VwGH 96/10/0030

VwGH96/10/00309.9.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, I. in der Beschwerdesache der A GesmbH in V, vertreten durch Dr. C, RA in V, gegen den Bescheid der OÖ LReg vom 1.12.1995, Zl. N-100761/1995-Mö, betr Feststellung gemäß § 7 NatSchG 1995 und naturschutzrechtlichen Entfernungsauftrag, II. über die Beschwerde 1) der T in S, sowie von weiteren 23 Bf, alle vertreten durch Dr. C, RA in V, gegen den unter I. genannten Bescheid

Normen

AVG §56;
NatSchG OÖ 1995 §39 Abs1;
NatSchG OÖ 1995 §39 Abs4;
NatSchG OÖ 1995 §7 Abs1;
NatSchG OÖ 1995 §7 Abs3;
AVG §56;
NatSchG OÖ 1995 §39 Abs1;
NatSchG OÖ 1995 §39 Abs4;
NatSchG OÖ 1995 §7 Abs1;
NatSchG OÖ 1995 §7 Abs3;

 

Spruch:

I. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen;

II. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

III.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

IV.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23. April 1990, Zl. N-4699-1989/Mai, wurde aufgrund des Antrages der unter I. genannten Beschwerdeführerin festgestellt, daß durch die Errichtung eines Mehrfamilienhauses auf dem Grundstück Nr. 2311/1, eines Badehauses, einer Einfriedung entlang der östlichen und nördlichen Grundstücksgrenze sowie zweier hölzerner Liegeplattformen im See auf bzw. vor dem Grundstück Nr. 2382/8, jeweils KG X - nach Maßgabe des vorgelegten und gekennzeichneten Projektes - solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, bei Einhaltung u.a. folgender Auflage nicht verletzt werden:

"3. Die Einfriedung des Grundstückes Nr. 2382/8, KG X, an der Ost- und Nordseite darf nur in Form einer natürlichen Hecke mit einheimischen standortgerechten Sträuchern mit einer max. Höhe von 1,30 m erfolgen."

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom 17. August 1993 erklärte die genannte Beschwerdeführerin zum behördlichen Vorhalt, sie habe auf dem Grundstück Nr. 2382/8, KG X, entlang der Bundesstraße (somit an der östlichen Grundstücksgrenze) eine durchgehende Holzwand auf einer Länge von ca. 50 m und mit einer Höhe von ca. 90 cm errichtet, es habe sich an dieser Stelle eine alte knorrige 1 m breite und über 2 m hohe Hecke befunden. Durch diese sei kurz vor Baubeginn ein VW-Bus bis in den See gefahren. Die Hecke habe in der Folge entfernt werden müssen und es sei eine neue Hecke in einen Trog mit einem Querschnitt von 0,80 x 0,80 m gepflanzt worden. Dieser Trog sei ein unabdingbarer Sicherheitsfaktor für Kinder und Erwachsene, die sich auf dem Badeplatz aufhielten. Der Trog werde zusätzlich noch bepflanzt, sodaß er in zwei bis drei Jahren nicht mehr sichtbar und das gleiche Erscheinungsbild wie früher gegeben sei. Es handle sich "nicht um eine willkürliche Übergehung naturschutzbehördlicher Gesetze". Die Erstbeschwerdeführerin sei vielmehr bemüht gewesen, durch zusätzlichen Aufwand größtmögliche Sicherheit für die Benützer des Badeplatzes zu erreichen und darüberhinaus das Erscheinungsbild der Vergangenheit wiederherzustellen. Sollte für die aufgestellten Tröge jedoch eine naturschutzbehördliche Genehmigung erforderlich sein, ersuche sie um nachträgliche Genehmigung.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid der BH vom 27. Jänner 1994 gemäß § 5 Abs. 1 Oö NSchG 1982 abgewiesen (Spruchteil I.) und der genannten Beschwerdeführerin die Entfernung der Pflanztröge aufgetragen (Spruchteil II.). Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, aufgrund der - näher dargelegten - maßgeblichen Störwirkung der Pflanztröge überwiege das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes im gegenständlichen Bereich alle anderen Interessen. Zwar werde dem Straßenverkehr ein "gewisses Gefahrenpotential" eingeräumt, dieses gehe aber über das allgemeine Ausmaß im Uferbereich des Attersees nicht hinaus. Auch dem Interesse an der Herabsetzung des Straßenlärms komme im Verhältnis zu der zu erwartenden Störwirkung nur untergeordnete Bedeutung zu. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung, daß durch die errichteten Pflanztröge solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden, sei daher abzuweisen gewesen. In diesem Zusammenhang werde auch auf Auflage 3 des Bescheides der BH vom 23. April 1990 hingewiesen. Schon damals sei der Landesbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz und die Naturschutzbehörde der Ansicht gewesen, daß die Errichtung einer massiven Einfriedung nicht vertreten werden könne. Die Erstbeschwerdeführerin hätte daher wissen müssen, daß das Errichten der verfahrensgegenständlichen Holzwand "weder fachlich noch rechtlich zulässig" sei.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung verwies die Beschwerdeführerin neuerlich auf die Schutzfunktion der "in Form eines bepflanzten Troges ausgebildeten Holzwand" gegen außer Kontrolle geratene, von der Bundesstraße abkommende Kraftfahrzeuge, sowie darauf, daß durch Strauchpflanzen vor der Holzwand gewährleistet werde, daß sich diese von den übrigen Hecken der anliegenden Seeufergrundstücke nicht mehr unterscheiden würde.

