Normen
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte die belangte Behörde dem Mitbeteiligten die Rodungsbewilligung für eine Teilfläche von 2 ha des Grundstückes Nr. 5402 KG R. für die Erweiterung des bestehenden Steinbruchareals. Gemäß § 18 Abs. 3 ForstG wurde die Zahlung eines Betrages von S 120.000,--, d.s. S 6,-- je Quadratmeter, vorgeschrieben. Begründend wurde zunächst auf Befund und Gutachten des Amtssachverständigen für Forstwesen verwiesen. Danach sei auf einer Teilfläche des Grundstückes seit Jahrzehnten ein Steinbruch im Betrieb, dessen Areal nunmehr vergrößert werden sollte. Das Grundstück weise eine Gesamtfläche von ca. 92 ha auf; das Abbauareal umfasse derzeit rund 8 ha. Die derzeitige Wandhöhe liege im nordöstlichen Teil bei etwa 60 m. Im Areal befänden sich zahlreiche Lager- und Sortierplätze sowie Betriebsgebäude. Nunmehr sei eine Vergrößerung des Areals auf Waldflächen im Norden und Osten notwendig. Die beantragte Rodefläche liege östlich des M-Baches und werde allseits von Restflächen des Grundstückes Nr. 5402 begrenzt. Der nördliche Teil stelle einen sehr steil abfallenden Westhang dar. Im Unterhang stocke eine Fichtendickung mit einem durchschnittlichen Alter von 15 Jahren mit einer Beimischung von Kiefer und Eiche. Auf einer Kleinfläche sei mit Planierarbeiten begonnen worden. Gegen Norden schließe ein Fichtenaltbestand von etwa 80 Jahren an. Die Überschirmung liege bei etwa 7/10. Im Nordosten stocke auf dem auslaufenden Mittelhang ein Kiefernaltbestand (Weiß- und Schwarzkiefer) mit Eiche und Birke gemischt (Überschirmung sechs bis sieben Zehntel). Daran anschließend im Osten sei die Rodungsfläche ebenfalls mit einem Kiefernaltbestand bestockt. Das Gelände sei sanft bis mäßig steil nach Süden abfallend. Die Bestände wiesen durchwegs schlechte Bonität auf. Das Grundgestein des Abbaufeldes sei vorwiegend Kalk, die Auflage geringer Mächtigkeit meist Braunerde. Eine bergrechtliche Bewilligung für die Erweiterung der Abbaufläche, in der auch der überwiegende Teil der Rodefläche liege, sei beantragt, aber noch nicht erteilt worden. Ersatzaufforstungsflächen könne der Rodungswerber nicht anbieten. Der Bereich, in dem die beantragte Rodefläche liege, sei im burgenländischen Waldentwicklungsplan mit der Wertziffer n1 ausgewiesen. Die Leitfunktion sei die Wohlfahrtsfunktion mit erhöhter Schutzfunktion. Den Waldflächen komme besondere Bedeutung für die Luftfilterwirkung im Steinbruchbereich, die Regelung des Wasserhaushaltes und den Schutz vor Erosionen zu. Die KG R. weise mit rund 56 % eines der höchsten Bewaldungsprozente im Bezirk O. auf. Der Bezirksdurchschnitt liege bei ca. 43 %. In den beiden letzten Jahrzehnten seien rund 6 % Waldfläche dazugekommen. Die positive Waldflächenbilanz werde durch die sehr günstige Waldflächenverteilung verstärkt. Der gesamte Südabhang des Geschriebensteines stelle eine geschlossene Waldfläche dar. Mit der Ausdehnung am Nordabhang stelle dieser Waldkomplex einen der größten Waldteile im Burgenland dar. Aus atmosphärischer Sicht seien keine wesentlichen Nachteile für den verbleibenden Bestand zu erwarten. Das Steinbruchmaterial eigne sich hervorragend für den lokalen und regionalen Straßen- und Flußbau, Hangsicherungen etc. und werde seit Jahrzehnten von den Ländern Burgenland, Niederösterreich und Steiermark für diese Zwecke verwendet (aufrechte Lieferverträge, Transportkostenminimierung durch zentrale Lage). An diese Darstellung von Befund und Gutachten anknüpfend legte die belangte Behörde dar, sie sei zur Überzeugung gelangt, daß das öffentliche Interesse an der Verwendung der beantragten Teilfläche für Steinbruchzwecke das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf § 170 Abs. 8 ForstG gestützte Beschwerde. Diese macht geltend, die belangte Behörde habe keine den Erfordernissen des § 17 Abs. 2 ForstG entsprechende Interessenabwägung durchgeführt. Insbesondere sei keine fachlich fundierte Stellungnahme eingeholt worden. Mit der Frage, ob Rekultivierungsmaßnahmen vorzuschreiben seien, habe sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt; dies wäre insbesondere im Hinblick auf die festgestellte hohe Bedeutung der Wohlfahrtswirkung (Klimaausgleich, Luftreinigung) geboten gewesen. Die vorgeschriebene Ersatzgeldleistung von S 6,-- je Quadratmeter Rodefläche dürfte kaum die gedachten Rekultivierungskosten abdecken.
