Normen
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
KFG 1967 §64 Abs5;
KFG 1967 §64 Abs6;
KFG 1967 §79 Abs3;
VwRallg;
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
KFG 1967 §64 Abs5;
KFG 1967 §64 Abs6;
KFG 1967 §79 Abs3;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als dem Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Lenkerberechtigung keine Folge gegeben wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde
1. gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 dem Antrag des Beschwerdeführers vom 19. November 1993 auf Erteilung einer Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B aufgrund seiner polnischen Lenkerberechtigung keine Folge gegeben und 2. gemäß § 64 Abs. 5 KFG 1967 festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht mehr berechtigt sei, von seiner polnischen Lenkerberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.
In seiner Beschwerde gegen diesen Bescheid wendet sich der Beschwerdeführer, wie sich aus der Bezeichnung des Beschwerdepunktes und dem Beschwerdevorbringen ergibt, ausschließlich gegen den Ausspruch betreffend Versagung einer österreichischen Lenkerberechtigung. Er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 64 Abs. 5 KFG 1967 (in der hier anzuwendenden, bis 31. Dezember 1994 in Geltung gestandenen Fassung) ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Grund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung durch Personen mit dem ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet zulässig, wenn seit der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist. § 79 Abs. 3 bleibt unberührt.
Gemäß § 79 Abs. 3 KFG 1967 (idgF) können Personen, die sowohl im Bundesgebiet als auch im Ausland einen ordentlichen Wohnsitz haben, von einem ausländischen Führerschein, der vom Staat ihres Wohnsitzes ausgestellt ist, im Bundesgebiet Gebrauch machen, wenn sie eine Bestätigung der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Wohnsitz liegt, vorweisen, in der das Vorliegen eines Doppelwohnsitzes festgestellt wird. Solche Bestätigungen sind auf Antrag jeweils nur auf die Dauer eines Jahres auszustellen.
Nach § 64 Abs. 6 KFG 1967 (idgF) ist Besitzern einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung auf Antrag insoweit ohne Ermittlungsverfahren eine Lenkerberechtigung mit dem gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, als auf Grund der Vorschriften des Staates, in dem die ausländische Lenkerberechtigung erteilt wurde, bei der Erteilung einer Lenkerberechtigung auf Grund einer österreichischen Lenkerberechtigung von der Feststellung der im Abs. 2 angeführten Voraussetzungen abzusehen ist. Diesem Antrag darf nur stattgegeben werden, wenn der Antragsteller seit länger als sechs Monaten seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hat und glaubhaft macht, daß er auf Grund der im Ausland erteilten Lenkerberechtigung seit mindestens einem Jahr Kraftfahrzeuge der Gruppe gelenkt hat, für die die Lenkerberechtigung erteilt wurde, und wenn bei ihm keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit (§ 66), der geistigen und körperlichen Eignung und der fachlichen Befähigung bestehen.
Die belangte Behörde ging im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur zuletzt genannten Bestimmung (vgl. das Erkenntnis vom 14. Mai 1991, Zl. 90/11/0162 mwN) davon aus, daß bei der Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers nur ein innerhalb eines Jahres vor der Antragstellung (19. November 1993) gelegenes, erlaubterweise erfolgtes Lenken von Kraftfahrzeugen auf Grund der ausländischen Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers zu berücksichtigten sei. Dem Beschwerdeführer, der am 9. Juli 1990 einen Wohnsitz in Österreich begründet habe, sei es aber nicht gelungen, eine ausreichende anrechenbare Fahrpraxis im Jahr vor der Antragstellung glaubhaft zu machen.
Der Beschwerdeführer wendet zunächst ein, die belangte Behörde habe übersehen, daß die Frist des § 64 Abs. 5 KFG 1967 im Falle einer Doppelwohnsitzbestätigung erst mit deren Ablauf beginne. In den Erläuterungen zur 6. und 7. KFG-Novelle (1093 Blg. NR, 15. GP, S. 33) sei ausdrücklich davon die Rede, daß bei Wegfall eines Doppelwohnsitzes wie bei der Errichtung eines Wohnsitzes im Inland vorzugehen sei, was nichts anderes bedeute, als daß der "Wegfall der Doppelwohnsitzbestätigung" das fristauslösende Moment für den einjährigen Zeitraum nach § 64 Abs. 5 KFG 1967 bilde. Da ihm von der Erstbehörde (Bezirkshauptmannschaft Rohrbach) am 14. Februar 1992 eine Doppelwohnsitzbestätigung gemäß § 79 Abs. 3 KFG 1967 ausgestellt worden sei, hätte die belangte Behörde vom Beginn der Frist des § 64 Abs. 5 mit 14. Februar 1993 ausgehen und demnach das Lenken von Kraftfahrzeugen durch den Beschwerdeführer in Österreich bis 14. Februar 1994 berücksichtigen müssen.
