VwGH 95/05/0035

VwGH95/05/003525.6.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. des Franz B und 2. der Lucia B in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 30. November 1994, Zl. 10-N/1994, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Maria und Manfred L in G; 2. Marktgemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §63 Abs2;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §116 Abs2;
BauO NÖ 1976 §99 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §63 Abs2;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §116 Abs2;
BauO NÖ 1976 §99 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 13.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bauansuchen vom 18. Dezember 1992 wurde von den beiden Erstmitbeteiligten um Erteilung der Baubewilligung betreffend einen Zubau auf dem Grundstück Nr. 1609/2, EZ 112, KG Y, in G, ersucht. Die öffentliche mündliche Bauverhandlung zu diesem Bauvorhaben wurde am 8. Jänner 1993 durchgeführt. Bei dieser Bauverhandlung, zu der die Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG geladen worden waren, wurden von den Beschwerdeführern Einwendungen derart erhoben, daß mit der Errichtung der Kleingarage durch das vorgelegte Projekt die zulässige bzw. den Beschwerdeführern zumutbare Bebauungsdichte überschritten werde. Es ergebe sich eine Beeinträchtigung der Beschwerdeführer auch daraus, daß eine optische Beeinträchtigung aus der Sicht des Grundstückes der Beschwerdeführer erfolge und mit einem vermehrten Übertreten von Oberflächenwässern zu rechnen sei. Die Mauer der Kleingarage befinde sich darüber hinaus direkt an der Grundstücksgrenze und werde diese Mauer auch als Brandmauer auszuführen sein. Nach dem vorgelegten Projekt sei diese Voraussetzung nicht gegeben. Weiters würden allfällige Auflagen gefordert, weil mit dem Abstellen von Kraftfahrzeugen direkt an der Grundgrenze bei erhöhtem Niveau zu rechnen sei und bei allfälligem Austreten von Treibstoff auch im Brandfall mit einer direkten Gefährdung des Grundstückes der Beschwerdeführer zu rechnen sei.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Partei vom 25. Februar 1993 wurde die Bewilligung für den genannten Zubau einer Garage beim bestehenden Wohnhaus auf dem Grundstück Nr. 1609/2, EZ 112, KG Y, erteilt.

Mit Bescheid des Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Partei vom 12. Mai 1993 wurde der Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 2 AVG stattgegeben, der erstinstanzliche Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verwiesen. Die Behörde erster Instanz sei auf die Einwendungen der Beschwerdeführer betreffend die Bebauungsdichte und die Bebauungshöhe nicht eingegangen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

In der Folge erstattete der Amtssachverständige ein Gutachten allerdings nur zu der Frage, ob der verfahrensgegenständliche Zubau in bezug auf die Bebauungshöhe gemäß § 120 Abs. 3 Nö Bauordnung in einem auffallenden Widerspruch stehe. Zur Bebauungsdichte stellte der Sachverständige fest, daß auf diese nicht mehr einzugehen sei, da mit der 8. Novelle (gemeint wohl LGBl. 8200-9) zur Nö Bauordnung § 120 Abs. 3 dahin geändert worden sei, daß nur mehr die Anordnung eines Gebäudes auf dem Bauplatz und die Höhe eines Gebäudes hinsichtlich ihres auffallenden Widerspruches zur bestehenden Bebauung zu prüfen sei. Als Beurteilungsgebiet nahm der Sachverständige die Häusergruppe in unmittelbarer Umgebung des verfahrensgegenständlichen Bauplatzes an, da außerhalb des - in der beiliegenden Plandarstellung mit einer verstärkten Linie eingetragenen - Bereiches das geplante Bauvorhaben nicht mehr zu sehen sein werde und damit außerhalb dieser Linie eine Beeinflussung der bestehenden Bebauung ausgeschlossen werden könne. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, daß die vorhandene Vielfalt an Bebauungshöhen die Auswahl zwischen den Bauklassen I und II zulasse und die Errichtung eines Anbaues in der Bauklasse I auf dem Grundstück Nr. 1609/2 in keinem auffallenden Widerspruch zur bestehenden Bebauung stehe.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Partei vom 26. Jänner 1994 wurde die "Bewilligung zum Zubau einer Garage beim bestehenden Wohnhaus auf dem Grundstück Nr. 1609/2, EZ 112, KG Y", erteilt. Gemäß Spruchpunkt I dieses Bescheides lägen die Protokolle über die Bauverhandlungen in Abschrift bei und bildeten einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides. Die Ausführung des Vorhabens habe nach Maßgabe der Sachverhaltsdarstellung und der Baubeschreibung zu den mit einer Bezugsklausel versehenen Planunterlagen zu erfolgen. Hiebei seien die in der Niederschrift angeführten Auflagen einzuhalten (Spruchpunkt I). In der dagegen erhobenen Berufung machten die Beschwerdeführer geltend, daß sie bereits in ihrer Stellungnahme vom 3. Dezember 1993 Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens vom 20. August 1993 angemeldet hätten, da auch dann eine Bewilligung zu versagen sei, wenn die Anordnung eines Gebäudes auf einem Bauplatz in einem auffallenden Widerspruch zur bestehenden Bebauung stehe. Die Baubehörde erster Instanz habe sich mit diesem Argument nicht auseinandergesetzt.

