Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 8.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 7. Jänner 1991 wurde die Beschwerdeführerin als Eigentümerin des dreigeschoßigen Wohnhauses in Linz, R-Straße 29, auf dem Grundstück Nr. 682, KG X, u.a. unter Punkt 1. zu folgender Sicherungsmaßnahme verpflichtet:
"Die Türen, die auf die hofseitigen Balkone führen, sind versperrt zu halten und durch geeignete Maßnahmen so abzusichern, daß ein unbeabsichtigtes Öffnen derselben nicht möglich ist. Weiters ist ein Anschlag anzubringen, aus welchem ein Benützungsverbot für die ggstl. Balkone hervorgeht."
Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Linz vom 12. März 1991 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen.
Der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5. September 1991 keine Folge gegeben.
2. Mit Schriftsatz vom 30. August 1994 wurde der Beschwerdeführerin die Verhängung einer Zwangsstrafe von
S 1.000,-- für den Fall angedroht, daß sie ihrer Verpflichtung aus Punkt 1. des Bescheides vom 7. Jänner 1991, die nach Auffassung der Behörde bisher nicht erfüllt worden sei, nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung der Androhung nachkomme. Am 8. August 1994 sei eine Nachschau durch einen baupolizeilichen Sachverständigen erfolgt. Es seien die verfahrensgegenständlichen Balkone zugänglich gewesen. Bei jeweils einem Balkon im 1. und 2. Obergeschoß seien die Türen offen gestanden und bei den übrigen hätten vom Hof aus Gegenstände, wie Sessel, Blumentöpfe und Wäscheständer, gesichtet werden können.
Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 7. Oktober 1994 wurde über die Beschwerdeführerin eine Zwangsstrafe in der Höhe von S 1.000,-- verhängt und gleichzeitig eine weitere Zwangsstrafe in der Höhe von S 2.000,-- angedroht. Als Frist zur Erfüllung der Sicherheitsmaßnahme wurde der 10. November 1994 bestimmt.
Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 3. April 1995 als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführerin führe aus, daß sie die aufgetragene Sicherungsmaßnahme entsprechend ihrer rechtlichen Möglichkeit und Zumutbarkeit durchgeführt habe. Die Wohnung der Mieterin H.P. habe sie nicht betreten können und habe ihr daher eine Mitteilung zukommen lassen. Nach Auffassung der belangten Behörde handle es sich bei den von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Gründen nicht um solche, aus denen sich die Unmöglichkeit der aufgetragenen Sicherungsmaßnahme ergebe. Im Zuge einer vom baupolizeilichen Amtssachverständigen am 3. Oktober 1994 durchgeführten Nachschau sei zumindest die Verwendung von zwei Balkonen im 1. und 2. Obergeschoß und sohin nicht nur die Verwendung des Balkons der Mieterin H.P. festgestellt worden. In bezug auf die Wohnung der genannten Mieterin reiche als Begründung der Unmöglichkeit der Erfüllung der Sicherungsmaßnahme der bloße Hinweis nicht, die Wohnung könne nicht betreten werden und es sei der Mieterin der verpflichtende Bescheid mit einem Begleitschreiben übermittelt worden. Es sei der Beschwerdeführerin auch zumutbar gewesen, die Mieterin öfters und in bezug auf das gegenständliche Verfahren betreffend die Verhängung einer Zwangsstrafe auch noch späterhin zur Versperrung ihrer Balkone anzuhalten. Weiters könne nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung nicht entgegengehalten werden, daß Schwierigkeiten mit den Bestandnehmern die Vollstreckung undurchführbar machten. Dieser Einwand gehe schon deshalb ins Leere.
3. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Linz vom 12. April 1995 ist über die Beschwerdeführerin eine weitere Zwangsstrafe in der Höhe von S 2.000,-- verhängt worden. Aufgrund einer am 23. März 1995 durchgeführten Nachschau eines baupolizeilichen Amtssachverständigen sei festgestellt worden, daß auf den beiden im Erdgeschoß gelegenen sowie auf den ostseitigen Balkonen im ersten und zweiten Stock weiterhin Gegenstände wie Sessel, Wäscheständer etc. abgestellt seien, was darauf schließen lasse, daß die Balkone fallweise weiterhin benützt würden.
Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem zweitangefochtenen Bescheid keine Folge gegeben. Die Vollstreckung sei gemäß "§ 10 Abs. 2 lit. a VVG" (gemeint wohl § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG) nur dann nicht zulässig, wenn die Erbringung der Leistung unmöglich sei. Bei den von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Umständen, sie habe die Wohnung einer Mieterin nicht betreten können und habe dieser daher nur eine entsprechende Mitteilung zukommen lassen können, liege jedoch keine Unmöglichkeit der Durchführung der aufgetragenen Sicherungsmaßnahme vor. Es wäre der Beschwerdeführerin zumutbar gewesen, die Mieterin öfters auf die zu erfüllende Sicherungsmaßnahme und auch auf die verhängte Zwangsstrafe für die Beschwerdeführerin und die weiteren Folgen aufmerksam zu machen und somit auf diesem Wege die Erfüllung des Auftrages durch die Mieterin zu erreichen. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne der Durchführung von Sicherungsmaßnahmen im Vollstreckungsverfahren nicht zu Recht entgegengehalten werden, daß Schwierigkeiten mit dem Bestandnehmer die Vollstreckung undurchführbar machten. Selbst eine tatsächlich vorliegende Unmöglichkeit, das Bestandsobjekt der Mieterin zu betreten bzw. "der Erfüllung des Auftrages auf diesem Wege beizukommen", stelle keinen ausreichenden Grund für die Nichterfüllung der aufgetragenen Maßnahme dar und gehe daher das Vorbringen der Einschreiterin allein schon aus diesen Gründen ins Leere.
