VwGH 93/14/0128

VwGH93/14/012829.7.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Dr. Fellner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der F-GmbH & Co KG in I, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol, Berufungssenat I, vom 6. Mai 1993, 30.373-3/93, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften sowie Gewerbesteuer für die Jahre 1986 bis 1989,

Normen

BAO §21 Abs1;
EStG 1972 §23 Z2;
EStG §23 Z2;
KStG 1966 §8;
KStG §8;
BAO §21 Abs1;
EStG 1972 §23 Z2;
EStG §23 Z2;
KStG 1966 §8;
KStG §8;

 

Spruch:

1.) den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Gewerbesteuer für die Jahre 1986 bis 1989 richtet, als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

2.) zu Recht erkannt:

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der beschwerdeführenden GmbH & Co KG mit Kommanditeinlagen von insgesamt 100.000 S waren MD mit 26 %, RS mit 26 %, HK mit 32 % und OE mit 16 % als Kommanditisten beteiligt. Alleinige Komplementärin der Beschwerdeführerin war eine GmbH mit einem Stammkapital von 500.000 S, an der MD und RS zu je 50 % beteiligt waren. Hauptlieferantin der Beschwerdeführerin war die M-GmbH, deren Gesellschafter ebenfalls die Kommanditisten der Beschwerdeführerin waren.

Die GmbH war am Vermögen der Beschwerdeführerin nicht beteiligt. Ein Gewinnanteil der GmbH war im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen, jedoch sollte die GmbH laut Gesellschaftsvertrag Kostenersatz für alle Aufwendungen, die ihr durch die Geschäftsführung bei der Beschwerdeführerin erwuchsen, erhalten. Tatsächlich entfaltete die GmbH jedoch keine Geschäftsführungstätigkeit und erbrachte auch keine mit Aufwandersatz verbundene Leistungen für die Beschwerdeführerin.

Für die Jahre 1986 bis 1988 wurde der GmbH eine Haftungsentschädigung von jeweils 15.000 S und für das Jahr 1989 eine solche von 10.000 S neben anderen ersetzten Aufwendungen für Bilanzierungskosten, Steuern und Zinsen von

11.177 S, 23.425,82 S, 4.592 S und 20.482 S von der Beschwerdeführerin - ungeachtet der Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag - als Vorweggewinn zugewiesen.

In seinem, im Zug einer die Streitjahre umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung gemäß § 150 BAO erstatteten Bericht vertrat der Prüfer - soweit für den Beschwerdefall von Relevanz - die Ansicht, eine der Beschwerdeführerin fremd gegenüberstehende GmbH würde das ihr aus der Stellung als Komplementärin erwachsende Haftungsrisiko nicht ohne entsprechende Gegenleistung eingehen. Die der GmbH zugewiesene Haftungsentschädigung sei im Verhältnis zu deren Stammkapital zu gering. Es gebühre der GmbH zumindest eine Haftungsentschädigung von 6 % ihres Stammkapitals, weswegen in den Jahren 1986 bis 1989 neben anderen Beträgen ein weiterer Vorweggewinn von jeweils 30.000 S angemessen sei.

Das Finanzamt schloß sich der Ansicht des Prüfers an und erließ für die Streitjahre in wiederaufgenommenen Verfahren ua Bescheide betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften, wobei es zur Begründung auf den gemäß § 150 BAO erstatteten Bericht verwies.