Mit dem aufgrund des mittlerweile erfolgten Eigentumsüberganges betreffend die in Rede stehende Anlage von der unter I. genannten Beschwerdeführerin auf die unter II. genannten Beschwerdeführer nur mehr letzteren gegenüber ergangenen Bescheid der Oö Landesregierung vom 1. Dezember 1995, wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid der BH vom 27. Jänner 1994 in seinem Spruchteil I. vollständig und in seinem Spruchteil II. mit der Maßgabe bestätigt, daß der widerrechtliche Eingriff in das Landschaftsbild auf dem Grundstück Nr. 2382/8, KG X

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

V.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes daher nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 (1987) 412 f referierte hg. Judikatur).

Diese Möglichkeit der Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid besteht für die unter I. genannten Beschwerdeführerin allerdings nicht. Nicht sie, sondern ausschließlich die unter II. genannten Beschwerdeführer sind nämlich Adressaten dieses Bescheides; der angefochtene Bescheid entfaltet für die unter I. genannten Beschwerdeführerin keine Rechtswirkungen. Die von ihr erhobene Beschwerde war somit mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit Beschluß zurückzuweisen.

VI.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die von den unter II. genannten Beschwerdeführern erhobene Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Feststellung, daß durch die Errichtung der Pflanzentröge öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden, sowie im Recht auf Unterbleibung des Entfernungsauftrages verletzt. Sie bringen in Ausführung dieses Beschwerdepunktes im wesentlichen vor, die belangte Behörde sei in unzutreffender Weise zur Auffassung gelangt, es bestehe ein alle anderen Interessen überwiegendes öffentliches Interesse daran, daß der verfahrensgegenständliche Eingriff in das Landschaftsbild unterbleibe. Zum einen seien die Holztröge nämlich - wie näher dargelegt - keine gravierende Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, zum anderen würden sie einen wirksamen Schutz gegen außer Kontrolle geratene, von der Bundesstraße abkommende Fahrzeuge bieten. So habe die belangte Behörde unberücksichtigt gelassen, daß sich insbesondere in den Sommermonaten immer wieder Verkehrsunfälle mit schwerwiegenden Folgen ereigneten, bei denen Kraftfahrzeuge von der Straße abkämen und auf Badeplätze gerieten, wodurch Badegeäste erheblich verletzt würden. Auch dem Umstand, daß durch die Holztröge der von der Bundesstraße herrührende Straßenlärm abgeschirmt werde, komme mehr Gewicht zu, als ihm die belangte Behörde beigemessen habe. Dies gelte auch für den Umstand, daß die Tröge rund S 100.000,-- gekostet hätten. Ergänzend sei auszuführen, daß auch der Bestimmung des § 2 Abs. 2 Z. 2 Oö NSchG 1995 im gegenständlichen Verfahren "Bedeutung zugestanden" werden müsse. Es könne durchaus angenommen werden, daß eine unmittelbar drohende Gefahr für Leben oder Gesundheit insbesondere der den Badeplatz benützenden Personen vorliege, zumal - wie im Verwaltungsverfahren aufgezeigt - tatsächlich erhebliche Verkehrsunfälle passiert seien. Die belangte Behörde hätte daher bei richtiger rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes zum Ergebnis gelangen müssen, daß die beantragte Feststellung bescheidmäßig auszusprechen und der Entfernungsauftrag zu unterlassen gewesen wäre.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:

Gemäß § 7 Abs. 1 Oö NSchG 1995 ist jeder Eingriff in das Landschaftsbild und im Grünland in den Naturhaushalt an allen Seen samt ihren Ufern bis zu einer Entfernung von 500 m landeinwärts verboten, solange die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, daß solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.

