Normen
AVG §1;
B-VG Art140 Abs7;
B-VG Art7;
UOG 1975 §15 Abs9 idF 1978/443;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AVG §1;
B-VG Art140 Abs7;
B-VG Art7;
UOG 1975 §15 Abs9 idF 1978/443;
VwGG §42 Abs2 Z2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin stellte am 30. November 1986 den Antrag auf Verleihung der Lehrbefugnis (venia docendi) für das wissenschaftliche Gebiet "Neuere Skandinavistik" (mit Schwerpunkt Dänische Sprache und Literatur) im Rahmen des Fachgebietes Germanistik/Skandinavistik. Diesen Antrag wies die für dieses Verfahren eingerichtete Habilitationskommission der Universität Wien mit Bescheid vom 21. Dezember 1988 ab.
Auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin hob der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung mit Bescheid vom 3. Juli 1989 diesen Bescheid der Habilitationskommission gemäß § 37 Abs. 2 UOG auf und setzte eine besondere Habilitationskommission (im folgenden kurz: Kommission) ein, die sich in ihrer Sitzung vom 20. Oktober 1989 konstituierte und aus ihrer Mitte Univ.Prof. Dr. R als Vorsitzenden bestimmte.
In ihrer ersten (beratenden) Sitzung am 30. März 1990 beschloß die Kommission ihre Erweiterung um zwei fachzuständige Professoren und einen Mittelbauvertreter. In der Folge bestellte der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung mit Erlaß vom 19. November 1990 die Professoren Dr. H (Berlin) und Dr. B (Greifswald) sowie Dozent Dr. S (Salzburg) zu weiteren Kommissionsmitgliedern.
Mit dem vom Vorsitzenden intimierten Bescheid vom 12. November 1991 wies die Kommission nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens (nach Einholung von Gutachten) das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Verleihung der Lehrbefugnis für das beantragte Fach im wesentlichen mit der Begründung ab, die im Habilitationsverfahren zu beurteilenden wissenschaftlichen Arbeiten der Beschwerdeführerin genügten nicht den Anforderungen des § 36 Abs. 3 UOG. Dabei wurde die Dissertation der Beschwerdeführerin zwar als wesentlicher Teil der "kumulativen Habilitationsschrift" bezeichnet, jedoch aus der Begutachtung ausgeschlossen, da ein- und dieselbe Arbeit nach Auffassung der Kommission nicht zwei verschiedenen Verfahren unterzogen werden dürfe.
Mit Erkenntnis vom 28. April 1993, Zl. 92/12/0023, hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid der Kommission vom 12. November 1991 wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde auf. Er begründete dies im wesentlichen damit, im Beschwerdefall sei im Hinblick auf die (erstmalige) inhaltliche Befassung mit der (kumulativen) Habilitationsschrift der Beschwerdeführerin vor dem 1. Oktober 1990 im Sinne des Art. III Abs. 1 der UOG-Novelle, BGBl. Nr. 364/1990, das UOG in der Fassung vor der Novelle 1990 anzuwenden. Auf dem Boden dieser Rechtslage sei es jedoch - anders als nach der neuen Rechtslage (Hinweis auf die im Verfassungsrang stehende Bestimmung des § 21 Abs. 4 UOG in der Fassung BGBl. Nr. 364/1990) - ausgeschlossen gewesen, Wissenschafter ohne österreichische Staatsbürgerschaft zu Mitgliedern der Habilitationskommission zu bestellen. Im Beschwerdefall sei daher durch die Aufnahme zweier Kommissionsmitglieder, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besäßen, den Zusammensetzungserfordernissen des § 37 Abs. 2 UOG (alte Fassung) nicht entsprochen worden, weshalb die belangte Behörde infolge unrichtiger Zusammensetzung unzuständig gewesen sei.
In der Folge teilte der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung mit Erlaß vom 21. Juli 1993 dem Vorsitzenden der Kommission mit, das Verfahren sei in der ursprünglichen Zusammensetzung (unter Ausscheiden der beiden nachträglich nominierten ausländischen Professoren und des Mittelbauvertreters) weiterzuführen. Nachdem ein Kommissionsmitglied wegen seiner Emeritierung ausgeschieden und auf Vorschlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften durch Univ.Prof.Dr. P. ersetzt worden war, wies die Kommission nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens (im wesentlichen Erstellung von Gutachten) mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 16. August 1994 neuerlich das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Verleihung der Lehrbefugnis für das Fach "Neuere Skandinavistik" (mit Schwerpunkt Dänische Sprache und Literatur) im Rahmen des Fachgebietes Germanistik/Skandinavistik ab. Auch dieser Bescheid wird im wesentlichen damit begründet, die wissenschaftlichen Arbeiten (unter Nichtberücksichtigung der Dissertation der Beschwerdeführerin) erfüllten nicht die (fachlichen) Voraussetzungen nach § 36 Abs. 3 UOG.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Aus Anlaß dieser Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 28. Juni 1995, Zl. A 78/95, beim Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, unter anderem die Wortfolge "im Verhältnis wie im Kollegialorgan" in § 15 Abs. 9 UOG, BGBl. Nr. 258/1975, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 443/1978 (sowie einiger anderer Bestimmungen des UOG) als verfassungswidrig aufzuheben.
