VwGH 95/05/0004

VwGH95/05/000423.1.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. der H M-P 2. der I F-P, beide in X, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 17. November 1994, Zl. BauR-011281/6-1994 Gr/Vi, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mP: 1. Maximilian und Gabriele S in B;

2. Stadtgemeinde X, vertreten durch den Bgm), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO OÖ 1976 §23 Abs2;
BauO OÖ 1976 §46 Abs3;
BauRallg;
ROG OÖ 1972 §16 Abs3;
AVG §8;
BauO OÖ 1976 §23 Abs2;
BauO OÖ 1976 §46 Abs3;
BauRallg;
ROG OÖ 1972 §16 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von S 11.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Ansuchen der Erstmitbeteiligten vom 20. Oktober 1993 wurde die Erteilung einer Baubewilligung für die Durchführung von Umbaumaßnahmen am Objekt X, Ortskai 4, auf dem Grundstück Nr. 324, KG X, beantragt. In der Verhandlung vom 21. Jänner 1994 machten die Beschwerdeführerinnen u.a. Einwendungen in bezug auf gesundheitliche Belange im Hinblick auf die Emissionsbelästigung der Entlüftungs- und Heizungsauslässe über das Dach geltend. Für die Lüftungsführung der Abluft der Bäder über Dach wurde beantragt, diese Führung auf die südseitige Dachfläche zu verlegen. Gegen die Situierung einer Terrasse im zweiten Obergeschoß unmittelbar an der Grundgrenze der Beschwerdeführerinnen wurde die Belästigung im Hinblick auf Lärm und Geruch geltend gemacht. Der Bausachverständige stellte in dieser Verhandlung u.a. fest, daß die derzeit bestehenden Räumlichkeiten im Erdgeschoß und im ersten Obergeschoß im Randbereich zur nördlichen Grundgrenze in späterer Folge als Sanitärräume genutzt werden sollen und daher eine entsprechende Entlüftungsanlage in mechanischer Form ausgeführt werden solle. Bei Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der einschlägigen Normen solle diese über das Dach geführt werden. Es bestünden daher seitens des Sachverständigen aufgrund der zu erwartenden Emissionen keine Einwände gegen die Ausführung, da durch die Entlüftung der innenliegenden Räume das ortsübliche Ausmaß solcher Immissionen keinesfalls überschritten werde. Weiters seien sämtliche anderen innenliegenden Nebenräumlichkeiten mit einer mechanischen Lüftungsanlage auszustatten. Die Zuluft sei in Form einer Zuluftöffnung im Bereich des Türblattes herzustellen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Partei vom 10. Februar 1994 wurde einerseits ausgesprochen, daß das Grundstück Baufläche .324 einen Bauplatz darstelle (Spruchpunkt I), andererseits den Erstmitbeteiligten unter Vorschreibung von "Bedingungen und Auflagen" die Baubewilligung für die beantragten Umbaumaßnahmen erteilt (Spruchpunkt II). Gemäß Punkt 11 der diesem Bescheid beigeschlossenen und einen integrierenden Bestandteil desselben bildenden "allgemeinen Bedingungen und Auflagen für die Baubewilligung" ist die Ausführung des Baues in statischer, konstruktiver und technologischer Hinsicht von einem hiezu befugten Sachverständigen überwachen zu lassen. Der Name dieses Sachverständigen ist der Baubehörde spätestens mit der Meldung des Baubeginnes schriftlich bekanntzugeben. Mit dem Ansuchen um Benützungsbewilligung sei der Baubehörde der Schlußbericht des Sachverständigen (Statikers) vorzulegen. Dem Schlußbericht seien die vom Sachverständigen (Statiker) aufgestellten oder geprüften statischen Berechnungen anzuschließen. Gemäß Punkt 12 dieser "Bedingungen und Auflagen" hat der Bauführer sämtliche vom Um- oder Zubau betroffenen oder zusätzlich belasteten tragenden Bauteile des Altbaues auf ihre Tragfähigkeit und ihren Bauzustand zu untersuchen und diese soweit erforderlich zu unterfangen, zu verstärken oder durch entsprechend dimensionierte Teile zu ersetzen. Die Einwendungen der Beschwerdeführerinnen betreffend die Veränderung des Ortsbildes und das Fehlen von Stellplätzen bzw. die Beeinträchtigung der Sicht- und Lichtverhältnisse durch den Stiegenhausturm wurden als unzulässig zurückgewiesen. Im übrigen wurden die öffentlich-rechtlichen Einwendungen der Beschwerdeführerinnen als sachlich nicht gerechtfertigt abgewiesen. Die privatrechtlichen Einwendungen der Beschwerdeführerinnen wurden auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

