Normen
AVG §37;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
ZustG §17 Abs2;
ZustG §17 Abs3;
AVG §37;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
ZustG §17 Abs2;
ZustG §17 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 11. April 1994 auf Aufschub des Antrittes des Grundwehrdienstes gemäß § 36a Abs. 3 Z. 3 WehrG 1990 zurückgewiesen.
Die belangte Behörde ging davon aus, daß der Beschwerdeführer mit Einberufungsbefehl des Militärkommandos Steiermark vom 7. Dezember 1993 zur Leistung des Grundwehrdienstes ab 5. April 1994 einberufen worden sei. Dieser Einberufungsbefehl sei nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 9. und 10. Dezember 1993 beim Postamt Mürzzuschlag hinterlegt und bis einschließlich
27. Dezember 1993 zur Abholung bereitgehalten worden. Der Beschwerdeführer sei innerhalb der Hinterlegungsfrist an die Abgabestelle Mürzzuschlag, W. Straße 37, zurückgekehrt und hätte die Sendung jedenfalls am 27. Dezember 1993 beheben können. Der Einberufungsbefehl sei daher spätestens mit Wirkung vom 27. Dezember 1993 zugestellt worden. Gemäß § 1 Abs. 3 WehrG sei der Antritt des Präsenzdienstes mit dem im Einberufungsbefehl genannten Termin 5. April 1994 anzunehmen, ungeachtet dessen, daß der Beschwerdeführer dem Einberufungsbefehl keine Folge geleistet habe. Eine Aufschubgewährung nach Antritt des Präsenzdienstes sei begrifflich nicht möglich. Angesichts dessen verbiete sich eine inhaltliche Prüfung der mit Antrag vom 11. April 1994 - sohin erst nach dem Einberufungstermin - geltend gemachten Aufschubgründe.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.
Er studiere seit 1987 in Wien und habe daher in seinem Heimatort Mürzzuschlag keinen regelmäßigen Aufenthalt mehr. Der Postbeamte hätte auf Grund der von der Mutter des Beschwerdeführers anläßlich der vergeblichen Zustellversuche erhaltenen Auskunft, der Sohn (Beschwerdeführer) studiere in Wien und würde erst über die Weihnachtsfeiertage nach Mürzzuschlag kommen, keinen Grund zur Annahme gehabt, der Beschwerdeführer halte sich regelmäßig in Mürzzuschlag auf. Eine Hinterlegung des Einberufungsbefehls sei schon aus diesem Grunde unzulässig gewesen. Darüberhinaus habe der Beschwerdeführer nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen können, da er sich nur vom 24. Dezember 1993 abends bis 26. Dezember 1993 in Mürzzuschlag aufgehalten habe; das Schriftstück sei am 27. Dezember 1993 an das Militärkommando Steiermark retourniert worden. Da dem Beschwerdeführer der Einberufungsbefehl zum 5. April 1994 jedenfalls nicht vor Einbringung des Antrages auf Aufschiebung des Grundwehrdienstes zugestellt worden sei, seien der Stattgebung dieses Antrages keine rechtlichen Hindernisse entgegengestanden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und begehrt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich strittig, ob der Einberufungsbefehl zum 5. April 1994 dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung gemäß § 17 ZustG rechtswirksam zugestellt wurde.
Nach dem Abs. 1 dieses Paragraphen ist das zuzustellende Schriftstück beim zuständigen Postamt zu hinterlegen, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.
Nach § 17 Abs. 3 erster Satz ZustG ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Nach dem dritten Satz gelten hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt. Nach dem vierten Satz des § 17 Abs. 3 ZustG gelten hinterlegte Sendungen nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.
Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, daß der Postzusteller auf Grund der von der Mutter des Beschwerdeführers erhaltenen Auskunft (ihr Sohn studiere in Wien und werde zu den Weihnachtsfeiertagen nach Mürzzuschlag kommen) nicht davon ausgehen konnte, der Beschwerdeführer halte sich derzeit regelmäßig an der Abgabestelle in Mürzzuschlag auf. Die in diesem Zusammenhang gepflogenen Ermittlungen der belangten Behörde ergaben, daß sich der Beschwerdeführer zur Zeit der Zustellversuche (9. und 10. Dezember 1993) und in der Folge bis zu seiner Rückkehr nach Mürzzuschlag am 24. Dezember 1993 tatsächlich nicht dort, sondern in Wien aufhielt und er daher wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Da sich somit die gegenteilige Annahme des Zustellorganes als verfehlt herausgestellt hat, liegt keine die Zustellung im Sinne der Fiktion des dritten Satzes des § 17 Abs. 3 ZustG (mit Wirkung vom 10. Dezember 1993, dem ersten Tag der Abholfrist) bewirkende Hinterlegung vor.
Die belangte Behörde ist aber ohnedies nicht von der rechtswirksamen Zustellung nach der genannten Bestimmung, sondern nach jener des vierten Satzes des § 17 Abs. 3 ZustG, nämlich mit Wirkung vom 27. Dezember 1993, ausgegangen. Allerdings kann mangels ausreichender Ermittlungen derzeit nicht beurteilt werden, ob diese Annahme tatsächlich zutrifft. Die hinterlegte Sendung lag zwar laut Mitteilung des Postamtes Mürzzuschlag vom 9. Juni 1994 bis 27. Dezember 1993 zur Abholung bereit. Die belangte Behörde hat aber nicht festgestellt (und es ist auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich), ob dieser Tag tatsächlich auch der letzte Tag der Abholfrist war. Sollte die Abholfrist bereits früher geendet haben, so wäre die für die Annahme einer wirksamen Zustellung nach § 17 Abs. 3 vierter Satz ZustG notwendige Voraussetzung nicht gegeben, daß der Beschwerdeführer innerhalb der Abholfrist, die sich nach dem Beginn der Abholbarkeit der Sendung richtet und in der Hinterlegungsanzeige aufzuscheinen hat, an die Abgabestelle zurückgekehrt ist und ihm auch noch an einem darauf folgenden, NOCH INNERHALB DER ABHOLFRIST GELEGENEN TAG die Abholung der Sendung möglich war (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1984, Zl. 84/02/0210, in Form eines Rechtssatzes abgedruckt in Slg. Nr. 11553/A). Entscheidend ist somit, ob der Zusteller eine über die gesetzliche Mindestdauer von zwei Wochen hinausgehende Abholfrist bis einschließlich 27. Dezember 1993 (Montag) auf der Hinterlegungsanzeige vermerkte. Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, könnte nicht mehr von der Wirksamkeit der Zustellung durch Hinterlegung nach § 17 Abs. 3 vierter Satz ZustG ausgegangen werden.
Da der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt der Klärung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.
Der Spruch über den Aufwandersatz beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)