VwGH 96/03/0047

VwGH96/03/004718.9.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des J in R, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Ehrensenates des Ehrengerichtes der Salzburger Jägerschaft vom 27. November 1995, Zl. 047-1/E-Akt VII/95/MMa/Fa, betreffend Verletzung der Jägerehre, zu Recht erkannt:

Normen

JagdG Slbg 1993 §138 Abs3 lita;
JagdG Slbg 1993 §139 Abs6;
JagdG Slbg 1993 §143 Abs1;
JagdRallg;
MRKZP 07te Art2;
JagdG Slbg 1993 §138 Abs3 lita;
JagdG Slbg 1993 §139 Abs6;
JagdG Slbg 1993 §143 Abs1;
JagdRallg;
MRKZP 07te Art2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Salzburger Jägerschaft hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt,

"die Jägerehre dadurch verletzt zu haben, indem er am 29.7.1994 um 18.45 Uhr im Jagdgebiet der Gemeindejagd Rußbach, Revierteil Demelhäusl, einen Rehbock durch Weichschuß anschweißte und sodann keine den Grundsätzen weidgerechten Verhaltens entsprechende Nachsuche durchführte, da er weder die auf einer Wiese liegende Anschußstelle untersuchte noch sie verbrach und die Nachsuche zu einem völlig ungeeigneten Zeitpunkt nämlich 22.20 Uhr des selben Tages, also bei Finsternis, begann und in der Zwischenzeit von der Schußabgabe um 18.45 Uhr bis zum Beginn der ungeeigneten Nachsuchehandlung um 22.20 Uhr die Jagd in einem anderen Revierteil der Gemeindejagd ausgeübt hat."

Wegen dieses Verhaltens wurde er gemäß § 138 Abs. 3 lit. a des Salzburger Jagdgesetzes 1993, LGBl. Nr. 100, (JG) mit einem Verweis bestraft.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die belangte Behörde hielt in der Begründung ihres Bescheides fest, daß sich der Beschwerdeführer zwar nicht schuldig bekannt habe, jedoch - wie aus seiner Vernehmung anläßlich der Ehrengerichtsverhandlung hervorgehe - grundsätzlich den angelasteten Sachverhalt bestätigt habe. Dabei übersah sie allerdings, daß sich der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor der belangten Behörde - u.a. - damit verantwortet hatte, daß er nach der Abgabe des Schusses gewartet habe, zum Anschuß gegangen sei und "geschaut" habe, dann habe er sich zurückgezogen. Die belangte Behörde durfte daher nicht davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer den "angelasteten Sachverhalt" hinsichtlich des Vorwurfes, die Anschußstelle nicht untersucht zu haben, "bestätigt" habe; sie hätte sich vielmehr mit der zitierten Verantwortung des Beschwerdeführers auseinandersetzen und das Ergebnis ihrer Überlegungen in einer den Erfordernissen der §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG (in Verbindung mit § 24 VStG und § 139 Abs. 6 JG) entsprechenden Weise darlegen müssen.

Ferner ging die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides davon aus, daß der Beschwerdeführer den Rehbock "durch Weichschuß" angeschweißt habe; in der Gegenschrift räumte sie ein, daß in einem solchen Fall mit der Aufnahme der Nachsuche eine geraume Zeit zuzuwarten sei, weil Stücke nach derartigen Schüssen regelmäßig ins Wundbett gingen und bei einer Aufmüdung unmittelbar nach dem Schuß u.U. nicht mehr zustandegebracht werden könnten. Dies entspricht auch dem jagdfachlichen Erkenntnisstand (vgl. Jagdlexikon, BLV-Verlagsgesellschaft München-Wien-Zürich, 1983, S. 436; Der Jagdprüfungsbehelf, Österreichischer Jagd- und Fischerei-Verlag des N.-Ö. Landesjagdverbandes, 11. Aufl., S. 443). Vor diesem Hintergrund bedarf es einer näheren Begründung, warum das Verhalten des Beschwerdeführers, erst um 22.20 Uhr, also rund dreieinhalb Stunden nach der Schußabgabe, mit der Nachsuche begonnen zu haben, einen groben Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit darzustellen geeignet ist; allein der Umstand, daß eine Nachsuche bei "Finsternis" wenig zweckmäßig erscheint, vermag die Annahme eines derartigen Verstoßes noch nicht zu rechtfertigen. Ob der Beschwerdeführer "in der Zwischenzeit von der Schußabgabe um 18.45 Uhr bis zum Beginn der ungeeigneten Nachsuchehandlung um 22.20 Uhr die Jagd an einem anderen Revierteil der Gemeindejagd ausgeübt hat", ist für die Beurteilung des Vorliegens eines groben Verstosses gegen die Weidgerechtigkeit unerheblich.

Daß der Beschwerdeführer die Nachsuche ohne Verwendung eines Jagdhundes vornehmen wollte, wurde ihm in der im Spruch des angefochtenen Bescheides umschriebenen, als erwiessen angenommenen Tat (§ 44a Z. 1 VStG in Verbindung mit § 139 Abs. 6 JG) nicht angelastet. Die darauf Bezug nehmenden Ausführungen in der Gegenschrift gehen daher ins Leere.

Wegen der angeführten Begründungsmängel war der angefochtene Bescheid somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Den vom Beschwerdeführer aus dem Blickwinkel einer Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den in § 143 Abs. 1 JG normierten Ausschluß einer Beschwerde im Falle eines Verweises vermag der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die dem Beschuldigten offenstehende Möglichkeit der Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes nicht beizutreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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