VwGH 95/06/0169

VwGH95/06/016925.1.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des W und der EF in A, beide vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 3. Juli 1995, Zl. 03-12.10 A 10-95/1, betreffend Anschlußverpflichtung nach dem Stmk. Kanalgesetz 1988 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
B-VG Art116a;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;
KanalG Stmk 1988 §6 Abs1;
WRG 1959 §87;
AVG §56;
B-VG Art116a;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs1;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;
KanalG Stmk 1988 §6 Abs1;
WRG 1959 §87;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Bescheid vom 27. September 1994 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Beschwerdeführern als Eigentümern einer Liegenschaft im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Gemeinde den Auftrag, innerhalb einer Frist von einem Monat ab dem Tag der Rechtskraft des Bescheides einen Bauentwurf über die Errichtung einer Hauskanalanlage zur Genehmigung einzubringen und innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab dem Tage der Rechtskraft dieses Bescheides den Anschluß der Hauskanalanlage an die öffentliche Kanalanlage auf eigene Kosten durchzuführen. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, welche vom Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 27. Dezember 1994 als unbegründet abgewiesen wurde. Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit welchem die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abwies. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß die Auffassung der Beschwerdeführer, daß durch die Ausbringung der in ihrer Drei-Kammer-Kläranlage anfallenden Grobstoffe eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1

Stmk. Kanalgesetz gegeben sei, unzutreffend sei und ein solcher Nachweis der schadlosen Entsorgung nur durch ein Gutachten eines Fachkundigen erbracht werden könne. Im Hinblick auf in den Abwässern enthaltene Inhaltsstoffe (z.B. WC-Reiniger etc.) stelle die ins Treffen geführte Ausbringung grundsätzlich keine adäquate Abwasserentsorgung dar. Selbst dann, wenn die Entsorgung über eine öffentliche Kanalisation auf Dauer nicht zu erwarten sei, sei eine solche Ausbringung unter den Aspekten des Umweltschutzes und der Hygiene nur nach sorgfältiger Nachweisführung hinsichtlich der Beeinträchtigung von Boden und Wasser bzw. der Gesundheit von Mensch und Tier in Betracht zu ziehen.

Zu der von den Beschwerdeführern angeführten beabsichtigten Errichtung einer Pflanzenkläranlage wurde unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/06/0248, ausgeführt, daß die Voraussetzungen für die Erteilung der Ausnahmebewilligung bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung der Gemeindebehörde vorliegen müßten.

Da somit mangels Vorliegens eines dem § 4 Abs. 5 Kanalgesetz entsprechenden Nachweises die Ausnahme von der Anschlußverpflichtung zu Recht nicht bewilligt worden sei, seien durch den mit Vorstellung bekämpften Gemeindebescheid keine subjektiven Rechte der Beschwerdeführer verletzt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Im Beschwerdefall sind die folgenden Bestimmungen des Gesetzes vom 17. Mai 1988 über die Ableitung von Wässern im bebauten Gebiet für das Land Steiermark (Kanalgesetz 1988), LGBl. Nr. 79, anzuwenden:

"§ 4

(1) In Gemeinden, in denen öffentliche Kanalanlagen betrieben oder errichtet werden, sind die Eigentümer von bebauten Grundstücken verpflichtet, die Schmutz- und Regenwässer ihrer bestehenden oder künftig zu errichtenden Bauwerke auf eigene Kosten über die öffentliche Kanalanlage abzuleiten, sofern die kürzeste Entfernung eines Bauwerkes von dem für den Anschluß in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 100 m beträgt. Die Verpflichtung erstreckt sich auch auf Bauwerke desselben Grundstückseigentümers, die mit dem anschlußpflichtigen Bauwerk in unmittelbarer baulicher Verbindung stehen oder ihm eng benachbart sind und wenn Schmutz- oder Regenwässer anfallen (Hof- und sonstige Nebengebäude). Befinden sich die Grundstücke im Bauland (§ 23 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127, i. d.g.F.) und wird ein zusammenhängender Baulandbereich durch einen Kanalstrang erschlossen, so entsteht die Anschlußpflicht unabhängig vom Abstand zum Kanalstrang. In diesem Fall hat jedoch der Anschlußverpflichtete die Kosten für die Hauskanalanlage, Instandhaltung und Reinigung (§ 7 Abs. 1) nur für eine Anschlußlänge von höchstens 100 m zu tragen.