In der Berufung der Erstbeschwerdeführerin wurde weiters geltend gemacht, daß im Befund des Amtssachverständigen in der Verhandlung vom 21. Jänner 1994 erwähnt worden sei, daß eventuell eine Zusatzverankerung des zu errichtenden Gebäudes im Bereich der Felswand erfolgen müsse. Ein statisches Gutachten dazu sei weder von den Bauwerbern beigebracht, noch von der erstinstanzlichen Behörde in Auftrag gegeben worden. Es sei daher über die wesentliche Frage einer allfälligen Zusatzverankerung des zu errichtenden Gebäudes im Bereich der Felswand im bekämpften Bescheid nicht abgesprochen worden. Da sich die Felswand im Bereich der den Beschwerdeführerinnen gehörenden Liegenschaft befinde, hätten die Beschwerdeführerinnen einen Anspruch darauf, vor Baubewilligung darüber in Kenntnis gesetzt zu werden, wie das von den Bauwerbern zu errichtende Gebäude auf ihrem Grund und Boden verankert werden solle. Es hätte auch darüber abgesprochen werden müssen, ob die Erstbeschwerdeführerin als Nachbarin verpflichtet sei, die Verankerung des Gebäudes der Erstmitbeteiligten unter Einbeziehung ihres Grundstückes zu dulden oder nicht.

Zu der Frage einer eventuell erforderlichen Zusatzverankerung im Bereich der Felswand wurde im Berufungsverfahren in einem ergänzenden Gutachten vom 2. Mai 1994 ausgeführt, daß der derzeitige Zustand der Felswand erst im Zuge der geplanten Abbrucharbeiten feststellbar sei, weshalb in den Punkten 11., 12. und 21. der "Allgemeinen Bedingungen und Auflagen für die Baubewilligung" auf die Statik des neuen Stiegenhauses eingegangen worden sei. So werde im Punkt 11. die Überwachung durch einen befugten Sachverständigen vorgeschrieben, welcher eine mögliche Zusatzverankerung der Begrenzungs- und Deckenbauteile des neuen Stiegenhauses aus statischen Gründen vorschreiben könnte. Gemäß Punkt 21. dieser "Bedingungen und Auflagen" werde auf die einschlägigen Bestimmungen der Oö Bauverordnung, nämlich § 4 Abs. 1, hingewiesen, wonach bei begründeten Zweifeln in bezug auf die Fundierungsart, die jeweiligen Bodenverhältnisse oder die zulässige Beanspruchung des Untergrundes gesonderte und eben daraus resultierende Maßnahmen durch den Bauwerber nachzuweisen seien. Zur Abluftsituation, die sich aus den Umbaumaßnahmen ergebe, nahm der Sachverständige in dem ergänzenden Gutachten vom 2. Mai 1994 getrennt nach Heizung und Innenraumlüftung Stellung: Die einzige Baumaßnahme im Bereich der Heizung sei die Adaptierung des Heizraumes, wodurch die bestehende Zu- und Abluftführung für den Heizraum betroffen sei. Lage und Größe der Heizung blieben weitestgehend unverändert, ebenso wie die Kaminanlage, an welche die Heizungsanlage angeschlossen sei. Gemäß § 33 Abs. 5 Oö Bauverordnung seien Bäder und Klosettanlagen ausreichend zu entlüften und bei innenliegenden Räumen seien Lüftungsanlagen vorzusehen. Gemäß § 31 Oö Bauverordnung dürften weder in den zu lüftenden Räumen, noch anderen Gebäuden, Gebäudeteilen oder in der Umgebung des Gebäudes schädliche Umwelteinwirkungen auftreten. Es sollen neun elektrisch betriebene Anlagen zur Ausführung gelangen. Die Fördermenge einer solchen Lüftungsanlage liege bei einer Maximalleistung von 60 m3/h, die Luftleistung (freiblasend) bei 109 m3/h pro Stunde, der maximale Geräuschpegel in ca. 3 m Entfernung bei 46 dB. Außerdem werde gemäß § 33 Abs. 4 Oö Bauverordnung vom Bauführer gefordert, Klosettanlagen beim Ablauf mit einem Geruchsverschluß zu versehen und über Dach zu entlüften. Im Regelfall würden diese Strangentlüftungen und die erforderlichen Raumentlüftungen aus Platzgründen parallel geführt. Es seien den Erstmitbeteiligten jeweils dem Stand der Technik entsprechende Anlagen und Einrichtungen zum Schutz vor möglichen Belästigungen vorgeschrieben worden. Es erschienen daher die zu erwartenden Immissionen auch aufgrund der Widmung "Wohngebiet" im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan Nr. 1 vom 14. September 1978 so gering, daß bei ordnungsgemäßer Ausführung der Schutz der Nachbarschaft gewährleistet erscheine. Inwieweit dennoch gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten wären, müßte seitens eines medizinischen Sachverständigen festgestellt werden.