Im Berufungsverfahren brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, die Bemessung der Haftungsentschädigung nach dem Vermögen der GmbH erfolge zu Unrecht. Vielmehr müßten als Grundlage für die Haftungsentschädigung jene Verbindlichkeiten herangezogen werden, für die die GmbH hafte. Diesen Verbindlichkeiten stehe ihr verwertbares Vermögen gegenüber, weswegen das Haftungsrisiko der GmbH, wie sich aus ihrer Berechnung ergebe, nicht groß sei. Die Höhe der Haftungsentschädigung sei in Anlehnung an Bankgarantien mit 0,5 % ihrer Verbindlichkeiten zu bemessen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Da an der Beschwerdeführerin und an der GmbH dieselben Personen beteiligt seien (MD und RS hielten an der GmbH 100 % und an der Beschwerdeführerin 52 % der Stimmrechte), sei die Vereinbarung über die Gewinnverteilung unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleiches auf ihre steuerliche Wirksamkeit hin zu untersuchen. Kein wirtschaftlich vernünftig denkender fremder Komplementär würde einer Vereinbarung zustimmen, nach der ihm als allein persönlich unbeschränkt Haftendem bloß Kostenersatz gewährt werde. Diese Vereinbarung sei daher nicht fremdüblich. Allerdings habe die Beschwerdeführerin der GmbH für die Jahre 1986 bis 1988 eine Haftungsentschädigung von jeweils 15.000 S und für das Jahr 1989 eine solche von 10.000 S neben anderen ersetzten Aufwendungen von 11.177 S, 23.425,82 S, 4.952 S und 20.482 S - ungeachtet der Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag - als Vorweggewinn zugewiesen. Da die GmbH keine Tätigkeit für die Beschwerdeführerin ausgeübt habe, sondern bloß als Haftende in Erscheinung getreten sei, seien die insgesamt der GmbH als Vorweggewinn zugewiesenen Beträge als Haftungsentschädigung anzusehen. Im Schrifttum werde eine Haftungsentschädigung von 10 % des Stammkapitals bzw des betriebswirtschaftlichen Eigenkapitals einer GmbH in ihrer Stellung als Komplementärin als angemessen bezeichnet. Das betriebswirtschaftliche Eigenkapital der GmbH errechne sich in den Streitjahren als Summe aus Stammkapital und Reingewinn, betrage somit zwischen 515.000 S zum 31. Dezember 1985 und 571.359 S zum 31. Dezember 1989. Aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Mai 1980, 1345, 1372/79, Slg Nr 5485/F, ergebe sich eine Haftungsentschädigung von 6 % als Untergrenze. Werde der im Schrifttum vertretene Satz von 10 % herangezogen, so wäre eine fremdübliche Haftungsentschädigung mit 51.000 bis 57.000 S zu bemessen. Ebenso sei es iSd Ausführungen im Berufungsverfahren zulässig, die Haftungsentschädigung am Stand der Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin zu orientieren und mit dem für Avalprovisionen bzw Bankgarantien üblichen Prozentsatz zu bemessen. Dabei seien jedoch entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin alle Verbindlichkeiten, mit Ausnahme der Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin an die GmbH selbst, einzubeziehen. Für die Bemessung der Haftungsentschädigung sei der so ermittelte durchschnittliche Stand der Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin maßgeblich. Die zur Bemessung relevanten Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin seien vom 31. Dezember 1985 bis zum 31. Dezember 1989 von rund 2,4 Mio S auf rund 5,1 Mio S angestiegen. Im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin ohne in den Jahren 1987 und 1988 gewährte Schuldnachlässe in die Gefahr der Insolvenz gekommen wäre und schließlich im Jahr 1993 liquidiert worden sei, sei das von der Beschwerdeführerin bestrittene Haftungsrisiko ersichtlich. Zudem wäre die GmbH durch Inanspruchnahme für die gesamten Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin selbst insolvent geworden. Als (fiktiver) Satz für Avalprovisionen bzw Bankgarantien seien daher 1 % bis 2 % angemessen. Ein darunter liegender Prozentsatz sei in Anbetracht des Haftungsrisikos nicht vertretbar. Davon ausgehend erscheine eine Haftungsentschädigung von durchschnittlich rund 50.000 S pro Jahr nicht überhöht. Der GmbH sei das ihr aus der Stellung als Komplementärin erwachsende Haftungsrisiko in den Streitjahren mit durchschnittlich 24.269 S (richtig wohl: 28.669 S) abgegolten worden. Dieser Betrag weiche wesentlich von einer fremdüblichen Haftungsentschädigung ab und sei daher nicht sachgerecht. Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse sei die vom Finanzamt in den Streitjahren mit durchschnittlich 44.904 S (richtig wohl: 44.919 S) zum Ansatz gebrachte Haftungsentschädigung, wobei maximal 53.425 S angesetzt worden seien, angemessen gewesen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Schreiben vom 2. September 1993 hat die Beschwerdeführerin die Beschwerde, soweit sie sich gegen Gewerbesteuer für die Jahre 1986 bis 1989 richtet, zurückgezogen. Die Beschwerde war daher, soweit sie sich gegen Gewerbesteuer für die Jahre 1986 bis 1989 richtet, als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Die Beschwerdeführerin bestreitet den grundsätzlichen Anspruch der GmbH auf Haftungsentschädigung nicht. Sie bezweifelt auch nicht, daß die Vereinbarung über die Gewinnverteilung unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleiches zu untersuchen und der der GmbH insgesamt zugewiesene Vorweggewinn bei Beurteilung der Angemessenheit der Haftungsentschädigung zu berücksichtigen ist.