Im Berufungsverfahren wurde vom Nö Gebietsbauamt I ein ergänzendes Gutachten vom 8. April 1994 zu der Frage erstattet, ob die Anordnung des vorgesehenen Gebäudes zur bestehenden Bebauung in einem auffallenden Widerspruch stehe. Für den im Gutachten vom 20. August 1993 abgegrenzten Beurteilungsbereich wurde jeweils die Anordnung der Gebäude festgehalten, insbesondere der Anbau an Grundgrenzen. Zusammenfassend wird in dem Gutachten festgestellt, daß durch das Fehlen einer eindeutigen "Ordnung" der Anordnung der Gebäude auf den Bauplätzen ein auffallender Widerspruch des geplanten Vorhabens zur bestehenden Bebauung nicht feststellbar sei. Es wurde in diesem Gutachten allerdings nicht unterschieden, ob der Anbau an einer vorderen, hinteren oder seitlichen Grundgrenze besteht.

Mit Bescheid des Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Partei vom 18. April 1994 wurde der Berufung gemäß § 66 Abs. 2 AVG Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verwiesen. Den Beschwerdeführern sei in dem Punkt zuzustimmen, daß gemäß § 120 Abs. 3 Nö Bauordnung in der derzeit geltenden Fassung in einem Baulandbereich, für den noch kein Bebauungsplan erlassen worden sei oder ein vereinfachter Bebauungsplan keine Regelung der Anordnung oder Höhe der Gebäude enthalte, die Baubewilligung für einen Neu-, Zu- oder Umbau eines Gebäudes zu versagen sei, wenn dieses Gebäude hinsichtlich seiner Anordnung auf dem Bauplatz oder seiner Höhe in einem auffallenden Widerspruch zur bestehenden Bebauung stehe. Die Frage der Anordnung eines Gebäudes auf dem Bauplatz oder der Höhe des Gebäudes sei daher ein subjektiv-öffentlicher Rechtsanspruch der angrenzenden Nachbarn. Nach der nunmehr geltenden Rechtslage sei allerdings nicht mehr zu prüfen, ob das Gebäude hinsichtlich der Bebauungsdichte in einem auffallenden Widerspruch zur bestehenden Bebauung stehe. Aufgrund des Gutachtens vom 20. August 1993 habe die erstinstanzliche Behörde die Feststellung treffen können, daß die Gebäudehöhe des gegenständlichen Bauvorhabens in keinem auffallenden Widerspruch zur bestehenden Verbauung stehe. Die diesbezüglichen Einwendungen der Beschwerdeführer seien somit zu Unrecht erhoben worden. Hinsichtlich der Anordnung des Gebäudes auf dem Bauplatz seien jedoch von der Behörde erster Instanz keinerlei Feststellungen getroffen worden. Auch aus dem vorangehenden Ermittlungsverfahren gehe hervor, daß die Frage, ob die Anordnung des Gebäudes in einem auffallenden Widerspruch zur ortsüblichen Bebauung stehe, nicht aufgegriffen worden sei. Es sei daher der Bescheid ergänzungsbedürftig, wobei von der Behörde erster Instanz ein ergänzendes Gutachten hinsichtlich der Frage, ob die Anordnung des Gebäudes auf dem Bauplatz in einem auffallenden Widerspruch zur bereits bestehenden Bebauung stehe, einzuholen wäre. Auch fehle in der Bescheidbegründung eine konkrete Feststellung, von welchem abgegrenzten Ortsbereich die Behörde erster Instanz bei ihrer Annahme des Fehlens eines auffallenden Widerspruches zur bestehenden Bebauung hinsichtlich der Gebäudehöhe ausgegangen sei. In der Begründung des Bescheides erster Instanz werde zwar auf das Gutachten vom 20. August 1993 hingewiesen, welches auf Seite 2 das Beurteilungsgebiet genau abgrenze, doch hätte die Behörde in der Bescheidbegründung selbst eine konkrete Feststellung darüber treffen müssen. Aus all diesen Gründen werde die Baubehörde erster Instanz in einem ergänzenden Verfahren zu ermitteln haben, ob die Anordnung des gegenständlichen Gebäudes