VwGH 95/12/0350

VwGH95/12/035028.2.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des Dr. G in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten vom 7. November 1995, Zl. 475723/669-VI.1/95, betreffend Ansprüche wegen behaupteter illegaler Verwendung von Abhörgeräten, zu Recht erkannt:

Normen

GehG 1956 §19a Abs1;
GehG 1956 §19b Abs1;
GehG 1956 §3 Abs1;
GehG 1956 §19a Abs1;
GehG 1956 §19b Abs1;
GehG 1956 §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der 1955 geborene Beschwerdeführer, ein rechtskundiger Beamter im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG, steht seit 1. Jänner 1993 als Legationsrat i.R. in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten. (Das Nähere hiezu ist dem zur Ruhestandsversetzung ergangenen hg. Erkenntnis vom 1. Februar 1995, Zl. 92/12/0286, zu entnehmen.)

Der Beschwerdeführer hat insbesondere seit 1992 eine große Menge von Bescheid- und Säumnisbeschwerden sowie Anträge beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht, die unter mehr als 240 Zahlen protokolliert wurden.

Aufgrund des Vorbringens in der Beschwerde, des vorgelegten, angefochtenen Bescheides, und des hg. Aktes Zl. 95/12/0100, geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem weiteren Sachverhalt aus:

Mit Eingabe vom 8. Oktober 1991 übermittelte der Beschwerdeführer der belangten Behörde Ablichtungen einer von ihm an die Staatsanwaltschaft Wien gerichteten "Sachverhaltsmitteilung und Antrag auf Strafverfolgung gemäß § 120 Abs. 3 StGB", in welcher er u.a. den Verdacht äußerte, er sei abgehört worden.

Mit einem sowohl an die Dienstbehörde als auch an die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten gerichteten Schriftsatz vom 14. April 1992, der tags darauf eingebracht wurde, brachte der Beschwerdeführer vor:

"Ich beantrage die Ausstellung eines Feststellungsbescheides zur Frage, ob ich verpflichtet bin, Verletzungen meiner nach Art. 8 MRK geschützten Privatsphäre durch solche Geräte zu dulden, deren Verwendung ohne meine Zustimmung der Strafdrohung des § 120 StGB unterliegt, sowie darüber hinaus auch solcher Geräte, die eine optische Aufnahme ermöglichen würden; ich verweise auf das gesamte bisherige einschlägige aktenkundige Vorbringen und die Geständnisse der Mitarbeiter der Dienstbehörde, aus denen hervorgeht, daß die Verwendung der genannten technischen Geräte zumindest mit dem Wohlwollen der Dienstbehörde, wenn nicht sogar in deren Auftrag geschieht.

Ich beantrage die bescheidmäßige Feststellung, was mit den illegal gewonnenen Aufnahmen geschieht und verlange die bescheidmäßige Anerkennung (mittels Feststellungsbescheides) meines Herausgabeanspruches aller dieser, sowie meines Anspruches auf Schadenersatz.

Infolge der völlig ungesetzlichen Methoden, die von der Dienstbehörde aus noch unlauteren Motiven heraus angewendet werden, beantrage ich auch die bescheidmäßige Feststellung, daß der Rechtsträger der Dienstbehörde im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten alle seine Ansprüche aus dem Dienstverhältnis gegen den Antragsteller, also an mich, verwirkt hat, sodaß ich aus dem Dienstverhältnis nur Rechte geltend zu machen habe, nicht jedoch irgendwelche Pflichten zu wahren habe.

Als Vorfrage nach § 38 AVG hat die Disziplinarkommission diese nach eigener Anschauung zu beurteilen, die relevanten Akten der Dienstbehörde anzufordern und in jede Bescheidbegründung nach § 60 AVG aufzunehmen."