Mit Erkenntnis vom 29. November 1995, G 1249/95 und G 1289/95 (dem Verwaltungsgerichtshof am 20. Dezember 1995 zugestellt) hat der Verfassungsgerichtshof die oben genannte Wortfolge in § 15 Abs. 9 UOG in der Fassung BGBl. Nr. 443/1978, als verfassungswidrig aufgehoben und verfügt, daß die Aufhebung mit Ablauf des 30. November 1996 in Kraft tritt. Hingegen wurde der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes, soweit er die Aufhebung von sonstigen Bestimmungen des UOG beantragte, mangels Präjudizialität zurückgewiesen. Der Verfassungsgerichtshof hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, es sei unsachlich, wenn im zweiten und vierten Abschnitt des Habilitationsverfahrens, in denen es ausschießlich auf die Beurteilung der wissenschaftlichen Qualifikation des Bewerbers ankommt, die Willensbildung in einer (besonderen) Habilitationskommission derart geregelt sei, daß ein Beschluß nicht jedenfalls auch von der Mehrheit der über die Lehrbefugnis verfügenden Mitglieder getragen werde. Soweit es hingegen die Willensbildung einer (besonderen) Habilitationskommission im ersten und im dritten Abschnitt des Habilitationsverfahrens betrifft, sei die Regelung des UOG verfassungsrechtlich unbedenklich, weil es in keinem dieser beiden Abschnitte um die Beurteilung der wissenschaftlichen Qualifikation eines Bewerbers als solche gehe. Da der Gesetzgeber bei der Schaffung des UOG (mangels entsprechender Differenzierung der Willensbildung je nach Abschnitt des Habilitationsverfahrens) eine solche Vorsorge nicht getroffen habe, sei jene Bestimmung verfassungswidrig, die eine Zusammensetzung des Kollegialorganes in einer Weise regle, die ein Überstimmen der Mehrheit der fachlich qualifizierten Mitglieder möglich mache.
Der vorliegende Fall ist Anlaßfall dieser Entscheidung gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des bei ihm angefochtenen Bescheides so vorzugehen, als ob die Gesetzesbestimmung, auf die er sich stützt, schon bei seiner Erlassung nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Maßstab für die Beurteilung, ob die zuständige Behörde (gehörig zusammengesetzte Kollegialbehörde) eingeschritten ist, ist das Gesetz, wobei auf die Errichtung abzustellen ist. Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde unter anderem auch unter Bedachtnahme auf die zum Teil als verfassungswidrig erkannte Bestimmung des § 15 Abs. 9 UOG, und zwar in der Zusammensetzung 4:2:2 (Professoren, Mittelbau, Studenten) gebildet worden und war auch in dieser Zusammensetzung für die Willensbildung im 2. Abschnitt des Habilitationsverfahrens der Beschwerdeführerin zuständig. Die Aufhebung der oben genannten Wortfolge des § 15 Abs. 9 UOG hat zur Folge, daß im Anlaßfall nicht mehr eine Behörde in dieser Zusammensetzung zur Entscheidung (Willensbildung) im zweiten Abschnitt des Habilitationsverfahrens berufen ist. Die (gemessen an der bereinigten Gesetzeslage) nicht entsprechende Willensbildung in der Zusammensetzung der belangten Behörde im Verfahrensgegenstand (zweiter Abschnitt des Habilitationsverfahrens) führte daher dazu, daß im Beschwerdefall eine unzuständige Behörde eingeschritten ist. Auf die tatsächliche Zusammensetzung und Willensbildung der belangten Behörde im Zeitpunkt der Beschlußfassung über den angefochtenen Bescheid kommt es dabei nicht an.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die Bestimmungen der §§ 47 und 48 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Ersatz für Stempelmarken für die nicht erforderliche dritte Beschwerdeausfertigung sowie eine zusätzliche Kopie des angefochtenen Bescheides.
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