4. Mit den gegen die Bescheide der belangten Behörde vom 3. April 1995 und 10. Juli 1995 erhobenen Beschwerden wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Recht auf Nichtverhängung einer Zwangsstrafe entgegen den Bestimmungen der §§ 5 und 10 Abs. 2 VVG verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen des sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
1. Gemäß § 5 Abs. 1 VVG wird die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen läßt, dadurch vollstreckt, daß der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird. Gemäß § 5 Abs. 2 leg. cit. hat die Vollstreckung mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist. Die Zwangsmittel dürfen gemäß § 5 Abs. 3 leg. cit. in jedem einzelnen Fall an Geld einen Betrag von S 10.000,--, an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen. Gemäß § 10 Abs. 2 VVG kann die Berufung gegen eine nach diesem Gesetz erlassene Vollstreckungsverfügung nur ergriffen werden, wenn
- 1.) die Vollstreckung unzulässig ist oder
- 2.) die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder
- 3.) die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen.
- 2. Die Beschwerdeführerin macht in beiden Beschwerden
geltend, die Vollstreckung einer bescheidmäßig auferlegten Verpflichtung sei u.a. dann unzulässig, wenn die Verpflichtung bereits erfüllt worden oder ihre Erfüllung unmöglich sei. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde habe sie die Verpflichtungen aus dem Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 7. Jänner 1991 in ausreichendem Maße erfüllt. Aus den Feststellungen der erstinstanzlichen Behörde und der Berufungsbehörde ergebe sich, daß die Balkontür der Wohnung der von der belangten Behörde ins Treffen geführten Mieterin im Erdgeschoß verschlossen gehalten werde, der Sicherungsauftrag sei somit auch bezüglich dieser Wohnung erfüllt. Daß sich eventuell noch Gegenstände auf dem Balkon dieser Wohnung befänden, sei für die Erfüllung der Sicherungsverpflichtung irrelevant. Ermittlungen hätten zu dieser Frage weder im erst- noch im zweitinstanzlichen Verfahren stattgefunden. Sofern die Berufungsbehörde im erstangefochtenen Bescheid davon ausgehe, die Verwendung zweier Balkone im ersten und zweiten Obergeschoß sei nachgewiesen, werde übersehen, daß, wie in der Berufung ausgeführt worden sei, die betreffenden Wohnungen derzeit nicht vermietet und für niemanden zugänglich seien. Durch das Versperren dieser Räumlichkeiten sei jedenfalls gesichert, daß die betreffenden Balkone nicht von Unbefugten betreten werden könnten und seien die Sicherungspflichten der Beschwerdeführerin erfüllt worden. Daß sich auf diesen Balkonen eventuell noch irgendwelche Gegenstände befänden, ändere an der Erfüllung ihrer Sicherungspflichten nichts, ebensowenig, daß diese Türen möglicherweise kurzzeitig zum Zwecke der Durchlüftung von nichtvermieteten und unbenutzten, versperrten Räumlichkeiten geöffnet worden seien.
3. Verfahren betreffend den erstangefochtenen Bescheid:
In den Verwaltungsakten finden sich vor Erlassung des erstangefochtenen Bescheides folgende zwei Aktenvermerke:
"Im Zuge einer am 8.8.1994 durchgeführten Nachschau wurde festgestellt, daß die Balkone zugänglich waren. Bei jeweils einem Balkon im 1. und 2. OG standen die Türen offen, bei den übrigen konnten vom Hof aus Gegenstände wie Sessel, Blumentöpfe und Wäschespinnen gesichtet werden, was zeigt, daß die Balkone auch betreten werden.
Die Auflage 1 des Bescheides vom 7.1.1991 ist somit nicht erfüllt.
Einer Fristerstreckung bis Ende Juli 1995 zur Durchführung der Balkonsanierung kann seitens BPA/Si nur zugestimmt werden, wenn die Auflagen des oa. Bescheides eingehalten werden."
"Im Zuge einer am 3.10.1994 durchgeführten Nachschau wurde festgestellt, daß der Zustand gegenüber dem AV vom 10.8.1994 (BlZl. 130 verso) unverändert ist.
Die Mieter der Wohnungen konnten bis auf eine Partei im EG nicht angetroffen werden. Die Mieterin gab an, daß auch die anderen Bewohner die Balkone fallweise benutzen und alle Türen öffenbar sind."