Eine bescheidmäßige Feststellung gemäß Abs. 1 kann gemäß § 7 Abs. 3 leg. cit. auch unter Bedingungen, befristet oder mit Auflagen erteilt werden, wenn dies zur Wahrung der öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes erforderlich ist.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Mit Bescheid der BH vom 23. April 1990 wurde die Gestaltung der Einfriedung der Ost- und Nordseite des Grundstückes Nr. 2382/8, KG X, im Interesse der Erhaltung des Landschaftsbildes dahin geregelt, daß diese "nur im Form einer natürlichen Hecke mit einheimischen standortgerechten Sträuchern mit einer max. Höhe von 1,30 m erfolgen" darf. Der Antrag vom 17. August 1993 um "nachträgliche Genehmigung" der (an der östlichen Grundstücksgrenze) errichteten Tröge stellt sich daher als Antrag auf Abänderung dieses

- unbestrittenermaßen - in Rechtskraft erwachsenen Bescheides dar, ohne daß in der - in Ansehung des § 7 Oö NSchG 1995 - relevanten Sachlage oder in den diesen Bescheid tragenden Normen wesentliche Änderungen eingetreten wären. Vielmehr wurde nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten im Zuge des Lokalaugenscheines vom 23. November 1993 festgestellt, daß "eine maßgebliche Änderung der Sachverhalt- und Rechtslage in bezug auf die während der mündlichen Verhandlung vom 3. April 1990 an Ort und Stelle vorgefundenen Umstände ... nicht stattgefunden" hat.

Der begehrten neuerlichen Entscheidung über die Gestaltung der Einfriedung stand somit die Rechtskraft des Bescheides vom 23. April 1990 entgegen.

Hatten die Beschwerdeführer solcherart aber keinen Anspruch auf Sachentscheidung, weil ihr Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen gewesen wäre, so wurden sie - unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides - durch die Abweisung ihres Antrages im geltend gemachten Recht auf Feststellung i.S.d. § 7 Oö NSchG 1995 nicht verletzt.

Zur Rechtmäßigkeit des Entfernungsauftrages ist zunächst festzuhalten, daß die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, daß die Errichtung der gegenständlichen Pflanzentröge nicht als eine - dem NSchG nicht unterliegende - Maßnahme i.S.d. § 2 Abs. 2 Z. 2 Oö NSchG 1995 angesehen werden kann; behaupten doch selbst die Beschwerdeführer keinen Sachverhalt, der das Merkmal der "unmittelbar drohenden Gefahr" i. S. dieser Bestimmung erfüllt.

Gemäß § 44 Abs. 1 Oö NSchG 1995 kann die Behörde, wenn bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt oder in Bewilligungen verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten wurden, unabhängig von einer Bestrafung nach § 42 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wiederherzustellen bzw. den bescheidmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, daß Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden. Nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle ist u.a. deren Abs. 1 sinngemäß bei widerrechtlichen Eingriffen in das Landschaftsbild gemäß § 7 anzuwenden.

Das im § 39 Abs. 4 Oö NSchG 1995 ausgesprochene Gebot der sinngemäßen Anwendung des Abs. 1 bedeutet, daß die Behörde die dort vorgesehenen Aufträge u.a. dann zu erteilen hat, wenn feststellungspflichtige Eingriffe gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. ohne die in dieser Gesetzesstelle vorgesehene bescheidmäßige Feststellung vorgenommen wurden, oder wenn in einem derartigen Bescheid verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten wurden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. November 1988, Zl. 88/10/0130).

Die entgegen Auflage 3 des Feststellungsbescheides vom 23. April 1990 errichteten Pflanzentröge stellen daher einen widerrechtlichen Eingriff i.S.d. der zitierten Bestimmungen dar, sodaß die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen, bei deren Vorliegen die Behörde verpflichtet ist, mit der Erlassung eines Auftrages nach der zitierten Vorschrift vorzugehen, vorliegen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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