Der Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift, in der - insbesondere unter Hinweis auf die wirtschaftliche Bedeutung der Steinbrucherweiterung - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 ForstG ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten. Nach Abs. 2 leg. cit. kann unbeschadet der Bestimmung des Abs. 1 die gemäß § 19 Abs. 1 zuständige Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt. Nach Abs. 3 leg. cit. sind öffentliche Interessen im Sinne des Abs. 2 insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehr, im Post- und öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen. Nach Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde bei Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 2 insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.
§ 17 ForstG verpflichtet die Forstbehörde zu einer Interessenabwägung. Eine solche Interessenabwägung setzt voraus, daß festgestellt wird, ob und in welchem Ausmaß ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche besteht und welches Ausmaß das öffentliche Interesse an der Walderhaltung aufweist (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 1996, Zl. 94/10/0055).
In Richtung der anderweitigen öffentlichen Interessen ist der Begründung des angefochtenen Bescheides lediglich zu entnehmen, daß sich das abgebaute Material für den lokalen und regionalen Straßen- und Flußbau sowie Hangsicherungen eigne und auch für diese Zwecke verwendet werde. Dies reicht weder aus, um schon eindeutig ein öffentliches Interesse im Sinne des § 17 Abs. 3 ForstG erkennen zu können, noch zur Beantwortung der Frage, ob es sich dabei um ein das Interesse an der Walderhaltung übersteigendes öffentliches Interesse handle (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 30. März 1981, Zl. 3787/80, und vom 26. Februar 1985, Zlen. 84/07/0387, 0388); dabei ist im vorliegenden Fall die nach den getroffenen Feststellungen mittlere Schutz- und hohe Wohlfahrtsfunktion des Waldes hervorzuheben. Im Zusammenhang mit der Ermittlung des öffentlichen Interesses an der Verwirklichung des Rodungsvorhabens und seiner Gewichtung wären im Beschwerdefall insbesondere Ermittlungen und Feststellungen zur regionalen Arbeitsmarktsituation, zur Frage der Sicherung von Arbeitsplätzen durch das Vorhaben und zur Frage des örtlichen Bedarfes an den auf der Erweiterungsfläche abgebauten Produkten geboten gewesen (vgl. das Erkenntnis vom 18. Oktober 1993, Zl. 90/10/0150).
Im soeben erwähnten Zusammenhang wäre die Einholung einer fachlich fundierten Stellungnahme geboten gewesen, die fallbezogen eine verläßliche Beurteilung, ob das behauptete öffentliche Interesse vorliegt, in einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise ermöglicht (vgl. das Erkenntnis vom 30. März 1992, Zl. 91/10/0232).
Diesen Anforderungen entsprechen das durchgeführte Ermittlungsverfahren und die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht.
Nach § 18 Abs. 1 erster Satz ForstG ist die Rodungsbewilligung erforderlichenfalls an Bedingungen zu binden und mit Auflagen zu versehen, durch welche gewährleistet ist, daß die Walderhaltung über das bewilligte Ausmaß hinaus nicht beeinträchtigt werde. Nach lit. c leg. cit. sind danach insbesondere Maßnahmen vorzuscheiben, die zur Hintanhaltung nachteiliger Wirkungen für die umliegenden Wälder oder zum Ausgleich des Verlustes an Waldfläche (Ersatzaufforstung) geeignet sind. Nach Abs. 2 leg. cit. ist der Rodungswerber in der die Ersatzaufforstung betreibenden Vorschreibung zu verpflichten, dafür zu sorgen, daß die durch die Rodung entfallenden Wirkungen des Waldes für die nähere Umgebung der Rodungsfläche wieder hergestellt werden. Die Vorschreibung kann auch dahin lauten, daß der Rodungswerber auf dem Grundstück eines anderen Grundeigentümers in der näheren Umgebung der Rodungsfläche auf Grund einer nachweisbar getroffenen Vereinbarung die Aufforstung bis zur Sicherung der Kultur durchzuführen hat. Nach Abs. 3 leg. cit. hat der Rodungswerber, wenn eine Vorschreibung gemäß Abs. 2 nicht möglich oder nicht zumutbar ist, einen Geldbetrag zu entrichten, der den Kosten der Neuaufforstung der Rodungsfläche, wäre sie aufzuforsten, entspricht.
Die Beschwerde rügt mit Recht, daß sich die belangte Behörde (ungeachtet der Feststellung einer mittleren Schutz- und hohen Wohlfahrtsfunktion des auf der Rodefläche stockenden Waldes) mit der Frage der Erforderlichkeit entsprechender Maßnahmen nicht auseinandergesetzt hat (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg. 9895/A). Ebensowenig kann der Begründung des angefochtenen Bescheides entnommen werden, ob bzw. aus welchen Gründen eine Vorschreibung gemäß Abs. 2 nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre. Was den gemäß Abs. 3 leg. cit. vorgeschriebenen Geldbetrag betrifft, fehlen in der Begründung des angefochtenen Bescheides Feststellungen, die eine Beurteilung erlauben, ob der vorgeschriebene Betrag den Kosten der Neuaufforstung entspricht.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
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