Von der Beschwerdeführerin wird nicht bestritten, daß die angeblich einzige Mieterin im Erdgeschoß den ihr mitgeteilten baupolizeilichen Auftrag nicht erfüllt hat - wie sich dies auch aus dem Aktenvermerk vom 3. Oktober 1994 ergibt -, sie beruft sich aber auf die Unmöglichkeit, diese Sicherungsmaßnahme gegenüber ihrer Mieterin durchsetzen zu können. In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde zutreffend darauf verwiesen, daß Schwierigkeiten bei der Durchführung des behördlichen Auftrages keinen Berufungsgrund im Sinne des § 10 Abs. 2 VVG darstellen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. November 1962, Zl. 794/62, und vom 23. Oktober 1986, Zl. 86/06/0235). In den dem letztgenannten Erkenntnis zugrundegelegenen Fall hatte sich der Beschwerdeführer auf den fortwährend geleisteten Widerstand des Mieters des zu sanierenden Hauses gegen jede Erhaltungsarbeit berufen.
In dieser Hinsicht ging die belangte Behörde bei der Erlassung des erstangefochtenen Bescheides zu Recht von einer Nichterfüllung der angeführten, im Bescheid des Stadtsenates der Stadt Linz vom 12. März 1991 ausgesprochenen Verpflichtung, die hofseitigen Balkone des eingangs angeführten Objektes versperrt zu halten, aus. Da die angeführten Feststellungen der Beschwerdeführerin nicht vorgehalten wurden, wurde zwar das Parteiengehör verletzt, die Beschwerdeführerin hatte aber in der Berufung die Möglichkeit, insbesondere die Feststellungen der Nachschau vom 3. Oktober 1994 zu bekämpfen. Die Verhängung der Zwangsstrafe durch den erstangefochtenen Bescheid war daher schon aus diesem Grund rechtmäßig.
4. Verfahren betreffend den zweitangefochtenen Bescheid:
Diesem Bescheid lagen folgende, im erstinstanzlichen Verfahren gemachte Ermittlungen zugrunde.
"Bei einer am 23.3.1995 durchgeführten Nachschau war keine Wohnung zugänglich. Eine Besichtigung von der Hofseite aus ergab, daß, wie schon bei vorherigen Nachschauen festgestellt, auf den beiden im Erdgeschoß gelegenen Balkonen sowie den ostseitigen Balkonen im 1. und 2. OG Gegenstände wie Sessel, Wäscheständer etc. abgestellt sind, was darauf schließen läßt, daß die Balkone fallweise betreten werden. Die beiden restlichen Balkone waren leer, die Jalousien waren bei den Fenstern und den Türen heruntergelassen, sodaß nicht festgestellt werden konnte, ob die Balkone fallweise betreten werden oder die Wohnungen überhaupt leerstehen.
Der Zustand der Balkone ist unverändert, mit den Instandsetzungsarbeiten wurde noch nicht begonnen. Laut Auskunft des Bauwerbers im Zuge einer Vorsprache bei Ing. L... (BPA/N) soll noch im Frühjahr 1995 mit den Instandsetzungsarbeiten begonnen werden.
Die Kosten haben sich bis dato nur unwesentlich verändert, sodaß die auf BlZl. 120 angegebenen Kosten nach wie vor als aktuell anzusehen sind."
Die Verhängung der Zwangsstrafe von S 2.000,-- durch den zweitangefochtenen Bescheid stützte sich allein darauf, daß die auferlegte Sicherungsmaßnahme betreffend die Türen der hofseitigen Balkone in Bezug auf die Wohnung der Mieterin im Erdgeschoß nicht erfüllt worden sei. Insbesondere könnten einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung Schwierigkeiten mit dem Bestandnehmer nicht entgegengehalten werden.
Die Beschwerdeführerin ist der im erstinstanzlichen Bescheid vom 12. April 1995 näher begründeten Feststellung u.a. die beiden Balkone im Erdgeschoß seien weiter benützt worden, in der Berufung nicht entgegengetreten. Wenn sie diese Feststellung nunmehr in der Beschwerde in bezug auf die beiden Balkone im Erdgeschoß in Frage stellt, handelt es sich dabei um ein erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattetes Vorbringen, das wegen des aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitenden Neuerungsverbotes im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtlich ist. Der Mangel, daß der Beschwerdeführerin zu den angeführten Feststellungen kein Parteiengehör eingeräumt worden war, wurde aber dadurch wettgemacht, daß die Beschwerdeführerin in der Berufung dazu Stellung nehmen konnte. Wie bereits zu dem erstangefochtenen Bescheid ausgeführt worden ist, stellen im übrigen Schwierigkeiten gegenüber Mietern bei der Erfüllung von behördlichen Aufträgen keinen Berufungsgrund im Sinne des § 10 Abs. 2 VVG dar.
5. Die Beschwerden waren somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da nur EINE Aktenvorlage erfolgte.
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