Mit weiterem Schriftsatz an die Dienstbehörde vom 20. April 1992 brachte der Beschwerdeführer vor:

Mit Bezug auf die Geständnisse des Leiters der Abteilung VI.1 und eines seiner Mitarbeiter, welche aktenkundig sind, daß gegen mich mit technischen Mitteln, welche strafgesetzwidrig sind, eine Psychoterrorcampagne geführt wird, beantrage ich den bescheidmäßigen Kostenzuspruch für jenen Zeitraum, der nach § 13b des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, i.d.g.F. noch nicht verjährt ist, einer Gefahrenzulage im Ausmaß von einhundert von einhundert Prozent des Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V der Beamten der Allgemeinen Verwaltung, sowie einer Gefahrenzulage im Ausmaß von einhundert von einhundert Prozent des Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V der Beamten der Allgemeinen Verwaltung, sowie deren Valorisierung um die Kaufkraftparität für den Dienstort, d. i. New Delhi."

Mit weiterer Eingabe vom 12. Juni 1992 erklärte der Beschwerdeführer, die unter dem Titel von Gefahren- und Erschwerniszulage angesprochenen Beträge "hiemit auf 500 v.H. von V/2 pro Monat und valorisiert um die Kaufkraftparität jeweils pro Zulage" zu erhöhen. In einer Eingabe vom 6. Juli 1992 erstattete er ein weiteres Vorbringen zur Sache.

Mangels Entscheidung durch die belangte Behörde erhob der Beschwerdeführer die zur Zl. 95/12/0100 protokollierte Säumnisbeschwerde. Nach Erlassung des nun angefochtenen Bescheides gab er eine Klaglosstellungserklärung ab; mit hg. Beschluß vom 12. Dezember 1995 wurde das Säumnisbeschwerdeverfahren eingestellt.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde wie folgt entschieden:

"Gemäß den §§ 43 bis 61 Bamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333/1979 in der geltenden Fassung, wird festgestellt, daß Ihnen nicht die Dienstpflicht zur Duldung des Einsatzes von Abhör- oder ähnlichen technischen Überwachungsgeräten durch Dienstvorgesetzte oder durch Organwalter der Dienstbehörde obliegt (Spruch A).

Gemäß den §§ 19, 19a, 19b und 20 Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54/1956 in der geltenden Fassung, wird das Begehren auf Zuerkennung einer Erschwernis- und/oder Gefahrenzulage bzw. einer Belohnung und/oder Aufwandsentschädigung wegen des von Ihnen behaupteten Erleidens des Einsatzes von Abhör- und ähnlichen technischen Überwachungsgeräten mangels Rechtsanspruchs ABGEWIESEN (Spruch B)."

Begründend führte die belangte Behörde zunächst aus, daß sie den Beschwerdeführer für prozeßfähig halte (wurde näher dargelegt). Der Beschwerdeführer, so heißt es weiter, habe von der ihm gemäß den §§ 37 und 45 Abs. 3 AVG gebotenen Möglichkeit, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens bzw. der Beweisaufnahme schriftlich Stellung zu nehmen, fristgerecht Gebrauch gemacht und zugleich einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Da vorliegendenfalls die zur Überprüfung des behaupteten Sachverhaltes, nämlich des Verdachts des Amtsmißbrauches durch gesetzwidrige Verwendung von Abhörgeräten bzw. von ähnlichen technischen Überwachungsmitteln gegen den Beschwerdeführer, zuständigen Justizbehörden "bereits diesen Verdacht als unzutreffend aufgeklärt haben", sei eine mündliche Verhandlung vor der diesbezüglich unzuständigen Dienstbehörde NICHT zur Klärung des für deren Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes erforderlich.

Zum Spruchteil A dieses Bescheides sei auf die §§ 43 bis 61 BDG zu verweisen, in denen die Dienstpflichten der Beamten - auch des Ruhestandes - normiert seien. Diese gesetzlichen Bestimmungen sähen nicht vor, daß Beamte den Einsatz von Abhör- oder ähnlichen technischen Überwachungsgeräten durch Dienstvorgesetzte oder Organwalter der Dienstbehörde zu dulden hätten, sodaß die spruchgemäße Feststellung zu treffen gewesen sei. Ergänzend sei festzuhalten, "daß eine derartige Dienstpflicht, nämlich die Pflicht der Beamten zur Duldung des Einsatzes solcher Geräte durch Dienstvorgesetzte oder Organwalter der Dienstbehörde, gegen sie, offenkundig nicht durch den Bundesgesetzgeber normiert werden dürfte, weil sie den einen Bestandteil des Bundesverfassungsrechtes darstellenden Menschenrechten (siehe z.B. Art. 8 MRK) widersprechen würde".

