VwGH 96/15/0015

VwGH96/15/001520.11.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Wetzel, Dr. Mizner und Dr. Zorn, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerden der W Ges.m.b.H. in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen die Bescheide (Berufungsentscheidungen) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. November 1995, Zl. GA 17-92/4250/08, 1. betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1986 bis 1988 (Berufungssenat VIIa) und 2. betreffend Kapitalertragsteuer 1986 bis 1988, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §167 Abs2;
BAO §183;
BAO §21 Abs1;
BAO §22 Abs1;
BAO §23 Abs1;
BAO §303 Abs4;
EStG 1972 §27 Abs1 Z1;
EStG 1972 §27 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs2;
KStG 1966 §8 Abs1;
KStG §8 Abs2;
VwRallg;
BAO §167 Abs2;
BAO §183;
BAO §21 Abs1;
BAO §22 Abs1;
BAO §23 Abs1;
BAO §303 Abs4;
EStG 1972 §27 Abs1 Z1;
EStG 1972 §27 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs2;
KStG 1966 §8 Abs1;
KStG §8 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 8.545,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Gesellschafter der Beschwerdeführerin, der W-GmbH, sind Hermann W, Günter W und die M-GmbH. An der M-GmbH hält Hermann W einen Geschäftsanteil im Ausmaß von 25 % ihres Stammkapitals und Günter W einen solchen im Ausmaß von 50 % (vor 1987: 25 %). Hermann und Günter W sind die Geschäftsführer der Beschwerdeführerin.

Im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung für den Zeitraum 1986 bis 1988 traf die Prüferin u.a. folgende Feststellung (Tz 33 des BP-Berichtes und Punkt 10 der Niederschrift über die Schlußbesprechung): Die Beschwerdeführerin weise gegenüber Günter und Hermann W Forderungen in folgender Höhe aus:

1986 1987 1988

Günter W 1,266.130,-- 1,438.174,-- 1,505.352,--

Hermann W 1,313.732,-- 1,523.895,-- 1,642.434,--

Diese Forderungen seien von der Beschwerdeführerin nicht verzinst worden. Die Unverzinslichkeit von an Gesellschafter gewährten Darlehen stelle einen Vorteil aus dem Gesellschaftsverhältnis dar. Nach Ansicht der Prüferin seien daher kontokorrentmäßig berechnete Zinsen in Höhe von 8 % p.a. als verdeckte Gewinnausschüttung an Günter und Hermann W anzusetzen. Aufgrund eines entsprechenden Vorhaltes vom 18. März 1991 habe der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin eine mit 16. Jänner 1984 datierte Vereinbarung zwischen der M-GmbH sowie Günter und Hermann W vorgelegt. In dieser Vereinbarung werde festgehalten, daß Günter und Hermann W der Beschwerdeführerin S 400.000,-- bzw. S 600.000,-- schuldeten, die M-GmbH aber den beiden Gesellschaftern - aufgrund des Ankaufes von Anteilen an der Beschwerdeführerin - jeweils ca. S 3,300.000,-- schulde. Aus der Vereinbarung ergebe sich sodann, daß die M-GmbH zur Tilgung der genannten Schulden zahlungshalber die Verbindlichkeiten von Günter und Hermann W gegenüber der Beschwerdeführerin - mit deren Zustimmung - übernehme und an deren Stelle als neuer Schuldner eintrete. Diese Vereinbarung vom 16. Jänner 1984 sei jedoch nach Ansicht der Prüferin nicht anzuerkennen: Die Vereinbarung finde in den Bilanzen keinen Niederschlag; die Beschwerdeführerin weise vielmehr Forderungen gegenüber Günter und Hermann W und nicht gegenüber der M-GmbH aus. Die Forderungen der Beschwerdeführerin an Günter und Hermann W seien sogar beträchtlich über den in der Vereinbarung vom 16. Jänner 1984 festgehaltenen Stand angestiegen, und zwar von S 400.000,-- auf S 1,500.000,-- bzw. von S 600.000,-- auf S 1,600.000,--.