Mit Bescheid des Stadtsenates der zweitmitbeteiligten Partei vom 22. Juni 1994 wurden die Berufungen der Beschwerdeführerinnen gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.

Die dagegen erhobenen Vorstellungen wurden mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Den Bedenken der Beschwerdeführerinnen, die WC-Entlüftung und die Rauchabzugsanlage über Dach überschreite das ortsübliche Ausmaß, und es sei zur Frage der gesundheitlichen Auswirkungen die Einholung eines Gutachtens eines medizinischen Sachverständigen erforderlich gewesen, hielt die belangte Behörde entgegen, daß ein taugliches Gutachten, das mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehe, nur durch ein gleichwertiges Gutachten, nicht jedoch mit bloß laienhaften Äußerungen bekämpft werden könne. Weiters müßten Immissionen, die sich im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes hielten, von den Nachbarn hingenommen werden. Daß es sich bei den von den geplanten Entlüftungsanlagen sowie der Kaminanlage verursachten Emissionen um in einem städtischen Wohngebiet durchaus übliche Emissionen handle, liege auch für einen verständigen Laien auf der Hand und bedürfe daher keiner weiteren Erörterung (auch durch keinen medizinischen Sachverständigen). Weiters könne - worauf auch der Berufungsbescheid hinweise - von einer Zusatzverankerung des Gebäudes auf dem Grundstück der Beschwerdeführerinnen keine Rede sein. Den Nachbarn käme auch gemäß der Oö Bauordnung in Fragen der Tragfähigkeit des Untergrundes, der Statik bzw. der baugeologischen Verhältnisse des Bauplatzes kein Mitspracherecht zu. Soweit die Beschwerdeführerinnen befürchten, der beim Bau eventuell zur Stabilisierung des Stiegenhauses erforderliche Erdanker würde ihr Gebäude in Mitleidenschaft ziehen, handle es sich um Beeinträchtigungen während der Bauausführung, die gemäß § 49 in Verbindung mit § 23 Abs. 2 Oö Bauordnung zu berücksichtigen seien, insoweit es sich um schädliche Umwelteinwirkungen handle. Das Bauvorhaben stehe auch nicht mit dem Teilbebauungsplan Nr. 1 vom 28. März 1930 in Widerspruch. Dieser enthalte nur vordere Baufluchtlinien und hinsichtlich der Gebäudehöhe und der Lage von bewilligungspflichtigen Anlagen keine Beschränkungen. Es ergäben sich aus den Akten keine Anhaltspunkte, daß für den vorliegenden Bereich - wie die Beschwerdeführerinnen behaupten - eine "halboffene Bauweise mit einer zweigeschossigen Bebauung" vorgesehen sei. In bezug auf den Einwand der Beeinträchtiung der Licht- und Sichtverhältnisse sowie die Verletzung der Intimsphäre der Beschwerdeführerinnen stehe dem Nachbarn kein Nachbarrecht zu. Was die geltend gemachten Lärmimmissionen durch die Terrassenerrichtung betreffe, sei festzustellen, daß es sich bei derartigen Immissionen um in einem städtischen Wohngebiet durchaus übliche, von den Nachbarn hinzunehmende Immissionen handle. In bezug auf die Einwendungen betreffend die Brandgefahr und die unbefriedigende Zufahrt- und Parkplatzsituation seien die Beschwerdeführerinnen gemäß § 42 AVG präkludiert.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerinnen erachten sich in ihrem Recht auf Berücksichtigung ihrer Einwendungen bzw. auf Versagung einer Baugenehmigung an den Nachbarn bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 46 und 50 Oö Bauordnung verletzt.

Die belangte Behörde - wie die zweitmitbeteiligte Partei - hat eine Gegenschrift erstattet, die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 46 Abs. 3 Oö Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976, in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Stammfassung, sind öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechtes oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.