auf dem Bauplatz in einem auffallenden Widerspruch zu seiner Umgebung stehe, und eine konkrete Feststellung darüber zu treffen haben, von welchem abgegrenzten Ortsbereich die Behörde bei ihrer Annahme des Fehlens eines auffallenden Widerspruches zur bestehenden Bebauung hinsichtlich der Gebäudehöhe und Anordnung des Gebäudes auf dem Bauplatz ausgegangen sei. Auf die Einwände der Beschwerdeführer, es liege eine erhöhte Bebauungsdichte vor und das Bauvorhaben beeinträchtige das Erscheinungsbild der derzeit vorhandenen Häusergruppe, werde nicht eingegangen, da es sich dabei nicht um subjektiv-öffentliche Nachbarrechte handle. Seit der "achte(n) Novelle zur Nö Bauordnung 1976" (gemeint wohl LGBl. 8200-9: in Kraft getreten am 27. Mai 1993) betreffend § 120 Abs. 3 Nö Bauordnung sei die Bebauungsdichte in diesem Rahmen nicht mehr zu prüfen.

Die dagegen von den Beschwerdeführern im Hinblick auf § 66 Abs. 2 AVG erhobene Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführer wendeten sich gegen die "grundlose, zumindest unbegründete Zurückweisung" an die Behörde erster Instanz. Die Befugnis der Aufsichtsbehörde erstrecke sich lediglich auf die Wahrnehmung von Verletzungen von subjektiven Rechten des Vorstellungswerbers. Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer sei nicht zu folgen, daß sie in einem subjektiven Recht verletzt worden seien. Über die Behauptung der Verletzung subjektiver Rechte sei im Berufungsbescheid abgesprochen worden. Die Berufungsbehörde habe richtigerweise die Behörde erster Instanz mit der neuerlichen Entscheidung betraut, da wesentliche Sachverhaltselemente fehlten. Der Berufungsbescheid eröffne den Beschwerdeführern weitere Möglichkeiten, Einwendungen vorzubringen. Die Entscheidung der Berufungsbehörde bedeute für die Beschwerdeführer sogar eine Besserstellung, da sie weitere Einwände vorbringen können. Die Beschwerdeführer seien durch den Berufungsbescheid in keinem subjektiven Recht verletzt. Angemerkt wird, daß die mitbeteiligten Parteien keine Vorstellung gegen den Berufungsbescheid vom 18. April 1994 erhoben haben.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde geltend gemacht. Die Beschwerdeführer erachten sich insbesondere in ihrem Recht auf Sachentscheidung und richtige Handhabung des § 66 Abs. 2 AVG verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zunächst im Hinblick auf die Regelung des § 116 Abs. 2 zweiter Satz Nö Bauordnung ("Die Landesregierung kann ... die örtlich zuständige Bezirkshauptmannschaft mit der Durchführung des Verfahrens und der Entscheidung in ihrem Namen betrauen") die Nö Landesregierung als belangte Behörde im Vorverfahren befaßt. Diese hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Im Hinblick auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1987, Slg. Nr. 11.563, und die dort zitierte Vorjudikatur dieses Gerichtshofes, und das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1982, Zl. 81/05/0095) muß die vorliegende Übertragung im Lichte verfassungskonformer Auslegung als echte Delegation gedeutet werden, sodaß die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs als belangte Behörde des vorliegenden Verfahrens - als in erster und letzter Instanz entscheidender Aufsichtsbehörde - anzusehen ist. Diese Behörde wurde in der Folge mit der Beschwerdesache befaßt, hat in der Folge eine Gegenschrift erstattet, die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt hat. Auch die zweitmitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.

