Normen
AVG §13 Abs1;
AVG §45 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §19 Abs11;
ForstG 1975 §19 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §13 Abs1;
AVG §45 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §19 Abs11;
ForstG 1975 §19 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 23. Mai 1995 wurde der mitbeteiligten Partei die Rodungsbewilligung für eine Teilfläche näher bezeichneter Grundstücke zum Zwecke des Neubaues der Weganlage "Schergrub" von der Abzweigung südlich des Weilers Sp. bis zum Hof Sch. nach Maßgabe des eingereichten Lageplanes, der zum wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides erklärt wurde, unter Vorschreibung von im einzelnen angeführten Bedingungen und Auflagen erteilt. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, die Rodefläche beginne in 850 m Seehöhe und führe anfänglich auf 150 m durch Erlen-Fichtenwald, anschließend durch montanen Fichtenwald; oberhalb der Wildbachsperre durch Fichten-Altholz mit Tanne über den Tiefentalgraben. Bei hm 5,3 stocke Fichten-Stangen- und Baumholz, bei hm 6,4 nach dem Stadel eine mit 25-jährigen Fichten aufgeforstete Wiese. Bei hm 7 führe der Weg über eine 70 m lange Wiese und dann wieder in Fichten-Tannen-Altholz mit einigen kleinen Vernässungen am Rand des Waldes. Bei hm 10,8 sei eine 20 m breite, lockere Dickung auf der zugewachsenen Wiese. Die Rodefläche ende auf 1000 m Seehöhe beim Haus G. Die Wertziffer nach WEP sei 111. Der Güterweg schaffe eine zeitgemäße Zufahrt für das Haus G. und den Hof Sch. Bisher hätten die Bewohner einen einstündigen Fußmarsch vom Tal hinauf bewältigen oder von der Gaisberglift-Bergstation herübergehen müssen. Der Weg diene auch der Erschließung mehrerer Bauernwälder in der Größe von 50 ha und sei also auch aus forstlichen Motiven zu befürworten. Auf eine Ersatzaufforstung könne daher verzichtet werden. Ein öffentliches Interesse i.S.d. § 17 Abs. 1 ForstG sei gemäß § 17 Abs. 3 insbesondere im Staßenverkehr begründet. Die Behörde sei aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens der Ansicht, daß die Verwendung der beantragten Rodefläche zum Neubau des Weges "Schergrub" das öffentliche Interesse an der Walderhaltung überwiege, sodaß spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gemäß § 170 Abs. 8 ForstG unter Anschluß der Verwaltungsakten erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie erklärte, daß die Beschwerdeausführungen richtig seien. Die mitbeteiligte Partei erstattete keine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft beantragt in seiner rechtzeitig erhobenen Beschwerde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er bringt hiezu im wesentlichen vor, dem Technischen Bericht sei zu entnehmen, daß die zur Erschließung des Hofes Sch., der zur Zeit mit keinem Fahrzeug erreichbar sei, dienende, neu zu bauende Straße südlich des Weilers Sp. und der ÖBB von der Gemeindestraße Grundparzelle 4540 in südlicher Richtung abzweige, zunächst entlang der öffentlichen Wegparzelle 4504/1 verlaufe, sodann mit 5 Kehrenentwicklungen über näher bezeichnete Grundstücke führe und östlich des Hofes Sch. an der Ostgrenze der Grundparzelle 3894/3 bzw. südlich des Hofes im Bereiche der geplanten neuen Hofstelle ende. Weiters seien vier Anschlußwege zu näher bezeichneten Grundparzellen vorgesehen. Im Bereich des Hofes Sch. sei ein öffentlicher Umkehrplatz - die genaue Situierung sei noch zu vereinbaren - vorgesehen. Die Regelbreite der Straßenkrone betrage 4,0 m, die Regelbreite der Fahrbahn 3,0 m und die Maximalsteigung 12 %, bei einer Gesamtstraßenlänge (Hauptweg und Stichwege) von 