Diese Rechtsansicht kann nicht geteilt werden. Selbst nach der aus den Materialien hervorgehenden Rechtsauffassung (die allerdings im Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden hat und deren Richtigkeit hier dahinstehen kann) käme es entgegen der Darstellung der Beschwerde nicht auf den "Wegfall der Doppelwohnsitzbestätigung", sondern auf die Aufgabe des ausländischen Wohnsitzes an. Der Beschwerdeführer selbst hat aber nie behauptet, bis zum 14. Februar 1993 je einen Wohnsitz im Inland und im Ausland gehabt und erst mit diesem Datum den ausländischen Wohnsitz aufgegeben zu haben. Auch die Aktenlage bietet dafür keinen Anhaltspunkt. (In keinem der polizeiliche An- und Abmeldungen des Beschwerdeführers betreffenden Meldezettel findet sich - trotz einer entsprechenden Rubrik - ein Hinweis auf einen vom Beschwerdeführer beibehaltenen ausländischen Wohnsitz.) Ob angesichts dessen die Ausstellung einer Doppelwohnsitzbestätigung durch die Erstbehörde zu Recht erfolgt ist, braucht hier nicht geprüft zu werden. Ein der Behörde hiebei allenfalls unterlaufener Fehler kann dem Beschwerdeführer jedenfalls im gegebenen Zusammenhang nicht zum Nachteil gereichen. Es ist daher zu seinen Gunsten von einem berechtigten Lenken von Kraftfahrzeugen durch den Beschwerdeführer in Österreich in der Zeit vom 14. Februar 1992 bis 14. Februar 1993 auszugehen und auch dieses Lenken bei der Entscheidung nach § 64 Abs. 6 KFG 1967 zu berücksichtigen.
In der Frage der anrechenbaren Fahrpraxis bemängelt die Beschwerde zu Recht das Fehlen entsprechender Feststellungen über die von der belangten Behörde als glaubhaft anerkannte Fahrpraxis des Beschwerdeführers und einer nachvollziehbaren Begründung dafür, warum sie seinen diesbezüglichen Behauptungen den Glauben versagt hat.
Der Beschwerdeführer hat zur Glaubhaftmachung seiner Fahrpraxis eine Bestätigung seines Arbeitgebers vom 28. Jänner 1994 vorgelegt, wonach er seit Beginn seiner Beschäftigung (3. Dezember 1990) einen Klein-LKW gelenkt und damit täglich ca. 100 km zurückgelegt habe. Weiters legte er mit der Berufung eine Aufstellung vom 28. Jänner 1994 über seine Fahrten ins Ausland vor. Nach dieser Aufstellung fuhr er einmal pro Monat nach Polen und legte hiebei im Jahr vor der Antragstellung insgesamt rund 15.000 km zurück. Davon sind die Fahrten bis 14. Februar 1993 zur Gänze, ab diesem Tag aber mangels Berechtigung zum Lenken in Österreich nur die im Ausland zurückgelegten Strecken anrechenbar. Dazu kommen die Arbeitsfahrten des Beschwerdeführers in der Zeit vom 19. November 1992 bis 14. Februar 1993, das sind ca. 6.000 km. Diese Fahrpraxis im Jahr vor der Antragstellung wäre selbst dann als aureichend anzusehen, wenn man von den Fahrten ins Ausland nach dem 14. Februar 1993 den auf Strecken im Inland entfallenden Anteil abzieht.
Die belangte Behörde hat nicht klargestellt, ob, in welchem Ausmaß und mit welchem Ergebnis sie die Arbeitsfahrten des Beschwerdeführers berücksichtigt hat (insoweit sind die Ausführungen auf Seite 4 des angefochtenen Bescheides unklar). Es fehlt auch eine Feststellung darüber, von welcher glaubhaft gemachten anrechenbaren Fahrpraxis die Behörde auf Grund der Auslandsfahrten des Beschwerdeführers ausgegangen ist. Damit ist der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben. Weiters ist die belangte Behörde eine nachvollziehbare Begründung dafür schuldig geblieben, warum sie die Behauptungen des Beschwerdeführers über seine Auslandsfahrten als unglaubwürdig abtat. Bei ihrem Versuch, dies damit zu begründen, daß sich die drei vernommenen Zeugen an die in der Aufstellung vom 28. Jänner 1994 angeführten Fahrten des Beschwerdeführers nicht hätten konkret erinnern können, läßt sie außer acht, daß sich der Bruder des Beschwerdeführers jedenfalls an Fahrten zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten erinnern konnte. Vor allem aber ist angesichts der Aussage der als Zeugin vernommenen Ehefrau des Beschwerdeführers vom 11. Mai 1994, sie habe die Liste vom 28. Jänner 1994 aufgrund der Eintragungen im Reisepaß ihres Mannes erstellt, das völlige Übergehen dieser Eintragungen (Grenzkontrollvermerke) in der Begründung des angefochtenen Bescheides unverständlich, sind sie doch ein starkes, objektives Indiz für die Richtigkeit der Behauptungen des Beschwerdeführers über seine Fahrpraxis im Ausland in der relevanten Zeit.
Aus diesen Gründen war der Bescheid im bekämpften, im Spruch bezeichneten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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