VwGH 95/21/1170

VwGH95/21/117024.1.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. September 1995, Zl. Fr 2841/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §6 Abs1;
AsylG 1991 §6 Abs2 idF 1992/838;
AsylG 1991 §7 Abs1;
FlKonv Art1;
FlKonv Art31 Z1;
FrG 1993 §17 Abs2 Z4;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;
FrG 1993 §37;
AsylG 1991 §6 Abs1;
AsylG 1991 §6 Abs2 idF 1992/838;
AsylG 1991 §7 Abs1;
FlKonv Art1;
FlKonv Art31 Z1;
FrG 1993 §17 Abs2 Z4;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;
FrG 1993 §37;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 28. September 1995 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Liberia, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 Fremdengesetz (FrG) ausgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 12. Juni 1995 auf dem Dach eines Eisenbahnwaggons versteckt, somit unter Umgehung der Grenzkontrolle über Ungarn in das Bundesgebiet eingereist. Er habe sein Heimatland im Dezember 1994 per Schiff nach Griechenland verlassen und habe dann seine Reise über Bulgarien, Jugoslawien und Ungarn fortgesetzt. Der von ihm gestellte Asylantrag sei vom Bundesasylamt abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer sei mittellos und habe auch keine geregelte Erwerbstätigkeit in Aussicht. Er sei innerhalb eines Monats betreten worden, sodaß sämtliche Voraussetzungen für die Erlassung einer Ausweisung gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 leg. cit. gegeben seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer tritt den Ausführungen der belangten Behörde, daß er über Ungarn unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt ist und jedenfalls der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG erfüllt sei, nicht entgegen.

Der Beschwerdeführer macht aber geltend, daß ihm das vorläufige Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz 1991 zukomme, weil er gegen den abweislichen Bescheid des Bundesasylamtes Berufung erhoben habe und somit das Asylverfahren bislang nicht rechtskräftig abgeschlossen sei.

Die damit aufgeworfene Frage im Hinblick auf § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 in der Fassung des Art. II Z. 2

BGBl. Nr. 838/1992 ist von rechtlicher Relevanz, weil im Falle des Vorliegens einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gegen den betreffenden Fremden keine Ausweisung erlassen werden darf. Die dazu vorgetragene Argumentation der Beschwerde ist aber zur Begründung, daß der Beschwerdeführer über eine solche Aufenthaltsberechtigung verfügte, ungeeignet. Es kommt nämlich für das Vorliegen einer solchen Aufenthaltsberechtigung nicht auf die Stellung eines Asylantrages an, über den bislang noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Was die Beurteilung der Frage anlangt, ob ein Fremder gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 vorläufig aufenthaltsberechtigt ist, ist vielmehr auf die dazu ergangene, hg. ständige Rechtsprechung hinzuweisen (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 17. Juni 1993, Zl. 93/18/0213, vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0575, und vom 13. Jänner 1994, Zl. 93/18/0495). Danach scheitert der Versuch des Beschwerdeführers darzutun, daß er eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 habe, schon deshalb, weil der unbestrittene Sachverhalt die nach § 7 Abs. 1 erster Satz leg. cit. für die vorläufige Aufenthaltsberechtigung erforderliche Voraussetzung, gemäß § 6 leg. cit. eingereist zu sein, nicht erfüllt. Der Beschwerdeführer ist weder direkt aus dem Staat, in dem er behauptet, Verfolgung befürchten zu müssen, gekommen (§ 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991), er bringt auch keine Gründe vor bzw. hat keine vorgebracht, daß er in den Durchreisestaaten verfolgt oder von einer Rückschiebung bedroht gewesen wäre, noch behauptet er, daß er gemäß § 37 FrG nicht zurückgewiesen werden durfte und ihm die Einreise zu gestatten gewesen wäre (§ 6 Abs. 2 leg. cit.). Aus dem Fehlen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ergibt sich, daß im Beschwerdefall zufolge des § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 in der Fassung des Art. II Abs. 2

BGBl. Nr. 838/1992 der Anwendung des § 17 Abs. 2 FrG kein rechtliches Hindernis entgegenstand.

Konnte somit die belangte Behörde die verfügte Ausweisung zu Recht auf § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG stützen, könnte es dahingestellt bleiben, ob auch der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 4 leg. cit. erfüllt war. Angesichts der unbestrittenen Feststellung, daß der Beschwerdeführer völlig mittellos in das Bundesgebiet eingereist ist und keine konkrete Erwerbstätigkeit in Aussicht hat, bestehen aber keine Bedenken dagegen, daß auch dieser Tatbestand erfüllt ist. Das dazu in der Beschwerde allein vorgetragene Argument, der Beschwerdeführer sei in der Lage, "Beschäftigungen nachzugehen, für die eine Beschäftigungsbewilligung nicht Voraussetzung ist (z.B. Werbemittelverteiler)" vermag den vom Gesetz geforderten, initiativ zu erbringenden Nachweis, daß der Beschwerdeführer über ausreichende Mittel nicht nur zur vorübergehenden Sicherung seines Unterhaltsbedarfes verfügt, nicht darzustellen.

Auch wenn bei einer Ausweisung nach § 17 Abs. 2 FrG entgegen der Beschwerdeauffassung eine Interessenabwägung im Hinblick auf das Recht auf Achtung des Privatlebens im Sinn der §§ 19, 20 Abs. 1 leg. cit. nicht zum Tragen kommt, ist der belangten Behörde nach herrschender Auffassung bei Anwendung des § 17 Abs. 2 FrG Ermessen eingeräumt. Die Ermessensübung der Behörde hat sich davon leiten zu lassen, von welchem Gewicht die Störung der öffentlichen Ordnung ist. Andere Umstände hat die Behörde bei der Ermessensübung nicht zu berücksichtigen. Lediglich in Fällen, in denen die öffentliche Ordnung nur ganz geringfügig berührt wird, wird im Lichte einer gesetzmäßigen Ermessensübung von der Erlassung einer Ausweisung abzusehen sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0349).

Von einer derart geringfügigen Berührung der öffentlichen Ordnung kann im Beschwerdefall aber keine Rede sein. Vielmehr ist das Verhalten des Beschwerdeführers, der sich über maßgebende, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnde Vorschriften hinweggesetzt hat, als eine unter dem Gesichtspunkt der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung im Sinn des § 17 Abs. 2 FrG zu qualifizieren. Von daher gesehen hat die belangte Behörde vorliegend zu Recht die Ausweisung ausgesprochen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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