Den Feststellungen der Prüferin folgend nahm das Finanzamt die Verfahren betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1986 bis 1988 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und legte bei Erlassung der neuen Sachbescheide die durch den Ansatz der Zinserträge geänderten Jahresgewinne zugrunde. Weiters erließ das Finanzamt gegenüber der Beschwerdeführerin Haftungsbescheide betreffend die auf die verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer.

In der Berufung gegen die genannten Bescheide brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor: Gemäß der Vereinbarung vom 16. Jänner 1984 seien die von Günter und Hermann W der Beschwerdeführerin geschuldeten Beträge von der M-GmbH zahlungshalber in Aufrechnung gegen die von dieser an Günter und Hermann W geschuldeten Beträge übernommen worden. Nach dem Parteiwillen gelte diese Vereinbarung auch für künftig entstehende Verbindlichkeiten. Die Beschwerdeführerin habe als Gläubigerin dieser Vereinbarung zugestimmt, damit seien Günter und Hermann W von ihrer Schuld gegenüber der Beschwerdeführerin befreit gewesen. Diese Vereinbarung vom 16. Jänner 1984 weise einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt auf; sie wäre auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden. Die Aufrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten sei im Geschäftsleben ein alltäglicher Vorgang. Die in Rede stehende Vereinbarung sei auch hinreichend nach außen zum Ausdruck gekommen; das ergebe sich daraus, daß die M-GmbH für ihre Verbindlichkeit gegenüber Günter und Hermann W nur bis zum Jahre 1983 Wertsicherungsbeträge verrechnet habe. Der Umstand, daß Günter und Hermann W ihre Verbindlichkeit gegenüber der Beschwerdeführerin auch nicht teilweise abgedeckt hätten, sei ein weiteres nach außen erkennbares Indiz für das Bestehen der Vereinbarung vom 16. Jänner 1984. Bei Erstellung der Jahresabschlüsse für die Beschwerdeführerin habe der Steuerberater fälschlicherweise die strittigen Forderungen nicht umgebucht und daher weiterhin Günter und Hermann W als Schuldner ausgewiesen; diesem Umstand könne jedoch keine steuerliche Bedeutung zukommen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung könnte daher lediglich gegenüber der M-GmbH als Schuldnerin der strittigen Verbindlichkeiten vorliegen, eine solche Ausschüttung an die Muttergesellschaft unterläge jedoch nicht der Kapitalertragsteuer. Die Beschwerdeführerin wende sich auch gegen den vom Finanzamt herangezogenen Zinssatz von 8 % p.a. Bei den stittigen Forderungen handle es sich um täglich fällige Gelder. Für solche könne ein Anleger höchstens Zinsen im Ausmaß von 3,5 % erzielen. Es treffe zwar zu, daß ein Schuldner für derartige Gelder einen Zinssatz von zumindest 8 % entrichten müsse, für die verdeckte Gewinnausschüttung sei jedoch ein Mittelwert zwischen dem vom Anleger zu erzielenden Zinssatz und dem vom Kreditschuldner aufzuwendenden Zinssatz, im gegenständlichen Fall daher ein Zinssatz von höchstens 6 % p.a. heranzuziehen.