Zum Spruchteil B sei folgendes auszuführen: Wie unter anderem die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien und des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, die aufgrund von Anzeigen bzw. Sachverhaltsmitteilungen des Einschreiters gegen diverse Bedienstete des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten durchgeführt und mittlerweile eingestellt worden seien, ergeben hätten, und wie sich auch aus den Akten sowohl der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten als auch der Disziplinaroberkommission des Bundeskanzleramtes sowie aus den Akten der belangten Behörde selbst ergebe, habe weder diese noch einer der Dienstvorgesetzten des Beschwerdeführers jemals Abhör- oder ähnliche technische Überwachungsgeräte gegen diesen Beamten eingesetzt. Es lägen daher die vom Einschreiter behaupteten Gründe für die Zuerkennung von Erschwernisund/oder Gefahrenzulagen oder von Belohnungen oder Kostenersätzen (Aufwandsentschädigungen) aus dem Titel der Erduldung einer derartigen Überwachung nicht vor. Demnach sei spruchgemäß das entsprechende Begehren abzuweisen gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer hat in seinen am 19. Juni 1995 eingebrachten Beschwerden, Zlen. 95/12/0158 und 95/12/0159 (die mit Erkenntnissen vom 30. Juni 1995 erledigt wurden), unter Hinweis auf einen Antrag, den er am 25. November 1994 bei der belangten Behörde einbrachte, vorgebracht, daß diese Bedenken an seiner Prozeßfähigkeit hätte haben müssen. Im Hinblick darauf ist auszuführen, daß der Verwaltungsgerichtshof den Beschwerdeführer im vorliegenden Beschwerdeverfahren, aber auch bei Antragstellung im zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren, sowie bei Zustellung des angefochtenen Bescheides, für prozeßfähig hält. Hiezu kann, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die in einem den Beschwerdeführer betreffenden Verfahren ergangenen hg. Beschluß vom 25. Jänner 1995, Zl. 92/12/0286, näher dargelegten Erwägungen - in denen auch auf das Vorbringen in dieser Eingabe vom 25. November 1994 eingegangen wurde - verwiesen werden. Gründe, von dieser Beurteilung abzugehen, liegen nicht vor.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach in Beschwerdefällen betreffend den Beschwerdeführer ausgesprochen hat (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 1. Februar 1995, Zl. 93/12/0075, unter Hinweis auf Vorjudikatur), ist der Wesenskern des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses darin gelegen, daß Personen in einem Dienstverhältnis in Bindung an das Gesetz tätig werden und bezugsrechtliche Ansprüche nur nach besoldungsrechtlichen Vorschriften (Gesetze bzw. Verordnungen) geltend gemacht werden können. Maßgeblich für den Anspruch ist daher nur, ob die im Gesetz enthaltenen Tatbestandserfordernisse erfüllt sind.

Daraus folgt, daß es im Beschwerdefall nicht darauf ankommt, ob der Beschwerdeführer, wie er behauptet, rechtswidrig überwacht wurde oder nicht: Selbst dann, wenn man seiner von der belangten Behörde bestrittenen Darstellung folgen würde, wäre aus der behaupteten rechtswidrigen Vorgangsweise der belangten Behörde (bzw. ihrer Organwalter) eben mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage die Gebührlichkeit der im Beschwerdefall verfolgten besoldungsrechtlichen Ansprüche, nämlich Erschwernis- und Gefahrenzulage, nicht ableitbar. Ob die behauptete rechtswidrige Vorgangsweise etwa Schadenersatzansprüche (Amtshaftungsansprüche) begründen könnte, ist im Beschwerdefall nicht zu erörtern.