Die Beschwerdeführer haben zu der von der Nö Landesregierung und der zweitmitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschrift eine Äußerung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer machen geltend, daß die Nö Landesregierung von ihrem Ermessen gemäß § 116 Abs. 2 Nö Bauordnung Gebrauch gemacht habe, aber jegliche Begründung über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Übertragung schuldig geblieben sei. Es werde bestritten, daß diese Voraussetzungen vorliegen. Die belangte Behörde sei daher zur Erlassung des beschwerdegegenständlichen Bescheides unzuständig gewesen.

§ 116 Abs. 2 Nö Bauordnung 1976, LGBl. 8200-0, lautet:

"(2) Gegen einen Bescheid des Gemeinderates kann die Vorstellung gemäß § 61 NÖ Gemeindeordnung erhoben werden. Die Landesregierung kann im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Kostenersparnis die örtlich zuständige Bezirkshauptmannschaft mit der Durchführung des Verfahrens und der Entscheidung in ihrem Namen betrauen."

Mit Schriftsatz der Nö Landesregierung vom 26. Juli 1994 betraute diese die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs mit der Entscheidung über die vorliegende Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Partei vom 18. April 1994. In diesem Schriftsatz ist nicht angeführt, aus welchen der in § 116 Abs. 2 zweiter Satz Nö Bauordnung genannten Kriterien diese Zuständigkeitsübertragung erfolgt.

Die in § 116 Abs. 2 zweiter Satz Nö Bauordnung 1976 vorgesehene Zuständigkeitsübertragung im Einzelfall ist als eine Verfahrensanordnung im Sinne des § 63 Abs. 2 AVG zu deuten, gegen die ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig ist (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Juni 1986, Slg. Nr. 10.912). Es ist zwar zutreffend, daß die belangte Behörde in dem die Übertragung betreffenden angeführten Schriftsatz keinen der im § 116 Abs. 2

Nö Bauordnung genannten Gründe erwähnt hat. Im Hinblick auf die den Beschwerdeführern und auch der erstmitbeteiligten Partei örtlich näher gelegene Bezirkshauptmannschaft Scheibbs liegen die Gründe der "Zweckmäßigkeit, Raschheit und Kostenersparnis" im Sinne des § 116 Abs. 2 leg. cit. für diese Übertragung auf der Hand. Die Beschwerdeführer legen ihrerseits in keiner Weise näher dar, warum sie keines der Kriterien für die Übertragung als gegeben erachten. Diesem Vorbringen kommt somit keine Berechtigung zu.

Die Beschwerdeführer machen weiters geltend, daß das Verfahren zu Unrecht gemäß § 66 Abs. 2 AVG an die erste Instanz zurückverwiesen worden sei.

Mit diesem Vorbringen sind die Beschwerdeführer im Recht.