Im Berufungsverfahren brachte die Beschwerdeführerin in der Folge vor, bei Aufrechnung sämtlicher Forderungen von Günter und Hermann W gegenüber der M-GmbH einerseits mit den Verbindlichkeiten von Günter und Hermann W gegenüber der Beschwerdeführerin andererseits ergebe sich ein Forderungsüberhang zugunsten der beiden Geschäftsführer. Bei Verzinsung dieses Überhanges würden die beiden Gesellschafter Zinserträge erzielen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung setze voraus, daß einem Gesellschafter ein Vorteil zugewendet werde, der einem fremden Dritten nicht gewährt würde. Im gegenständlichen Fall könne aber von einer Vorteilszuwendung an Günter und Hermann W nicht gesprochen werden, weil eine Verzinsung der Forderungen gegenüber diesen Gesellschaftern bei gleichzeitiger Nichtverzinsung der Verbindlichkeiten gegenüber diesen Gesellschaftern unverständlich wäre. Gleiche Überlegungen seien zur Frage der Einbringung der jeweiligen Forderungen anzustellen. Daraus ergebe sich aber folgende Situation: Hätte die Beschwerdeführerin versucht, die aushaftenden Forderungen gegenüber Günter und Hermann W einzutreiben, so hätten diese ihre Forderungen gegenüber der M-GmbH fällig stellen können. Aus diesem Grunde wäre sowohl eine Einbringungsmaßnahme durch die Beschwerdeführerin wie auch die Verzinsung der Forderungen kaufmännisch unverständlich und daher von jedem ordentlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin unterlassen worden. Die Aufrechnungsvereinbarung vom 16. Jänner 1984 sei im übrigen aufgrund eines Irrtums der Sachbearbeiterin des steuerlichen Vertreters bei der Bilanzerstellung nicht berücksichtigt worden. Da die Vermögensteuererklärungen von Günter und Hermann W von derselben Sachbearbeiterin erstellt worden seien, sei verständlich, daß der Irrtum sich auch in den Vermögensteuererklärungen im Ausweis von Verbindlichkeiten dieser beiden Gesellschafter gegenüber der Beschwerdeführerin ausgewirkt habe. Daß die Aufrechnungsvereinbarung vom 16. Jänner 1984 in den Bilanzen der Beschwerdeführerin keinen Niederschlag gefunden haben, habe ihren Geschäftsführern auch nicht auffallen müssen; die Verbuchung von Aufrechnungsvereinbarungen sei nicht Gegenstand der Ausbildung von Günter und Hermann W gewesen. Die beiden Geschäftsführer hätten mit der Erstellung der Jahresabschlüsse und Steuererklärungen einen Wirtschaftstreuhänder beauftragt und seien nicht dazu verhalten, jeden einzelnen Bilanzansatz in dem von einem befugten Wirtschaftstreuhänder erstellten Jahresabschluß auf seine Richtigkeit zu überprüfen.

