsangehörige, befinde sich seit Jahren in Österreich, mit Bescheid des Arbeitsamtes für Persönliche Dienste und Gastgewerbe vom 2. April 1993 sei ihr gemäß § 5 Abs. 1 Z. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes der Befreiungsschein vom 2. April 1993 bis 1. April 1998 ausgestellt worden und sie sei seit 1. April 1993 mit Michael Erich P verheiratet. Sie setzt fort:

"Entgegen der Darlegung der belangten Behörde befand sich die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Antragstellung bei der österreichischen Botschaft in Preßburg nicht in Österreich. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin entsprach die Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung bei der Österreichischen Botschaft in Preßburg dem Gesetz, weil sie mit der Einbringung eine dritte Person beauftragt und ihr hiezu Vollmacht erteilt hatte. Aus rechtlicher Sicht erfolgte sohin die Antragstellung durch die Beschwerdeführerin selbst."

Sie verfüge über einen gesicherten Lebensunterhalt und verdiene bei der Fa. P S 11.700,-- monatlich, des weiteren habe sie eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der beantragten Bewilligung. Die belangte Behörde habe trotz Vorliegens dieser Voraussetzungen und der Tatsache, daß der Beschwerdeführerin Aufenthaltsbewilligungen unter denselben Voraussetzungen erteilt worden seien, darin keine nennenswerten persönlichen Interessen vorgefunden, eine Entscheidung zugunsten der Beschwerdeführerin zu erlassen. Unter Wiederholung des bereits dargestellten Sachverhaltsvorbringens rügt die Beschwerdeführerin auch Mängel im Ermittlungsverfahren.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

Die Beschwerdeführerin tritt der Annahme der belangten Behörde, sie habe sich zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten, in der Berufung nur mit dem Vorbringen entgegen, aus der Einbringung des Antrages durch ihre Schwägerin könne nicht geschlossen werden, daß sich die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht im Ausland befunden habe, nunmehr in der Beschwerde durch eine bloße Bestreitung entgegen. Die Beschwerdeführerin unterläßt es jedoch, nähere Angaben zu ihrem Aufenthalt zu machen. Gleiches gilt für ihre nunmehrige Behauptung, sie sei im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung gewesen, auch hiezu macht sie keine näheren Angaben.

Damit gelingt es der Beschwerdeführerin aber nicht, den Schluß der belangten Behörde, sie habe sich bei Antragstellung im Inland aufgehalten (welcher sich auf die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen als auch auf ihre Angaben in der Berufungsschrift stützt, aus denen ein ununterbrochener Aufenthalt der Beschwerdeführerin zumindest seit 1. April 1993 in Österreich in schlüssiger Weise ableitbar ist), als verfehlt erscheinen zu lassen. Diesbezüglich ist auch eine Verletzung des Grundsatzes des Parteiengehöres bzw. ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren nicht zu erkennen.

Die Auffassung der belangten Behörde, daß die Stellung eines Antrages auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus durch einen Vertreter des Fremden bei gleichzeitigem Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet nicht dem Gesetz entspricht, kann nicht als rechtsirrtümlich angesehen werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0585).

Insoferne die Beschwerdeführerin auf die Eheschließung mit einem österreichischen Staatsbürger hinweist, ist ihr zu entgegnen, daß gemäß § 3 Z. 4 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 nur solche Angehörige von österreichischen Staatsbürgern zur ausnahmsweisen Antragstellung im Inland berechtigt sind, die gemäß § 14 Abs. 3 Fremdengesetz einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde. Die Erfüllung einer dieser Voraussetzungen wird von der Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet und liegt im Hinblick auf die nach dem Akteninhalt aufgenommene Erwerbstätigkeit auch nicht nahe (vgl. Art. 2 des Abkommens zwischen der Bundesregierung der Republik Österreich und der Regierung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 365/1965 i.d.F. BGBl. Nr. 117/1983, das im Verhältnis zur Republik Bosnien-Herzegowina und Kroatien pragmatisch weiter angewendet wurde, wonach Staatsbürger der Vertragsstaaten, die sich zum Zwecke der Arbeitsaufnahme in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates begaben, eines Sichtvermerkes bedurften, der auch die Aufenthaltsberechtigung einschloß).

Da die Beschwerdeführerin auch die übrigen Ausnahmebestimmungen des § 6 Abs. 2 AufG für sich nicht in Anspruch nehmen kann, hatte sie ihren Antrag unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 3 AufG vorlagen oder nicht, vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Bei diesem Erfordernis handelt es sich um eine Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung des Antrages nach sich zieht (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1996, Zl. 95/19/1500).

Der Gesetzgeber der hier anzuwendenden Aufenthaltsgesetz-Novelle BGBl. Nr. 351/1995, hat mit den Bestimmungen des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG und des § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG in Ansehung von Angehörigen österreichischer Staatsbürger auf die durch Art. 8 MRK geschützten Rechtsgüter Bedacht genommen. Dagegen, daß die Bundesregierung diese Verordnungsermächtigung lediglich in Ansehung von Angehörigen österreichischer Staatsbürger, die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen und bei denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde, genutzt hat, bestehen beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken aus dem Grund des Art. 8 Abs. 1 MRK (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0845, und vom 20. Juni 1996, Zl. 95/19/1451).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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