VwGH 95/01/0219

VwGH95/01/021925.9.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Dolp und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des O in F, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Mai 1995, Zl. 4.287.869/6-III/13/95, betreffend Feststellung gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 AsylG 1991, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z3;
AsylG 1991 §5 Abs1 Z1;
AsylG 1991 §5 Abs1 Z3;
AVG §66 Abs4;
FlKonv Art1 AbschnC Z1;
FlKonv Art1 AbschnC Z5;
FlKonv Art33 Abs2;
AsylG 1991 §1 Z3;
AsylG 1991 §5 Abs1 Z1;
AsylG 1991 §5 Abs1 Z3;
AVG §66 Abs4;
FlKonv Art1 AbschnC Z1;
FlKonv Art1 AbschnC Z5;
FlKonv Art33 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird, soweit sie den Spruchpunkt 1.) des angefochtenen Bescheides betrifft, als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 14. Jänner 1991 wurde der Beschwerdeführer - ein rumänischer Staatsangehöriger - als Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (1968) anerkannt. Das Bundesasylamt hat dem Beschwerdeführer gegenüber mit Bescheid vom 10. März 1995 gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 25 AsylG 1991 festgestellt, daß im Fall des Beschwerdeführers der in Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) genannte Tatbestand eingetreten ist und "Sie daher das in Österreich gewährte Asyl verlieren" (Spruchpunkt 1 des erstinstanzlichen Bescheides), sowie gemäß § 37 Abs. 5 FrG festgestellt, daß die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Rumänien zulässig sei (Spruchpunkt 2). In Erledigung der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Mai 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Z. 3 AsylG 1991 festgestellt, daß hinsichtlich der Person des Beschwerdeführers die in Art. 1 Abschnitt C Z. 1 und Z. 5 und in Art. 33 Abs. 2 der GFK genannten Tatbestände eingetreten sind (Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides), sowie darüber hinaus festgestellt, daß gemäß § 37 Abs. 5 des Fremdengesetzes - FrG seine Abschiebung nach Rumänien zulässig sei (Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich des Spruchpunktes 1) des angefochtenen Bescheides erwogen hat:

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 1991 verliert ein Flüchtling das Asyl, wenn festgestellt wird, daß 1. ihm in einem anderen Staat Asyl gewährt wurde; 2. ihm in einem anderen Staat ein dauerndes Aufenthaltsrecht gewährt wurde; 2. hinsichtlich seiner Person einer der in Art. 1 Abschnitt C oder F lit. a oder c oder Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Tatbestände eingetreten ist. Auf Grund des § 5 Abs. 2 AsylG 1991 ist eine Feststellung gemäß Abs. 1 mit Bescheid der Asylbehörde von Amts wegen zu treffen.

Die belangte Behörde hat gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 AsylG 1991 hinsichtlich der Person des Beschwerdeführers nicht nur - wie bereits die Erstbehörde - den Eintritt des in Art. 33 Abs. 2 der GFK, sondern darüber hinaus auch den Eintritt der in Art. 1 Abschnitt C Z. 1 und Z. 5 genannten Tatbetände festgestellt. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 31. Mai 1995, Zl. 94/01/0795, ausgeführt hat, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, liegt in dieser Vorgangsweise ein Verstoß der belangten Behörde gegen die Bestimmung des § 66 Abs. 4 AVG nicht vor.

Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung - u.a. - auf den Umstand, daß sich der Beschwerdeführer am 29. Juni 1990 (während des laufenden Asylverfahrens) von der rumänischen Botschaft in Wien einen rumänischen Reisepaß, gültig bis 29. Juni 1995, habe ausstellen lassen, in welchem sich Wiedereinreisesichtvermerke, ausgestellt von der BH Leoben und der Bundespolizeidirektion Leoben befänden, und er selbst angegeben habe, bereits dreimal wiederum in seinem Heimatland (zweimal im August 1991, einmal im Jänner 1992) und "ein paar Mal" im "Niemandsland" gewesen zu sein. Die belangten Behörde hat daraus den rechtlichen Schluß gezogen, er habe sich dadurch freiwillig wieder unter den Schutz seines Heimatlandes gestellt und damit den in Art. 1 Abschnitt C Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Tatbestand erfüllt.