Die Berufung gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren (Körperschaft- und Gewerbesteuer 1986 bis 1988) sowie Körperschaft- und Gewerbesteuer 1986 bis 1988 wurde mit dem erstangefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Weder aus den die Streitjahre betreffenden Abgabenerklärungen noch aus den entsprechenden Bilanzen sei die verdeckte Gewinnausschüttung in Form der Nichtverzinsung von Forderungen gegenüber Gesellschaftern hervorgegangen. Die durch die Betriebsprüfung festgestellten Umstände betreffend die verdeckte Gewinnausschüttung stellten daher neu hervorgekommene Tatsachen im Sinn des § 303 Abs. 4 BAO dar. Es sei im gegenständlichen Fall unbestritten, daß die Forderungen der Beschwerdeführerin gegenüber den Gesellschaftern auch nach der Vereinbarung vom 16. Jänner 1984 in den Bilanzen - und zwar mit steigender Tendenz - ausgewiesen gewesen seien. Der Vereinbarung entsprechend hätten die Forderungen aber bereits in der Bilanz zum 31. Dezember 1984 nicht mehr aufscheinen dürfen. Erstmals im Rahmen der im Jahr 1991 durchgeführten Betriebsprüfung habe das Finanzamt von einer solchen Vereinbarung Kenntnis erlangt. Es könne daher nicht die Rede davon sein, daß diese Vereinbarung zu einem früheren Zeitpunkt nach außen ausreichend zum Ausdruck gekommen sei. Da zwischen den Schulden der M-GmbH gegenüber Günter und Hermann W sowie den Forderungen der Beschwerdeführerin gegenüber diesen Gesellschaftern kein innerer Zusammenhang bestehe, gehe das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Aufrechnungsvereinbarung sei dadurch in Erscheinung getreten, daß bei den Verbindlichkeiten der M-GmbH ab 1984 keine Wertsicherung vorgenommen worden sei, ins Leere. Nicht nachvollziehbar sei für die belangte Behörde das Vorbringen der Beschwerdeführerin, ihre Geschäftsführer hätten keine Kenntnis davon gehabt, daß in den Bilanzen 1984 bis 1991 Forderungen ihnen gegenüber ausgewiesen gewesen seien. Unterstelle man den Geschäftsführern aufgrund ihrer Ausbildung Unwissenheit über die Vorgänge bei Umbuchungen bzw. Verbuchungen von Schulden und Forderungen, so hätte ihnen doch zumindest die Position "sonstige Forderungen langfristig - Verrechnungskonto Günter W, Verrechnungskonto Hermann W" auffallen müssen. Erst recht hätten diese Forderungen dem berufsrechtlich zur Gewissenhaftigkeit verpflichteten befugten Wirtschaftstreuhänder auffallen müssen. Der belangten Behörde sei nicht verständlich, daß die Verbuchung einer für die Beschwerdeführerin und deren Gesellschafter derart wichtigen Vereinbarung, die in die nach außen in Erscheinung tretende Vermögenslage eingreife, einem Wirtschaftstreuhänder über sieben Jahre hindurch nicht auffalle. Die Vereinbarung habe auch in den Vermögensteuererklärungen von Günter und Hermann W keinen Niederschlag gefunden; in diesen Erklärungen seien die Verrechnungskonten jeweils als Schuldposten ausgewiesen. Die Vereinbarung vom 16. Jänner 1984 sei daher nach außen hin nicht in Erscheinung getreten; überdies weise sie keinen klaren, eindeutigen und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt auf. Sie laute nämlich dahingehend, daß die M-GmbH ihre Verbindlichkeiten gegenüber Günter und Hermann W dadurch erfülle, daß sie zahlungshalber die Schulden dieser beiden Gesellschafter gegenüber der Beschwerdeführerin übernehme und sohin an deren Stelle als neuer Schuldner der Beschwerdeführerin trete. Da nach der Vereinbarung die M-GmbH gegenüber der Beschwerdeführerin der neue Schuldner sein solle, sei für die belangte Behörde unklar, ob tatsächlich eine Leistung "zahlungshalber" vorliege. Als weiteres Indiz für die mangelnde Determiniertheit der Vereinbarung werde eine "Faxmitteilung" vom 10. September 1983 des Rechtsanwaltes, der die Vereinbarung vom 16. Jänner 1984 entworfen habe, angesehen; diese Mitteilung enthalte hinsichtlich der Vereinbarung vom 16. Jänner 1984 die Aussage, eine ausführliche Formulierung sei entbehrlich erschienen, weil die Parteien ohnedies derselben Meinung gewesen wären und dies deutlich zum Ausdruck gebracht hätten. Nach Ansicht der belangten Behörde mache auch die Erkennbarkeit des Zieles einer Vereinbarung das Erfordernis eines klaren, eindeutigen und unzweifelhaften Inhaltes nicht entbehrlich. In den Bilanzen der Beschwerdeführerin für die Jahre 1983 bis 1990 würden ständig steigende Forderungen an die Gesellschafter Günter und Hermann W ausgewiesen. Nach Ansicht der belangten Behörde könne von einer Aufrechnung dieser Forderungen mit anderen Verbindlichkeiten nicht gesprochen werden. Die Vereinbarung vom 16. Jänner 1984 erfülle die Voraussetzungen, welche für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen Gesellschaften und ihren Gesellschaftern bestünden, nicht. Zur Frage des anzusetzenden Zinssatzes vertrete die belangte Behörde die Auffassung, es sei darauf abzustellen, zu welchen Konditionen die Beschwerdeführerin gesellschaftsfremden Personen langfristig Geldmittel überlassen hätte. Die Beschwerdeführerin habe selber vorgebracht, daß in den Jahren 1986 bis 1988 der Zinssatz für die Aufnahme von Schulden zumindest 8 % betragen habe. Die belangte Behörde halte daher den vom Finanzamt angesetzten Zinssatz für angemessen.

Die Berufung betreffend Kapitalertragsteuer wies die belangte Behörde mit dem zweitangefochtenen Bescheid ab, in welchem sie zur Begründung auf den erstangefochtenen Bescheid verwies.

Gegen diese Bescheide wenden sich die vorliegenden Beschwerden.

