Normen
KommStG 1993 §3 Abs1;
KommStG 1993 §3 Abs2;
UStG 1972 §2;
KommStG 1993 §3 Abs1;
KommStG 1993 §3 Abs2;
UStG 1972 §2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine GmbH, ist Komplementärin der M-KG. In der Berufung gegen den Bescheid des Magistrates der mitbeteiligten Stadt betreffend Kommunalsteuer für den Zeitraum 1. Jänner bis 31. August 1994 brachte sie vor, sie sei ausschließlich mit der Geschäftsführung für die M-KG befaßt. Für den Bereich der Umsatzsteuer gelte, daß eine GmbH, die nur als Geschäftsführerin einer GmbH & Co KG, an der sie als Komplementärin beteiligt sei, Leistungen erbringe, weder gewerblich noch beruflich tätig und somit nicht Unternehmer im Sinn des § 2 UStG sei. Das Kommunalsteuergesetz 1993 (KommStG) knüpfe an den umsatzsteuerlichen Unternehmerbegriff an. Für Zeiträume vor Inkrafttreten des Abgabenänderungsgesetzes 1994, mit welchem das KommStG geändert worden sei, unterlägen die von der Beschwerdeführerin geleisteten Arbeitslöhne daher nicht der Kommunalsteuer.
Auf Vorhalt teilte die Beschwerdeführerin dem Magistrat der mitbeteiligten Stadt mit, sie habe nur einen Dienstnehmer beschäftigt, dieser sei zugleich ihr handelsrechtlicher Geschäftsführer. Sie habe gegenüber der M-KG Anspruch auf Ersatz der Geschäftsführungskosten (Gehälter, Lohnabgaben, gesetzlicher Sozialaufwand und Aufwendungen, die bilanztechnisch durch die Dotierung von Rückstellungen entstehen), die für das Jahr 1993 ca. S 2,037.000,-- betrügen, sowie auf eine Haftungsprämie in Höhe von 3 % ihres Stammkapitals und auf einen Gewinnanteil in Höhe von 1 % des Jahresgewinnes der M-KG. Abgesehen von geringfügigen Zinserträgen erziele sie keine weiteren Einkünfte.
Mit Bescheid vom 27. April 1995 gab der Stadtsenat der mitbeteiligten Partei der Berufung keine Folge. Der Beschwerdeführerin obliege die Geschäftsführung und Vertretung für die M-KG. Unter Berücksichtigung der für diese Aktivitäten erzielten Einnahmen gelange die Berufungsbehörde zu der Auffassung, daß die wesentlichsten Kriterien einer unternehmerischen Tätigkeit vorlägen. Eine Komplementärgesellschaft trete nämlich im Rahmen ihrer Geschäftsführung und ihres Vertreterhandelns nach außen selbständig in Erscheinung und nehme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil.
Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung, in der sie geltend machte, daß ihre Unternehmereigenschaft nicht auf die Tätigkeit als Geschäftsführer und Vertreter der KG gestützt werden könne.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die Oberösterreichische Landesregierung dieser Vorstellung keine Folge. Die Tätigkeit einer geschäftsführenden Komplementärgesellschaft - diese sei eine selbständige juristische Person - werde durch den Ersatz des Geschäftsführeraufwandes sowie allfällige Gewinnbeteiligungen abgegolten. Die Wahrnehmung der Geschäftsführungstätigkeit und die Einnahmenerzielung ließen einen Leistungsaustausch erkennen. Einer Komplementärgesellschaft werde durch die Wahrnehmung notwendiger Aktivitäten im Rahmen der Geschäftsführung und Vertretung eine unternehmerische Tätigkeit zuzurechnen sein, weil sie im Rahmen ihres Handelns nach außen in Erscheinung trete. Aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage im Abgabenänderungsgesetz 1994 ergebe sich, daß mit der Änderung des KommStG in eindeutiger Form geregelt werden solle, daß sämtliche Körperschaften im Sinn des § 7 Abs. 3 KStG 1988 als Unternehmer anzusehen seien. Die Intentionen des Gesetzgebers gingen dahin, daß bereits mit Inkrafttreten des KommStG die Geschäftsführerbezüge einer Komplementärgesellschaft dem Unternehmensbereich zuzuordnen seien. Dies ergebe sich auch daraus, daß § 3 Abs. 3 KommStG Beteiligungsgesellschaften der Abgabe unterwerfe. Zudem erfasse die Stammfassung des KommStG jedenfalls Holdinggesellschaften, also Gesellschaften, deren Gegenstand die Beteiligungen an anderen Unternehmen sei. Eine Komplementärgesellschaft, die nicht nur Arbeitsgesellschafterin sei, sondern auch am Vermögen der Kommanditgesellschaft beteiligt sei, stelle eine derartige Holding dar.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Partei legte ebenfalls eine Gegenschrift vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 KommStG unterliegen die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind, der Kommunalsteuer. § 3 Abs. 1 KommStG lautet in der ursprünglichen Fassung (BGBl. 819/1993):
"Das Unternehmen umfaßt die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn (Überschuß) zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. Holdinggesellschaften und Mitunternehmerschaften im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988 gelten stets als Unternehmen."
Durch das Abgabenänderungsgesetz 1994, BGBl. 680, erhielt § 3 Abs. 1 dritter Satz KommStG folgende Fassung:
"Als Unternehmer und Unternehmen gelten stets und in vollem Umfang Körperschaften im Sinne des § 7 Abs. 3 des Körperschaftssteuergesetzes 1988, Stiftungen sowie Mitunternehmerschaften im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988 und sonstige Personengesellschaften."
Die durch das Abgabenänderungsgesetz 1994 erfolgte Änderung ist gemäß Art. 49 Abs. 1 B-VG am 27. August 1994 in Kraft getreten.
Gemäß § 3 Abs. 2 KommStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt.
Das KommStG bedient sich zur Begriffsdefinition des Unternehmers im § 3 Abs. 2 und zur Umschreibung des Umfanges des Unternehmens im § 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Formulierungen des § 2 UStG. Daraus läßt sich ableiten, daß die Begriffe in beiden Rechtsbereichen den gleichen Inhalt haben (vgl. Fellner, KommStG, § 3 Rz. 3; Taucher, Die Kommunalsteuer, in Bertl/Mandl/Mandl/Ruppe, Steuerreform 1993, 160). Dies entspricht auch der Absicht des Gesetzgebers, was sich aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1238 BlgNr. 18.GP) ergibt, wonach das KommStG an den Unternehmensbegriff im Sinne des UStG 1972 anknüpft. Eine Erweiterung über den Inhalt der umsatzsteuerlichen Begriffe findet lediglich durch § 3 Abs. 1 Satz 3 statt.
Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin als Komplementär-GmbH einer GmbH & Co KG aufgrund der entgeltlichen Geschäftsführungstätigkeit für die KG Unternehmer im Sinn des § 3 Abs. 2 KommStG ist. In der Alternativbegründung ist sie davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin als Holdinggesellschaft im Sinn des § 3 Abs. 1 Satz 3 leg. cit. anzusehen ist.
Mit der Frage, ob eine GmbH, deren Dasein sich in der Position des persönlich haftenden Gesellschafters einer KG erschöpft, ein Unternehmer im Sinn des § 2 UStG ist, hatte sich der Verwaltungsgerichthof bereits zu beschäftigen und dazu wiederholt ausgesprochen, daß eine GmbH, deren Tätigkeit auf die Besorgung der Geschäftsführung einer KG beschränkt ist, nicht als Unternehmer im Sinn des UStG anzusehen ist (vgl. das hg. Erkenntis vom 19. Oktober 1987, Slg. NF 6261/F, sowie die bei Zorn, Besteuerung der Geschäftsführung, Wien 1992, 250f zitierte hg. Judikatur). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch den Beschwerdefall nicht veranlaßt, von dieser Rechtsansicht abzugehen. Die belangte Behörde verweist auf den Umstand, daß die Komplementär-GmbH eine selbständige juristische Person ist; dieser Umstand ändert aber nichts daran, daß sie in gesellschaftsrechtlicher Funktion für die KG tätig wird.