Dazu bringt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vor, das diesbezügliche Verfahren sei mangelhaft geblieben, weil sich die belangte Behörde nicht mit seinem Vorbringen auseinandergesetzt habe, die Bezirkshauptmannschaft Leoben habe erklärt, es müsse ein Antrag auf Ausstellung eines rumänischen Passes gestellt werden, der BH Leoben als zuständiger Fremdenpolizeibehörde sei es auch bekannt gewesen, daß er einen rumänischen Reisepaß beantragt und besessen habe. Nach Asylgewährung habe er aus diesem Grunde seinen rumänischen Reisepaß am 10. Februar 1992 bei der Bezirkshauptmannschaft Leoben auch abgegeben, sodaß bereits daraus ersichtlich gewesen sei, daß er sich nicht unter den Schutz seines Heimatlandes gestellt habe.

Dem ist zu entgegnen: Der im Art. 1 Abschnitt C Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention genannte Tatbestand läßt es als gerechtfertigt erscheinen, daß - wie es darin ausdrücklich heißt - dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmung des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet werden wird. Dabei handelt es sich um die Berücksichtigung des Wegfalles des auf den Schutz vor asylrechtlich relevanter Verfolgung ausgerichteten Sicherheitsbedürfnisses des Betroffenen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach - dies insbesondere zu der vergleichbaren Bestimmung des § 2 Abs. 2 Z. 1 AsylG 1991 - ausgesprochen, daß die Ausstellung eines Reisepasses (auf Grund der dieser zugrundeliegenden Antragstellung) in der Regel - sofern nicht im konkreten Einzelfall ein dieser rechtlichen Beurteilung entgegenstehender Sachverhalt aufgezeigt wird - als eine der Formen angesehen werden muß, mit denen ein Staat seinen Angehörigen Schutz gewährt (vgl. hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1995, Zl. 95/01/0441, und die dort wiedergegebene Judikatur). Gegen diese rechtliche Annahme der belangten Behörde wendet sich der Beschwerdeführer lediglich mit dem Argument, die fremdenpolizeiliche () Behörde habe gewußt, ja geradezu darauf gedrungen, daß er sich einen Reisepaß ausstellen lasse. Damit zeigt aber der Beschwerdeführer keinen Umstand auf, der die von der belangten Behörde vorgenommene rechtliche Beurteilung als unrichtig erscheinen läßt, insbesondere, daß durch die angebliche "Aufforderung" der BH Leoben seine freie Willensbildung beeinträchtigt worden wäre. Ist aber die Willensbildung frei von physischen oder psychischen Zwängen gewesen, ist der Beschwerdeführer auch für das von ihm gewollte Tun (die Antragstellung auf Ausstellung eines Reisepasses) verantwortlich; diese entfaltet dann auch gegen ihn Wirkungen (vgl. hiezu hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1995, Zl. 94/20/0546). Daran ändert auch nichts, daß der Beschwerdeführer nach Erlangung des Asyls (und damit im Besitz eines Konventionsdokumentes) seinen rumänischen Reisepaß am 10. Februar 1992 (sohin über ein Jahr nach Asylerlangung) zurückgegeben hat.

Da sich somit die Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes 1) des angefochtenen Bescheides schon aus diesem Grunde als unbegründet erweist, war sie insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Es war daher nicht mehr darauf einzugehen, ob

- entsprechend der weiteren, vom Beschwerdeführer bestrittenen Bescheidbegründung - hinsichtlich seiner Person auch die Tatbestände des Art. 1 Abschnitt C Z. 5 sowie des Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention eingetreten sind.

Bemerkt wird, daß hinsichtlich des Spruchpunktes 2) des angefochtenen Bescheides eine gesonderte Entscheidung ergehen wird. Dieser bleibt auch ein Ausspruch über den Aufwandersatz vorbehalten (§ 50 VwGG).

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