...

(5) Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 sind von der Baubehörde für Bauten vorübergehenden Bestandes, für untergeordnete Nebengebäude und Bauteile sowie für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs 1 gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entsteht. Gleiches gilt für Regenwässer, wenn ihre Versickerung auf dem eigenen Grundstück möglich ist oder sie als Betriebsmittel (zum Beispiel zur Bodenbewässerung) Verwendung finden. Der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung nach Abs. 1 obliegt dem Ausnahmewerber. Die Ausnahmen sind mit Beschränkung auf eine bestimmte Zeitdauer oder gegen Widerruf zu erteilen."

2. Die Beschwerdeführer haben im Verwaltungsverfahren das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes im Hinblick auf die bestehende Kläranlage und die Ausbringung der bei der Drei-Kammer-Kläranlage anfallenden Grobstoffe auf ihrem eigenen Grund geltend gemacht und auf die Absicht hingewiesen, für den Überlauf eine Pflanzenkläranlage zu errichten.

3. Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit erblicken die Beschwerdeführer zunächst darin, daß die belangte Behörde die von den Beschwerdeführern im Verwaltungsverfahren vorgebrachte Absicht, eine Pflanzenkläranlage zu errichten, nicht als ausreichende Voraussetzung für die Bewilligung der Ausnahme angesehen hat. Mit näheren Ausführungen wird darauf hingewiesen, daß eine derartige Anlage dem Stand der Technik entspreche. Mit diesen Ausführungen übersehen die Beschwerdeführer, daß entsprechend der von der belangten Behörde zutreffend zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Voraussetzungen für die Erteilung der Ausnahmebewilligung bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung der Gemeinde vorliegen müssen. Die bloße Absicht der Errichtung einer Kläranlage reicht demgegenüber nicht aus, die Voraussetzung des § 4 Abs. 5 Kanalgesetz 1988 zu erfüllen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/06/0248, und vom 22. Juni 1995, Zl. 95/06/0112). Der angefochtene Bescheid ist daher insofern nicht rechtswidrig; es erübrigt sich somit ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen, daß eine Pflanzenkläranlage dem Stand der Technik entspreche.

4. Der Beschwerde könnte somit - ungeachtet des Umstandes, daß sie keine diesbezüglichen Ausführungen enthält - nur dann Erfolg beschieden sein, wenn die von den Beschwerdeführern im Verwaltungsverfahren geltend gemachte Zulässigkeit der Ausbringung der in der Drei-Kammer-Kläranlage anfallenden Grobstoffe schon für sich allein als schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 Kanalgesetz 1988 anzusehen wäre und somit für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 leg. cit. die (nur beabsichtigte) Errichtung der Pflanzenkläranlage gar nicht erforderlich wäre (eine diesbezügliche Rechtswidrigkeit wäre vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen des Beschwerdepunktes von Amts wegen wahrzunehmen). Abgesehen davon, daß offensichtlich auch das Vorbringen der Beschwerdeführer auf der Verwaltungsebene nur dahingehend zu verstehen ist, daß (nur) die Gesamtheit der ins Treffen geführten Maßnahmen eine schadlose Entsorgung gewährleiste (also die Ausbringung der bei den Drei-Kammer-Kläranlagen anfallenden Grobstoffe allein auch nach Auffassung der Beschwerdeführer nicht als Nachweis der schadlosen Entsorgung gelten kann), ist auch hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung der in Rede stehenden Ausbringung den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zuzustimmen. Es kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Entsorgung der häuslichen Abwässer im eigenen Betrieb grundsätzlich nicht als adäquate Abwasserentsorgung ansieht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 12. März 1992, Zl. 91/06/0230), sondern eine derartige Entsorgung nur ausnahmsweise als möglich erachtet. Zutreffend ist die belangte Behörde aber davon ausgegangen, daß das Vorliegen der Voraussetzungen auch insofern gemäß § 4 Abs. 5 Kanalgesetz 1988 zum Zeitpunkt der Entscheidung vom Ausnahmewerber nachgewiesen sein muß. Die Beschwerdeführer haben es im Verwaltungsverfahren jedoch unterlassen, den gemäß § 4 Abs. 5 Kanalgesetz 1988 dem Antragsteller obliegenden Nachweis zu erbringen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 5. Mai 1994, Zl. 91/06/0117, und vom 12. März 1992, Zl. 91/06/0230). Die belangte Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, daß die im § 4 Abs. 5 Kanalgesetz 1988 geforderte Voraussetzung des Vorliegens des Nachweises der schadlosen Entsorgung nicht vorlag.

