VwGH 95/13/0217

VwGH95/13/021722.10.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der E-Ges.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Paul Doralt, Dr. Wilfried Seist, Dr. Peter Csoklich, Rechtsanwälte in Wien 9, Währinger Straße 2-4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 25. Juli 1995, Zlen 11-95/2009/04 und 11-93/2384/04, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1989 bis 1992, zu Recht erkannt:

Normen

AktG §219;
AktG §234;
GmbHG §96;
StruktVG 1969 §1 Abs1 lita;
StruktVG 1969 §1 Abs1;
StruktVG 1969 §1 Abs3;
StruktVG 1969 Art1;
StruktVG 1969 Art2;
UmwG 1954 §2;
AktG §219;
AktG §234;
GmbHG §96;
StruktVG 1969 §1 Abs1 lita;
StruktVG 1969 §1 Abs1;
StruktVG 1969 §1 Abs3;
StruktVG 1969 Art1;
StruktVG 1969 Art2;
UmwG 1954 §2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH wurde laut der Sachverhaltsdarstellung des angefochtenen Bescheides mit Gesellschaftsvertrag vom 5. September 1986 gegründet. Ebenfalls laut dieser Darstellung erwarb die Beschwerdeführerin im Jahr 1988 50 % und im Jahr 1989 "im Zuge der Umwandlung" weitere 50 % der Stammanteile der F. GmbH.

Unter Hinweis auf eine außerordentliche Generalversammlung vom 14. September 1989, in welcher beschlossen worden sei, diese Gesellschaft durch Übertragung auf die Alleingesellschafterin, die Beschwerdeführerin, als Nachfolgeunternehmer nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes auf der Grundlage der Bilanz zum 31. Mai 1989 umzuwandeln, wurde mit einem in Form eines Notariatsaktes abgeschlossenen Übertragungsvertrag ebenfalls vom 14. September 1989 vereinbart, das gesamte Vermögen der F. GmbH gemäß der Umwandlungsbilanz zum 31. Mai 1989 vorbehaltlich der Genehmigung dieses Vertrages durch die Gesellschafter der Beschwerdeführerin und der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister auf die Beschwerdeführerin zu übertragen.

In ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1989 wies die Beschwerdeführerin einen Umwandlungsverlust von rund S 8,5 Mill. aus, in ihrer (berichtigten) Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärung für 1989 machte die Beschwerdeführerin diesen Umwandlungsverlust als steuerwirksamen Aufwand geltend.

Anläßlich der Veranlagung der Beschwerdeführerin zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1989 rechnete das Finanzamt diesen Verlust außerbilanzmäßig hinzu und begründete dies damit, daß der sich aus der verschmelzenden Umwandlung ergebende Buchverlust gemäß § 20 Abs 4 KStG 1988 nicht steuerwirksam anerkannt werden könne. In ihrer ua gegen diese Bescheide erhobenen Berufung rügte die Beschwerdeführerin die Außerachtlassung des Umstandes, daß § 20 Abs 4 KStG 1988 auf Vorgänge anzuwenden sei, die nach dem 15. September 1989 zum Firmenbuch angemeldet worden seien. Gegenständlich sei die Anmeldung aber schon am 14. September 1989 erfolgt.

In den von der Beschwerdeführerin für die Folgejahre bis 1992 eingereichten Körperschaft- und Gewerbesteuererklärungen wurde jeweils ein aus den erwähnten Vorgängen des Jahres 1989 resultierender und noch nicht verbrauchter Verlustvortrag bzw. Gewerbesteuerfehlbetrag geltend gemacht, welcher anläßlich der jeweiligen Veranlagung zur Körperschaft- bzw. Gewerbesteuer nicht anerkannt wurde. Auch dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