Gemäß § 23 Abs. 2 leg. cit. müssen bauliche Anlagen im besonderen in allen ihren Teilen so geplant und errichtet werden, daß schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden. Schädliche Umwelteinwirkungen sind solche, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und im besonderen für die Benützung der Bauten und die Nachbarschaft herbeizuführen, wie durch Luftverunreinigung (Änderung der natürlichen Zusammensetzung der freien Luft, zum Beispiel durch Rauch, Ruß, Staub und andere Schwebstoffe, Dämpfe, Gase und Geruchstoffe), Lärm oder Erschütterungen.

Die Beschwerdeführerinnen machen zunächst geltend, sie hätten im Verfahren darauf verwiesen, daß durch die Entlüftungsanlagen in mechanischer Form und die Abgasführung der Heizung über die Kaminanlage und das Dach für sie als Nachbarn erhebliche Nachteile in gesundheitlicher Hinsicht zu befürchten seien. Es hätte zu dieser Frage ein Gutachten eines medizinischen Sachverständen erstattet werden müssen. Zu Unrecht habe die belangte Behörde sich darauf berufen, daß die Beschwerdeführerinnen dem vorliegenden bautechnischen Gutachten nicht mit einem gleichwertigen Gutachten entgegengetreten seien. Einem bautechnischen Sachverständigen fehle für gesundheitliche Fragen die Sachkompetenz. Im vorliegenden Fall müsse insbesondere beachtet werden, daß die von den Beschwerdeführerinnen benutzten Wohnräume etwa auf der Höhe der Dachflächen des in Frage stehenden Gebäudes der Erstmitbeteiligten liegen. Zwischen diesen beiden Gebäuden bestehe ein Abstand von 3 m. Die Fenster des Hauses der Beschwerdeführerinnen und ihrer Wohnräume befänden sich auf Höhe der im nördlichen Bereich befindlichen Kamine. Dazu komme ferner, daß im bisherigen Objekt bislang zwei Wohneinheiten untergebracht gewesen seien, die mit der bestehenden Ölzentralheizung geheizt worden seien. Nach dem Projekt komme es zu einer wesentlichen Erweiterung des Hauses durch Einbau von zusätzlichen Wohnungen und zwei Büros. Dies sei zweifellos mit einer massiven Erweiterung der Abgasbelastung verbunden. Dem bautechnischen Sachverständigen werde zugebilligt, daß er die Einwirkungen bei Häusern abschätzen könne, die Kamine auf gleicher Höhe über dem Dach hätten. Im vorliegen Fall seien diese Auswirkungen aber durch einen medizinischen Sachverständigen abzuklären gewesen. Es liege daher ein wesentlicher Verfahrensmangel vor, der eine gründliche Erörterung und Beurteilung der Angelegenheit verhindert habe.

Mit diesem Vorbringen sind die Beschwerdeführerinnen im Recht. Sie haben bereits im Verfahren die Beeinträchtigung durch das gegenständliche Projekt in gesundheitlicher Hinsicht geltend gemacht und auf die besondere Lage ihres Hauses und ihrer Wohnungen in gleicher Höhe mit dem Kamin des Hauses der Erstmitbeteiligten hingewiesen. Wie der bautechnische Amtssachverständige dies auch in seinem ergänzenden Gutachten vom 2. Mai 1994 festgestellt hat, enthielt seine Feststellung, daß die Emissionen in bezug auf die Heizung und die sonstigen Lüftungsanlagen das ortsübliche Ausmaß nicht überschritten, keine Aussage darüber, daß die Gesundheit der Nachbarn nicht beeinträchtigt sei. Es handelt sich auch um einen wesentlichen Verfahrensmangel, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).

Sofern sich die Beschwerdeführerinnen dagegen wenden, daß im angefochtenen Bescheid nicht abschließend darüber abgesprochen worden sei, ob Verankerungen des Stiegenhauses in der Felswand erforderlich seien oder nicht, sind sie nicht im Recht. Die Beschwerdeführerinnen gehen dabei davon aus, daß im Falle von notwendig werdenden Verankerungen jedenfalls ihr Grundstück in Anspruch genommen werden müßte. Aus dem von der belangten Behörde als rechtmäßig erkannten Bescheid der Berufungsbehörde ergibt sich keine Verpflichtung der Beschwerdeführerinnen, allenfalls erforderlich werdende Verankerungen auf ihrem Grundstück dulden zu müssen.