Im Beschwerdefall ist lediglich strittig, ob die von der belangten Behörde insgesamt zum Ansatz gebrachte Haftungsentschädigung der Höhe nach dem Haftungsrisiko der GmbH angemessen ist.

Was zunächst die Ausführungen der Beschwerdeführerin betrifft, im hg Erkenntnis vom 8. November 1988, 88/14/0135, sei eine Haftungsentschädigung von 3 % des Stammkapitals einer GmbH in ihrer Stellung als Komplementärin als angemessen angesehen worden, genügt es, darauf hinzuweisen, daß die Angemessenheit der Haftungsentschädigung nicht Gegenstand dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gewesen ist. Wie die belangte Behörde unter Hinweis auf Schrifttum und insbesondere auf das hg Erkenntnis vom 6. Mai 1980, 1345, 1372/79, Slg Nr 5485/F, ausgeführt hat, ist eine Haftungsentschädigung von 6 % des Stammkapitals bzw des betriebswirtschaftlichen Eigenkapitals als Untergrenze für die Abgeltung des der GmbH aus ihrer Stellung als Komplementärin erwachsenden Haftungsrisikos anzusehen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch die Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht veranlaßt, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen, wobei er sich der im Schrifttum, insbesondere in Bauer/Quantschnigg, KStG 1988, § 8 Tz 62, Stichwort "GmbH & Co KG", mwA, vertretenen Ansicht anschließt, daß bei Berechnung der Haftungsentschädigung vom betriebswirtschaftlichen Eigenkapital der GmbH auszugehen ist und in Anbetracht des Risikos die Verzinsung über dem üblichen Anleihezinssatz liegen müsse, weswegen eine Haftungsentschädigung von etwa 10 % des betriebswirtschaftlichen Eigenkapitals der GmbH angemessen ist. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie eine Haftungsentschädigung von durchschnittlich 8,25 % des betriebswirtschaftlichen Eigenkapitals der GmbH für die Abgeltung des ihr in ihrer Stellung als Komplementärin erwachsenden Haftungsrisikos als angemessen angesehen hat.

Dazu kommt noch, daß die GmbH für hohe Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin in ihrer Stellung als Komplementärin unbeschränkt gehaftet hat. Unter Außerachtlassung der Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin gegenüber der GmbH selbst stiegen die Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin vom 31. Dezember 1985 bis zum 31. Dezember 1989 von rund 2,4 Mio S auf rund 5,1 Mio S an. Diesen Verbindlichkeiten stand zum 31. Dezember 1985 ein Vermögen von rund 1,3 Mio S, davon Vorräte von rund 1 Mio S, und zum 31. Dezember 1989 ein Vermögen von rund 2,5 Mio S, davon Vorräte von rund 2,4 Mio S, gegenüber.