In einer Berufungsergänzung sprach sich die Beschwerdeführerin mit ausführlicher Begründung gegen die "offensichtliche Rechtsmeinung" des Finanzamtes aus, daß § 20 Abs 4 KStG 1988 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1989 in Zusammenhang mit verschmelzenden Umwandlungen nur klarstellende Bedeutung zukomme und ergänzte ihr diesbezügliches Vorbringen in einem weiteren Schriftsatz.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen gegen die Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide 1989 bis 1992 - abgesehen von einer vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht relevanten teilweisen Stattgebung bezüglich Körperschaft- und Gewerbesteuer 1990 - ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, nach den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1162 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XVII GP) habe mit dem neuen Abs 4 des § 20 KStG 1988 infolge unterschiedlicher Literaturmeinungen und einer daraus resultierenden unterschiedlichen Verwaltungspraxis nunmehr gesetzlich klargestellt werden sollen, daß im Falle des Unterbleibens einer Liquidationsbesteuerung Buchgewinne und Buchverluste steuerunwirksam seien. Die Steuerwirksamkeit eines aus einer Umwandlung entstehenden Verlustes sei steuersystematisch in zweierlei Hinsicht bedenklich, weil einerseits im Falle des Unterbleibens einer Liquidationsbesteuerung nach § 20 Abs 3 KStG 1988 sichergestellt sein müsse, daß der nicht der Liquidationsbesteuerung unterzogene Gewinn später zur Gänze der Besteuerung unterzogen werde, andererseits seien Gewinne und Verluste, die anläßlich einer Verschmelzung von Körperschaften entstünden, auch nach § 1 Abs 3 StruktVG steuerneutral. An der Sicherstellung der späteren Versteuerung würde es aber fehlen, wenn gegenständlich der entstandene Buchverlust anerkannt würde. Die aufnehmende Gesellschaft würde die stillen Rücklagen bei ihrer späteren Verwirklichung zwar als Gewinn versteuern, sie würde aber ihren steuerlichen Gewinn im Jahr der Vermögensübernahme bei einer Anerkennung des Verlustes in Höhe des Verlustes vermindern. In dieser Höhe würde also eine Versteuerung der stillen Rücklagen bei der aufnehmenden Gesellschaft im Endergebnis nicht geschehen. Es sei also bereits der Stammfassung des § 20 KStG 1988 zu entnehmen, daß aufgrund der geforderten Steuerhängigkeit der stillen Reserven nur ein steuerneutraler Vermögensübergang möglich sei, weshalb die aus der Umwandlung entstandenen Buchverluste nicht steuerwirksam behandelt werden könnten.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf "steuerwirksame Geltendmachung" des Umwandlungsverlustes für 1989 und auf "steuerwirksame Geltendmachung" der daraus resultierenden Verlustvorträge für die Folgejahre 1990 bis 1992 verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes unter Kostenzuspruch.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall wurde das Vermögen der F. GmbH gemäß Umwandlungsgesetz (UmwG) 1954 auf die Beschwerdeführerin unter Ausschluß der Liquidation übertragen. Das Umwandlungsgesetz 1954, BGBl 187/1954, in der für das Jahr 1989 geltenden Fassung ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen die Umwandlung von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung durch Übertragung des Unternehmens auf einen Gesellschafter ("Nachfolgeunternehmer") oder in eine OHG oder KG ("Nachfolgeunternehmen"). Gemäß § 2 UmwG steht einer Umwandlung durch Übertragung des Unternehmens auf den Hauptgesellschafter nicht im Weg, daß dieser eine juristische Person, eine OHG oder eine KG ist. Danach erlaubt der Gesetzeswortlaut des UmwG ua eine sogenannte verschmelzende Umwandlung einer "Tochter-GmbH" auf die "Mutter-GmbH", wiewohl das Umwandlungsgesetz sowohl nach seinem Inhalt, als auch nach den Erläuterungen (137 BlG NR VII GP) in erster Linie die Möglichkeit bieten sollte, Handelsunternehmungen in der Form von Kapitalgesellschaften unter Ausschluß der Liquidation in Einzelunternehmen, offene Handelsgesellschaften oder Kommanditgesellschaften umzuwandeln. Diesem Hauptzweck trug das Strukturverbesserungsgesetz insofern Rechnung, als es in seinem Art II unter Hinweis auf das Umwandlungsgesetz die Umwandlung von Kapitalgesellschaften in Personengesellschaften oder Einzelunternehmen steuerlich erleichterte.