Weiters machen die Beschwerdeführerinnen geltend, daß das verfahrensgegenständliche Haus in einem Bereich halboffener Bauweise mit einer zweigeschoßigen Bebauung liege. Es wird von den Beschwerdeführerinnen in keiner Weise begründet, warum im Bereich des verfahrensgegenständlichen Grundstückes eine halboffene Bauweise geboten sein solle. Die Zweitbeschwerdeführerin geht selbst in ihrer Berufung davon aus, daß der rechtskräftige Teilbebauungsplan Nr. 1 vom 28. März 1930 für das verfahrensgegenständliche Grundstück die geschlossene Bauweise vorsehe. Die Erstbeschwerdeführerin wiederum hält in der Berufung ausdrücklich fest, daß der genannte Teilbebauungsplan keine Bestimmungen über die Gebäudehöhe im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 4 Oö Raumordnungsgesetz enthalte. Gemäß § 32 Oö Bauordnung 1976 gilt u.a. für die Höhe von baurechtlich bewilligungspflichtigen Gebäuden für den Fall, daß sich aus baurechtlichen Vorschriften und dem Bebauungsplan nichts anderes ergibt, daß die Anzahl der Geschoße bei Neu- und Zubauten von Wohngebäuden einschließlich des Erdgeschoßes in einem geschlossen bebauten Gebiet sechs Geschoße, außerhalb eines geschlossen bebauten Gebietes vier Geschoße nicht übersteigen dürfe. Selbst wenn man im vorliegenden Fall davon ausginge, daß kein geschlossen bebautes Gebiet vorliegt - wofür allerdings keinerlei Anhaltspunkte vorliegen, auch von den Beschwerdeführerinnen wurden solche in der Beschwerde nicht vorgetragen -, dann überschreitet das verfahrensgegenständliche Objekt selbst die sich unter dieser Voraussetzung aus § 32 Abs. 3 Oö Bauordnung ergebende Höhe nicht.

Sofern die Beschwerdeführerinnen eine Verletzung der Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse im Zusammenhang mit der unter Umständen erforderlichen Verankerung des Hauses der Erstmitbeteiligten geltend machen, ist nicht ersichtlich und wird dies auch in keiner Weise näher begründet, warum es im Falle einer Verankerung des Hauses zu einer Beeinträchtigung der Belichtung und Belüftung des Hauses der Beschwerdeführerinnen kommen soll. Im übrigen hat die belangte Behörde den Beschwerdeführerinnen in diesem Zusammenhang zu Recht entgegengehalten, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1983, Zl. 06/2538/80) dem Nachbarn kein Rechtsanspruch auf Belichtung aus einem benachbarten, fremden Grundstück zusteht. Vielmehr gilt der Grundsatz, daß der Eigentümer eines Grundstückes durch Schaffung entsprechender Freiräume auf den eigenen Grundflächen für ausreichende Belichtungs- und Sichtverhältnisse zu sorgen hat. Eine Vorschrift, die im Sinne des § 46 Abs. 3 Oö Bauordnung die Belichtung und Belüftung betrifft und auch dem Interesse der Nachbarschaft dient, enthält die Oö Bauordnung nicht.

Weiters sei nach Auffassung der Beschwerdeführerinnen der Bau der Terrasse 3 m vor ihrem Schlafzimmerfenster eine unzumutbare Beeinträchtigung. Es handle sich dabei um gesundheitliche Belange, die bei der Bauführung im Rahmen der "Sozialgebundenheit des Eigentums" zu berücksichtigen seien. Der Nachbar hat gemäß § 23 Abs. 2 Oö Bauordnung 1976 ein subjektiv-öffentliches Recht im Sinne des § 46 Abs. 3 leg. cit., daß schädliche Umwelteinwirkungen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen, möglichst vermieden werden. Emissionen, die sich im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, müssen jedoch von den Nachbarn hingenommen werden (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 18. Mai 1993, Zl. 91/05/0186, und die darin zitierte Vorjudikatur, und vom 7. Dezember 1993, Zl. 93/05/0135). Wenn die belangte Behörde der Auffassung war, daß es sich bei den auf der geplanten Terrasse zu befürchtenden Lärmimmissionen um solche handelt, die in einem städtischen Wohngebiet durchaus üblich seien, kann ihr nicht entgegengetreten werden.

Da die belangte Behörde verkannt hat, daß die Frage der gesundheitlichen Beeinträchtigung der Beschwerdeführerinnen durch die sich aus den Kaminen ergebenden Immissionen von der Berufungsbehörde nicht ausreichend geklärt worden war und die Vorstellung zu Unrecht abgewiesen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des konkreten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. An Stempelgebühren für Eingaben waren nur jene für die Beschwerde in vierfacher Ausfertigung zu ersetzen.

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