5. Soweit die Beschwerde sich dagegen wendet, daß die Anschlußverpflichtung mit den von den Gemeindebehörden erlassenen Bescheiden nicht formell ausgesprochen wurde, ist der belangten Behörde zuzustimmen, daß die im erstinstanzlichen Gemeindebescheid entsprechend § 6 Abs. 1 Kanalgesetz 1988 ausgesprochene Verpflichtung, einen Bauentwurf vorzulegen und binnen bestimmter Frist den Anschluß herzustellen, auch den Ausspruch des Bestehens der Anschlußverpflichtung beinhaltet. Im übrigen kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß Bescheide, die das Bestehen der Anschlußverpflichtung voraussetzen, nur ergehen dürften, wenn ein Bescheid über die Anschlußverpflichtung vorliegt (vgl. hinsichtlich der Vorschreibung des Kanalisationsbeitrages nach dem Kanalgesetz 1955 iVm dem Kanalabgabengesetz 1955 das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1993, 93/17/0100). Dem angefochtenen Bescheid ist daher auch insoweit keine Rechtswidrigkeit anzulasten.

6. Zu den unter Punkt 3. der Beschwerde enthaltenen Ausführungen betreffend den Umstand, daß eine Kanalisation in der mitbeteiligten Gemeinde oder zumindest im Ortsteil, in dem das anzuschließende Objekt liegt, allenfalls nach (den Beschwerdeführern nicht näher bekannten, aber angeblich bestehenden) Richtlinien der belangten Behörde nicht erforderlich sei, ist darauf hinzuweisen, daß nach § 4 Abs. 1 Kanalgesetz 1988 Fragen der Zweckmäßigkeit der Errichtung und des Betriebs der Kanalanlage kein maßgebliches Kriterium für das Bestehen der Anschlußverpflichtung darstellen. In gleicher Weise ist § 4 Abs. 1 Kanalgesetz 1988 auch nicht zu entnehmen, daß die Anschlußverpflichtung nicht bestünde, wenn mehrere Gemeinden für die Errichtung oder den Betrieb der Kanalanlage einen Gemeindeverband oder einen Wasserverband nach Wasserrechtsgesetz gebildet haben. Eine "öffentliche Kanalanlage" iSd § 4 Abs. 1 Kanalgesetz 1988 muß nicht zwingend von der jeweiligen Gemeinde allein betrieben werden. Der Umstand, daß im Beschwerdefall die Kanalanlage vom Abwasserverband E und Umgebung betrieben wird, ändert daher nichts an der Anschlußverpflichtung und den Zuständigkeiten nach dem Kanalgesetz 1988 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 1991, Zl. 90/06/0139).

7. Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte