VwGH 94/05/0148

VwGH94/05/014827.8.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Ing. Walter S, der Charlotte S und des Dr. Gerhard S in G, alle vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in P, gegen den Gemeinderat der Marktgemeinde Gablitz, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bausache, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §92 Abs1 Z1;
BauRallg;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §92 Abs1 Z1;
BauRallg;

 

Spruch:

In Anwendung des § 42 Abs. 4 VwGG und des § 73 AVG wird der auf § 113 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 gestützte Antrag der Beschwerdeführer auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages abgewiesen.

Die Marktgemeinde Gablitz hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof weisen die Beschwerdeführer darauf hin, daß sie in einer Eingabe an den Bürgermeister der Marktgemeinde Gablitz den Antrag gestellt haben, für einen auf dem Nachbargrundstück errichteten überdachten Stiegenaufgang einen Abtragungsauftrag zu erlassen. Da der Bürgermeister der Marktgemeinde Gablitz keinen Abbruchauftrag erlassen hat, haben die Beschwerdeführer den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit an die belangte Behörde gestellt. Mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Gablitz vom 6. Oktober 1992 hat der Gemeinderat dem Antrag der Beschwerdeführer auf Erlassung eines Abbruchauftrages mit der Begründung keine Folge gegeben, daß die betroffenen Baulichkeiten in den Sechzigerjahren rechtskräftig bewilligt worden seien.

Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung hat die Niederösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom 21. Juni 1993 den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Gablitz vom 6. Oktober 1992 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat verwiesen. Im Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. Juni 1993 wurde darauf hingewiesen, daß die Nachbarn unter Vorlage geeigneter Einreichpläne um die nachträgliche Baubewilligung für diesen Stiegenaufgang anzusuchen haben. Da der Gemeinderat nach Zustellung des Bescheides der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. Juni 1993 nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten über den Antrag der Beschwerdeführer entschieden hat, haben diese eine Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Mit Verfügung vom 17. Juni 1994 leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein. Die Beschwerde wurde der belangten Behörde mit dem Auftrag zugestellt, gemäß § 36 Abs. 2 VwGG innerhalb der Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 1994 teilte die Marktgemeinde Gablitz dem Verwaltungsgerichtshof mit, daß die Nachbarn der Beschwerdeführer ein Baugesuch eingebracht haben und nunmehr durch die Baubehörde erster Instanz am 30. November 1994 dieses Bauansuchen im Zuge eines Lokalaugenscheines verhandelt würde. Mit einem weiteren Schreiben vom 21. Juni 1996 legte die belangte Behörde nunmehr einen Bescheid vom 20. Juni 1996 vor, mit welchem den Nachbarn der Beschwerdeführer die nachträgliche Baubewilligung zur Errichtung des überdachten Stiegenaufganges erteilt wurde. Der Bescheid wurde am 27. Juni 1996 auch den Beschwerdeführern zugestellt. Mit diesem Bescheid erfolgte kein Abspruch über den Antrag der Beschwerdeführer auf Erlassung eines Abbruchauftrages.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist zur Frage der Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde festzustellen, daß aufgrund des genannten Baubewilligungsbescheides vom 20. Juni 1996 davon auszugehen ist, daß der strittige, überdachte Stiegenaufgang jedenfalls ein nach der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ist, durch das die Beschwerdeführer im Hinblick auf die Situierung dieses Zubaues in der Nähe ihrer Grundgrenze in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten beeinträchtigt sein könnten. Unter diesen Voraussetzungen wäre aber die Baubehörde erster Instanz verpflichtet gewesen, über den Antrag der Beschwerdeführer meritorisch zu entscheiden. Da der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz durch über sechs Monate über den Antrag nicht entschieden hat, stellten die Beschwerdeführer zu Recht einen Devolutionsantrag an die belangte Behörde als die im Sinne des § 73 AVG sachlich in Betracht kommende Oberbehörde. Da die belangte Behörde im zweiten Rechtsgang durch über sechs Monate nach Zustellung des aufsichtsbehördlichen Bescheides nicht über den Antrag der Beschwerdeführer entschieden hat, haben diese eine nach § 27 VwGG zulässige Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof eingeräumten Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides hat die belangte Behörde keine Entscheidung getroffen. Der nunmehr vorgelegte Baubewilligungsbescheid vom 20. Juni 1996 hat keine Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zum Inhalt. Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher aufgrund der nunmehr gegebenen Sach- und Rechtslage den Antrag der Beschwerdeführer zu erledigen.

Nach § 113 Abs. 2 Z. 3 der Nö. Bauordnung 1976 kommt die Erlassung eines baupolizeilichen Abbruchauftrages nur dann in Betracht, wenn für die Baulichkeit keine baubehördliche Bewilligung vorliegt. Da nunmehr die Baubehörde mit Bescheid vom 20. Juni 1996 den strittigen Stiegenhausaufgang bewilligt hat, war die Erlassung eines baupolizeilichen Beseitigungsauftrages nicht mehr zulässig. Der Antrag der Beschwerdeführer war daher abzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1993, Zl. 92/05/0142).

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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