2.060 m. Aus diesen Angaben im Technischen Bericht sowie aus dem gesamten Akteninhalt, insbesondere aus dem Rodungsantrag, aus der Verhandlungsschrift, bzw. dem Spruch der Rodungsbewilligung, lasse sich das genaue Ausmaß der Rodeflächen nicht erkennen. Im Spruch der Rodungsbewilligung seien lediglich die einzelnen Grundparzellen, die von den Baumaßnahmen betroffen würden, angeführt, wobei auf den eingereichten Lageplan verwiesen werde. Nur aus der Angabe einer Gesamtweglänge und Wegbreite (bzw. Planumsbreite; d.h. bei einer Fahrbahnbreite von 3 m sei mit einer Planumsbreite von 4 m zu rechnen -je nachdem, ob der Unterbau aus Fels bzw. Erde bestehe) könne nicht auf die tatsächliche Rodungsfläche geschlossen werden. Der notwendige Trassenfreihieb für die Errichtung einer Straße (und somit das Ausmaß der zu beantragenden Rodungsfläche) hänge neben der Planumsbreite sowohl von der Geländeneigung (Querneigung) als auch vom Untergrund (Erde oder Fels) ab; d.h. in der Ebene lasse sich aus Weglänge x Wegbreite (bzw. Planumsbreite) annähernd auf die notwendige Rodungsfläche schließen; nicht jedoch im geneigten Gelände, wobei anzumerken sei, daß bei anstehendem Fels der notwendige Trassenfreihieb geringer sei, da die Böschung steil abgeschrägt werden könne. Da im gegenständlichen Fall die Weganlage "Schergrub" wie aus dem Technischen Bericht hervorgehe, im geneigten Gelände errichtet werden solle, wäre es aus der Sicht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft notwendig gewesen, anhand eines genauen Projektes (Rodungsantrag) die erforderlichen Rodungsbreiten sowie das genaue Ausmaß der Rodefläche zu ermitteln. Der beiliegende Lageplan erweise sich für eine derartige Ermittlung als unzureichend, da lediglich in Form eines durchgehenden Striches über die betroffenen Parzellen der Weg eingezeichnet sei, woraus jedoch nicht auf ein genaues Ausmaß der Rodeflächen geschlossen werden könne. Da in weiterer Folge mangels Bestimmtheit des Spruches hinsichtlich der Rodefläche die Einhaltung und Kontrolle des Rodungsumfanges nicht möglich sei, werde der Rodungswerberin bei der Umsetzung des gegenständlichen Bauvorhabens ein nicht unerheblicher Spielraum für die Ausübung der Rodung gelassen. Des weiteren beschränke sich die rechtliche Beurteilung des sich aus dem forsttechnischen Amtssachverständigengutachten ergebenden Sachverhaltes auf die Ausführung der belangten Behörde, daß aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens die Verwendung der beantragten Rodefläche zum Neubau des Weges "S" das öffentliche Interesse an der Walderhaltung überwiege. Diese Beurteilung der belangten Behörde sei anhand der Begründungsausführungen bezogen auf das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens im Hinblick auf eine Abwägung der öffentlichen Interessen unzureichend und nicht nachvollziehbar. Aus den genannten Gründen erscheine der angefochtene Bescheid daher rechtswidrig.
Gemäß § 17 Abs. 1 ForstG ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten. Unbeschadet der Bestimmung des Abs. 1 kann die gemäß § 19 Abs. 1 ForstG zuständige Behörde eine Bewilligung zur Rodung gemäß § 17 Abs. 2 ForstG erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.
Öffentliche Interessen i.S.d. Abs. 2 sind gemäß § 17 Abs. 3 ForstG insbesondere in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehr, in Post- und öffentlichem Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen begründet.
Gemäß § 19 Abs. 11 ForstG sind Bescheide, mit denen eine Rodungsbewilligung erteilt wird, auch dann zu begründen, wenn dem Antrag vollinhaltlich Rechnung getragen wird.
Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch die in der Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze zu erledigen.
Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung des Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals dargelegt hat, entspricht der Spruch eines Bescheides, der über einen Rodungsantrag ergeht, nur dann dem Gesetz, wenn er mit solcher Bestimmtheit Ausmaß und Lage der zur Rodung freigegebenen Fläche bezeichnet, daß jederzeit unmittelbar aufgrund des Spruchinhaltes, allenfalls unter Zuhilfenahme von Plänen, auf die der Spruch des Bescheides verweist, die Feststellung in der Natur möglich ist, ob sich eine Rodungsmaßnahme des Inhabers der Bewilligung auf die in dieser genannte Fläche erstreckt. In diesem Zusammenhang ist ferner darauf Bedacht zu nehmen, daß der Rodungsantrag nach § 19 Abs. 3 ForstG (u.a.) das genaue Ausmaß der zur Rodung beantragten Fläche zu enthalten hat. Eine Bewilligung aufgrund eines Antrages, der diesen Anforderungen nicht entspricht, ist inhaltlich rechtswidrig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 1995, Zl. 95/10/0121 und die dort zitierte Vorjudikatur).
Im angefochtenen Bescheid wird die Bewilligung zur Rodung einer Teilfläche näher bezeichneter Grundstücke nach Maßgabe des eingereichten Lageplanes, der - entsprechend gekennzeichnet - damit zum Inhalt des Spruches zählt, erteilt. Allerdings läßt sich - wie der Beschwerdeführer zutreffend rügt - weder diesem, noch selbst den übrigen (dem Antrag beigefügten) Projektunterlagen in der unter den dargelegten Gesichtspunkten zu fordernden Bestimmtheit das Ausmaß der Rodefläche entnehmen. Mangels entsprechender Festlegungen kann nämlich - wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis dargelegt hat - das Ausmaß der Rodefläche im Fall von Wegebaumaßnahmen - insbesondere im Gelände mit starker Querneigung - nicht ohne weiteres der herzustellenden Fahrbahnfläche gleichgesetzt und durch Mulitplikation von Weglänge und Fahrbahnbreite ermittelt werden. Vielmehr bedarf es hier der Ermittlung, welche vor den Wegebaumaßnahmen, insbesondere Abtragungen und Anschüttungen, Waldboden darstellende Flächen durch die Wegebaumaßnahmen der Waldkultur entzogen werden.
Mangels entsprechender Festlegungen erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet, sodaß er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne daß auf das übrige Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte.
Allerdings sieht sich der Verwaltungsgerichtshof aus Gründen der Verfahrensökonomie veranlaßt, für das fortzusetzende Verfahren darauf hinzuweisen, daß es aufgrund der zitierten Bestimmungen Sache der Forstbehörde im Rodungsverfahren ist, gestützt auf entsprechende Ermittlungsergebnisse in einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzutun, ob und inwieferne am dargelegten Rodungszweck ein öffentliches Interesse besteht und gegebenenfalls, ob und aus welchen Gründen dieses öffentliche Interesse jenes an der Erhaltung der zur Rodung beantragten Flächen als Wald überwiegt. Die gemäß § 17 Abs. 2 ForstG vorzunehmende Interessenabwägung setzt somit voraus, daß zunächst festgestellt wird, ob und in welchem Ausmaß ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Flächen besteht und welches Ausmaß das öffentliche Interesse an der Walderhaltung aufweist. Dabei müssen selbst offenkundige Tatsachen in der Begründung des Bescheides so eingehend dargelegt werden, daß der beschwerdeführende Bundesminister und der Verwaltungsgerichtshof in die Lage versetzt werden, zu beurteilen, ob im konkreten Fall ein das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes öffentliches Interesse an der beantragten Rodung besteht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1996, Zl. 96/10/0032, und die dort zitierte Vorjudikatur).
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