Grundsätzlich kommt den Nachbarn ein Mitspracherecht im Bauverfahren nur insoweit zu, als in der anzuwendenden Bauordnung verankerte Nachbarrechte geltend gemacht werden und der Nachbar rechtzeitig im Sinne des § 42 AVG Einwendungen in bezug auf derartige Nachbarrechte erhoben hat. An eine Präklusion gemäß § 42 AVG sind die Berufungsbehörde, die Aufsichtsbehörde und auch der Verwaltungsgerichtshof gebunden. Im vorliegenden Fall muß aber dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführer in bezug auf die von der Berufungsbehörde aufgegriffene Frage der Anordnung des Gebäudes auf dem Grundstück allenfalls präkludiert sind, da der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall insofern in seiner Überprüfung eingeschränkt ist, als die Beschwerdeführer als Nachbarn allein die Verletzung im Recht auf richtige Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG geltend gemacht haben. Den mitbeteiligten Parteien wäre es offengestanden, mittels Vorstellung eine allenfalls eingetretene Präklusion geltend zu machen.

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

Gemäß Abs. 4 dieser Gesetzesstelle hat die Berufungsbehörde außer dem im Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätetet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Die Berufungsbehörde darf also eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes, sondern nur dann treffen, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens berechtigt demnach die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 2 AVG nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sich dieser Mangel nicht anders als mit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Form von Rede und Gegenrede aller an der Sache beteiligten Personen und aller sonst für eine Ermittlung (Erhebung der Tatsachen und deren Erhärtung durch Beweise) in Betracht kommenden Personen, die daher gleichzeitig am gleichen Ort zu einer mündlichen Verhandlung versammelt werden müssen, beheben läßt. In allen anderen Fällen hat die Berufungsbehörde immer in der Sache selbst zu entscheiden und die dafür notwendigen Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens unter Heranziehung der Behörde erster Instanz oder selbst vorzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 95/05/0123).

Der belangten Behörde ist anzulasten, daß sie sich mit der Frage, ob die aufgegriffenen Sachverhaltsmängel eine mündliche Verhandlung erforderlich machen, überhaupt nicht auseinandergesetzt hat, zumal die Beschwerdeführer das Vorliegen der Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 AVG in ihrer Vorstellung bestritten haben. Es liegt also schon insofern ein Begründungsmangel im Hinblick auf die Bestimmung des § 60 AVG vor.

Die Auffassung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer als Nachbar durch den die erteilte Baubewilligung aufhebenden Berufungsbescheid in keinen subjektiven Rechten verletzt sein kann, steht weiters im Widerspruch zur hg. Judikatur (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1985, Slg. Nr. 11.795/A), nach der der Nachbar im Rahmen des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens einen Rechtsanspruch darauf besitzt, daß im Falle einer Verletzung seiner - von der Baubehörde wahrzunehmenden - Rechte eine Bewilligung nicht erteilt wird. Der Nachbar ist daher in seinen subjektiven Rechten verletzt, wenn die Behörde entgegen der Vorschrift des § 66 Abs. 4 AVG nicht in der Sache selbst entscheidet, sondern gesetzwidrig gemäß § 66 Abs. 2 AVG die Angelegenheit an die Behörde erster Instanz zurückverweist (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 95/05/0123).

Die vorliegenden, von der Berufungsbehörde relevierten Sachverhaltsmängel, stellen keine solchen dar, aufgrund deren die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde kann diese Frage aufgrund eines ergänzend einzuholenden Gutachtens, zu dem den Parteien des Verfahrens Parteiengehör zu gewähren ist, beantworten. Diese Sachverhaltsmängel bewirken auch nicht, daß die Bestimmung des § 43 Abs. 6 AVG - wie die belangte Behörde meint - in diesem Verfahrensstadium von Bedeutung wäre. Die Berufungsbehörde konnte sich daher nicht zu Recht auf § 66 Abs. 2 AVG berufen und hat den Beschwerdeführern somit eine Entscheidung in der Sache gemäß § 66 Abs. 4 AVG zu Unrecht verweigert. Insoweit die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Einbringung der Beschwerde nur in fünffacher Ausfertigung erforderlich war.

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