Neben dieser Möglichkeit einer verschmelzenden Umwandlung ua einer Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft (beide in der Rechtsform der GmbH) unter Ausschluß der Liquidation regelt aber auch § 96 GmbH-Gesetz die Vermögensübertragung von einer GmbH auf eine andere GmbH unter Ausschluß der Liquidation, wobei diese Norm auch auf die Vermögensübertragung einer Tochter-GmbH auf die Mutter-GmbH angewendet werden kann, weil - abweichend vom Regelfall - die in § 96 leg cit normierte Gewährung von Gesellschaftsanteilen entfallen kann, wenn die übernehmende Gesellschaft bereits alle Anteile der übertragenden Gesellschaft besitzt (vgl Schiemer/Jabornegg/Strasser, Aktiengesetz, Kommentar, Rz 21 zu § 219 Aktiengesetz, welcher gemäß § 96 GmbH-Gesetz sinngemäß anzuwenden ist).

In seinem Erkenntnis vom 21. September 1993, 91/14/0136, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem Fall einer (damals gemäß § 96 GmbH-Gesetz vorgenommenen) Verschmelzung zweier Gesellschaften mit beschränkter Haftung, wobei die Anteile der übertragenden GmbH von der übernehmenden GmbH gehalten wurden, zu Recht erkannt, daß bei sogenannten Verschmelzungen auf betrieblicher Grundlage kein Wahlrecht zwischen den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen, wonach ein in der betrieblichen Sphäre liegender Geschäftsvorfall grundsätzlich der Steuerpflicht unterliegt bzw steuerwirksam ist, und den Sonderbestimmungen des Strukturverbesserungsgesetzes, gegenständlich konkret dem Art I § 1 Abs 3, StruktVG, wonach derartige Buchergebnisse außer Ansatz bleiben, besteht. Diese Ansicht muß auch für den Beschwerdefall gelten, auch wenn die gegenständliche Vermögensübertragung im Sinn einer verschmelzenden Umwandlung auf das Umwandlungsgesetz und nicht auf das GmbH-Gesetz oder das Aktiengesetz gestützt wurde, weil Art I § 1 Abs 1 StruktVG ausdrücklich nicht nur auf Verschmelzungen nach den Bestimmungen des neunten Teiles des Aktiengesetzes oder des § 96 GmbHG, sondern auch auf solche "eines anderen Bundesgesetzes" Bezug nimmt. Daß auch eine verschmelzende Umwandlung einer GmbH mit einer GmbH sachlich nur den Sonderfall einer Verschmelzung darstellt, wird ungeachtet des Umstandes, daß sich die Begriffe "Verschmelzung" und "Umwandlung" (verschmelzende Umwandlung) überschneiden, schon daraus deutlich, daß unter Verschmelzung ganz allgemein die Vereinigung von juristischen Personen unter Ausschluß der Liquidation im Wege der Gesamtrechtsnachfolge verstanden wird (sogenannte echte Verschmelzung, vgl Helbich, Umgründungen4, 234). Hinzu kommt, daß Art I § 1 Abs 1 lit a StruktVG sachlich die auch im Beschwerdefall verwirklichte Übertragung des Vermögens einer Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft ausdrücklich erfaßt. Ob es sich dabei handelsrechtlich um einen Fall der Vermögensübertragung im Sinn des GmbH-Gesetzes oder der verschmelzenden Umwandlung im Sinn des Umwandlungsgesetzes handelt, ist nicht entscheidungswesentlich. Die von Wiesner, Buchgewinne und Buchverluste bei Umgründungen, FS Helbich, 1990, 247, dargestellte Auffassung, daß Umgründungen nicht unter Art I StruktVG subsumiert werden könnten, überzeugt aus den angeführten Gründen nicht.

Da der Buchverlust im Beschwerdefall somit bereits nach Art I § 1 Abs 3 Strukturverbesserungsgesetz bei Ermittlung des steuerpflichten Einkommens und des Gewerbeertrages der übernehmenden Gesellschaft zwingend außer Ansatz zu bleiben hat, erübrigt sich eine Beantwortung der Frage, ob der gesetzlichen Bestimmung des § 20 Abs 4 KStG 1988 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1989 nur klarstellende Bedeutung zukommt oder ob es sich dabei um eine Änderung der Rechtslage handelt.

Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß der Umwandlungsverlust (Verschmelzungsverlust) außer Ansatz zu bleiben hat, weshalb die Beschwerdeführerin in ihren vom Beschwerdepunkt erfaßten Rechten nicht verletzt wurde. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

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