Die belangte Behörde erstattete zu jeder der beiden Beschwerden eine Gegenschrift und legte im Verfahren gegen den erstangefochtenen Bescheid die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

1. Wiederaufnahme der Verfahren:

Gemäß § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen u.a. in jenen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und wenn die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Die Beschwerdeführerin wendet gegen die Wiederaufnahme der Verfahren ein, die Tatsachen, auf welche die belangte Behörde die Wiederaufnahme stütze, seien nicht neu hervorgekommen. Die Beschwerdeführerin habe nämlich dem Finanzamt stets Jahresabschlüsse vorgelegt, aus denen einerseits die Forderungen gegenüber Günter und Hermann W ersichtlich seien und andererseits entnommen werden könne, daß die Gesellschafter keine Zinsen bezahlt hätten. Die Nichtverzinsung der Forderungen sei sohin dem Finanzamt stets bekannt gewesen.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß die Beschwerdeführerin in der Berufung gegen die Wiederaufnahmebescheide nicht das Hervorkommen neuer Tatsachen bestritten, sondern ausschließlich damit argumentiert hat, die im Prüfungsverfahren festgestellten Tatsachen rechtfertigten nicht die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung. Die belangte Behörde war daher nicht gehalten, im angefochtenen Bescheid weitergehend zu begründen, daß Tatsachen neu hervorgekommen sind. Im übrigen ist zu diesem Beschwerdevorbringen zu sagen:

Es sind dann keine Tatsachen neu hervorgekommen, wenn der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, daß sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangten hätte können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. März 1994, 90/14/0192). Im gegenständlichen Fall läge eine verdeckte Gewinnausschüttung jedenfalls dann nicht vor, wenn zwar die Verzinsung der Forderungen vereinbart gewesen wäre, aber irrtümlich die Anlastung der Zinsen unterblieben wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 1995, 94/13/0228) oder wenn die Gesellschafter ihrerseits der Beschwerdeführerin Vorteile zugewendet hätten und ein Vorteilsausgleich vereinbart gewesen wäre (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht I5 (1994) 270). Daß aber das Fehlen einer Vereinbarung über die Verzinslichkeit oder über einen allfälligen Vorteilsausgleich dem Finanzamt bekannt gewesen wäre, behauptet die Beschwerdeführerin nicht.

Im übigen sei darauf verwiesen, daß das Finanzamt die Wiederaufnahme auch darauf gestützt hat, daß zu im Berufungsverfahren unbekämpft gebliebenen Punkten Tatsachen neu hervorgekommen seien (vgl. Tz 54 des Bp-Berichtes): Bestimmte Fahrzeuge seien erst Monate nach dem Zeitpunkt ihrer Anschaffung in Betrieb genommen worden, sodaß die AfA nicht in Höhe der geltend gemachten Beträge anerkennt werden könne (Kürzung der Betriebsausgaben für 1986: ca. S 94.000,--, für 1988: S 80.000,--); für ein Wirtschaftsgut, welches nach seiner Beschaffenheit lediglich den Anspruch auf Investitionsfreibetrag im Ausmaß von 10 % vermittle, sei ein Investitionsfreibetrag im Ausmaß von 20 % geltend gemacht worden (Kürzung der Betriebsausgaben für 1987 um ca. S 67.000,--).

Soweit auch in der Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid ein Vorbringen betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren erstattet wird, übersieht die Beschwerdeführerin, daß die Bescheide betreffend Kapitalertragsteuer nicht in einem wiederaufgenommenen Verfahren ergangen sind.

2. Körperschafts- und Gewerbesteuer sowie Kapitalertragsteuer:

2.1. Unter verdeckten Gewinnausschüttungen sind alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen einer Körperschaft an Anteilsinhaber, die das Einkommen der Körperschaft zu Unrecht vermindern und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben, zu verstehen. Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern zuwendet, die sie aber anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde, sind durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 1995, 94/13/0228). Zinsen, die einer Kapitalgesellschaft durch die Hingabe eines zinsenlosen Darlehens an einen Gesellschafter entgehen, bewirken eine verdeckte Gewinnausschüttung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1989, 88/14/0111.