Wie bereits im Verwaltungsverfahren wird in der Beschwerde behauptet, aus den bestehenden Verbindlichkeiten seien jene für die Bemessung der Haftungsentschädigung auszuscheiden, die gegenüber der M-GmbH als Hauptlieferantin, deren Gesellschafter die Kommanditisten der Beschwerdeführerin seien, bestünden. Gleiches gelte sowohl für die Verbindlichkeiten gegenüber Banken, für die die M-GmbH bzw die Kommanditisten die Bürgschaft übernommen hätten, als auch für Darlehensschulden gegenüber der M-GmbH. Denn hinsichtlich der eben dargestellten Verbindlichkeiten liege eine interne Haftungsfreistellung der Beschwerdeführerin durch die Kommanditisten vor, weswegen die GmbH für diese Verbindlichkeiten nicht in Anspruch genommen werden könnte.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid ausgeführt, die GmbH sei in ihrer Stellung als Komplementärin echte Schuldnerin der Gläubiger der Beschwerdeführerin. Die Gläubiger müßten sich nicht an die Beschwerdeführerin halten, sondern könnten primär die GmbH in Anspruch nehmen. Übernehme ein Dritter eine Bürgschaft für die Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin, so bleibe die GmbH Schuldnerin. Die Gläubiger könnten weiter primär die GmbH in Anspruch nehmen. Werde der Bürge in Anspruch genommen, so könnte er beim Schuldner Regreß nehmen. Die GmbH habe zudem auch für aus Rechtsgeschäften der Beschwerdeführerin mit Kommanditisten entstandene Verbindlichkeiten einzustehen. Es bestehe insoweit lediglich die Besonderheit, daß sich die Kommanditisten infolge der der GmbH als Mitgesellschafterin geschuldeten Rücksichtnahme primär an das Gesellschaftsvermögen der Beschwerdeführerin halten müßten. Trete als Geschäftspartner der Beschwerdeführerin die (fremde) M-GmbH als Hauptlieferantin auf, deren Gesellschafter die Kommanditisten der Beschwerdeführerin gewesen seien, werde die M-GmbH aber nicht gehalten sein, zur Befriedigung ihrer Ansprüche subsidiär auf die GmbH in ihrer Stellung als Komplementärin zu greifen.

Diesen Ausführungen schließt sich der Verwaltungsgerichtshof an. Die Beschwerdeführerin hat weder dargetan, weshalb die Verbindlichkeiten gegenüber der M-GmbH als Hauptlieferantin, die Verbindlichkeiten gegenüber Banken, für die die M-GmbH bzw die Kommanditisten die Bürgschaft übernommen haben, und die Darlehensschulden gegenüber der M-GmbH anders zu behandeln seien als die übrigen Verbindlichkeiten, noch aufgezeigt, weshalb bei der gegebenen Überschuldung der Beschwerdeführerin die GmbH in ihrer Stellung als Komplementärin nicht für die Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin in Anspruch genommen werden könnte.

Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, die Haftungsentschädigung habe sich am individuellen Haftungsrisiko der GmbH zu bemessen, weswegen auf das Gesamtbild der Verhältnisse des einzelnen Falles abzustellen sei, wobei Verschuldungsgrad, Gesellschafterstruktur, Geschäftszweig und -politik etc einflußgebende Faktoren seien, stellt sie damit nicht dar, weshalb eine Haftungsentschädigung von durchschnittlich 8,25 % des betriebswirtschaftlichen Eigenkapitals der GmbH bzw durchschnittlich 1,22 % der Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin nicht dem Gesamtbild der Verhältnisse angemessen sei. Hiebei ist auch in Rechnung zu stellen, daß sich laut Ausweis der Verwaltungsakten zwei Bankinstitute mangels Sicherheiten geweigert hatten, der Beschwerdeführerin weiter Kredit zu gewähren.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

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