VwGH 95/18/1118

VwGH95/18/111817.7.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der V, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. April 1995, Zl. 105.722/2-III/11/95, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §6 Abs3;
AufG 1992 §6 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.320,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 20. April 1995 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 22. Juli 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes - AufG abgewiesen. Mit diesem Bescheid war der (nach der Aktenlage: Verlängerungs-)Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß den §§ 1 Abs. 1 und 6 Abs. 3 AufG "mangels rechtzeitiger Antragstellung nach dieser Bestimmung" zurückgewiesen worden.

In der Begründung ging die belangte Behörde u.a. davon aus, daß die Beschwerdeführerin bis zum 8. August 1994 eine Aufenthaltsbewilligung gehabt habe. Anträge auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung seien gemäß § 6 Abs. 3 AufG spätestens 4 Wochen vor Ablauf der Geltungsdauer einer Bewilligung zu stellen. Als letzter Tag der vierwöchigen Frist errechne sich im Falle der Beschwerdeführerin der 11. Juli 1994. Da die Beschwerdeführerin den Verlängerungsantrag erst am 18. Juli 1994 eingebracht habe, sei die gesetzlich vorgeschriebene Frist versäumt. Es sei daher kein Verlängerungsantrag einzubringen gewesen, sondern ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 AufG vom Ausland aus zu stellen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, diesen aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 6 Abs. 3 erster Satz AufG (in der vorliegend maßgeblichen Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 531/1995) sind Anträge auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem AufG so rechtzeitig zu stellen, daß darüber vor Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung entschieden werden kann; solche Anträge sind jedenfalls spätestens 4 Wochen vor diesem Zeitpunkt zu stellen.

2. Die Beschwerde wendet gegen den angefochtenen Bescheid ein, daß der Beschwerdeführerin "ein Irrtum in Unkenntnis der Bestimmungen" unterlaufen sei. Eine Säumnis, die die belangte Behörde berechtigt hätte, auf das materielle Vorbringen und die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin nicht einzugehen, liege keineswegs vor. Weiters habe die belangte Behörde keinerlei Feststellungen über die materiellen Voraussetzungen der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin getroffen. Die Beschwerdeführerin lebe seit 23 Jahren in Österreich, sei stets ihren Verpflichtungen nachgekommen und befinde sich in ordentlichen Verhältnissen.

Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde zum Erfolg.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von Fremden, die sich seit vielen Jahren bzw. sogar seit der Geburt rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben und die aus welchen Gründen immer über keine Aufenthaltsbewilligung (mehr) verfügen, im Fall relativ geringfügiger Versäumung der Frist zur Antragstellung dennoch als rechtzeitig gestellte Anträge auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (die vom Inland aus gestellt werden können) zu werten (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1996, Zl. 95/18/0442).

3. Auf den Fall der Beschwerdeführerin treffen die unter Punkt 2. dargestellten sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen unbestrittenermaßen zu, da sich diese nach den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten (zumindest) seit 26. Jänner 1989 und auch zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Verlängerung ihrer bis zum 8. August 1994 gültigen Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 3 AufG am 18. Juli 1994 rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt. Damit ist der Antrag der Beschwerdeführerin als rechtzeitig gestellter Verlängerungsantrag im Sinn des § 6 Abs. 3 AufG anzusehen.

Die belangte Behörde hat dadurch, daß sie zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die Beschwerdeführerin die 4 Wochen-Frist nach § 6 Abs. 3 erster Satz zweiter Halbsatz AufG versäumt habe, den bekämpften Bescheid schon deswegen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebührenersatz war nur in Höhe von S 270,-- (Beschwerde zweifach, angefochtener Bescheid einfach) zuzusprechen.

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