2.2. Die Beschwerde wendet sich gegen das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung zunächst mit dem Vorbringen, durch die Vereinbarung vom 16. Jänner 1984 habe die Beschwerdeführerin ihre Gesellschafter Günter und Hermann W aus ihren Verbindlichkeiten entlassen; durch die Nichtverrechnung von Zinsen für die Streitjahre habe sie daher diesen Gesellschaftern keinen Vorteil zugewendet. Die Vereinbarung vom 16. Jänner 1984 sei entgegen der Ansicht der belangten Behörde nach außen ausreichend zum Ausdruck gekommen, weil einerseits in den Büchern der Beschwerdeführerin für die Forderungen gegenüber Günter und Hermann W keine Zinsen verrechnet worden seien und andererseits für die Verbindlichkeit der M-GmbH gegenüber Günter und Hermann W keine Wertsicherungsbeträge angesetzt worden seien. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde hätte es den Geschäftsführern der Beschwerdeführerin nicht auffallen müssen, daß sie in deren Bilanzen als Schuldner aufscheinen, zumal sie nicht zu Bilanzbuchhaltern ausgebildet worden seien.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes finden Verträge zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern nur dann steuerliche Anerkennung, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen klaren und eindeutigen Inhalt haben und auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Juli 1996, 95/15/0181, 0182, 0183).

Unbestritten ist, daß in den Bilanzen der Beschwerdeführerin der in Rede stehenden Vereinbarung vom 16. Jänner 1984 - diese enthält eine privative Schuldübernahme durch die M-GmbH mit Zustimmung der Beschwerdeführerin - nicht entsprochen worden ist, sondern Günter und Hermann W stets als Schuldner ausgewiesen sind. Unbestritten ist weiters, daß diese Vereinbarung dem Finanzamt erst im Zuge der im Jahre 1991 durchgeführten Betriebsprüfung vorgelegt worden ist. Durch das Unterbleiben der Verzinsung der Forderungen bei der Beschwerdeführerin ist diese Vereinbarung schon deshalb nicht zum Ausdruck gebracht worden, weil auch im Jahresabschluß für 1983, und somit für einen Zeitraum vor der in Rede stehenden Vereinbarung, eine Verzinsung nicht aufscheint. Daß aber aus dem Unterbleiben des Ansatzes einer Wertsicherung bei der Verbindlichkeit der M-GmbH gegenüber Günter und Hermann W auf eine Vereinbarung, wie sie von der Beschwerdeführerin behauptet wird, geschlossen werden könnte, hat die belangte Behörde zu Recht verneint. Wenn die belangte Behörde daher im angefochtenen Bescheid davon ausgeht, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Vereinbarung vom 16. Jänner 1984 nach außen nicht ausreichend zum Ausdruck gekommen ist, so kann dies der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig erkennen. Schon aus diesem Grunde hat die belangte Behörde der genannten Vereinbarung zu Recht für steuerliche Zwecke die Anerkennung versagt. Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf die Beschwerdeausführungen zu den weiteren Voraussetzungen für die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern.

2.3. Nach dem weiteren Beschwerdevorbringen seien die Erklärungen des Steuerberaters im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens (im Jahr 1991) als (rückwirkende) Aufrechungserklärung anzusehen; eine solche Aufrechnung stünde der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung entgegen.

Der Wirksamkeit einer solchen Aufrechnungserklärung stünde es entgegen, daß die Beschwerdeführerin zwar Gläubigerin der Forderungen, nicht aber Schuldnerin der "Gegenforderungen" ist. Dieses Vorbringen kann der Beschwerde aber jedenfalls deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil eine bereits verwirklichte verdeckte Gewinnausschüttung (nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres) nicht mit steuerlicher Wirkung rückgängig gemacht werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 1995, 94/13/0228).

2.4. Die Beschwerdeführerin verweist darauf, daß die M-GmbH ihre Hauptgesellschafterin gewesen sei. Sie hätte daher auch Forderungen gegenüber jedem fremden Dritten, der seinerseits (unverzinste) Forderungen gegenüber der M-GmbH gehabt hätte, nicht verzinst oder gar eingetrieben, weil der Dritte in einem solchen Fall seine Forderung gegenüber der M-GmbH ebenfalls verzinsen hätten können. Ein fremdübliches Verhalten bestehe bei einer derartigen Konstellation darin, alles zu unterlassen, was die Muttergesellschaft schädigen könnte.