Da der Unternehmerbegriff des § 3 Abs. 2 KommStG jenem des UStG 1972 entspricht, ist auch für den Bereich der Kommunalsteuer davon auszugehen, daß die Geschäftsführung (und Vertretung) der Komplementär-GmbH für sich die Unternehmereigenschaft nicht bewirkt (vgl. Taucher, aaO, 162). Die gegenteilige Auffassung der belangten Behörde erweist sich somit als im Gesetz nicht gedeckt.
Es bleibt zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin aufgrund der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Satz 3 der Stammfassung des KommStG als Unternehmer angesehen werden kann. In Betracht kommt ausschließlich die Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal Holdinggesellschaften.
Im Erkenntnis vom 19. Oktober 1987, SlgNF 6261/F, hat der Verwaltungsgerichtshof eine Holdinggesellschaft als Gesellschaft beschrieben, deren Gegenstand die Beteiligung an einem anderen Unternehmen ist. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde wird in diesem Erkenntnis nicht zum Ausdruck gebracht, daß eine geschäftsführende Komplementär-GmbH eine Holdinggesellschaft wäre. Es wird lediglich ein Vergleich zwischen diesen beiden Arten von Gesellschaften aus umsatzsteuerlicher Sicht angestellt. Aus der eben wiedergegebenen Definition der Holdinggesellschaft folgt aber, daß dieser Begriff nur solche Gesellschaften erfaßt, deren Betätigung im Halten von Beteiligungen liegt. Solcherart fällt aber unter den Begriff der Holdinggesellschaft jedenfalls nicht eine Komplementär-GmbH, deren Tätigkeit im wesentlichen in der Geschäftsführung für die KG besteht und deren Funktion durch die Stellung als persönlich haftender Gesellschafter der KG geprägt ist, auch wenn sie am Vermögen dieser KG beteiligt ist. In diesem Zusammenhang ist überdies darauf zu verweisen, daß die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das KommStG als Holdinggesellschaften solche Kapitalgesellschaften erwähnen, deren Betriebsgegenstand das Halten von Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften ist.
Die belangte Behörde ist somit einem Rechtsirrtum unterlegen, wenn sie die Beschwerdeführerin - sie ist zu 1 % am Vermögen der KG beteiligt - aufgrund der Beteiligung an der KG als Holdinggesellschaft angesehen hat. Soweit die belangte Behörde aus der Formulierung des § 3 Abs. 1 Satz 3 KommStG in der Fassung Abgabenänderungsgesetz 1994 ("als Unternehmer und Unternehmen gelten stets ...") die Unternehmereigenschaft von Komplementärgesellschaften ableitet, ist ihr entgegenzuhalten, daß die Neufassung des § 3 Abs. 1 Satz 3 für Zeiträume vor ihrem Inkrafttreten keine normative Wirkung zu entfalten vermag.
Der Bescheid kann auch nicht darauf gestützt werden, daß die Beschwrdeführerin gemäß § 6 KommStG als Komplementärin Gesamtschulderin der im Unternehmen der KG anfallenden Kommunalsteuer ist. Gemäß § 1 KommStG unterliegen der Kommunalsteuer die an die Dienstnehmer einer im Inland gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährten Arbeitslöhne. Gemäß § 2 KommStG sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z. 2 EStG 1988. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH steht aber nicht in einem solchen Dienstverhältnis zur KG.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, wenn sie die Beschwerdeführerin im zeitlichen Geltungsbereich der Stammfassung des § 3 KommStG als Unternehmer angesehen hat.
Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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