Daher kommt es auch nicht darauf an, ob die belangte Behörde zu ihren, die Behauptungen des Beschwerdeführers verneinenden Sachverhaltsannahmen aufgrund eines, wie der Beschwerdeführer darzutun trachtet, mangelhaften Verfahrens gelangte oder nicht. Soweit der Beschwerdeführer allerdings vorbringt, "im Juni 1992 bestätigte der Zeuge der Dienstbehörde in einer Aussage vor dem Straflandesgericht Wien die Verwendung derartiger Geräte (Zl. 22a Vr 5804/92)" und damit die Zeugenaussage vom 16. Juni 1992, OZ 5 jenes Aktes, meint, ist ihm zu entgegnen, daß der genannte Zeuge dort ausgesagt hat, er habe einmal im Zuge eines belanglosen Gespräches dem Beschwerdeführer gesagt, daß er mit seinen unsinnigen Aktionen aufhören und sich nicht unglücklich machen solle. Aufgrund des Rotationssystems im BMA (Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten) habe die Dienstbehörde viele Ohren. Auf seinem Schreibtisch befinde sich ein winziges Radio mit Uhr. Aufgrund dieses Gespräches und des technischen Gerätes habe der Beschwerdeführer nun gemeint, seine Telefongespräche etc. würden abgehört.

Daraus ist die Beurteilung des Beschwerdeführers, der genannte Zeuge habe in dieser Aussage die Verwendung von Abhörgeräten bestätigt, nicht ableitbar (vielmehr ist Gegenteiliges der Fall).

Damit hat die belangte Behörde jedenfalls im Ergebnis mit dem Spruchteil B des angefochtenen Bescheides die geltend gemachten besoldungsrechtlichen Ansprüche zutreffend abgewiesen.

Der Beschwerdeführer bringt zwar vor, den angefochtenen Bescheid "seinem gesamten Umfange nach" anzufechten, führt aber zum Spruchteil A überhaupt nichts aus; dem gesamten Vorbringen zufolge laßt sich nicht entnehmen, daß er die Rechtswidrigkeit auch dieses Spruchteiles behauptet.

Hingegen macht der Beschwerdeführer geltend, daß der angefochtene Bescheid die gegenständliche Verwaltungssache unvollständig erledige: Es seien die Anträge "auf Feststellung eines Herausgabeanspruches der Aufzeichnungen sowie auf Feststellung, daß ich aus dem Dienstverhältnis nur berechtigt bin, jedoch nicht verpflichtet, was logischerweise auch die Pflichten des Ruhestandsbeamten anlangt", nicht erledigt worden. Richtig ist, daß die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid hierüber nicht abgesprochen hat (auch der Begründung des angefochtenen Bescheides ist kein diesbezüglicher Hinweis zu entnehmen), wodurch aber der Beschwerdeführer im vorliegenden Beschwerdefall in keinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden konnte. Damit kann auch dahingestellt bleiben, ob diese beiden Teilanträge überhaupt Gegenstand der zur Zl. 95/12/0100 protokollierten Säumnisbeschwerde waren. Aus verfahrensökonomischen Gründen sei allerdings bemerkt, daß die Annahme des Beschwerdeführers, der Bund als Rechtsträger der Dienstbehörde könnte alle seine Ansprüche aus dem Dienstverhältnis gegen den Beschwerdeführer verwirken, sodaß der Beschwerdeführer aus dem Dienstverhältnis nur Rechte geltend zu machen, nicht jedoch irgendwelche Pflichten zu wahren habe, im maßgeblichen positiven Recht (siehe die Ausführungen zum Wesenskern des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses) keine Grundlage findet.

Da somit die Ausführungen in der Beschwerde erkennen lassen, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung - und ohne daß dem Beschwerdeführer weitere Kosten entstünden - als unbegründet abzuweisen.

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