Die Neutralisierung versteckter Gewinnausschüttungen dient der Entflechtung von betrieblich veranlaßten Vorgängen einerseits und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßten Vorgängen andererseits. Es soll der Gewinn der Körperschaft ausgewiesen werden, der sich aus den betrieblich veranlaßten Vermögensänderungen ergibt. Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin gehe es im gegenständlichen Fall darum, daß eine Körperschaft einem Gesellschafter deshalb einem Vorteil zuwende, damit dieser nicht einen anderen ihrer Gesellschafter schädige. Mit diesem Vorbringen legt die Beschwerdeführerin offen, daß die Ursache für die Vermögenszuwendung an den Gesellschafter ausschließlich im Gesellschaftsverhältnis begründet ist. Das Beschwerdevorbringen zeigt auf, daß die belangte Behörde zu Recht eine betriebliche Veranlassung der Unverzinslichkeit der Forderungen verneint hat.

2.5. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin würde im gegenständlichen Fall ein Vorteilsausgleich der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung entgegenstehen, weil Günter und Hermann W an der Beschwerdeführerin und an der M-GmbH beteiligt seien und einerseits Schuldner der Beschwerdeführerin und andererseits Gläubiger der M-GmbH seien. Bei Zusammenfassung aller Forderungen zwischen diesen Beteiligten ergebe sich ein Forderungsüberhang für Günter und Hermann W.

Ein die verdeckte Gewinnausschüttung auschließender Vorteilsausgleich liegt vor, wenn dem Vorteil, den eine Gesellschaft ihrem Gesellschafter einräumt, ein Vorteil gegenüber steht, den der Gesellschafter der Gesellschaft gewährt; Voraussetzung für einen steuerlich anzuerkennden Vorteilsausgleich ist allerdings eine ausdrückliche (eindeutige) wechselseitige Vereinbarung über den Ausgleich der gegenseitigen Vorteilszuwendungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1991, 90/13/0252, 0253).

Im gegenständlichen Fall fehlt - worauf der angefochtene Bescheid zu Recht verweist - die für die Anerkennung eines Vorteilsausgleiches erforderliche Vereinbarung. Es fehlt aber zudem bereits der von den Gesellschaftern an die Beschwerdeführerin zugewendete Vorteil. Eine allfällige Vorteilszuwendung von einzelnen Gesellschaftern an andere Gesellschafter kann nämlich einer Vorteilszuwendung an die Körperschaft nicht gleichgehalten werden.

2.6. Die Beschwerdeführerin wendet sich schließlich gegen den von der belangten Behörde als angemessen erachteten Zinssatz von 8 %. Die belangte Behörde habe den im Streitzeitraum üblichen Anleihezinssatz herangezogen, dabei aber nicht berücksichtigt, daß der Darlehensgewährung der Beschwerdeführerin Verbindlichkeiten ihrer Muttergesellschaft gegenüber gestanden seien. Es wäre daher, sollte überhaupt eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen, lediglich ein Zinssatz von 6 % heranzuziehen gewesen.

Auch dieses Vorbringen kann die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzeigen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mit Erkenntnis vom 30. Mai 1989, 88/14/0111, zum Ausdruck gebracht, daß der Anleihezinssatz eine brauchbare Richtschnur für die Höhe des angemessenen Zinssatzes bei Forderungen gegenüber Gesellschaftern sei. Durch das Aufdecken der verdeckten Gewinnausschüttung sollen die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßten Vermögensänderungen einer Körperschaft bei Ermittlung des steuerlichen Gewinnes ausgeschieden werden. Der von der Beschwerdeführerin aufgezeigte Umstand, daß ihre Schuldner und Gesellschafter zugleich Gläubiger ihrer Hauptgesellschafterin sind, ist aber für die Frage des Zinssatzes bei einer als Vergleichsmaßstab heranzuziehenden fremdüblichen Kreditierung in keiner Weise relevant.

Die Beschwerden erweisen sich sohin als unbegründet und waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Vorlageaufwand war der belangten Behörde nur einfach zuzusprechen.

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